4. April 2016

Josef Haltrichs Volksmärchen neu aufgelegt

Auf der Leipziger Buchmesse ist unter dem Titel „Siebenbürgische Märchen“ eine Neuauflage der Volksmärchen von Josef Haltrich im Rahmen der vom Verlag Edition Hamouda herausgegebenen Reihe „Internationale Märchen“ präsentiert worden. Die 47 ausgewählten Märchen wurden der modernen Sprache sorgfältig angepasst, um sie einer größeren Leserschaft zugänglich zu machen.
Die vom aus Sächsisch Regen (Bistritz-Nassod) stammenden Volkskundler, Philologen und Pfarrer Josef Haltrich (1822-1886) gesammelten Volksmärchen standen früher in jedem siebenbürgischen Haushalt und gehörten zur bürgerlich-bäuerlichen Bildung wie die Märchen der Gebrüder Grimm, verrät Elmar Schenkel in seinem Nachwort.

Haltrich hatte sich bereits während seines Studienaufenthaltes in Leipzig eingehend mit dem Werk der Gebrüder Grimm befasst und stand mit diesen in engem Kontakt. Die Grimms vertraten wie auch andere Volkskundler die These, Märchen aus Siebenbürgen könnten einen reinen Kern deutsch-germanischer Kultur enthalten, „eingeschlossen in ein achthundertjähriges Einmachglas“, schreibt Schenkel. Es stellte sich jedoch heraus, dass es Einflüsse aus dem deutschen Mutterland, dem rumänischen und multiethnischen Umfeld in Siebenbürgen und sogar aus dem Orient gegeben hat, Letzteres möglicherweise über Händler in Kronstadt. Jacob Grimm entdeckte sogar Parallelen zu Märchen aus Litauen, Estland und Finnland.

Es gibt jedoch auch einzigartige Elemente, etwa die bislang unbekannten Teufelsmärchen, in denen der dumme Teufel als leicht zu übertölpeln verhöhnt wird. Spezifisch für Siebenbürgen scheinen auch die Tiermärchen zu sein. Haltrich hatte in seiner Zeit als Lehrer und später als Rektor in dem heute nach ihm benannten Gymnasium in Schäßburg auch seine Schüler in das Sammeln von Märchen eingebunden. Auch in seiner späteren Tätigkeit als Pfarrer im nahen Schaas widmete er sich bis zu seinem Tode volkskundlichen Studien.

„Nach eigenen Angaben wollte Haltrich mit den Märchen ein Zeichen setzen gegen einen möglicherweise bevorstehenden Untergang der siebenbürgischen Kultur, wie er im Vorwort der ersten Auflage schreibt“, so Schenkel. In einer Zeit der „Zersetzung und Zersplitterung“, wie Haltrich sie empfand, galt es, das bedrohte Erbe in einer Art Märchen-Arche in Sicherheit zu bringen.

Nina May

Josef Haltrich: „Siebenbürgische Märchen“, Edition Hamouda, Leipzig, 2016, 280 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-95817-023-0
Siebenbürgische Märchen
Josef Haltrich
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Schlagwörter: Neuerscheinung, Haltrich, Märchen, Kinder

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