26. Juli 2015

Das Unerwartete als das Vorhersehbare: Hans Bergel zum 90.

In der mehrfach nachgedruckten Porträtstudie „Hommage für Hans Bergel“ schrieb Ana Blandiana, Rumäniens weithin geschätzte literarische Kapazität, im Jahr 2010: Bergels 1977 veröffentlichter Roman „Der Tanz in Ketten“ sei „bis heute der komplexeste, der subtilste, der kenntnisreichste Roman“ über den kommunistischen Terror der 1950er Jahre in Rumänien. 29 Jahre später, 2006, erschien Bergels Roman „Die Wiederkehr der Wölfe“; über ihn schrieb der Chefredakteur der Zeitschrift „Sezession“ (Leipzig), Götz Kubitschek: es sei „der beste Roman“, den er über „das geistige Dilemma gebildeter nationalbewusster Kreise“ im NS-Staat Hitlers kenne.
In der Zeitspanne zwischen den beiden Romanen, 1977-2006, veröffentlichte Hans Bergel neben ungezählten Zeitungsaufsätzen, Funksendungen, Essays, Vor- und Nachworten zu Werken anderer Autoren 22 Bücher – die Gesamtzahl seiner 1957 bis 2015 erschienenen Buchtitel beläuft sich auf rund fünfzig. Den Ansatz zu einer methodischen Rückschau auf dies umfangreiche, vielseitige und immer wieder überraschende Werk und seinen Verfasser – am 26. Juli 1925 in Rosenau in Siebenbürgen geboren, wird er neunzig Jahre alt – lieferte ebenfalls Ana Blandiana mit einem Schlüsselwort: Hans Bergels Leben sei von „renaissancehafter Fülle und Vielfalt“. Gemeint ist damit die für eine Reihe von Persönlichkeiten des Quattro- und Cinquecento typische Mehrfachbegabung und Interessenvielfalt. Blandiana konkretisierte: Da sei der in jungen Jahren als Leichtathlet und Skirennläufer erfolgreiche Leistungssportler, Rekordmann und Champion Hans Bergel. Aber auch der Berufsmusiker, der jahrelang seinen Lebensunterhalt als Cellist an einer Opern- und Operettenbühne bestritt. Doch ebenso der in einem berühmt gewordenen Prozess verurteilte Polit-Häftling in Strafkolonien und Bleiminen. Dazu der vielgerühmte mitreißende Redner. Der einzelgängerische Weltstreuner. Der Schriftsteller, der – wie der Literaturwissenschaftler Peter Motzan festhielt – mit der Erzählung „Fürst und Lautenschläger“ (1957) nicht nur eins „der wenigen Dokumente der Widerstandsliteratur“ gegen die stalinistische Gewaltherrschaft in Rumänien schuf, sondern auch als Journalist „alle Textsorten handhabt und beherrscht“. Sein literarisches Repertoire reicht vom breit angelegten zeithistorischen Epos über die Novelle klassischen Zuschnitts bis zum intimen lyrischen Gedicht, vom offensiven Leitartikel über die große Landschaftsschilderung oder die unbestechliche Reportage bis zur präzise formulierten Anekdote, zur Übersetzung und zum wissenschaftlichen Text.

In der exzellent geschriebenen Bergel-Biografie „Der Mann ohne Vaterland“ (201l) geht auch die Berlinerin Renate Windisch-Middendorf auf dies Persönlichkeitsbild ein. Sie ergänzt es mit dem Hinweis, dass sich zur Begabungs- und Interessensvielfalt eine Eigenschaft gesellt, die Bergels Leben entscheidend prägt; die „Unabhängigkeit des Denkens“. Sie habe den noch nicht Siebzehnjährigen zur – resolut gemaßregelten – Revolte gegen NS-Prinzipien getrieben, sie bewog den Neunzehnjährigen bis 1947 zu waghalsigen Kuriergängen für die bewaffnete antikommunistische Résistance in den Karpaten. Sie trug ihm drei politische Verurteilungen ein und machte ihn nach der Emigration, 1968, in der Bundesrepublik Deutschland zum vieldiskutierten, vor keinem offenen Wort zurückschreckenden Polemiker in Menschenrechtsfragen. Besonders hinsichtlich seiner Landsleute in Siebenbürgen. Eine Securitateakte belegt, dass das Bukarester Innenministerium die Entführung des Unbequemen nach Rumänien erwog. Dass zur Person Bergels das umfangreichste Securitate-„Dosar“ aller ehemaligen rumäniendeutschen Autoren angelegt wurde, spricht Bände.

