25. März 2024

Gold, Silber und Bronze dazu: Der zweifache Handball-Weltmeister Roland Gunnesch vollendet heute sein 80. Lebensjahr

Er ist zweimal Handball-Weltmeister geworden, 1970 in Frankreich und 1974 in Ost-Berlin. Er hat Olympia-Silber 1976 in Montreal und Olympia-Bronze 1972 in München gewonnen. Dazu kommt eine Bronze-Medaille, errungen 1967 bei der WM in Schweden. Diese Bilanz macht Roland Gunnesch, der heute sein 80. Lebensjahr vollendet, zum erfolgreichsten rumäniendeutschen Sportler und zu einem der erfolgreichsten Handballer überhaupt. Zweimal Weltmeister geworden sind auch Hans Moser und Michael Redl (1961 und 1964); Moser hat zusätzlich WM-Bronze (1967) gewonnen, Redl sowohl WM-Silber (1959) als auch WM-Bronze (1967).
Kraftpaket Roland Gunnesch im Sprungwurf Foto: ...
Kraftpaket Roland Gunnesch im Sprungwurf Foto: Archiv Steiner
Doch den beiden Weltklasse-Handballern fehlen die Olympia-Medaillen genauso wie den dreifachen Weltmeisterinnen Anna-Stark-Stănişel und Maria Scheip-Constantinescu, denn zu ihrer Zeit war Handball noch keine olympische Disziplin. Doch dafür hat jeder von ihnen mehrmals den Titel eines rumänischen Meisters errungen, Moser mit Şiinţa Temeswar und Dinamo Bukarest, Michael Redl mit Dinamo Bukarest, die beiden Damen mit Rapid Bukarest.

Seine Erfolge hat Roland Gunnesch mit der rumänischen Nationalmannschaft gefeiert. Mit diesem Team hat er in den 1970er Jahren einen guten Teil der rumänischen Handball-Erfolgsgeschichte geschrieben. Roli, wie ihn seine Freunde und Anhänger nennen, hat 28 Jahre lang Politehnica Temeswar die Treue gehalten, 19 als Spieler, neun als Trainer. Roli ist der bisher wichtigste Handballer, den Poli Temeswar hatte. In die Nationalmannschaft wurde er 217 Mal berufen. Gunnesch ist gebürtiger Siebenbürger Sachse, doch als Handballer groß geworden ist er in Temeswar. Als Spieler ist er nicht zu Meisterehren gekommen, weil die Titel fast ausschließlich unter den alles beherrschenden Bukarester Klubs Dinamo und Steaua ausgemacht worden sind. Als Vize-Trainer von Poli Temeswar hat er 1991 den Titel eines rumänischen Meisters errungen. Die Stadt Temeswar hat ihn 2007 zum Ehrenbürger ernannt.

Interview mit Roland Gunnesch

Am heutogen 25. März vollendet Roland Gunnesch sein 80. Lebensjahr. Geboren wurde er 1944 im siebenbürgischen Denndorf. Anlässlich seines Geburtstags, den er mit einigen Freunden, seiner Tochter und seinem Schweigersohn in seiner neuen Heimat Nürnberg feiern will, hat er Johann Steiner folgendes Interview gewährt.

Herr Gunnesch, Sie haben sich nach einem hoffnungsvollen Start bei Voinţa Schäßburg 1964 für ein Studium an der Elektrotechnik-Hochschule in Temeswar und für den Klub Politehnica entschieden. Sie sind zum wichtigsten Spieler geworden, den Poli Temeswar bisher hatte, Sie sind einer der erfolgreichsten Nationalspieler geworden. Würden Sie aus heutiger Sicht alles noch einmal so machen?
Bestimmt. Ich hatte in Temeswar die schönste Zeit meines Lebens. Ich hatte nie das Verlangen, bei Dinamo oder Steaua in Bukarest zu spielen. Temeswar hat mir von Anfang an imponiert. Auch in der Nationalmannschaft habe ich gute Erfahrungen gemacht. Mit den ehemaligen Mannschaftskollegen pflege ich auch heute noch freundschaftliche Beziehungen.

Roland Gunnesch 2022 Foto: Carmen Demian ...
Roland Gunnesch 2022 Foto: Carmen Demian
Es heißt, wenn Sie nach Rumänien fahren, ist Temeswar stets Ihr Ziel. Haben Sie noch Kontakte zu Ihrem Geburtsort?
In Temeswar war ich immerhin 28 Jahre lang zu Hause. In Denndorf gibt es wohl keinen Sachsen mehr, so dass ich auch keinen mehr besuchen kann. Als ich 1991 nach Deutschland übersiedelt bin, gab es in meinem Geburtsort noch sechs Siebenbürger Sachsen, und die waren älter als 75. Inzwischen bin ich schon länger in Nürnberg als in Temeswar, und das ist gut so.

Hatten Sie in Ihrer aktiven Zeit einmal daran gedacht, im Westen zu bleiben?
Das hatte ich. Ich habe es dann doch nicht getan, weil man mir gesagt hatte, dass meinen Eltern danach die Ausreise versagt bliebe. Sie hatten schon 1954 einen Ausreiseantrag gestellt. Damit ich ins Ausland durfte, musste ich den von meinen Eltern für mich gestellten Ausreiseantrag widerrufen.

