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29. November 2008

Verbandspolitik

Hans Bergel: Trauer im Zeichen doppelter Erschütterung

Auf Einladung des Oberbürgermeisters der Stadt Dinkelsbühl, Dr. Christoph Hammer, hielt Dr. h. c. Hans Bergel am 16. November dieses Jahres im Konzertsaal der Stadt im Rahmen der Feierlichkeiten zum Volkstrauertag die Ansprache. Auf Wunsch Dr. Hammers sprach der Schriftsteller zum Thema „Die Opfer des Kommunismus im Osten Europas“. Die Feierstunde im vollbesetzten Saal wurde mit Darbietungen des städtischen Streichquartettes eröffnet und beschlossen. Unter den Gästen begrüßte Dr. Hammer auch den Landrat des Kreises. Hans Bergels Ansprache wird im Folgenden in einer von ihm gekürzten Fassung veröffentlicht. mehr...

Kommentare

Artikel wurde 106 mal kommentiert.

  • von Randlage

    1 • von Randlage schrieb am 02.12.2008, 10:37 Uhr:
    Lange Rede - kurzer Sinn!
    Wie lange noch bietet unsere SZ Herrn Bergel den Raum für seine unverhältnismäßig langen Texte? Ich empfinde diese Texte als rücksichtslose Zumutung. Gelesen werden sie ohnehin von Niemand! Herr Bergel, treten Sie bitte endlich von der Bühne! Redaktion, bringen Sie ihn endlich zum Schweigen!
  • Schreiber

    2Schreiber schrieb am 02.12.2008, 11:56 Uhr:
    Es war doch eine Ansprache zu den Feierlichkeiten zum Volkstrauertag. Was haben Sie, Herr von Randlage, daran inhaltliches auszusetzen. Gar nichts, leider, Sie erschöpfen sich in purem Angriff gegen Herrn Bergel. Denker - wie auch Herr Bergel einer ist, haben wir wenige. Zum Glück schweigen die nicht.

    Die Redaktion ist gut beraten, auch dafür Raum im Internet zu lassen, wenn schon plumpes anonymes Nichts, wie das Ihre, hier geduldet werden muss.

    [Beitrag am 02.12.2008, 11:58 von Schreiber geändert]
  • Don Carlos

    3Don Carlos schrieb am 02.12.2008, 17:32 Uhr:
    100 Millionen Tote - Opfer der kommunistischen Weltanschaung in nur einem Jahrhundert - ist das kein Grund, dieser Toten zu gedenken, ihres Opfers und ihrer Mahnung, alle totalitären Regungen bereits im Keim zu ersticken?
    Wehret den Anfängen! Und hört auf die Stimmen der Zeitzeugen, die als Opfer dabei gewesen sind beim großen Verbrechen gegen die Menschheit schon vor dem Eisernen Vorhang, seit den Tagen der Oktoberrevolution.

    Es ist ein großer Gewinn für alle Gäste der Veranstaltung und für die Leser dieser Zeitung, dass gerade der Schriftsteller Hans Bergel diesen Vortrag gehalten hat, einen großartigen Vortrag, der eine Essenz an die andere reiht und auch den Unbedarften in einem Atemzug deutlich macht, welches Menschheitsverbrechen im Namen des Marxismusmus-Leninismus von Massenmördern wie Stalin umgesetzt wurde.