Die Annäherung an Bergels literarisches Oeuvre wird all dies mitbedenken müssen, da dies Werk ohne Berücksichtigung der Biografie unvorstellbar ist – wohl auch eingedenk der Äußerung des Italieners Umberto Eco: dass das Werk jedes Erzählers mittel- oder unmittelbar im Autobiografischen wurzele. Liegt hier eine der Erklärungen für Umfang, Vielschichtigkeit und Akzent des literarischen Werkes Hans Bergels – als Folge und Ausdruck eines ereignisreichen, nicht selten auch gefährdeten Lebens? Auf alle Fälle machte es seinen Autor zu einem der fruchtbarsten homme de lettres, den die Siebenbürger je hervorbrachten und, laut Windisch-Middendorf, darüber hinaus zu demjenigen deutschen Autor, der wie kein anderer eine Epoche verkörpert und sich in seinem Werk deren Herausforderung stellt. Hier einige Stichworte zur Einschätzung dieses Werkes:

Als „grandioses Epos“ (A. Reif) wurde der Roman „Wenn die Adler kommen“ bewertet und dessen Fortsetzung „Die Wiederkehr der Wölfe“ neben weltberühmten Romanen wie Franz Werfels „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ (1933) und Tolstojs „Krieg und Frieden“ (1868/69) gestellt (G. Schramm); dieser Roman sei „monumental wie „Doktor Schiwago“ und von enormer Beschwörungskraft“ (N. Catanoy) urteilten ausgewiesene Kenner – er sei „sensationell“ (Wikipedia). Der Roman „Der Tanz in Ketten“ wurde „ein Kunstwerk“ genannt, „dem sich wenig aus der erzählenden Literatur der letzten Jahre an die Seite stellen kann“ (K. Klüwer), Bergels Erzählkunst im Band „... und Weihnacht ist überall“ (1988) mit der „eines Heinrich von Kleist und Gottfried Keller“ verglichen (E.-E. Keil, A. Birkner). „Die Fähigkeit, musikalische Zusammenhänge darzustellen, verbindet Hans Bergel mit Thomas Mann“ (R. Windisch-Middendorf), lautete die Beurteilung des Buches über den berühmten Dirigenten-Bruder „Erich Bergel, ein Musikerleben“ (2006). Ein „Kontinent des Geistes und der Gedanken“ (K. Lubomirski) wurde der Essay-Band „Das Spiel und die Aggression des Chaos“ (2013) genannt, und dem Text-Bild-Band „Siebenbürgen, Bilder einer europäischen Landschaft“ (1980), das Lob gezollt, „zum Besten“ zu gehören, „was in dieser Literatursparte je vorgelegt wurde“ (H. Schinagl). Über Bergel wurde geschrieben, seine „Erzählkunst ist in der Spitzengruppe zeitgenössischer Kunstprosaisten“ (K. Lavalle) zu verorten, aber auch, er sei „einer der besten deutschen Essayisten der Gegenwart“ (W. Myss); Bergels essayistisches Werk umfasst 20 Bände. U.s.f.

Hans Bergel. Foto: Christoph Boettcher ...
Hans Bergel. Foto: Christoph Boettcher
Dies und weitere noch mehreren Hundert zählende öffentliche Stimmen umreißen die Qualität der Lebensleistung des Neunzigjährigen. Ob Bergel über Schillers Theorie des Spiels als pädagogisches Mittel schrieb (2006) oder mit der Menschenrechtsstudie „Die Sachsen in Siebenbürgen nach dreißig Jahren Kommunismus“ (1977) den Diktator Ceaușescu zu Revidierungen zwang (Stefan Graf Bethlen), ob er über Goethes Unverhältnis zu Kleist nachdachte (1995, 2013 etc.) oder als Erzähler dramatische Geschichten, Novellen, Romane „von sirrender Spannung“ (A. Mohler) verfasste: Bei diesem Autor muss man auf das Unerwartete sowohl nach Stoffwahl als auch nach Darstellungsmodus gefasst sein. Denn „wir haben es mit einer Persönlichkeit von außergewöhnlichem Zuschnitt und einem Material von ungewöhnlich ergiebiger Interpretierbarkeit zu tun“ (H. Mieskes), deren „Radikalität der Themenstellung“ (U. P. Wagner) sich „unter dem Signum des Menschlichen“ versteht (H. Mieskes). „Reife Kultur“, sagte Bergel selbst dazu, „gipfelt immer in der Humanitas.“ (2001; bei der Entgegennahme des Dr.-h.-c.-Titels der Universität Bukarest.)

