10. Februar 2012

Lebendiges Denkmal für Adele Zay: Trägerverein des Altenheims Drabenderhöhe wird 50

Inmitten des Ortes Drabenderhöhe fällt der Blick auf einen im Oberbergischen fremdartigen Turm. Schreitet man durch dessen Torbogen, gelangt man in einen Innenhof. Er trägt den Namen des Vaters der Siebenbürger Sachsen-Siedlung: Robert Gassner. Betritt man das Foyer des „Hauses Siebenbürgen-Drabenderhöhe, Alten- und Pflegeheim“, um einen Angehörigen oder den wöchentlichen Gottesdienst in der Kapelle zu besuchen, so wird man links neben dem Eingang eine Stele entdecken. Darauf befindet sich eine Büste. Ein Täfelchen trägt den Namen Adele Zay.
Wer war diese Frau, der man das Denkmal errichtet hat? Sie wurde am 29. Februar 1848 in Hermannstadt geboren. Ihr starker Wille, sich aus- und fortzubilden, trug dazu bei, dass Adele Zay bereits mit 17 Jahren eine Lehrtätigkeit ausüben konnte. Nach und nach war sie in verschiedenen Einrichtungen als Erzieherin und Lehrerin tätig. 1884 wurde sie vom Presbyterium der Kirchengemeinde Kronstadt beauftragt, einen zweijährigen Lehrgang zur Heranbildung von Kindergärtnerinnen zu leiten. Ein Biograph schreibt über sie: „Damit beginnt der Abschnitt in ihrem Leben, der ihr die Entfaltung ihrer vollen Kraft ermöglichte. Sie war die Lehrerin und spätere Leiterin einer stetig fortgebildeten Anstalt, mit der ihr Namen untrennbar verbunden ist.“ Adele Zay begründete die erste Erzieherinnenanstalt in Rumänien und war Vorkämpferin für die Rechte der Frauen in Siebenbürgen. Dank ihrer konsequenten Arbeit gelang es, im Jahr 1901 die Berufung von Frauen in ein Lehramt durchzusetzen. Ebenso war Adele Zay führend im Kampf um die Durchsetzung des Wahlrechts für Frauen in der Evangelischen Kirche in Siebenbürgen.
„Turm der Erinnerung“ im Robert-Gassner-Hof des ...
„Turm der Erinnerung“ im Robert-Gassner-Hof des „Hauses Siebenbürgen-Drabenderhöhe, Alten- und Pflegeheim“. Foto: Christian Melzer
Zur Würdigung ihres fortschrittlichen Denkens und Handelns zum Wohl der Gemeinschaft wurde der nunmehr seit 50 Jahren bestehende Hilfsverein auf ihren Namen benannt. Die in Drabenderhöhe entstandenen sozial-diakonischen Einrichtungen sind ein lebendiges Denkmal für die bedeutendste Frauengestalt der Siebenbürger Sachsen.

Pfarrer Peter Gärtner aus Essen-West wurde erster Vorsitzender des Vereins. Im Protokoll der Gründungssitzung vom 10. Februar 1962 wird er zitiert. Dort heißt es u.a., Sinn und Zweck des Hilfsvereins sei die Pflicht, „sich um das Schicksal der Alten, Kranken und gebrechlichen Siebenbürger Sachsen zu kümmern“. Gründungsmitglieder waren Pfarrer Peter Gärtner, Lehrer Robert Gassner, Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Wilhelm Niesner (Dinslaken), Erwin Kosch (Mülheim/Ruhr), Ing. Gustav Deutschländer (Ratingen), Edmund Schneider (Alsdorf), Michael Schenker (Wuppertal-Langerfeld), Andreas Kellner (Oberhausen-Osterfeld), Heinrich Ongerth (Heiligenhaus) und Otto Zeimes (Duisburg/Rheinhausen).

Es dauerte Jahre, bis der Trägerverein seiner Namenpatronin mit der Errichtung eines Kindergartens, der ebenfalls ihren Namen trägt, die größte Ehre erweisen konnte. Die örtliche evangelische Kirchengemeinde unterhielt einen Kindergarten, der ausreichende Plätze bot. Doch 1992 stieg der Bedarf an Kindergartenplätzen sprunghaft an. Aussiedler aus Siebenbürgen brachten Kinder in die Gemeinde. Vorübergehend konnten 18 Kinder unter sechs Jahren, von zwei erprobten Müttern betreut, in einem Raum des evangelischen Gemeindzentrums untergebracht werden. Doch es zeichnete sich ab, dass der Bedarf an Plätzen langfristig bestehen würde. Darum ergriff der Vorstand des Hilfsvereins Adele Zay, unter der Leitung des damaligen Ortspfarrers Kurt Franchy die Initiative, einen Kindergarten zu gründen. Nach Verhandlungen mit den zuständigen Behörden entschloss sich der Verein, einen Erbbauvertrag über 4 000 qm mit der Stadtverwaltung abzuschließen. Es entstand ein zweiter Kindergarten für zunächst 50, später sogar 75 Kleinkinder. Der Name Adele Zay wurde im Oberbergischen Kreis ein Begriff. Auch wurde eine sinnvolle Verbindung zwischen jungen und alten Menschen in regelmäßigen Begegnungen möglich.
Der Adele-Zay-Kindergarten in Drabenderhöhe. ...
Der Adele-Zay-Kindergarten in Drabenderhöhe. Foto: Christian Melzer
Der als „armer Verein“ anerkannte Hilfsverein Adele Zay erhielt Unterstützung durch das Jugendamt der Stadt Wiehl, das die Verwaltungsaufgaben des „Adele-Zay-Kindergartens“ übernahm. Die Erzieherinnen leisten ihre pädagogische Arbeit nach zeitgemäßen Grundsätzen in Zusammenarbeit mit Fachkräften des Kirchenkreises „An der Agger“.

Am heutigen 10. Februar gedenkt der Vorstand des Trägervereins in der Kapelle des „Hauses Siebenbürgen, Alten- und Pflegeheim“ der Vereinsgründung vor 50 Jahren. Dabei wird auch an Friederike Schiel aus Kronstadt und Therese Jikeli aus Hermannstadt erinnert, die von dem bedeutenden deutschen Pädagogen August Fröbel das Prinzip „Pflege-, Spiel- und Beschäftigungsanstalt“ übernommen sowie seine Methoden zur Erziehung und Förderung von Kleinkindern Mitte des 19. Jahrhunderts aus Gotha und Blankenburg im Harz nach Siebenbürgen gebracht und umgesetzt hatten.

Das 50-jährige Bestehen des Hilfsvereins wird am 14. und 15. April 2012 unter der Schirmherrschaft des Landrates Hagen Jobi und unter Beteiligung von Fachreferenten gefeiert. Zur Heimatkirche in Siebenbürgen werden seit Gründung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung Drabenderhöhe sehr gute Beziehungen gepflegt. In diesem Sinne wird der evangelische Bischof Reinhart Guib aus Hermannstadt die Predigt des Gottesdienstes am 15. April in Drabenderhöhe halten. Interessierte werden schon heute dazu eingeladen.

Der Vorstand des Hilfsvereins lädt alle Vorsitzenden der Heimatortsgemeinschaften, die mit Spenden zur Errichtung des „Turmes der Erinnerung“ beigetragen haben, herzlich ein, an den Feierlichkeiten am 14.-15. April teilzunehmen.

Kurt Franchy, Vorsitzender des Hilfsvereins

Schlagwörter: Drabenderhöhe, Altenheim, Frauen

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