11. Oktober 2023

„In der schönsten Ortschaft der Welt“: 33. Sachsentreffen unter dem Motto „Mensch und Natur“ in Keisd

Drei Tage, vom 29. September bis 1. Oktober, wurde beim 33. Sachsentreffen in Keisd (Saschiz) unter dem Motto „Mensch und Natur. Kulturlandschaft Siebenbürgen“ gefeiert. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die Honterusmedaille an Dr. Paul Niedermaier verliehen. Organisatoren waren das Siebenbürgenforum, das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Mieresch und die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien.
Einer der Höhepunkte des 33. Sachsentreffens in ...
Einer der Höhepunkte des 33. Sachsentreffens in Keisd: Aufmarsch der Tanzgruppen auf dem Platz vor der Kirchenburg. Foto: Cynthia Pinther
Fröhlich trafen einige Gäste bereits am Freitag, dem 29. September, in der gepflegten Gemeinde nahe Schäßburg ein. In der 1493 erbauten evangelischen Kirche im Zentrum der Ortschaft wurde das Sachsentreffen eröffnet. Dabei wurden lokale Projekte und Initiativen zum Erhalt der Kirchenburgen vorgestellt und im Anschluss das Tanzbein im neuen Gemeindesaal geschwungen.

Am Haupttag, dem Samstag, wurden die Stände auf dem Marktplatz bereits um 9 Uhr aufgestellt, so dass sich die Besucher bei Kaffee und Kuchen begrüßen konnten. Während im Gemeinderaum in der Kirchenburg das Kinderprogramm losging, versammelten sich die Gäste zum Festgottesdienst in der evangelischen Kirche. Empfangen wurden sie vom Posaunenchor Schäßburg, unter der Leitung von Theo Halmen. Bischof Reinhart Guib begrüßte die Anwesenden, und anschließend sang die Gemeinde zusammen, zur Orgelbegleitung von Hans Bruno Roth. Der Schäßburger Stadtpfarrer Dr. Hans Bruno Fröhlich predigte zum Psalm 42. Passend zum Motto des Tages „Mensch und Natur“ besuchte ein freundlicher Kater die Kirche. Nachdem er von den Gästen ein paar Streicheleinheiten eingesammelt hatte, kam er zum Pfarrer Fröhlich, um ihn persönlich zu begrüßen. Applaus gab es bei der Danksagung des Kurators Johann Schaaser, der die Gäste „in der schönsten Ortschaft der Welt“ begrüßte. Mit dem Abschlusslied „Still No Blues“ (Noch immer kein Blues/keine Traurigkeit) bestätigte der Posaunenchor Schäßburg, dass die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft – wenn auch kleiner – weiterhin zusammen feiern und ihre Traditionen aufrechterhalten kann.