Vielschichtigkeit, Menge und Rang dieses Werks berechtigen zur Feststellung, dass Bergels Erzählwerk – und nicht nur dies – literarische Zeugnisse der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart der Siebenbürger Sachsen bietet, wie kaum ein anderer deutscher Stamm mit ähnlichem historischem Schicksal sie besitzt. Allein der Roman „Die Wiederkehr der Wölfe“, meines Erachtens Bergels bisheriges Hauptwerk, wurde mit einem der wichtigsten Romane der deutschen Literatur im Zusammenhang genannt: mit Grimmelshausens „Simplizissimus“ – „charakterisierende Epen der frühen und der späten Neuzeit“ (J. Schäfer). Aber da gibt es auch die Landschaftsschilderung der besonderen Klasse. Man denke z.B. an die Beschreibung des Donau-Deltas „Dunja, die Herrin“ (1981, 1982, 1994, 1998, 2011 etc.), oder an die der Karpaten „Mythische Macht und Mitte eines Raumes“ (1980, 1995, 2006 etc.), um dem Urteil der Literaturhistorikerin Vanda Peretta, Rom, beizustimmen: dies sei „dramatische Landschaftsschilderung, modern wie nur etwas“. Zugleich wurden Erzählungen wie „Der Schwarze Fürst“ (2008, 2011) als „Zeitzeugnis“ bezeichnet, „dem wir in unserer Literatur nichts an die Seite stellen können“ (Theodor Tanco), oder wie die große Novelle „Die Richterin und ihre Söhne“ (2014), deren Ereignis, wie ich es einmal ausdrückte, „an die Archaik der griechischen Tragödien erinnert“; ihr Thema: Der zu Besuch Rückgekehrte, der glaubt, sich jeder Bindung an die Geburtsheimat entledigt zu haben, den aber das Schicksal mit einer Wucht einholt, die den Leser erschauern lässt.

Dies alles sind nicht nur einmalige dichterische Dokumentierungen der Endphase klassischer siebenbürgisch-deutscher Geschichte, sondern immer auch zugleich „Menetekel für unsere Welt“ der Europäer (E. Schremmer). Denn man kann ebenso gut sagen: Bergels siebenbürgische Erzählungen und Romane sind gleichzeitig europäische Erzählungen und Romane, wie man sagen könnte: Bergels europäische Erzählungen und Romane sind gleichzeitig siebenbürgische Erzählungen und Romane. Genau hier liegt das Können dieses Schriftstellers: Er macht am Beispiel der Provinz das Universale sichtbar, ohne einerseits der Provinz die Charakteristika zu nehmen und ohne andererseits dem Universalen die Dominanz des Humanen zu nehmen. So veranschaulicht er z.B. am Schicksal der Familie Hennerth in den oben genannten Romanen „nichts Geringeres als Weltgeschichte“ (G. Aescht). Apropos: Bergels novellistisches Werk umfasst über sechzig Einzeltitel.

Manchmal drängt sich die Vermutung auf, mit dieser Breite wie auch Vielfalt literarischer Ausdruckspotenz tun sich deutsche Literaturrezipienten schwer – eingeengt vom Denken in Schubladenzuordnungen, in die sich eben dieser Autor weder von seiner abenteuerlichen Vita her noch von seiner Freude an der Verwendung unterschiedlicher „Textsorten“ (P. Motzan) hineinpressen lässt. Dies „Unerwartete“ (R. Windisch-Middendorf) – gegebenenfalls Unberechenbare – gilt aber auch für die vor fast vier Jahrzehnten (1977) zum ersten Mal öffentlich getroffene Feststellung: dass Bergel unter allen über Siebenbürgen schreibenden Autoren – Rumänen, Ungarn, Deutschen, Juden – der erste war, der „die Menschen (...) jenseits ihrer Nationszugehörigkeit“ beschrieb und einordnete (W. Myss), das bedeutete „die Distanzierung von nationalistischen Auswüchsen (...) und den Aufruf zur Rettung all dessen“ (Gh. Stanomir), was wir Kultur nennen (beide Zitate aus Rezensionen des Romans „Der Tanz in Ketten“, 1977). Bergels Haltung in dieser Frage war von revolutionärer Relevanz; sie behagte nicht allen, belegt allerdings Windisch-Middendorfs Notiz von der „Unabhängigkeit des Denkens“ dieses Autors, der nicht zufällig zum Vater der mittlerweile oft verwendeten Formel vom „homo transilvanus“ (1986) wurde.