Welcher Trainer war für Ihr Weiterkommen am wichtigsten?
In erster Linie mein Sportlehrer, der Handballer Hans Zultner, der mir an der Bergschule in Schäßburg den ersten Ball in die Hand gedrückt hat. Dann George Buiuc bei Victoria Schäßburg. Ferner Constantin Jude bei Poli. Ihm habe ich vieles zu verdanken, ihn habe ich sehr geschätzt. Nationaltrainer Nicolae Nedeff verfügte über alles, was ein Trainer haben muss. Er war Mensch, Trainer und Persönlichkeit gleichzeitig. Er hat sich stets für seine Leute eingesetzt. Er war ein fantastischer Mensch, dem die Spieler alle Sorgen vortragen konnten. Und er hat auch geholfen. Er war ein großer Pädagoge. Der hat uns Spielern nie Vorwürfe gemacht, er hat sich stets vor uns gestellt. Er hat uns Spieler respektiert, und wir ihn. Wenn wir ein Spiel verloren hatten, brauchte er uns nichts zu sagen, wir haben uns vor ihm geschämt.

Auf welche Erfolge sind sie besonders stolz?
Natürlich auf die beiden WM-Titel. Aber auch auf die bei den Olympischen Spielen in Montreal gewonnene Silbermedaille. Dort hatten wir im Endspiel gegen die Sowjetunion Pech. Wir waren eigentlich die Favoriten. Für die Niederlage kommen wahrscheinlich zwei Dinge in Frage. In jenem Jahr haben wir sechs Spiele gegen die Sowjets ausgetragen, von denen wir fünf gewonnen haben, eins hat unentschieden geendet. Das hat uns wahrscheinlich zu selbstsicher werden lassen. Nach nicht einmal zehn Minuten lagen wir 3:8 zurück, wenn ich mich gut erinnere, und diesen Rückstand konnten wir nie mehr aufholen.
Vor diesem Finale ist das Spiel um Platz drei zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen ausgetragen worden. Wir hatten uns schon aufgewärmt. Weil das Spiel um Bronze sich verzögerte, setzten wir uns, statt in Bewegung zu bleiben, auf der Tribüne und sahen zu, wie das Spiel endet. Das war wahrscheinlich der zweite Fehler.

Nach der WM 1970 hat Ceauşescu die erfolgreiche Mannschaft empfangen. Welche Erinnerung haben Sie an dieses Treffen?
Es war lustig, weil Ion Gheorghe Maurer (Ministerpräsident – Anmerkung der Redaktion) dabei war. Er hat für Stimmung gesorgt und das ganze gerettet. Ansonsten wurden uns Auszeichnungen überreicht, und das war es.

Hat Ihr Ingenieur-Studium Ihnen nach Ihrer Ankunft in Deutschland genützt?
Nein, ich habe auf Pneumatik umgeschult, was mich befähigte, in der Firma der Banater Unternehmer Dr. Hartwig Michels und Dr. Knud Klingler, der Deutschen Luftgleitsysteme (DELU), zu arbeiten, und zwar bis zur Rente.

Am 24. September 2022 hat die Handball-Abteilung von Poli 75. Geburtstag gefeiert. Sie durften die Geburtstagstorte anschneiden. Ein emotionaler Moment?
Ja. Ich war sehr stolz. Ich habe schließlich mit dem Temeswarer Klub meine schönste Zeit erlebt. Es war eine gut organisierte Feier, auf der alle Generationen vertreten waren.

Vor ein paar Jahren ist Ihre Frau gestorben. Das ist Ihnen sicher sehr nahe gegangen ...
Das war 2020. Es war ein großer Verlust. Ich habe ihr sehr viel zu verdanken. Jetzt habe ich großes Glück mit meiner Tochter, auf die ich mich ebenfalls voll verlassen kann. Ich bin auf sie angewiesen.

Mitte der 1970er Jahre wollte der Präsident des Rumänischen Handball-Verbandes, Johnny Kunst, als Mitglied der Regelkommission der Internationalen Handball-Föderation verhindern, dass der Handball zum Basketball wird. Für ihn war Handball ein harter, kampfbetonter männlicher Sport. Heute fallen im Handball fast so viele Tore, wie Basketballer Punkte in einer Begegnung erzielen, wobei es für einen erzielten Korb auch zwei oder drei Punkte gibt ...
Im Handball hat sich seither sehr viel geändert. Die Regeln wurden so ausgelegt, dass viele Tore fallen. Verteidiger haben kaum noch einen Chance, einen Gegner aufzuhalten. Den Flügelstürmern beispielsweise muss der Abwehrspieler aus dem Weg gehen, sonst droht ein Sieben-Meter-Strafwurf, und eine Hinausstellung obendrauf. Massive Kreisläufer drängen die Verteidiger in den Strafraum und erhalten beim Fehlwurf einen Siebenmeter zugesprochen. Heute sind die Handballer kräftemäßig gut ausgestattet, neben Kraft zählt noch Geschwindigkeit.

Verfolgen Sie noch das Handball-Geschehen? Den rumänischen kaum noch, ich habe den Kontakt zum rumänischen Handball verloren, dafür sehe ich Spiele der Bundesliga und der Liga der europäischen Meister.

Wie schätzen Sie den deutschen Handball ein? Es ist schade, dass der eigenen Jugend in den Klubs kaum noch Einsatzzeiten gegeben werden, weil fast nur noch fertige ausländische Spieler verpflichtet werden. Beispiele sind Flensburg oder Magdeburg. Dabei hat die deutsche Jugend-Auswahl eine fantastische Weltmeisterschaft gespielt und den Titel errungen.

Schlagwörter: Sport, Handball, Temeswar, Denndorf

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  • 25.03.2024, 10:58 Uhr von sibisax: Hätte man in den Ende 60er und 70ger Jahren eine Auswahl aus Banater Schwaben und Siebenbürger ... [weiter]

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