11. Juli 2008

Dr. Christoph Machat: Brandschäden und Notsicherungsmaßnahmen in Bistritz

Der 76 Meter hohe Kirchturm, das höchste kirchliche Bauwerk des Landes, und Teile des Kirch­dachs der evangelischen Stadtpfarrkirche in Bistritz sind am 11. Juni 2008 einem Feuer zum Opfer gefallen. Bereits zwei Tage nach dem Brand hatte der Siebenbürgisch-Sächsische Kultur­rat e.V. nicht nur einen Spendenaufruf für Notsicherungsmaßnahmen verfasst, sondern auch mit dem verantwortlichen Architekten, Prof. Dr. Bálint Szabó in Klausenburg, und dem Direktor des Bauunternehmens „Creativ“, Herrn Maris, telefonisch über die dringend erforderlichen „Erste-Hilfe“-Maßnahmen beraten und um einen Kostenvoranschlag gebeten. Dieser diente als Grundlage für einen Förderantrag an den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, der inzwischen positiv beschieden worden ist. Dr. Christoph Machat berichtet im Folgenden über die Brandschäden und ersten Notsicherungsmaßnahmen in Bistritz.
Der Verfasser dieser Zeilen hat inwischen von dem Generalsekretär des rumänischen Kultur- und Kultusministeriums, Dr. Virgil Nițulescu, in Bukarest die Zusage erhalten, die Notsicherungs­maßnahmen ohne den ansonsten üblichen bürokratischen Vorlauf – Ausschreibung, Projekt­erstellung, Genehmigung – unter der Leitung des Architekten und durch den Bauunternehmer durchführen zu lassen und gleichzeitig ein Gesamtprojekt für die Beseitigung der Schäden und die endgültige Instandsetzung der Bistritzer Kirche erstellen zu lassen und zu fördern.
Gespenstisch – die verkohlten Dachbalken der ...
Gespenstisch – die verkohlten Dachbalken der Bistritzer Kirche. Foto: Michael Weihrauch
Am 29. Juni wurde die Kirche in Bistritz von Stadtpfarrer Johann Dieter Krauss, dem neuen Bürgermeister Ovidiu Teodor Crețu, Hauptan­walt Friedrich Gunesch seitens der Landeskir­che, Architekt Prof. Dr. Bálint Szabó und seiner Mitarbeiterin Ing. Imola Kirizsan sowie Ing. Vir­gil Someșan seitens des Bauunternehmens Crea­tiv besichtigt.

Wie telefonisch verabredet, war bereits mit den Aufräumarbeiten des Brand­schutts begonnen worden. Wegen der hohen Temperaturentwicklung im Turminnern waren die beiden Glocken vollständig geschmolzen und von insgesamt 2,8 Tonnen Erzgewicht konnten lediglich zehn Eimer geborgen werden. Von den durchgängig aus Holz bestehenden Innenein­bauten des Turmes ist nichts erhalten, das Mau­erwerk des Turmes selbst ist hingegen kaum beschädigt. Durch das Übergreifen des Feuers auf den westlichen Bereich des Kirchendach­stuhls wurden die ersten neun Sparrenpaare des Dachstuhls teilweise zerstört ebenso ein Teil der zugehörigen Binder (von 22 m Länge). Der innere Kern des Eichenholzes ist allerdings noch gut erhalten. Der Westgiebel ist insofern weniger gefährdet, als gelegentlich einer Notsiche­rung des Dachstuhls Ende der 1990er Jahre mit­tels metallener Zugbänder und Anker diese auch im Westgiebel verankert worden sind und auch heute noch funktionieren. Das gilt auch für die Querverankerung der Binder an der südlichen Turmaußenwand. Das Kircheninnere hat durch das Löschwasser etwas gelitten, da es sich in den Gewölben über den Langhauspfeilern gestaut hat, weil die vorhandenen Abflusslöcher verstopft waren. Diese sind inzwischen frei und mittels Schläuchen mit Abflussrinnen verbunden, die zukünftiges Regenwasser nach außen ableiten. Die wertvolle Orgel war zum Zeitpunkt des Brandes mit einer Plane abgedeckt, da die darüber liegenden Gewölbe gerade erst gestrichen worden waren.

Erste Notsicherungsmaßnahmen

Als Sofortmaßnahmen wurde vereinbart, die Gewölberücken abzudichten, wasserdicht zu machen und die Abflusslöcher im Kircheninnern weiterhin – natürlich nur als Provisiorium – funktionstüchtig zu lassen, bis der Dachstuhl samt Dachhaut vollständig saniert und fertiggestellt ist. Über den Gewölben wird eine Arbeits­plattform eingerichtet, um die beschädigten neun Sparrenpaare zu reparieren und auch die durch Brand beschädigten Teilstücke des Firstes auszubessern. Die beschädigten Dachziegeln auf der Südseite sind abgenommen, gegen Wind-, Re­gen- und Sturmschäden wird eine schützende Bretterwand den restlichen Dachstuhl abtrennen. Eine Abdeckung des gesamten beschädigten Dachbereichs wird daher nicht erforderlich sein, vielmehr sollte die denkmalgerechte Sanie­rung des gesamten Dachstuhls und der Dach­haut in Angriff genommen werden, verbunden vor allem mit Problemen der Materialbeschaf­fung (entsprechend lange Hölzer für den Dach­stuhl, Tonziegeln für die Dachhaut).
Die Brandschäden am Turm und an der evangelischen ...
Die Brandschäden am Turm und an der evangelischen Stadtpfarrkirche in Bistritz werden auf eine Million Euro geschätzt, die Instandsetzungskosten belaufen sich auf 3,5 Millionen Euro. Foto: Dr. Christoph Machat
Beim anschließenden Gespräch im Pfarrhaus legte der Architekt eine Kostenschätzung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen zur Besei­tigung der Brandschäden in Höhe von etwa einer Million € vor. Die Maßnahmen, um die Instand­setzung der Kirche abzuschließen, werden insgesamt 3,5 Millionen € kosten. Bezüglich der Finanzierungsmöglichkeiten werden sich Bür­germeister Crețu und Bischof D.Dr. Christoph Klein gemeinsam beim rumänischen Minister­präsidenten Călin Popescu Tăriceanu einsetzen.

Neben den allerersten Notsicherungsmaßnah­men, die als Projektförderung seitens des BKM bewilligt worden sind, fallen noch erhebliche Kosten an, die mit Denkmalpflegemitteln nicht zu finanzieren sind, wie beispielsweise die Erneuerung der Turmuhr samt Ziffernblättern, die ständige Überwachung des Kirchplatzes und des eingezäunten Baustellenbereiches und vieles mehr, so dass jede Spende in naher und ferner Zukunft willkommen sein wird.

Die Notsicherung der Kirche wird voraussichtlich innerhalb eines Monats durchführbar sein.

Christoph Machat

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Schwerpunktthema: Brandkatastrophe der evangelischen Statdpfarrkirche in Bistritz

Schlagwörter: Stadtpfarrkirche Bistritz

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