8. Juni 2010

Der Mundartdichter Gustav Schuster Dutz kam vor 125 Jahren in Mediasch zur Welt

Sein Werk lebt und wirkt weiter – ganz besonders in unserer von ernsten Krisen geschüttelten Gegenwart – als Botschaft des Lachens und der Freude: Unser beliebter Mundartdichter, Humorist und Publizist Schuster Dutz wurde am 24. Mai 1885 in Mediasch geboren, als Sohn des Apothekers Gustav Schuster und dessen Gattin Albertine, geborene Guggenberger. Das zweite von zwei Kindern ist in der Taufmatrikel mit dem vollständigen bürgerlichen Namen Gustav Michael Julius Schuster eingetragen. Dies geschah vor 125 Jahren. Wir blicken zurück.
In seiner Heimatstadt Mediasch verbrachte Dutz eine glückliche Kindheit. Nach dem Gymnasium wollte er ein Studium beginnen. Darüber sagte er selbst: „Mit dem Tage der abgelegten Matura war mir die Welt offen. Ich konnte auf die Universitäten ziehen und mir die Fächer wählen, die mir Spaß machten. Eines war mir klar, ich wollte Professor werden, denn Kinder erziehen war mir von jeher das Liebste gewesen... Mit meinen Vater beriet ich mich, welche Unterrichtsfächer ich wählen sollte, und wir kamen zu zweit auf den Gedanken, die damals im glänzenden Aufstieg befindlichen Fächer Naturgeschichte und Chemie zu wählen. Die Apotheke meines Vaters mit ihren vielen Chemikalien war der nötige Anlass dazu. Die Mutter, eine große Blumenfreundin, gab auch ihre Einwilligung und so war alles bereit, den Weg ins neue Leben zu beschreiten.“

Dutz studierte bis 1907 in Klausenburg, Wien, Jena und Marburg Naturwissenschaften. In seine Heimatstadt zurückgekehrt, wirkte er von 1908 bis 1948 am dortigen Gymnasium, das bald darauf den Namen Stefan Ludwig Roths erhielt, als Professor für Naturkunde und Chemie. Er verfasste die beiden Lehrbücher „Einführung in die Kunde von Menschen und Tieren“ (Hermannstadt 1938) und „Lehrbuch der Tierkunde“. Bereits als junger Mensch nahm Dutz regen Anteil am öffentlichen Leben seiner Vaterstadt und wirkte auch darstellerisch bei Aufführungen mit, wie 1909 in Lortzings „Zar und Zimmermann“, 1925 als Figaro in „Figaros Hochzeit“ und nicht zuletzt 1933 in der von Musikdirektor Fritz Schuller in Töne gesetzten Operette „Das ferne Lied“. Schon sein Vater und dessen Bruder Julius waren Verfasser humoristisch-satirischer Mundartverse und pflegten so manches, was sie dachten, in Versform zum Ausdruck zu bringen. So war es Familientradition und die Pflege einer ererbten Begabung, wenn Dutz selbst zur Feder griff. Seine schriftstellerische Laufbahn begann er mit Gelegenheitsdichtungen in siebenbürgisch-sächsischer Mundart, anfangs in der „Silvesterzeitung“ des Turnvereins, im „Kothgiesser Noberschuftskalender“ oder dem Mediascher Wochenblatt veröffentlicht. Die Zeitspanne nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Erscheinen seines ersten Bändchens „Eos menger Ährevakanz“ („Aus meinen Ernteferien“) im Jahr 1921 war eine seiner fruchtbarsten Schaffensperioden.
Kurtfritz Handel: Gustav Schuster Dutz (*1885, ...
Kurtfritz Handel: Gustav Schuster Dutz (*1885, †1968), Ausschnitt aus der Gedenkplatte an seinem Wohnhaus in Mediasch, Großer Markptplatz (Piața Regele Ferdinand) Nr. 14, Terrakotta, 1995 (Foto: Sammlung Kurtfritz Handel)
In diese Zeit fällt auch der Entschluss zu heiraten. Am 10. Mai 1921 schrieb meine Tante aus Mediasch meinem Vater, der damals in München studierte: „Das Allerneuste ist aber, dass Schuster Dutz sich endlich entschlossen hat zu heiraten. Und zwar hat er sich sehr verjüngt. Falk Hildi (geb. 1902) ist seine Auserwählte!“ Dazu kam es jedoch nicht.