    Hans Bergel, in einem Schauprozess zusammen mit Wolf von Aichelburg, Georg Scherg und Siegmund Gottlieb und zu einer langjährigen Gefängnishaft verurteilt, saß in Jilwa ein und wurde dort Augenzeuge stalinistischer Verbrechen auf rumänischem Boden, die immer noch nicht aufgearbeitet oder gesühnt sind.
    In seinem "Vortrag" hat Hans Bergel alle Namen angesprochen, die an die Schreckenstaten der Kommunisten erinnern - und für alle, die glücklicherweise nicht dabei sein mussten, hat er die mahnenden Konsquenzen weiter gegeben, erhärtet noch durch die Erkenntnisse bekannter Historiker aus dem In- und Ausland, die die Ergebnisse jahrelanger Froschungsarbeit in knappen Sätzen auf den Punkt brachten. Hier zwei Perlen aus der Kette zum Nachsinnieren, vor allem für jene allzu toleranten Geister, die nur die Einmaligkeit der Verbrechen der Braunen sehen und dabei die Menschgräuel der Roten vergessen:

    Im Unterschied zu der vom Nationalsozialismus herbeigeführten menschlichen Tragödie – schrieb Courtois – „war es den Opfern des Kommunismus und ihren Angehörigen lange verwehrt, das Gedächtnis des tragischen Geschehens öffentlich zu pflegen, da jegliche Erinnerung und Rehabilitationsforderung verboten waren. Der Totalitarismus hat eine nationalsozialistische, aber auch eine leninistisch/stalinistische Version. Es ist nicht länger akzeptabel, eine halbseitig gelähmte Geschichte zu schreiben (...) Der Tod eines ukrainischen Bauernkindes, das vom stalinistischen Regime gezielt der Hungersnot ausgeliefert wurde, wiegt genau so schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger zum Opfer fiel.“ Es kann schon von der Anlage der Schöpfung her nicht Tote erster und Tote zweiter Klasse geben – und es gibt auch keine Toten dieser oder jener Nationalität. Denn im Tod erlöschen Zuweisungen dieser und ähnlicher untergeordneter Art; der Tod anerkennt uns allein als Menschen, im Tod sind wir über alle Begrenzungen hinweg, was uns im Leben so schwer gelingt: Brüder und Schwestern.
    (...)
    Keinem von ihnen geht es um Aufrechnung der einen Mörderei gegen die andere. Es geht um die Erkenntnis, die der vor zwei Jahren verstorbene deutsche Journalist und Hitler-Biograph Joachim Fest in seiner Autobiographie „Ich nicht“, 2006, formulierte: dass es der bedeutendste Triumph kommunistischer Propaganda sei, die Aufmerksamkeit der Welt von den eigenen Kapitalverbrechen auf jene der Nationalsozialisten abgelenkt zu haben – und dass damit, füge ich hinzu, die Toten im Osten, zum Anonymat verdammt, um ihre Würde gebracht werden. Aus dieser Erkenntnis heraus hatte Courtois vermerkt: „Während die Namen Himmlers oder Eichmanns in der ganzen Welt als Symbole zeitgenössischer Barbarei bekannt gemacht wurden, sind Dserschinski, Jagoda oder Jeschow weitgehend unbekannt. Und was Lenin, Mao, Ho-Chi-Minh und selbst Stalin betrifft, so wird ihnen immer noch eine erstaunliche Verehrung zuteil.“ Aber die Toten, für die ihre Namen stehen – schrieb Romulus Rusan – „bitten aus dem Himmel, sie nicht zu vergessen“.
    Heute wollen viele, die gestern noch bei den Kommunisten mitgelaufen sind und mit den Wölfen geheult haben, ihre Feigheit von gestern vergessen. "Das war nicht so schlimm! Un so war das damals" - sagen sie heute.

    Wer an diese Zeiten erinnert ist ihnen suspekt, weil er an ihre langjährige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei erinnert, die man gerne ungeschehen machen möchte, weil man sich vielleicht inzwischen schämt oder weil es nicht mehr zum gewendeten Hals passt!

    Es klingt wie zynischster Hohn, wenn jetzt irgend ein Niemand aus Peripherie auftaucht - oder gar aus der Gosse - und einer vielfach ausgewiesenen Autorität zuruft, deren Meriten hier nicht herausgestrichen werden sollen, das auflärende Schreiben einzustellen und der Redaktion - aus der obskurer Anonymität heraus den unverfrorenen Rat erteilt, längere Beiträge des Autors und Zeitzeugen nicht mehr zu drucken.

