10. Januar 2022

Honterus-Verlag veröffentlicht „Manuskript des Josephus Fazakas Krzibacensis“

Musik auf der Höhe ihrer Zeit aus halb Europa – das im Hermannstädter Staatsarchiv (Brukenthalfonds jj110) erhaltene „Manuskript des Josephus Fazakas Krzibacensis“ aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts steckt voller Überraschungen. Nun steht es durch eine verdienstvolle Edition von Ursula und Kurt Philippi im Hermannstädter Honterus-Verlag erstmals der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Publiziert wurden dabei gleich zwei Bände: Der erste enthält ein komplettes Faksimile des Manuskripts, das weitere Recherchen anhand der originalen Notation ermöglicht. Der zweite Band ist eine in wunderbarer Kooperation entstandene praktische Ausgabe, an der neben dem Musikerehepaar Philippi außerdem Nicoleta Paraschivescu, Mátyás Bartha, András Bándi, Gheorghe Branici, Dr. Monica Vlaicu, Gerhild Rudolf, Dr. Hermann Fabini, Pfarrer Danielis Mare, Gernot Nussbächer (†), Dr. Gábriel Szoliva, Jürg Leutert, Melinda Béres, Dr. Elena Sorban, Dr. Pál Enyedi und schließlich der Komponist Dr. Hans Peter Türk beteiligt waren. Finanziell unterstützt wurde das Projekt vom Departement für interethnische Beziehungen der Regierung Rumäniens und vom Vorstand des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt.
Doch wer war dieser Josephus Fazakas und was hat er genau aufgeschrieben? Laut Manuskript, zu lesen in einer Notiz von 1738, war er „ein ungarischer Studiosus“, dem „irmahls die Mühle den rechten Arm abgerißen gehabt, daß er mit der Lincken Hand schreiben lernen müßte“. Wahrscheinlich stammte er aus Krebsbach (Cirzbav/Krizba) im Landkreis Kronstadt.

Freilich ist die Sammlung von Musikstücken, wie das oft üblich war, nicht von einer Hand aufgeschrieben, sondern im Laufe der Zeit von anderen Autoren ergänzt worden – zum Beispiel auf leeren Zwischenseiten, auf denen sich Platz bot. Dementsprechend bunt ist die Zusammenstellung der Stücke: Man findet einstimmige Tanzmelodien und Suitensätze, Musik für Tasteninstrumente und Choräle, so genannte Partimenti (bezifferte Melodielinien in unterschiedlichen Schlüsseln), aber auch zwei Sonaten für Violine und Generalbass. Nicht von ungefähr ziehen die Herausgeber einen Vergleich zum berühmten „Codex Cajoni“.

Eine Besonderheit dieser Handschrift: Auf den letzten Blättern sind Regeln als eine ganz auf die Musikpraxis ausgerichtete Lehre notiert, die mit ihrer abenteuerlichen Grammatik und Schreibung durchaus unterhaltsam zu lesen sind, etwa so: „Der Thon ist zweyerley, nehmlich Dur und Moll.“ Die Musikausübung tritt uns darin als Handwerk entgegen.

Viel erstaunlicher jedoch ist, dass die Schreiber der Sammlung vielfach Musik festgehalten haben, die in den 1730er Jahren in den großen europäischen Zentren in Deutschland, Italien und Frankreich angesagt war, etwa von Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann, Antonio Lotti und Arcangelo Corelli. Werke dieser großen Komponisten waren folglich noch zu deren Lebzeiten bis nach Siebenbürgen gekommen, wurden dort offensichtlich rezipiert und gespielt.

Wo und wie sie erklangen, das kann nur vermutet und vielleicht einmal durch andere Quellen entschlüsselt werden. Auch sind zahlreiche Stücke des Fazakas-Manuskripts (noch) keinem Komponisten zuzuordnen. Hier werden Musikwissenschaftler und Musikwissenschaftlerinnen ein reiches Betätigungsfeld finden. Dabei wird sich auch erweisen, ob einzelne Stücke möglicherweise doch von Komponisten aus Siebenbürgen stammen. Für die siebenbürgische Musikgeschichtsschreibung ist die vorliegende Ausgabe jedoch in jedem Fall ein bedeutender Gewinn – umso mehr, als die Vorworte der zwei Bände ausführliche Erläuterungen in Deutsch und Rumänisch bieten.

Johannes Killyen



Manuskript des Josephus Fazakas Krzibacensis, herausgegeben von Ursula und Kurt Philippi, Band 1: Faksimile, Band 2: Transkriptionen, Honterus-Verlag, Hermannstadt 2021, ISBN 978-606-008-082-4, ISBN 978-606-008-083-1. Die staatlich geförderte Fazakas-Publikation kann unentgeltlich bestellt werden per Mail an: ursula_und_kurt[ät]philippi.ro oder office[ät]forumkronstadt.ro.

Schlagwörter: Musik, Veröffentlichung, Besprechung, Honterus-Verlag, Hermannstadt, Philippi, Kronstadt

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