Zu diesem Bild des über die Konvention hinaus urteilenden Schriftstellers gehört die intensiv gelebte Freundschaft mit dem in Israel hoch angesehenen deutsch-hebräischen Lyriker Manfred Winkler (1922-2014). Ihr verdankt das Literaturleben nicht nur einen 350 Seiten zählenden Band mit 124 Briefen („Wir setzen das Gespräch fort. Briefwechsel eines Juden aus der Bukowina mit einem Deutschen aus Siebenbürgen“, 2012), der als „einzigartiges Dokument in der Literatur Südosteuropas“ gilt, sondern auch die überraschende Bekanntschaft mit Bergel als einem Künstler der brieflichen Kommunikation; einem Meister der ars dictaminis. Bergel veranlasste Winkler zur Wiederaufnahme des Schreibens in deutscher Sprache und verfasste für vier Winkler-Lyrik-Bände (1997, 2006, 2010, 2014) Nachworte als grundlegende Exegesen zum Gesamtwerk. (Nota bene: Die Wiederbegegnung mit Winkler ist einer der Romane in Bergels Leben.) Gleichzeitig übertrug der nimmermüde Arbeitsbesessene 150 Ana-Blandiana-Gedichte („Die Versteigerung der Ideen“, 2009), fünfzig Gedichte von zehn rumänischen Autoren („Verlorener Horizont“, 2012) und Romulus Rusans Buch „Chronologie und Geografie der kommunistischen Unterdrückung in Rumänien“ (2008) ins Deutsche. Während dieser Zeitspanne, 1997-2014, veröffentlichte er zusätzlich zwölf eigene Bücher, seit 2014 weitere drei: „Europäische Impressionen. Reisebeobachtungen zwischen Klausenburg und Rom“ (2014), „Notizen eines Ruhelosen. Tagesaufzeichnungen 1995-2000“ (2015) und „Vom anderen Europa. Aus Geschichte und Gegenwart südosteuropäischer Landschaften“ (2015). Sind die Briefe Winkler/Bergel und die Reiseaufzeichnungen – einschließlich jener aus Israel „Von Palmen, Wüsten und Basaren“, 2013 – Musterbeispiele meisterhafter Skizzen bekannter und kaum bekannter Kulturen und Landschaften, immer wieder durchhellt von Geistesblitzen, so enthalten die Texte des Buches „Vom anderen Europa“ Informationen über Südosteuropa, die man jedem Kulturwissenschaftler und Politiker in Mittel- und Westeuropa zur Pflicht machen müsste. Bergel ist wohl Erzähler, aber das philosophische Element in seinen völkerpsychologischen Studien macht ihn zum berufenen Interpreten gerade der Mentalitätsgeschichte der Südosteuropäer. So erklärt z. B. seine Abhandlung „Die Gesichter und das Gesicht Südosteuropas“ (unter dem Titel „Über die Zerrissenheit und Einheit Südosteuropas“ 1994 in drei Folgen vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt) Unterschiede des Welt- und Lebensverständnisses zwischen Südost und West, die den Politikern von Brüssel bis Berlin unbekannt und fremd sein dürften und daher zu Fehleinschätzungen und Hilfslosigkeiten führen.

Die „Notizen eines Ruhelosen“ schließlich sind „das persönlichste Buch von und über Hans Bergel“ (K.-J. Umbacher). Auf den 960 Seiten enthüllt sich ein Universum von Ideen, Beobachtungen, Reflexionen, von Fragen nach und Antworten auf letzte Dinge, die dieses Buch zu einem der besten Bücher Bergels machen. Die Brillanz der sprachlichen Präsentation reicht sich die Hand mit der auf jeder Seite unerwartet, überraschend, auch bestürzend eröffneten Sichtweise. Von der ausholenden wie zugleich dynamischen, bildergesättigten Erzählung bis zur stilistisch auf das Äußerste disziplinierten Aphoristik – die Spannweite des Ausdrucksvermögens setzt immer wieder in Erstaunen.

