8. Juli 2008

Leserecho: Vier deutsche Wochenzeitungen für Rumänien

Zur Zukunft der „Allgemeinen Deutschen Zeitung in Rumänien“, die laut Mitteilung des ADZ-Teams vorläufig eingestellt und ab Herbst in einem neuen Konzept erscheinen soll (diese Zeitung berichtete), äußert sich der Unternehmer und Buchhändler Jens Kielhorn aus Hermannstadt.
Ich würde gerne den Vorschlag des Hermannstädter Kreisratsvorsitzenden Martin Bottesch, aus der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ eine Wochenzeitung zu machen, unterstützen. Nach meiner Einschätzung ist das Leserpotenzial für eine deutschsprachige nationale Tageszeitung in Rumänien nicht vorhanden.

In unseren beiden Hermannstädter Buchhandlungen Schiller und Erasmus bieten wir die ADZ und Hermannstädter Zeitung (HZ) gleichermaßen zum Kauf an. Obwohl die ADZ 30 Bani billiger zu haben ist als die HZ, werden in einer Woche ungefähr genauso viele HZ- wie ADZ-Exemplare verkauft. Und das, obwohl die ADZ fünfmal häufiger als die HZ erscheint!

Auf Mallorca sind 33 000 Deutsche gemeldet. Weitere ca. 30 000 Deutsche halten sich dort regelmäßig auf, ohne gemeldet zu sein. Damit ist die Zahl der auf Mallorca lebenden Deutschen vergleichbar mit der Zahl der Rumäniendeutschen. Trotzdem gibt es auf Mallorca keine deutsche Tageszeitung, sondern im Gegenteil mit dem Mallorca Magazin und der Mallorca Zeitung zwei äußerst erfolg- und traditionsreiche deutsche Wochenzeitungen, die sich qualitativ mit jeder deutschen Zeitung messen können.

Vorteile eine Wochenzeitung

Eine Wochenzeitung hat den Vorteil, dass sie nicht so schnell veraltet wie eine Tageszeitung, d.h. sie muss nicht der Aktualität hinterherhecheln. Wenn sie einen Tag später beim Leser eintrifft, ist das nicht so schlimm, denn die nächste Zeitung erscheint ja erst in einer Woche. Dies ist besonders wichtig angesichts der bestehenden logistischen Probleme mit der Distribution der ADZ in Rumänien.

Eine Wochenzeitung kann auch durchaus umfangreicher sein als eine Tageszeitung. Die Leser honorieren Hintergrundberichte eher und sind bei vorhandenem Mehrwert bereit, höhere Preise zu bezahlen.

So wäre ein Preis für die Wochen-ADZ von 3-4 Lei durchaus akzeptabel, wenn man bedenkt, dass 5 Tages-ADZ zusammen 3,50 Lei kosten und der Kaffee, den man am Hermannstädter Kleinen Ring beim Lesen trinkt, 5 Lei.

Das Potential der Regionalzeitungen nutzen

Nun zu meinem Ergänzungsvorschlag: Im Jahre 1992 hat die ADZ (vormals Neuer Weg) versucht, die damals bestehenden regionalen deutschsprachigen Wochenzeitungen zu schlucken. Bei der Banater Zeitung ist ihr das 1993, bei der Karpatenrundschau 1996 gelungen. Nur die HZ hat sich dank des Widerstandes des damaligen Chefredakteurs Georg Scherer erfolgreich zur Wehr setzen können. So gilt für die HZ jetzt auch nicht: mitgehangen – mitgefangen.

Die (nicht ganz freiwillige) Integration der Regionalzeitungen in die ADZ war sicherlich im Nachhinein betrachtet ein Fehler. Oftmals stellte man sich als Leser die Sinnfrage, wenn KR und BZ-Redakteure in Personalunion auch als ADZ-Redakteure auftraten und man ein und denselben Bericht mehrfach in Beilage und Hauptteil vorfand. Für lokal verwurzelte Leser ist darüber hinaus eine Beilage kein vollwertiger Ersatz für eine eigene Zeitung, da man sich mit einer Zeitung, die in „Buh-karest“ (Zitat: Hannelore Baier) gemacht wird, als Siebenbürger oder Banater nun einmal nicht hundertprozentig identifizieren kann. Auch die werbende Wirtschaft scheint dies so zu sehen, denn Anzeigen sah man in KR und BZ so gut wie nie, während sich die (eigenständige) HZ in dieser Hinsicht durchaus erfolgreich entwickelt hat. Dies ist durchaus nachvollziehbar, wenn man sich vor Augen hält, dass die Auflagen von ADZ und HZ mit ca. 2000 Exemplaren durchaus vergleichbar sind, die ADZ aber rumänienweit erscheint. Damit dürfte sie in ihren Beilagengebieten Banat und Burzenland kaum mehr als 500 Leser erreichen, was natürlich für jeden potenziellen örtlichen Anzeigenkunden absolut unbefriedigend ist.

Ich wage die Behauptung, dass KR und BZ, wären sie wieder eigenständig, ihre Auflage in den Heimatregionen mindestens verdoppeln könnten. Außerdem hätten sie gute Chancen, eine große Anzahl von Exemplaren in Deutschland abzusetzen, wie es die HZ schon seit vielen Jahren erfolgreich vorexerziert.

So könnte die Zeitungslandschaft ausstehen

Und so könnte m. E. eine erfolgreiche deutsche (Wochen-)Zeitungslandschaft in Rumänien aussehen:

Dienstag: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien

Mittwoch: Banater Zeitung

Donnerstag: Karpatenrundschau

Freitag: Hermannstädter Zeitung

Damit hätten wir für fast jeden Tag, an dem heute die ADZ erscheint, eine deutsche Zeitung. Natürlich müssten alle Zeitungen rumänien- und europaweit für Interessierte abonnierbar sein.

Und der Montag: der bliebe für eine noch zu gründende Zeitung der bei der letzten Kommunalwahl so erfolgreichen Sathmarer Schwaben reserviert.

Jens Kielhorn, Büchercafé ERASMUS, Hermannstadt

Schlagwörter: Medien

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Neueste Kommentare

  • 21.01.2009, 19:01 Uhr von Knobler: Als ich 2003 zum ersten Mal nach Hermannstadt kam, war ich darüber erstaunt , dass es die HZ gab. ... [weiter]
  • 20.01.2009, 22:08 Uhr von muellerkarl14@googlemail.com: Mein Name ist Karl Müller aus Siebenbürgen/Martinsdorf ich lese auch die "Hermannstädter ... [weiter]
  • 20.01.2009, 20:36 Uhr von vladtepes3: Ichz bin selbst als Deutscher in deutschland langjähriger Leser der HZ. Und ich warte immer ... [weiter]

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