14. August 2008

Jubiläumsfest unter der Eiche

Es sollte etwas Besonderes werden, das Jubiläum im Haus der Heimat. Über 500 Gäste rechneten damit und fanden sich am 26. Juli bei hochsommerlichen Temperaturen zur Feier ein. Selbst wenn Dr. Günther Beckstein schon seit dem ersten „Fest unter der Eiche“ alljährlich die Schirmherrschaft übernahm, so war es keineswegs selbstverständlich, dass er auch als Ministerpräsident dabei sein würde. Aber er kam. Denn er sei stolz auf die Entwicklung und die Lebendigkeit dieser „Begegnungsstätte für die Schicksalsgemeinschaft der Heimatvertriebenen und Aussiedler“. Und er betonte: „Ich habe einen großen Respekt vor all denjenigen, die neu anfangen mussten, denen wir in Bayern so viel zu verdanken haben, vor denen, die sich gescheit angestrengt und wesentlich mitgeholfen haben, Bayern vom Ende der Tabelle nach dem Krieg heute an die Spitze“ zu bringen.
Dass Vertreibung nie gerechtfertigt und ein massiver Verstoß gegen Menschenrechte ist, als Unrecht gebrandmarkt werden und auch deswegen das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin kommen müsse, steht für den bayerischen Ministerpräsidenten außer Frage. Der frühe Versöhnungsgedanke der deutschen Vertriebenen sei ein „Grundstein für das Zusammenwachsen in Euro-pa“. Kulturpflege und Integration in vielfältiger Form müsse wie bisher beharrlich weitergeführt werden, denn „Aussiedler sind auch Träger unserer künftigen Entwicklung“.

Dem eindeutigen Ja zum Zentrum gegen Vertreibungen des Ministerpräsidenten schloss sich auch Europaminister Dr. Markus Söder an, der zudem das Haus der Heimat als „Heimat des Herzens“ würdigte: „Jeder von uns spürt hier die Herzlichkeit, spürt die emotionale Verbindung, hier fühlt man sich nicht nur wie in der Heimat, hier fühlt man sich zu Hause.“ Dieses Haus sei auch „Heimat unserer Kultur“ und zugleich „eine Brücke – auch in die Zukunft“.

Günter Gloser, Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion und Staatsminister für Europa im Aus-wärtigen Amt, dankte für das große Engagement des Hauses der Heimat auch als Brückenbauer zu der Heimat, „von wo viele herkommen, aber auch zu den Bürgern und Mitbürgern hier“, als europäische Kulturvermittler. Gloser bekannte sich zum offenen Dialog mit den östlichen Nachbarn, betonte den Friedens- und den Stabilitätsgedanken der EU und lobte alle Gruppen im Haus der Heimat, „die diesen wahren europäischen Gedanken pflegen“.

