14. August 2012

Corvinius-Becher und Drachenkelch

Über die „Siebenbürgische Goldschmiedekunst“ veröffentlichte Horst Klusch erstmals 1988 im Bukarester Kriterion-Verlag ein Buch. Kürzlich erschien im Hermannstädter Honterus-Verlag eine überarbeitete und erweiterte Auflage des Werkes. Diese sei nötig geworden, da nach 1990 feste Sammlungen der staatlichen und privaten Institutionen in Bewegung geraten seien und Objekte aus Privatbesitz erfasst werden konnten.
Besonders interessiert den Hermannstädter Heimatkundler Klusch die Geschichte der siebenbürgisch-sächsischen Kunsthandwerker. Eigentlich müsse das Buch „Siebenbürgische Silberschmiedekunst“ heißen, meinte Klusch bei der Vorstellung des Buches in Hermannstadt, da die Goldschmiede hauptsächlich mit dem weniger wertvollen Silber gearbeitet hätten.

In seinem 346 Seiten zählenden Buch beschreibt Klusch detailliert die verschiedenen Goldschmiedeprodukte, die typisch für die siebenbürgischen Handwerker waren. Ein Kapitel ist dem Trachtenschmuck gewidmet mit Hefteln, Gürteln und Verschlüssen; ein weiteres dem Körperschmuck. Er befasst sich ausführlich mit den sakralen Gefäßen und ihren Ausprägungen im Laufe der Zeit. Außerdem geht er auf Materialien und Techniken der hiesigen Goldschmiede ein. Typisch sei beispielsweise die siebenbürgische Maleremail, die als „modo transilvano“ in die Fachliteratur eingegangen sei.

Illustriert ist das Buch mit 306 überwiegend farbigen Fotografien. Laut Klusch sind das Wertvollste am Buch die Fotografien von Gegenständen, die er mit Unterstützung von Auktionshäusern fotografieren durfte und die sich heute in Privatbesitz befinden. Im umfangreichen Anhang hat Klusch 450 Meisterzeichen zusammengestellt. Im Anhang geht er auch näher auf den „Corvinius-Becher“, die Meister Martin und Georg de „Clussenberch“ und den Verbleib von siebenbürgischen Arbeiten in ausländischen Sammlungen ein. Außerdem gibt es Erläuterungen zu den Bildtafeln.
Horst Klusch bei der Vorstellung seines Buches in ...
Horst Klusch bei der Vorstellung seines Buches in Hermannstadt im Juni dieses Jahres. Foto: Holger Wermke
Den Beginn der siebenbürgisch-sächsischen Goldschmiedekunst datiert der Autor in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, als sich die Gotik in Siebenbürgen ausbreitet und das Handwerk von geistlichen an Laienwerkstätten übergeht. Klusch verknüpft seine Darstellung der Goldschmiedekunst eng mit der Geschichte Siebenbürgens und der umliegenden Lande. So beschreibt der Autor die Tätigkeit der sächsischen Goldschmiede für die Fürsten der Walachei, die – obgleich es auch rumänische Goldschmiede gab – häufig Waren in Siebenbürgen bestellten.

Auch ließen sich sächsische Handwerker in Altrumänien nieder, z.B. 1689 nach der Zerstörung Kronstadts durch habsburgische Soldaten, wo sie die dortigen Darstellungsweisen beeinflussten. Umgekehrt übernahmen die sächsischen Goldschmiede Vorbilder aus dem Osten, als Beispiel nennt er unter anderem metallene Taufbecken nach orthodoxem Vorbild. „Seinen Höhepunkt erreichte es (das Goldschmiedehandwerk, d.R.) im 16. Jahrhundert, als die siebenbürgisch-sächsischen Goldschmiede sowohl für die Walachei und Moldau als auch für das Osmanische Reich und Mitteleuropa arbeiteten und europäischen Rang erreichten.“

Viele siebenbürgische Goldschmiedearbeiten seien heute über ganz Europa verteilt, weiß Klusch zu berichten. Manche gingen zur Zeit der Herstellung als Auftragsarbeit ins Ausland, andere gelangten durch Schenkung, als Erbstück oder Pfand in andere Hände oder verließen Siebenbürgen als Kriegsbeute. Andere Stücke dagegen blieben in Siebenbürgen, wie zum Beispiel der Drachenkelch, der den Einband ziert und im Landeskirchlichen Museum in Hermannstadt besichtigt werden kann. Ebenso wie ihre Waren gingen siebenbürgische Handwerker ins Ausland, die Bistritzer beispielsweise unterhielten enge Beziehungen nach Krakau; umgekehrt waren die siebenbürgischen Städte Ziel von Gesellen und Meister aus dem Ausland, erwähnt sei Sebastian Hann aus der Zips, der 1694 zum ersten Vorsteher der Hermannstädter Goldschmiedezunft gewählt wurde.

Das Buch von Horst Klusch gibt einen breiten Überblick über die Entwicklung der siebenbürgischen Goldschmiedekunst. Ein Verdienst des Autors ist es, dass er in mehrjähriger, akribischer Arbeit den Verbleib verschiedener Kunstobjekte recherchiert hat und die Stücke fotografisch dokumentiert hat. Darüber hinaus erhält der Leser einen umfassenden Überblick über Spielarten und Techniken des Goldschmiedehandwerks, seine exponierten Vertreter sowie den lebhaften Austausch zwischen Siebenbürgen und dem übrigen Europa.

Der als Hardcover erschienene Band „Siebenbürgische Goldschmiedekunst“ (ISBN: 978-9731725789) erschien im Honterus-Verlag und kostet 24,90 Euro.

Holger Wermke

Schlagwörter: Rezension, Goldschmied, Kunsthandwerk

Bewerten:

7 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.