12. November 2008

Das Geheimnis der Henndorfer Truhen

Im September dieses Jahres haben Hildesheimer Studenten sich zum sechsten Mal im Zuge einer Konservierungskampagne dem in Europa einmaligen Truhenbestand auf dem Dachboden der siebenbürgischen Kirchenburg in Henndorf (Brădeni) gewidmet. Auch wenn viele Erkenntnisse bereits gewonnen werden konnten, bleiben doch weiterhin spannende Fragen ungeklärt.
Was machen 125 jahrhundertealte Stollentruhen des gleichen Bautyps auf dem Dachboden einer kleinen unauffälligen Kirchenburg in Siebenbürgen? Diese Frage und die Suche nach einer Lösung, dieses einmalige Ensemble zu erhalten, machten Ende der 90er Jahre Möbelforscher und Restauratoren auf den imposanten Bestand in der Henndorfer Kirche aufmerksam. Ungenügender Wetterschutz, Mikroorganismen, Schadinsekten und Unmengen Taubenkot hatten den Truhen schwer mitgespielt, so dass dringender Handlungsbedarf bestand, um diesen sensationellen Fund an vermutlich mittelalterlichen Buchentruhen zu retten.
Einmaliges Kulturgut in Europa: Seit ...
Einmaliges Kulturgut in Europa: Seit Jahrhunderten stehen Stollentruhen im zweiten Wehrgeschoss der Henndorfer Wehrkirche.
Aufgrund der Initiative von Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl, der Professorin der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung von Möbeln an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Fachhochschule Hildesheim (HAWK Hildesheim), kam es 2000 erstmalig zu einer Studienfahrt, die sich die Untersuchung und Konservierung der Truhen zum Ziel gemacht hatte. Ab 2003 wurden die Forschungen schließlich jährlich in Form einer zweiwöchigen Konservierungskampagne von interessierten Studenten und HAWK-Mitarbeitern weitergeführt. Inzwischen konnte so ein Teil der Truhen konserviert und der gesamte Bestand aufgenommen, dokumentiert und untersucht werden. Auch die Frage nach einer genauen Datierung sollte in naher Zukunft durch die Auswertung dendrochronologischer Untersuchungen möglich sein.

Zwölf der konservierten Truhen können seit einigen Jahren in der Bergkirche in Schäßburg besichtigt werden. Ein in die Tat umgesetztes Ziel dieses Jahres war es, auch in Henndorf Informationstafeln zu installieren, die den Besuchern in drei Sprachen Auskunft geben über die Arbeiten der letzten Jahre. Am 18. September wurde die „Ausstellung“ in einem feierlichen Rahmen in Henndorf eröffnet.
Einige Henndorfer Stollentruhen wurden ...
Einige Henndorfer Stollentruhen wurden konserviert, wie jene auf diesem Bild mit Resten farbiger Bemalung.
In Form mehrerer Studienarbeiten sind in den letzten Jahren die technologischen Aspekte wie auch der kulturelle Hintergrund der Henndorfer Truhen ausführlich durchleuchtet worden. So weiß man inzwischen, dass die Truhen im 15., 16. und 17. Jahrhundert ursprünglich zur Aufbewahrung und Sicherung von Vorräten und Wertgegenständen der Dorfbewohner dienten, wenn diese gezwungen waren, sich in Belagerungszeiten in die Kirchenburg zurückzuziehen. Aber auch nach dieser Zeit, bis weit ins 20. Jahrhundert, wurden sie weiterhin als Vorratstruhen verwendet.

Ihre Mithilfe ist gefragt

Warum sich solch ein Bestand gerade in Henndorf erhalten hat, wie viele Truhen hier ursprünglich verwahrt wurden, was die Bemalung der Truhen und die eingeritzten Zeichen auf den Truhendeckeln zu bedeuten haben und wer die Erbauer dieser Behältnismöbel waren, bleibt jedoch weiterhin unklar.

Derzeitig entsteht eine Masterabschlussarbeit an der HAWK zum Thema „Henndorfer Stollentruhen“, die alle Untersuchungen und deren Ergebnisse zusammenfasst und als Grundlage für eine eventuelle Publikation dienen soll.

Wer noch Informationen über den ehemaligen Umgang mit dem Truhenbestand oder zu den oben gestellten Fragen liefern kann, ist hiermit herzlichst aufgefordert, diese an Mirja Harms, HAWK Hildesheim, Kaiserstraße 19, 31134 Hildesheim, E-Mail: mirjaharms [ät] freenet.de, weiterzugeben und so zur Lüftung des Geheimnisses um die Henndorfer Truhen beizutragen.

Mirja Harms

Schlagwörter: Forschungsprojekt

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