Auf die „Ährevakanz“ folgte 1923 „De Tarockpartie uch aonder lastich Geschichten“ („Die Tarockpartie und andere lustige Geschichten“). Dieser Band enthält die meisten seiner frühen Werke, die später auch in hochdeutscher Fassung immer wieder in Anthologien nachgedruckt wurden. Gerne bereiste er siebenbürgische Städte und Dörfer, um aus seinen Werken vorzulesen. Berichten nach war er ein ausgezeichneter Vortragskünstler. Es waren diese öffentlichen Lesungen, die ihn zuerst bekannt machten, wie z.B. auch ein sächsischer Abend aus Mediasch (leider unbekannten Datums), von dem ein Programmblatt erhalten ist: „Programm fiur den sakseschen Owend des Schuster Dutz“, versehen mit der bekannten Kohlezeichnung von Martin Mendgen aus dem Jahr 1926. Von den 28 Titeln, die Dutz an jenem Abend vortrug, sind leider nur die Hälfte veröffentlicht und bekannt geworden. In den Jahren 1925 und 1926 gab er die einzige in siebenbürgisch-sächsischer Mundart verfasste Literaturzeitschrift, „Bäm Hontertstreoch“ („Beim Holderstrauch“), heraus, die nur einen Jahrgang erlebte (12 Hefte, erschienen von Oktober 1925 bis September 1926). Im letzten Heft dieser Reihe befindet sich das herrliche Gedicht „Bäm Apenthīker“ („Beim Apotheker“).

Mit seiner ausschließlich in Mundart veröffentlichenden Zeitschrift wollte der Herausgeber der Heimatkunst dienen. Er druckte darin Gedichte, Erzählungen, kurze Theaterstücke, Rätsel ab, aus der eigenen Feder und von befreundeten Mundartdichtern. Mit einem vierzehnseitigen Reklameteil in Versform versuchte er die Kosten zu decken, was nicht gelang. Dies besiegelte offenbar das frühe Ende des Projektes.

1934 verfasste Dutz das beliebte Kinderbuch „E lastich lxl“ („Ein lustiges lxl“), das eine zweite Auflage 1954 erlebte.
... und in einem Cafe belauscht von Johann ...
... und in einem Cafe belauscht von Johann Caspari, um 1905. (Sammlung Margrit Csiki)
Außer seiner Studienzeit und der sechsmonatigen Haft im politischen Internierungslager verbrachte er sein ganzes Leben in Mediasch. Zusammen mit zahlreichen angesehenen Mitbürgern wurde er von Mai bis November 1945 in ein Lager bei Caracal gebracht, wo auch ihm Demütigungen und Leid nicht erspart blieben. Er bekam den Kommunismus am eigenen Leib zu spüren und kehrte mit angeschlagener Gesundheit nach Hause. Diese Tatsache ist bis zur Wende 1990 von allen Publizisten und Medien seiner Heimat verschwiegen worden! Literarisch hat er die Erfahrungen in der Haft in den Gedichten „O Caracal“ und „Zu meinem vermeintlichen Tode“ verarbeitet. In seinem nur teilweise erhaltenen Nachlass findet sich sein nach der Haft verfasstes Tagebuch „Im Lager von Karakal. Betrachtungen eines Internierten“. Das bisher unbeachtet gebliebene Manuskript wird ab dem Mai-Heft des Mediascher Infoblattes/Mediascher Zeitung, herausgegeben von der HG Mediasch, in Fortsetzungen abgedruckt. In ihm versucht der Dichter mit dem ihm eigenen feinsinnigen Humor, die traumatischen Erlebnisse hinter Stacheldraht zu verarbeiten. Aus seinen späteren Jahren sind nur mehr wenige Werke bekannt; einen besonderen Platz nimmt die 1946 in Hochdeutsch verfasste Anatomie in Versen: „Der gereimte Mensch“ ein.

1948 zwang ihn eine rechtsseitige Lähmung, das Lehramt aufzugeben und in den Ruhestand zu treten. Nach seiner Erholung widmete er sich wieder seinen literarischen Arbeiten, in denen er sich verstärkt dem hochdeutschen Gedicht zuwandte.

1954 sollte sich für Dutz ein Lebenstraum erfüllen, als der 68-jährige Junggeselle am 5. Februar am Standesamt mit Josefine, geborene Schuster, den Bund fürs Leben besiegelte. Eine 14-jährige glückliche Ehe sollte ihnen beschieden sein! Dutz blühte auf und konnte sich wieder einer regeren Tätigkeit widmen. Geborgen in diesem späten Glück, sah er sogar seinem Ende mit dem ihm eigenen Humor entgegen. Davon zeugen die Verse, die er für seinen Grabstein reimte.

Im Bemühen um die literarische Rehabilitierung des Mundartdichters gelang es Harald Krasser 1956, den ersten Sammelband mit Werken von Gustav Schuster Dutz vorzulegen: „Das Kulturpfeifen“. Weitere Auflagen folgten 1958, 1959 und 1991. 1953 erschien „Das Kulturpfeifen“ unter dem Titel „Arta de a fluiera“ in rumänischer Sprache. Seine fast ausschließlich in siebenbürgisch-sächsischer Mundart – im Mediascher Dialekt – verfassten humoristisch-satirischen Gedichte und Erzählungen sind in diesem Sammelband zum besseren Verständnis eines breiten Leserpublikums auch in hochdeutscher Übertragung abgedruckt. Zu seinem Werk gehören auch einige (wenig oder heute gar nicht mehr bekannte) dramatische Arbeiten, Libretti, Hörspiele, Kinderreime und naturwissenschaftliche Schulbücher. Für gewisses örtliches Aufsehen sorgte 1933 die Aufführung der Operette „Das ferne Lied“, für die Dutz das Libretto zusammen mit Julius Draser schrieb. Nur ein Viertel seiner Werke sind veröffentlicht worden, der Rest dürfte in den „trüben Gewässern“ der Gelegenheitsdichtung verborgen geblieben bzw. mit dem Großteil seines Nachlasses verloren gegangen sein.