Einer der Höhepunkte eines jeden Sachsentreffens ist der Aufmarsch der Trachtengruppen, der diesmal – ähnlich wie in Birthälm – auf dem Platz vor der Kirchenburg stattfand. Mit den kleinen Tänzerinnen und Tänzern der Tanzgruppe des Mediascher Forums an der Spitze ging der Marsch los. Die Blasmusik Bistritz und die Jugendblaskapelle aus Kronstadt begleiteten die Polonaise aller Tanzgruppen, die wunderschön anzusehen war. Als spezielle Überraschung hatte Andrea Rost, die Leiterin der Schäßburger Tanzgruppe, eine „Keisder Tanzfolge“ vorbereitet, die sie aus den erhalten gebliebenen sächsischen Volkstänzen aus Keisd zusammengestellt und beim jährlich stattfindenden Tanzgruppentreffen mit allen Gruppen einstudiert hatte. Nun wurde diese Tanzfolge vor dem begeisterten Publikum gezeigt.
Die Keisder Kirchenburg mit ihrem imposanten ...
Die Keisder Kirchenburg mit ihrem imposanten Nordturm gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Foto: Rainer Lehni
Durch das Kulturprogramm auf der kleinen Bühne führten Johanna Kezdi und Kevin Wagner. Den Anfang machten die Kleinsten: Die Mediascher Kindertanzgruppe unter der Leitung von Andra Luca und Rareș Schuster tanzten den „Rosenwalzer“ und eine Polka. Die Schäßburger Tanzgruppe gab „Jungsächsisch“ und „Da Aufgedrahte“ zum Besten. Da die Tanzgruppe des Hermannstädter Jugendforums mit acht Paaren keinen Platz auf der Bühne hatte, führte sie die „Kleinscheuerner Polka“ und „Sudetendeutsche Tanzfolge“ auf dem Platz vor der Bühne auf. Vor dem imposanten Nordturm, der als einziger Teil der Befestigungsanlage noch bewundert werden kann, musizierten die Bläser der Kronstädter Jugendblaskapelle unter der Leitung von Matthias Roos. Die „Ode an die Freude“ und „Ein bisschen Frieden“ sang die junge Künstlerin Alessia Schüler, gefolgt vom Auftritt der Tanzgruppe „Goldregen“ (Leitung: Balla Denes) und der Kindertanzgruppe „Kleiner Goldregen“ aus Sächsisch-Regen. Die Tanzgruppen aus Mühlbach, Bistritz, Kronstadt und die Lehrertanzgruppe schwangen zu Polkas und Walzer das Tanzbein, und manche Gäste tanzten am Rand ebenfalls mit. Schöne Blasmusik ertönte auch aus den Instrumenten der Bläser aus Bistritz (Leitung: Thomas Hartig).

Während auf dem Marktplatz weiterhin getanzt und gefeiert wurde, ging es in der evangelischen Kirche mit der Festveranstaltung weiter. Begrüßt wurden die Gäste vom Vorsitzenden des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch. Dieser erwähnte die Anfangszeiten vor 33 Jahren – einem Drittel Jahrhundert –, „als wir andere Sorgen hatten“. Trotzdem sei „das Sachsentreffen weiterhin erwünscht“. Anders als die bisherigen sei das Thema „Mensch und Natur“, so der Vorsitzende, der Dr. Rudolf Poledna und Dietmar Gross als Festredner vorstellte.

Der Keisder Bürgermeister Ovidiu Șoaită sprach in seinem Grußwort über die Gründung der Ortschaft, die den Siebenbürgen Sachsen zu verdanken sei. Im Vorfeld dieser Rede hatte der Bürgermeister erklärt, dass die Ortschaft sich über gute Zeiten erfreue, besonders dank des UNESCO-Weltkulturerbetitels für die Kirchenburg, die viele Touristen anziehe. Dabei erwähnte er auch, dass in der ganzen Gemeinde keine Häuser zu verkaufen seien und dass ihre jetzigen Preise bei 30.000-40.000 Euro liegen, wobei 2004, als er das Amt übernommen hatte, immer mehr als zehn Häuser zum Verkauf standen und die Preise bei 5.000-6.000 Euro lagen. Das sei ein guter Beweis, dass die „Ortschaft aufblüht“.
Die Honterusmedaille an den Akademiker und ...
Die Honterusmedaille an den Akademiker und Städtehistoriker Dr. Paul Niedermaier (rechts) wurde von dem Vorsitzenden des Siebenbürgenforums Martin Bottesch (links) und Bischof Reinhart Guib überreicht. Foto: Cynthia Pinther
Durch das weitere Programm führte Christiane Neubert, die im Vorstand des Siebenbürgenforums für den Kulturbereich zuständig ist. Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, freute sich, dass wir „weiterhin noch viel unberührte Natur in Siebenbürgen“ haben, auf die wir jedoch sorgen müssten. Die österreichische Botschafterin Mag. Adelheid Folie sprach auch über das Motto des Sachsentreffens und darüber, dass die Orte in Siebenbürgen mit ihren Kirchenburgen eine lebhafte Kulturlandschaft bilden, die eine „große Anziehungskraft auf Menschen“ hat.

Der Abgeordnete Ovidiu Ganț erklärte, dass die Entscheidung, nach Keisd zu kommen und auf andere politische „Großinszenierungen“ zu verzichten, richtig gewesen sei. Dabei bedankte er sich beim Bürgermeister und den Gemeindevertretern für die Unterstützung der deutschen Minderheit und wünschte allen ein „schönes Sachsentreffen“.