Die Bundestagsabgeordnete Renate Blank(CSU) dankte allen helfenden Händen und betonte die Werte bei den Aussiedlern, etwa den Wert von Familie. Ihr Aufruf, unbedingt am 28. September zur Wahl zu gehen und keine extremen Parteien zu wählen, wurde mit Applaus bedacht. Ebenso freudig vernahmen die Anwesenden auch die Glückwünsche des Regierungspräsidenten von Mittelfranken, Dr. Thomas Bauer. „Das Haus der Heimat ist ein unverzichtbarer Teil der Nürnberger Kultur, des Nürnberger Kulturlebens, und integraler Anlaufpunkt für Aussiedler und Heimatvertriebene“. Er dankte den Personen der ersten Stunde, deren Handeln auf die Zukunft ausgerichtet war. Schließlich betonte Bürgermeister Horst Förther(SPD), in Vertretung des OB Dr. Ulrich Maly, in seinem Glückwunsch zum Jubiläum die breite Vielfalt der Unternehmungen dieses Hauses, vom Volkstanz bis zum Hip-Hop, äußerte sich voll Lob über alle Aussiedler, die sich und ihre jahrhundertealte Kultur hier einbringen, die „Gemeinschaft nicht nur beim Hausbau“ beweisen, und versprach, nach Klärung einiger Punkte auch die Grundgedanken des Zentrums gegen Vertreibungen nicht aus den Augen zu verlieren: „Wir werden es zu gegebener Zeit unterstützen“, lautete sein Fazit. Alle hohen Gäste begrüßten in ihren Grußworten auch die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Horst Göbbel, den Vorsitzenden des Vereins Haus der Heimat, durch den Bundespräsidenten Horst Köhler, das ihm vom Bayerischen Minis-terpräsidenten wenige Tage zuvor bei einem Festakt in der bayerischen Staatskanzlei überreicht worden war als Zeichen für die hohe Anerkennung, die die Integrationsarbeit auch im Haus der Heimat genießt.
Tanzgruppe Nürnberg mit Dr. Günther und Marga ...
Tanzgruppe Nürnberg mit Dr. Günther und Marga Beckstein. Foto: Lukas Geddert
In seinen einführenden Begrüßungsworten würdigte Horst Göbbel den persönlichen Einsatz von Dr. Günther Beckstein, der sich seit Mitte der neunziger Jahre als Innenminister ganz besonders für die Idee des Hauses der Heimat (HdH) begeistert habe, sowie den damaligen Oberbürgermeister Dr. Peter Schönlein und gedachte voller Respekt derer, die „vor zehn Jahren klug vorausschauend dieses Haus förmlich aus dem Boden gestampft haben“, allen voran Dr. Ernst Christian, damaliger BdV-Vorsitzender in Nürnberg. Er sprach von Hartnäckigkeit und deren Vision, eine gemeinschaftsfördernde Heimstatt für zugewanderte Deutsche zu errichten. Inzwischen sei das HdH ein lebendiges Haus, in dem durchschnittlich 150 Personen täglich verkehren: „Wir setzen auf Kinder- und Jugend-arbeit, ohne die Erwachsenen aus dem Auge zu verlieren.“ Göbbel zitierte aus der Rede des Ministerpräsidenten im Nürnberger Rathaus am 8. Juni: „Gelungene Integration ist Eckpfeiler für die Sicherung des sozialen Gleichgewichts in unserem Land.“ Er erwähnte das neue bayerische Integrationskonzept: Sprache, Bildung, Arbeit, Teilhabe sowie Offenheit und Toleranz, verwies auf einige der vielen gelungenen Projekte auf diesem Weg, den das HdH beherzige, und dankte den Förderern des Hauses für deren Vertrauen und finanzielle Unterstützung.

Schon Monate zuvor lief die Vorbereitung des Festes im Arbeitskreis (AK) Kultur, koordiniert von AK-Sprecherin Annemarie Wagner. Am Vormittag waren fünf Zelte von Ehrenamtlichen der verschiedenen Mitgliedsvereine des Hauses der Heimat aufgebaut und Kuchenspenden der Mitgliedsvereine übergeben worden. Um 12 Uhr fanden sich die ersten Gäste ein. Da brutzelte es schon auf dem Grill der Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg. Den Ausschank der Getränke besorgte traditionsgemäß ein Team der Banater Schwaben, unterstützt von Helfern der Siebenbürger Sachsen, das Kuchenbuffet die Nösner Gruppe, den Küchendienst abwechselnd Vertreter mehrerer Verbände. Die Ehrengäste wurden von Anna Steinbinder, Monika Jacob und Johann Ohler bedient, an der Kasse saßen die Sprachlehrerinnen Olga Vetter und Lydia Pastarnak, an der Technik Alexander Philipp, und den Bücherflohmarkt betreute Josefine Engel, die Bibliothekarin des Hauses.

Stimmungsvoll ging es mit der Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg e.V. (Leitung Richard Taub und Michael Bielz) in den Hochsommertag hinein. Mit Spannung war der Auftritt des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein erwartet worden. Horst Göbbel hatte neben den oben genannten Grußwortsprechern als weitere hohe Gäste begrüßt: Ministerialdirigent Medardus Huemer aus dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Leiter der Abteilung Zuwanderer, Hans-Peter Schwab, Leiter des Ausgleichsamtes der Regierung Mittelfranken, Nürnberger Stadträte und Referatsleiter, Wolfgang Lang, Aussiedlerbeauftragter der Stadt Nürnberg, Landtagskandidaten, Vertreter der Wohlfahrtsverbände, befreundeten Vereine und Institu-tionen, Polizei und Aussiedlerseelsorge sowie Vorsitzende der Mitgliedsvereine.

