7. Juni 2009

Pomona Zipser - die Bildhauerin und der Konjunktiv

Das Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft in Freiburg im Breisgau (Lörracher Straße 31) zeigt in seinen großartigen und lichten Räumen Arbeiten der Künstlerin Pomona Zipser. Sie wirken wie eigens für diese Räume konzipiert. Zur Eröffnung der Ausstellung am 3. Mai sprach der Germanist und Musiker Stephan Zipser die einleitenden Worte.
In der Badischen Zeitung vom 8. Mai erschienen unter dem Titel „Ein Boot und drei Beine“ die Betrachtungen von Volker Bauermeister. Der nachfolgende Beitrag konzentriert einige Gedanken der beiden Beiträge, da hier zum ersten Mal auf einen sehr eigenartigen und wesentlichen Zug in Pomona Zipsers Schaffen hingewiesen worden ist.

Stephan Zipser, ehemals mit Pomona verheiratet, bezeichnete sich in seiner Ansprache als langjährigen geschätzten Freund und liebevoll-kritischen Betrachter ihrer Werke. Es wurde eine sehr persönliche, humorvolle und aufschlussreiche Ausführung, an deren Anfang er eine Probe von Pomonas Redeweise mit gehäuften Konjunktiven stellte. Pomona habe „die Langsamkeit neu entdeckt. Mit der ‚Stoik’ einer Schildkröte ignoriert sie die Rastlosigkeit und Reizüberflutung der heutigen Zeit. Sie ist, mitten in Berlin lebend, ein Exot, ein Saurier beruflich wie privat“,, betonte Stephan Zipser. Ihre Arbeit mache sie unprätentiös, „mit unglaublichem Ernst, in einem Tempo und mit Werkzeugen, die aus einer Zeit vor der Industrialisierung zu stammen scheinen“.
Pomona Zipser: Unter die Decke geklemmt, 2008, ...
Pomona Zipser: Unter die Decke geklemmt, 2008, Holz, Farbe, 360 x 115 x 160. Foto: Bernd Kuhnert
Pomonas Werkmaterial besteht aus Fundstücken. „Auf dem Altenteil liegende“, ausrangierte Holzteile, Nägel und Seile werden recycled, dabei umgedeutet und aufgewertet. Der Abwesenheit jeglichen materiellen Wertes steht ihr rein künstlerischer Wert gegenüber. Auch in Pomonas Absage an moderne Hilfsmittel und Instrumente, die der Unmittelbarkeit abträglich sind, da sie die Distanz zwischen dem Werk und dem Werkenden vergrößern, ist die zeit- und gesellschaftskritische Positionierung der Künstlerin zu erkennen.

Keines der Ausstellungsstücke tauge für den flüchtigen Blick im Vorübergehen, meinte Stephan Zipser: „Ihre Anmut, Gravität, Melancholie und Perfidie erschließen sich dem Betrachter erst allmählich.“ Sie vermittelten den Eindruck einer Momentaufnahme, eines Anhaltens im Verlauf einer Metamorphose, um dem - eventuell vorläufigen - Zustand nur einer von zahlreichen Möglichkeiten Kontur zu verleihen.

In poetischen Formulierungen gibt Volker Bauermeister in seinem oben erwähnten Zeitungsbeitrag einen vergleichbaren Eindruck wieder: „Vieles von dem aus Brettern, Latten und Klötzen Gefügten wirkt grafisch. Als verkörperte Zeichnung will es scheinen. Zerbrechlich scheint hier einfach alles. Nichts ist für ewig, nichts schwer genug dafür. Die Skulpturen suchen den Boden, sie heben sich ab und üben das Stehen für ihren Moment. Sie stehen Kopf. Oder hängen recht schwer. Verdichten sich im weit gespannten Geschnüre, verstricken sich. Oder lösen sich auf, wie jene ‚Hängende’ in ihrem Weiß... Die Ausstellung - ein Bild - gleicht dem Moment, in dem ein Kartenhaus steht – in dem ein Boot in See sticht. Alles ist fraglich und möglich.“

Die Möglichkeitsform, Irrealis - der Konjunktiv... Aus unterschiedlicher Perspektive haben beide Interpreten als eigenartigen Zug das Konjunktivische im Wesen und Werk der Künstlerin hervorgehoben. Bei der Finissage am 19. Juni 2009, 17 – 20 Uhr, wird die Künstlerin anwesend sein.

Johanna Letz

Schlagwörter: Zipser, Bildhauerei

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