30. Oktober 2014

Abschied vom siebenbürgischen Dirigenten Michael Beck

Neben ansteckendem Enthusiasmus, Musikalität, Leidenschaft für die Tonkunst und hohem Professionalismus zeichnete den Dirigenten Michael Beck-Hamlescher auch eine beeindruckende Großzügigkeit aus. Dafür stehen in vierzig Jahren Bühnenkarriere insgesamt 400 von ihm mitgestaltete Wohltätigkeitskonzerte. „Ich bin der Meinung, dass wir unserem Nächsten zur Seite stehen müssen“, erklärte er vor zwei Jahren unaufdringlich in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Ans Aufhören hatte der am 23. Juni 1955 geborene Musiker gewiss nicht gedacht – doch am 11. September 2014 kam er in einem tragischen Verkehrsunfall bei Konstanza ums Leben.
Benefizkonzerte hatte Michael Beck schon 1976 mit ‚seinem‘ allerersten Ensemble gegeben, dem Chor des Fernmeldeamtes in Wuppertal – die Nächstenliebe sollte im Laufe seiner gesamten Laufbahn eine Konstante bleiben. In Jassy in Rumänien unterstützte er mit dem Erlös von Wohltätigkeitskonzerten eine Taubstummenschule, ein Heim für behinderte Kinder, einen Verein für Autisten. In Siebenbürgen kamen die Hilfsgüter alten Menschen von Michelsberg bis Honigberg zugute. In seiner Heimatgemeinde Urwegen unterstützte Beck die Renovierung der Kirche, denn er war der Überzeugung, „dass wir in dem Teil der Welt, in dem wir geboren sind, auch selber Hand und Arm anlegen müssen“. Er engagierte sich tatkräftig für die Rumänienhilfe Wuppertal und gründete 2007 seinen eigenen Verein, Ars Universalis e. V., dessen Kernaufgabe darin bestand, in Not geratenen Künstlern schnell und unbürokratisch zu helfen. Wo er nicht selber über Spenden oder Hilfsgüter den Bedürftigen unter die Arme griff, zögerte er nicht, seine Kontakte einzuschalten, Mäzenen für Benefizprojekte zu begeistern, andere Menschen für ein Engagement zu aktivieren.

Die Musik spielte für Michael Beck schon immer eine wichtige Rolle. Er lernte das Klarinettenspiel am Hermannstädter Kunstlyzeum, wo er 1975 das Abitur bestand. Gleich nach der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland studierte er Schulmusik und Sport an der Bergischen Universität Wuppertal, später kamen die Fächer musikalische Früherziehung, Klarinette und Dirigieren an der Musikhochschule Köln hinzu. Sein Werdegang als Chor- und Orchesterleiter wurde von Musikern wie Rolf Reuter (damals Dirigent der Komischen Oper Berlin) und Kurt Masur geprägt, auch an seine frühen Meister Jenö Erzse und Hartmut Klug erinnerte er sich stets in großer Dankbarkeit. Beck begann 1979 seine Tätigkeit als Musiklehrer an dem Sankt-Anna-Gymnasium in Wuppertal sowie an der Bergischen Musikschule, wo er Klarinette und Saxophon unterrichtete. In den vergangenen fünfzehn Jahren war er zudem Gastprofessor der Musikhochschulen in Jassy und Bukarest. 2011 promovierte er an der Universität der Künste „George Enescu“ in Jassy, im selben Jahr verlieh ihm die dortige „Petre-Andrei“-Universität „für den Kulturaustausch der Weltjugend und das soziale Engagement“ den Ehrendoktortitel.

Als Dirigent leitete Michael Beck unzählige ­Orchester und Chöre, wobei er dem musikalischen Nachwuchs und den Jugendensembles stets besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung schenkte. Er gründete und leitete u.a. das Junge Westfälische Kammerorchester (1987), das Bergische Kammerorchester im Raum Remscheid, Solingen, Wuppertal (1988), das Blasorchester der Musikhochschule Jassy sowie, gemeinsam mit seiner Frau, der Pianistin Tatiana Pocinoc, das „Romanian Academic Orchestra“ (2009). Zu seinen eindrucksvollsten Konzerten zählte Beck den Auftritt im Jahr 1989 im Vatikan, wo er gemeinsam mit dem Orchesterverein Solingen e.V. eine Messe im Petersdom musikalisch untermalte. Das Konzert fand im Beisein von Papst Johannes Paul II. statt und wurde in 52 Länder übertragen – „für mich war es eine große Herausforderung und eine wunderschöne Erfahrung, diesen Auftritt dirigieren zu dürfen“, erinnerte sich Michael Beck.

Der Siebenbürger Sachse war zudem künstlerischer Leiter zahlreicher Festivals, etwa der „Coesfelder Kammermusiktage“, der „Solinger Musiktage für junge Interpreten“, des „Musica Sacra dal Mondo“ (Festival der sakralen Musik) und des „Festival de la Marche“ in Zusammenarbeit mit der Accademia San Felice in Florenz. Seine Schallplatten und CD-Einspielungen reichen von der Renaissance bis zur Moderne, hinzu kamen Konzertreisen nach Kanada, Israel, Italien, Österreich, Tschechien, Rumänien und in weitere 30 Länder. Michael Beck widmete viel Energie den länderübergreifenden Partnerschaftsprogrammen und Austauschprojekten für junge Musiker, denn er maß der Völkerverständigung, der Toleranz und dem Abbau von Vorurteilen einen hohen Wert bei. Seine Überzeugung war, dass „Grenzen zuerst in den Köpfen fallen müssen“.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Dirigent, Hermannstadt, Nachruf

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