Man hat Hans Bergel einen „gelehrten Polyhistor und sprachmächtigen Erzähler“ genannt (M. Fischer), eine „poetische und politische Potenz“ (W. Myss), ihm im goetheschen Sinne eine „dämonische“ Natur (H. Zillich) und „die Fähigkeit, sich in seine Romanfiguren hineinzuverwandeln“ (R. Windisch-Middendorf), bescheinigt. In einem an Prägnanz kaum zu überbietenden Essay („Mein Leben ist Schreiben, oder es ist nicht“, 1995) nannte ihn Peter Motzan „den Unverwüstlichen“, Jacob Popper in einem langen Interview für „Free Europe“, 1978, einen „pathetischen Fall von ‚Herkunftsbesessenheit‘“. Der Jude Winkler schrieb über ihn: „Bergel denkt und fühlt gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen“, der ehemals beherrschende Literaturkritiker Rumäniens Romulus Munteanu: Bergel sei „ein ohne Verstümmelung durch das Inferno des kommunistischen Lagerinfernos hindurch gegangener europäischer Geist“, der schwedische Musikhistoriker Lothar Ruudegast: er sei ein „bohrender Frager nach dem Rätselhaften“, und Stefan Sienerth stellte Bergels „unzähmbares literarisches Temperament und politischen Wagemut“ fest. Etc. Die öffentlichen Äußerungen über ihn sind unzählbar. Erst recht die nicht öffentlichen. Hans Bergels Werk ist so breit und auf so vielen Ebenen angelegt, dass erst der zeitliche Abstand seine Fülle, seine Substanz und seine Bedeutung überschau- und erfassbar machen wird.

Der „jedem Getue um seine Person abgeneigte Mann von oft sperrigem Verhalten“ (W. Myss) wird also neunzig Jahre alt. Dass die Berliner Edition Noack & Block aus diesem Anlass die Romane „Der Tanz in Ketten“, „Wenn die Adler kommen“ und „Die Wiederkehr der Wölfe“ im Neudruck herausbringt – diese Großchroniken siebenbürgischer, nein, europäischer Metamorphosen der Zeitenwende – ist ein nicht hoch genug einzuschätzendes Verdienst. Dass der Neunzigjährige am dritten Band seiner mit den „Adlern“ begonnenen, mit den „Wölfen“ fortgesetzten Roman-Trilogie arbeitet – Gesamttitel: „Finale“ –, ist die noch bessere Nachricht, sie stehe am Ende dieser äußerst summarischen Würdigung. Es sei ihm „alles zuzutrauen“, äußerten sich Freunde dazu. Ich gehöre zu ihnen, und ich weiß seit der Übersetzung des „Tanz in Ketten“ (1994), der weitere folgten, dass das Unerwartete, das immer wieder Unvorhersehbare wesenhafter Teil des vorhersehbaren Leistungselans und der geistigen Vitalität des Mannes namens Hans Bergel ist.

Prof. Dr. George Guțu


Der am 16. März 1944 geborene Prof. Dr. George Guțu gilt als Rumäniens derzeit herausragender Germanist. Bis vor Kurzem Chef des Lehrstuhls Germanistik an der Universität Bukarest, machte er sich als Celan-Forscher und Wiederbegründer der Internationalen Rumänischen Germanistikkongresse und als Mitglied bedeutender Fachgesellschaften in Europa einen Namen. Mit wertvollsten Auszeichnungen Rumäniens und Österreichs geehrt, ist der 71-Jährige immer noch wissenschaftlich tätig. Auch die Vorbereitung des 10. Internationalen Kongresses der Germanisten Rumäniens in Kronstadt (Juni 2015) lag in seinen Händen. – Durch die Übersetzung des Romans „Der Tanz in Ketten“ 1994 mit Hans Bergel bekannt geworden, verbindet die Beiden seither eine enge Freundschaft. Prof. Guțu gab drei Bücher über Hans Bergel heraus und wurde durch grundlegende Abhandlungen über diesen auch in siebenbürgischen Kreisen bekannt und geachtet. Unserer Bitte um einen Text zu Ehren des 90-Jährigen kam er ohne zu zögern nach. Dafür danken wir ihm. Wir gratulieren Hans Bergel, der von 1971 bis 1989 Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung war, aufs Herzlichste und wünschen ihm im Namen des Verbandes und dieser Zeitung Gesundheit, Glück und weiterhin viel Schaffensfreude!

Die Redaktion

Schlagwörter: Bergel, Schriftsteller, Geburtstag, Porträt

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