    Wer wirft den da mit Lehm? Der sollte sich was schäm' ... sang Claire Waldoff im Alten Berlin, als kaum jemand wusste was er ist: Nazi oder Kommunist.
    Heute kennen wir das Erbe der Braunen und der Roten?
    Wer will warnende Stimmen abhalten, zu erinnern und zu mahnen?
    Und wie lange noch darf jeder ressentimentbestimmte Schlechtweggekomme öffentlich mit Schmutz werfen?




    [Beitrag am 02.12.2008, 17:43 von Don Carlos geändert]
  • The history of Igor

    4The history of Igor schrieb am 03.12.2008, 10:09 Uhr:
    Wie kann man denn ueberhaupt Nationalsozialismus mit Kommunismus vergleichen? Dieser Vergleich hinkt so dermassen. Ersteres war eine auf kurze Zeit (12 Jahre) und ein Land (Drittes Reich) begrenzte Ideologie. Letzeres ein breites Konzept, dass 1917 begann (eigentlich schon frueher) und bis in unsere heutige Zeit fortbesteht.

    Dieser Vergleich besteht immer auf die Gleichsetzung aller Formed von marxistischen Systemen mit einem individuellem System. Es ist natuerlich abstrus einen solchen Vergleich zu ziehen. Was haben denn bitte Pol Pots Roten Khymer mit dem anti-imperialistischen Sozialismus des post-kolonialen Ghana gemein? Gar nichts. Diese Liste koennte unendlich fortgefuehrt werden.

    Immer wieder wird darauf bestanden 'Kommunismus' mit Nationalsozialismus zu vergleichen, aber historisch macht das keinerlei Sinn, null.

    Warum kann man nicht ueber Stalinismus, die DDR, Pol Pot etc reden ohne alles gleichzusetzen und immer den ewigen relativierenden Vergleich zum Nationalsozialismus zu ziehen?
  • getkiss

    5 • getkiss schrieb am 03.12.2008, 10:26 Uhr:
    Es geht doch überhaupt nicht um Gleichsetzumg und relativierenden Vergleich. Es geht nur darum, dass die meisten Verbrechen der kommunistischen Diktatur noh gar nicht beschrieben sind, geschweige denn gesühnt....
    Es geht um Aufklärung!
    Das die ehemaligen Schergen und deren bekannte und unbekannte Helfershelfer nicht an dieser Aufklärung interessiert sind, liegt doch auf der Hand. Und sich dagegen aussprechen, oder es verharmlosen, ohne Ihre Identität zu benennen, ist symptomatisch.
  • The history of Igor

    6The history of Igor schrieb am 03.12.2008, 10:40 Uhr:
    Es geht eben doch um den Vergleich. Es wird verlangt, dass auf derselben Weise mit dem Kommunismus (generisch) umgegangen wird wie mit dem Nationalsozialismus in den 80er und 90er Jahren. Das setzt eine Gleichsetzung voraus.

    Der Ansatz muss ueberhaupt nicht gleich sein; vermutlich muss der Ansatz ganz unterschiedlich sein, und die 'Aufarbeitung' wird ganz andere Ansaetze, Ausmasse, und Erscheinungen annehmen (bzw tut das ohnehin schon).

    Sobald man die Frage stellt wie Don Carlos (eigentlich hat sich mein Beitrag eher auf DCs Beitrag bezogen) weshalb der 'Kommunismus' nicht ebenfalls so behandelt werden koennte wie der Nationalsozialismus, dann steht dahinter eine weitgreifendere ideologische Frage.

