17. Juli 2013

Nachruf auf den Hermannstädter Inspizienten und Schauspieler Georg Potzolli

Ob „Gelu“, wie Georg Potzolli seit jeher genannt wurde, obiges Motto wohl wörtlich gekannt hat? Jedenfalls hat er es uns vorgelebt, obwohl er doch allen Grund gehabt hätte, stolz zu sein, dass er es vom Lokführer zum Schauspieler gebracht hatte. Am 25. Mai ist der Hermannstädter Inspizienten und Schauspieler im Alter von 62 Jahren gestorben.
Am 2. Juli 1950 in Hermannstadt geboren, in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, die Matura am Gheorghe-Lazăr-Lyzeum abgelegt, aus finanziellen Gründen kein Medizinstudium betrieben, bei der Eisenbahn zum Lokführer ausgebildet und 13 Jahre lang diesen Beruf ausgeübt – das sind ein paar Eckdaten aus seinem Leben, bevor er Theaterluft schnupperte. Dies war 1980; da bekam er eine Inspizienten-Stelle an der Deutschen Abteilung des Staatstheaters Hermannstadt (die damals über 20 Schauspielerinnen und Schauspieler beschäftigte), die er mit großem persönlichen Einsatz bis 1989 und darüber hinaus ausfüllte. Er war über fast 20 Jahre der Mann hinter den Kulissen: als Inspizient verantwortlich dafür, dass die Stücke genauso aufgeführt wurden, wie vom jeweiligen Regisseur bei der Premiere herausgebracht. Darüber hat er pedantisch gewacht und damit Bühnenarbeiter, Beleuchter, Requisiteure, Frisörinnen, Requisiteure, Tonmeister und natürlich die Schauspieler in die Pflicht genommen. Besonders lag ihm die Authentizität der Aufführungen am Herzen, und insbesondere auf den Ausfahrten in unsere Städtlein und Dörfer in Siebenbürgen und dem Banat, wo die Bedingungen in den Sälen, auf den Bühnen und speziell hinter diesen nicht immer optimal waren.
Der Hermannstädter Schauspieler Georg Potzolli. ...
Der Hermannstädter Schauspieler Georg Potzolli. Foto: Costin Chesnoiu
Nach der Wende, als die Truppe der Deutschen Abteilung auswanderungsbedingt immer mehr schrumpfte, wagte er den Schritt aus dem Dunkel seines Inspizienten-Häuschens hinaus ins Rampenlicht. Etwas Erfahrung hatte er schon in den 1980er Jahren als Statist und mit kleinen Sprechrollen gesammelt, nun wurde es ernst. Mit viel Fleiß und Ausdauer, aber auch mit viel Freude am Schauspielen feilte er an seiner Aussprache, an Mimik, Gestik – das Handwerk hatte er wohl schon früher den Meistern abgeguckt. Ein sicherlich nicht leichtes Unterfangen, da die Deutsche Abteilung damals schon lange keinen eigenen, fest angestellten Regisseur mehr hatte und sich mit rumänischen Regisseuren und glücklicherweise auch immer wieder mit Gastregisseuren aus dem deutschsprachigen Ausland behelfen musste. Aber immer, wenn man dachte, es könne nicht weitergehen, kam dann doch irgendwo Rettung her – es ist wohl auch sein Verdienst, dass die Deutsche Abteilung bis heute überlebt hat. Er hat immer fest an die Fortführung der ehrwürdigen Tradition der deutschsprachigen Bühne in Hermannstadt geglaubt.

Gelu Potzolli hat hart gearbeitet, viel bewirkt, etliches kreativ mitgestaltet und ist dabei doch bescheiden geblieben; es ging ihm um die Sache, nicht um seine Person, so als hätte er den Imperativ „Liebe die Kunst in dir …“ wirklich gekannt. Er spielte gelegentlich in Filmproduktionen (z. B. in „Nostradamus“), in insgesamt ca. 70 Theaterstücken, die an der Hermannstädter, aber auch an ausländischen Bühnen aufgeführt wurden. In den letzten Jahren waren es hauptsächlich Stücke an der rumänischen Abteilung. Am Abend vor seinem plötzlichen Herztod spielte er in Râmnicu Vâlcea in der Komödie „Tache, lanke și Kadâr“.

Besondere Freude hatte er an dem alljährlich im Juni am Hermannstädter Nationaltheater Radu Stanca stattfindenden Internationalen Theaterfestival, das er mitorganisiert und dabei auch Gasttruppen betreut hat. Nun ist er am 25. Mai 2013, kurz vor dem diesjährigen Festival, gestorben. Der Vorhang hat sich über seine Lebensbühne gesenkt. Er ist aber nicht ins Dunkel der Kulissen zurückgekehrt, sondern in ein neues Licht, in eine neue Dimension. Denen, die ihn kannten, bleibt die Erinnerung an einen guten, hilfsbereiten Freund („Freunden muss man dann helfen, wenn sie einen brauchen, und nicht dann, wenn man selber grad Lust dazu hat“, war ein Leitsatz von ihm), an einen liebenden, fürsorglichen Vater und nicht zuletzt an einen fröhlichen, loyalen Kollegen („Ich möchte anderen helfen, ihre Träume zu verwirklichen“). Und in jedem Fall an seinen schalkhaften Blick und sein unverwechselbares, verschmitztes Lächeln.

Ritta Apfelbach-Kartmann

Schlagwörter: Hermannstadt, Theater, Schauspieler

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