Nachher erklang das „HdH-Langwasser-Lied“, das anlässlich des zehnjährigen Jubiläums 10 Jahre des HdH von Doris Hutter auf die Melodie des Frankenliedes geschrieben worden war und Dr. Günther Beckstein, dem prominentesten Zuwanderer in Langwasser, gewidmet ist.

Vorgetragen wurde es vom Chor des Bürgervereins Langwasser (Leitung Hanspeter Beßler) und der Gesangsgruppe des HdH „Volksquelle“ (Leitung Olga Philipp). Die Ehrungen der persönlichen Mitglieder des HdH mit zehnjähriger Mitgliedschaft nahm Horst Göbbel vor. Dr. Günther Beckstein wurde nach seinem Grußwort von Wladimir Egorow ein Bild, das den Ministerpräsidenten und das Haus der Heimat zeigt, als Geschenk für seinen großen Einsatz zum Bau des Hauses überreicht. Der Künstler Egorow ist seit zehn Jahren ehrenamtlicher Leiter von Malkursen für Jugendliche und Erwachsene im Haus der Heimat, ein 1996 aus Georgien ausgesiedelter Deutscher, der in Tiflis die Kunst-Akademie absolviert hat.
„Fest unter der Eiche“ in Nürnberg: ...
„Fest unter der Eiche“ in Nürnberg: Übergabe einer Karikatur an Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein. Foto: Lukas Geddert
Im Wechsel mit den Grußworten konnten die rund 500 Gäste mehrere Auftritte bewundern: Die landsmannschaftlich übergreifende Tanzgruppe „Sonnenmatte 2008“ war heuer anlässlich der Aussiedlerkulturtage von Annette Folkendt gegründet worden. Sie führte ein Medley ungarndeutscher Volkstänze vor. Die Kindergruppen des Hauses der Heimat „Musikspatzen“ und „Lustige Noten“ (Leitung Olga Philipp) sangen je ein Lied und aus der Tanzgruppe „White Shadows“ (Leitung Alexander Voss und Katharina Jonas) tanzten Junge Deutsche aus Russland Hip-Hop. Das Showtanzmariechen Sabrina Pfenninger von der Karnevalsgesellschaft Noris Banatoris (Trainerin Stefanie Oster) begeisterte mit einem flotten Showtanz und die Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg (Leitung Roswitha Bartel) rundete das vielseitige Programm mit einem Figurenwalzer ab. Die Moderation lag wieder in den Händen von Helmine Buchsbaum, Vorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben Nürnberg. Im Anschluss spielte die Blaskapelle noch zum geselligen
Horst Göbbel und die Sprecherin des ...
Horst Göbbel und die Sprecherin des Arbeitskreises Kultur, Annemarie Wagner. Foto: Annette Folkendt
Die Ausstellung „Unsere Jugendlichen malen“ (Leitung Wladimir Egorow, Landsmannschaft der Deutschen aus Russland) konnte im Seminarraum bewundert werden, zum Toben für die Kinder gab es eine Hüpfburg. Geschäftsleiterin Doris Hutter, ihre Mitarbeiterin Annette Folkendt sowie Hausmeister Eugen Vetter koordinierten den reibungslosen Ablauf des Festes. Am Abend wurde noch gemeinsam mit den letzten Gästen gesungen, während fleißige Helfer die Zelte abbauten. So klang das Fest wieder harmonisch und freundschaftlich aus. Herzlichen Dank allen Helfern und Mitgestaltern für ihr bewundernswertes ehrenamtliches Engagement!

Doris Hutter/Horst Göbbel

Link zur Online-Bildergalerie:

Haus der Heimat Nürnberg feierte zehnjähriges Jubiläum "Fest unter der Eiche"

Schlagwörter: Nürnberg, Beckstein

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