27. März 2005

Zum 25. Todestag des Zeichners und Malers Eduard Morres

Anlässlich einer Ausstellung Eduard Morres’ in Kronstadt, 1919, bezeichnete der Kritiker Alfred Witting in der bekannten Kulturzeitschrift „Ostland“ den Großteil des kunstinteressierten Publikums jener Jahre als zu dem „Kreis der Kunstkonservativen“ gehörend und genau für diese Gruppe zeichne und male Eduard Morres. Es war die Zeit, als der Künstler schon einen Namen hatte, obwohl er sich von aufkommenden „modernen und modischen Strömungen“ fern hielt.
Weiterhin stellte Witting damals fest: „...auch er (Morres) ist traditionell, auch er wurzelt mit seiner Kunstanschauung in der Vergangenheit. Auch er sucht seine Kunstthesen aus der Überlieferung zusammen, auch für ihn ist Kunst Schönheit – die Schönheit, die ihm in der Natur und ihren Stimmungsmomenten erscheint. Aller Sensation fremd, für neuernde Einflüsse und Anregungen wenig zugänglich, hat er sich den modernen Strömungen gegenüber im starken Rückhalt an das Hergebrachte beinahe durchwegs indifferent gezeigt.“


Eduard Morres (1884-1980): Selbstporträt (nicht datiert (um 1960), Öl auf Leinwand, 46 x 32 cm, Kunstmuseum Kronstadt. Foto: Konrad Klein
Eduard Morres (1884-1980): Selbstporträt (nicht datiert (um 1960), Öl auf Leinwand, 46 x 32 cm, Kunstmuseum Kronstadt. Foto: Konrad Klein

Die siebenbürgisch-sächsische Malerei des 20. Jahrhunderts kann sowohl eine Reihe international bekannter Vertreter der Moderne, vom Expressionismus bis zum Surrealismus – Hans Mattis-Teutsch, Hans Fronius, Hermann Konnerth, Ernst Honigberger, Walther Teutsch, Grete Csaky-Copony, Heinrich Neugeboren-Nouveau u.a. – aufweisen als auch bedeutende Heimatmaler, deren Schaffen mit Landschaft und Menschen zutiefst verbunden ist. Diese Künstler, die die traditionelle siebenbürgische Malweise eines Fritz Schullerus, Karl Ziegler, Carl Dörschlag, Arthur Coulin u.a. weiterführten, haben heute ihren gesicherten Platz nicht nur in in- und ausländischen Museen, sondern auch in vielen Privatsammlungen. Zu ihnen gehört neben Trude Schullerus, Hans Hermann, Waldemar Schachl, Margarete Depner, Hermann Morres, Karl Hübner, Gustav Kollar und Heinrich Schunn auch Eduard Morres, der schon 1912 als Maler in Erscheinung trat und dessen umfangreiches Werk nach seinem Tod am 7. Februar 1980 über 2000 Gemälde (hauptsächlich in Öl) und etwa 5 000 Zeichnungen (meistens in Farbstift, Kohle und Tusche) umfasst, die im Laufe der Zeit in 23 Eigenausstellungen und in vielen Gruppenausstellungen gezeigt wurden. Ein repräsentativer Teil dieser Arbeiten kann heute im Eduard-Morres-Museum in Zeiden besichtigt werden.

Eduard Morres – geboren am 15. Juni 1884 in Kronstadt – erhielt schon als Sechzehnjähriger die ersten künstlerischen Anregungen von seinem unvergesslichen Zeichenlehrer Prof. Ernst Kühlbrandt und später vom Altmeister der sächsischen Heimatmalerei Friedrich Mieß, unter dessen Anleitung er die ersten kleinen Landschaftsaquarelle malte. Der junge Eduard Morres, der später nicht nur ein begabter Zeichner und Maler war, sondern auch als Kunstpädagoge wirkte, besuchte zuerst in Budapest die Zeichenlehrerschule, studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar und dann in München in der Klasse für Malerei und Porträtistik von Hugo von Habermann, einem glanzvollen Vertreter der modernen Malerei jener Zeit, und in der Radierklasse von Peter Halm, der übrigens auch der Lehrer von Max Klinger und anderen Berühmtheiten war. „In Weimar hatte ich die ersten, für mich sehr wichtigen Kontakte mit der Malweise des Impressionismus... Die Impressionisten bemühten sich in der freien Natur um den optischen Eindruck ihrer Motive, um die Erfassung von Licht, Atmosphäre und Bewegung. Diese Sichtweise hat mich damals geprägt und ist auch in meinen Landschaftszeichnungen zu erkennen“, erinnerte sich Eduard Morres in einem Gespräch, das wir 1977 führten. Bervor er in seine Burzenländer Heimat zurückkehrte, verbrachte er ein Studienjahr in Paris, wo er sich besonders für die leuchtenden Farben in der Freilichtmalerei von Edouard Manet begeisterte, und danach einige Wochen in Rom.

Er hielt sich jedoch nach seiner Rückkehr in die Heimat nur für kurze Zeit in Kronstadt auf und zog nach Deutsch-Weißkirch und dann nach Rosenau. Die letzten 38 Jahre seines Lebens verbrachte er in Zeiden, einem Marktflecken, der damals schon ein geistiges Zentrum im Burzenland war, wie man in den „Denkwürdigkeiten“ von Johann Leonhardt und Johann Reichart nachlesen kann. In dieser Zeit schaffte er ein beeindruckendes Mosaik der siebenbürgischen Dorfwelt, zusammengefügt aus zahllosen kleineren und größeren meisterhaften Skizzen und Zeichnungen, aus Porträts, Gruppenbildern, Landschaftsbildern, Stillleben, Genrebilder, Ansichten von Ortschaften und Kirchenburgen, Aquarellen, Ölgemälden. Er soll einmal gesagt haben, dass er die „unmittelbare Nähe der Landschaft, den kräftigen, aber beruhigteren Lebensrhythmus der kleineren Ortschaft“ brauche, denn seine Art zu malen „setzt die stille, besinnliche Auseinandersetzung mit dem Sujet, die beharrliche, konzentrierte Beobachtung der Wirklichkeit voraus“.

Es ist die Ordnung des damals weitgehend geregelten sächsischen Alltags, die jahrhundertealte Tradition, die Verbundenheit und Geborgenheit durch Familie, Nachbarschaft, Kirchengemeinde, in die die Bewohner jener Welt eingebettet sind und wo Einsamkeit fast ein Fremdwort war – es ist eine Idylle, aber keine Schönmalerei, die durch diese Bilder vermittelt wird. Sie strahlen Freudigkeit, Sicherheit, Stärke, Urwüchsigkeit, Vertrauen und Vertrautheit aus, sie beinhalten alles, was zur „schönen Seite des Menschlichen und des Lebens“ überhaupt gehört. So gesehen, wird wohl manch ein Kunstkritiker dazu verführt, Eduard Morres leichtsinnig abwertend in die Reihe der so genannten Heimatmaler einzugliedern. In Anbetracht der Meisterhaftigkeit seiner Bilder wird ihm damit jedoch Unrecht getan, und es wäre an der Zeit, durch eine große umfassende Retrospektive und eine Monographie diesem bedeutenden siebenbürgischen Künstler den ihm gebührenden Platz als Zeichner und Maler für die Nachwelt zuzuweisen.

Brigitte Nussbächer-Stephani

Schlagwörter: Malerei, Zeiden, Burzenland

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