1965, aus Anlass seines 80. Geburtstags, wurde der Jubilar offiziell von den kommunistischen Behörden rehabilitiert und gefeiert. 1968 zogen Wolken am Himmel auf. Am 30. März wurde Dutz ins Krankenhaus gebracht, um sich einem Eingriff zu unterziehen, den er leider wegen des fortgeschrittenen Alters und der angegriffenen Gesundheit nicht überlebte. Am 1. April schloss er seine Augen für immer. Die traurige Nachricht verbreitete sich – auch ohne die vor dem Krieg noch üblichen Nachbarschaftszeichen – wie ein Lauffeuer in der Stadt. Für uns Mediascher war ein Stern versunken.

Dutz war bis kurz vor seinem Tod noch tätig gewesen. Er ergänzte sein Erinnerungsbuch „Ich selbst“, sandte dem Bukarester Literaturverlag Vorschläge und Manuskripte, um die in Vorbereitung befindliche dritte Auflage des „Kulturpfeifens“ zu ergänzen. Als Botschaft des Lachens und der Freude lebt sein Werk über seinen Tod hinaus. „Wenn uns einer das Lachen lehrt,/ ist er tausend Gulden wert.“ Seine letzten Worte in eigener Sache zeigen ihn uns „dutzfidel“, wie er es Zeit seines Lebens gewesen war. So grüßt er bis heutigen Tages von seinem Grabstein: „Hier ruht nunmehr in Gottes gnädgem Schutz/ Der frohe Versemacher Schuster Dutz./ Die höchste Lust war ihm, durch heitres Lachen/ Mit seinen Späßen andre froh zu machen./ Nun, Wandrer, steh und lächle einmal sacht:/ Dies ist der letzte Spaß, den er gemacht.“

Dass der scherzende Versemacher auch noch beliebte, seine Feder just am 1. April hinzulegen, fanden seine Angehörigen übrigens gar nicht komisch und kamen auf den sonderbaren Gedanken, das launige Todesdatum auf den 31. März abzuändern, das seither auf dem Grabstein zu lesen ist. Die Bronzeplakette darauf stammt von Kurtfritz Handel, der auch eine Totenmaske anfertigte, die jedoch spurlos verschwunden ist. Am 4. April 1968 wurde unser verehrter Mediascher Mundartdichter Gustav Schuster, den alle „Dutz“ nannten, unter großer Anteilnahme auf dem ev. Friedhof zur ewigen Ruhe beigesetzt. Ich darf mich glücklich schätzen, ihn auch noch als Gymnasiallehrer gehabt und erlebt zu haben.

Wilfried Römer



Bäm Apenthīker
Zea’m Apenthīker kit emōl
En ålt Frä Mahm erän,
En Zīker huët se un dem Arm,
Dō äs en Katz dertän.
„Härr Apenthīker, säh Se nor
Meng uërem Katz īst un,
Se weal mer fräcke, känt ich net
Hä äst derkē bekun?
Sä hu Mixture jō genëach,
Gië Se mer dennich äst,
Und hëalfe Se doch menger Katz
Als gëad barmhärzich Chräst!“
Drō strīchelt se de Katz ändem
Se affem Arm se wächt.
Der Apenthīker dreht sich äm
Kēn de Stellag und sprächt:
„Mixturen hu mer glatt genëach,
Se hu båld nemi Platz,
Bedäne Se sich mehr wohär,
D’ äs alles fiur de Katz!“

Ein Reklamebeispiel aus Heft 2, November 1925, Seite 14:
Inserieren Frängd, dåt stīht,
Äs äst, wat sich enem drīt.
Nor mess em derbä verstohn,
Et uch richtich unzegohn.
D’ irscht Bedaingung äs jo freallich,
Dat det Inserat gefeallich,
Dat ze liësen, em't net schoat,
Seangdern dat em sich drif froat.
Det awer - dåt märk Der – kån
Em gor leicht errichen dån,
Wonn em't mät Humor verbaingt
Und de Firmen friuh besaingt.
Wä dåt hä vun deser Segt,
Ugefången nea geschegt.
Äm dåt hir, me Frängd, mich un:
Silt Te uch īst Last bekun,
Hä än deser Mēnetsschräft
Äst ze inserieren, gäf´t
Nor dem Schuster Dutz, die richt
Der et schiun mät em Gedicht.
So em, wat Te weallt uch bäst,
Und pass af, hie måcht Der äst,
Wat Der sächer gead gefeallt.
Gonk nor zea em und besteall’ t.“

Schlagwörter: Mundart, Mediasch, Literatur

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