Grußworte überbrachten auch Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Ilse Welther, Vorsitzende des Verbands der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, und Manfred Schuller, Bundesobmann des Bundesverbands der Siebenbürger Sachsen in Österreich, und Patrick Kraus, Vorsitzender der HOG Keisd in Deutschland.

Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen in der rumänischen Regierung, erklärte, dass das Motto perfekt ausgewählt wurde, denn die „Kulturlandschaft ist das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur. Restauriertes architektonisches Weltkulturerbe vor abgeholztem Wald ist nichts. Intakte Natur ohne sanften Tourismus ist auch nichts.“

Zu jeder Festveranstaltung gehört ein Festvortrag oder auch zwei, wie in diesem Jahr. Der Soziologe Dr. Rudolf Poledna von der Babeș Bolyai Universität aus Klausenburg hielt einen Vortrag zum Motto des Sachsentreffens „Mensch und Natur“ und Dietmar Gross bebilderte seinen Vortrag mit aussagekräftigen Landschaftsfotografien aus Siebenbürgen.

Der Höhepunkt des Sachsentreffens war auch heuer die Verleihung der Honterusmedaille, die diesmal an den Akademiker und Städtehistoriker Prof. Dr. Paul Niedermaier ging. Die Laudatio hielt der Historiker Dr. Harald Roth, der sich als Erstes die Frage stellte: „Als was oder als wen feiern wir ihn? Als herausragenden Wissenschaftler, der auf ein jahrzehntelanges Forscherleben blickt und grundlegende Werke geschaffen hat? Als einen glaubensfesten Mann der Kirche, der ebenfalls über Jahrzehnte hin in wichtigen Funktionen ihre Geschicke mitgestaltet hat? Oder als geradliniges Mitglied der Gemeinschaft, das sich stets auch in gesellschaftlichen und politischen Fragen der Verantwortung gestellt hat? Sicher feiern wir ihn für all das zusammen, für seine außergewöhnlichen Leistungen im Hauptberuf genauso wie für das erfolgreiche Engagement im Ehrenamt und für sein uneigennütziges gesellschaftliches Wirken. All dieses knapp zusammenzufassen, ist angesichts der übergroßen Fülle eine gewisse Herausforderung.“ Eine Herausforderung, die Dr. Harald Roth meisterte und dessen gesamte Laudatio in einer nächsten Ausgabe der Hermannstädter Zeitung zu lesen sein wird. Die Honterus-Medaille, die vom Siebenbürgenforum und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien verliehen wird, überreichten Martin Bottesch und Bischof Reinhart Guib an Paul Niedermaier, der sie dankend annahm.

Mit dem Theaterstück in siebenbürgisch-sächsischer Mundart „Esi woor et ...“ von Hilde Juchum, aufgeführt von der Theatergruppe Ingolstadt (einem Beitrag des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, gefördert vom Kulturwerk), und dem Besuch der Fluchtburg auf dem Berg endete beim gemütlichen Beisammensein der zweite Tag des Sachsentreffens. Am Sonntag standen noch der Gottesdienst und eine Wanderung mit Picknick auf dem Programm.

Das gut gelungene Sachsentreffen in Keisd soll als Vorgeschmack auf das Große Sachsentreffen in Hermannstadt gelten, das vom 2.-4. August 2024 stattfinden wird und zu dem sich schon Gäste von nah und fern angemeldet haben, u.a. auch aus den USA und Kanada. Unter dem Motto „Heimat ohne Grenzen“ sind Kulturveranstaltungen aller Art in Hermannstadt und Umgebung geplant. An dem großen Festwochenende 2024 wird mit der Teilnahme von über 10.000 Besucherinnen und Besuchern gerechnet.

Ruxandra Stănescu, Cynthia Pinter
(gekürzt aus der Hermannstädter Zeitung)

Schlagwörter: Sachsentreffen, Keisd, deutsch-rumänische Beziehungen

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