    Und getkiss, selbstverstaendlich was man noch nicht so viel ueber den 'Kommunismus' wie ueber den Nationalsozialismus: Die NS Zeit endete 1945, der 'Kommunismus' in Europa erst 1989/91 (so in etwa), und die Akten und archivierten Dokumente sind viel groesser, breiter, vielschichtiger, komplizierter und auch seit viel kuerzerer Zeit erst zugaenglich als die der NS-Zeit.
  • Don Carlos

    7Don Carlos schrieb am 03.12.2008, 17:30 Uhr:
    Es ist in der Tat ein sonderbares Phänomen. Während die Verbrechen der Braunen europaweit weiter verfolgt, angesprochen, aufgeklärt und aufgearbeitet werden, neigen viele westliche Intellektuelle immer noch dazu, die Verbrechen der Roten zu verharmlosen, zu verschweigen und zu übergehen, ohne dass die historischen Konsequenzen daraus gezogen werden.

    Schlesaks "Capesius, der Auschwitzapotheker" widmet sich einem authentischen Fall. Und der Siebenbürger Dieter Schlesak lässt eben "Augenzeugen" zu Wort kommen, anklagende Zeitzeugen wie den Juden Adam, der berichtet und aussagt, was er beim Krematorium-Kommando erlebt hat.
    Das Testimonium von weiteren Zeitzeugen, Opfer und Täter, führt durch das ganze Buch und legt dar, wie sich das Grauen gestaltete, wie zwischen Frühstück und Mittagessen Mordinjektionen mitten ins Herz verpasst wurden und wie Menschen auf vielfältige Weise von Schergen wie Zwillingsforscher Mengele ermordert wurden, wie industrieller Mord ablief, durchgeführt von deutschen Mordgesellen und von anderen im Auftrag, wobei die Schrecknisse und Ungeheuerlichkeiten unerreichte Höhen erklommen.

    Schlesak hat gerade diesen Gegenstand über lange Jahre erforscht und Interviews ( auch mit Capesius in Göppingen), Quellen etc, die aus dem Jahr 1978 stammen, eingearbeitet.
    Aber Schlesak, der als linker Literat debütierte und der auch heute allem konservativen und rechtslastigen höchst kritisch gegenüber steht, hätte auch einen anderen Gegenstand wählen können, den er eben so gut kennt oder erarbeiten könnte im Rückgriff auf Märtyrer, Opfer und sogar Täter: etwa den Verrat von Eginald Schlattner an den 5 Siebenbürger Schrifstellern, die insgesamt zu 90 Jahren Haft verurteilt wurden, unter ihnen Hans Bergel - eine Stimme, die von obskuren Kräften gerne gestoppt würde.
    (Das wäre noch ein heute als "mild" empfundener" Fall. Denn wir verzeiehen ja gern, weil die Zeiten so waren - und weil das Kuschen und Ducken und der vorauseilende Gehorsam allzumenschlich sind - wie das Morden auf Befehl!

    Der Fall Schlattner - Ein schönes Sujet für einen Schriftstellerkollegen, gerade aus moralischer Sicht!

    Was bewog Schlattener damals um 1959, im Hahr meiner Geburt, mehr über Bergel und die anderen Siebenbürger Angeklagten deutscher Zunge auszusagen, als die stalinistischen Inquisitoren hören wollten?
    Weshalb zog er sich nicht aus der Affäre, indem er schwieg, schlecht erinnerte oder nur weniger preisgab, als aus eigenem Antrieb heraus freimütig Details offen zu legen, garniert mit belastenden Interpretationen?

    Jetzt tauchen wieder dunke Leute auf ( alte "Genossen"?), die dem höchst glaubwürdigen Zeitzeugen gegen den Kommunismus und Stalinismus rumänischer Prägung Hans Bergel den Mund verbieten wollen.
    Ein Maulkorb wäre diesen lieb - und ein Abschneiden der Auflärenden von der freien Meinungsäußerung! Für alle Zeit.

    Solche Leute lieben offenbar die Zensur - und sie begrüßen es, wenn einem das Wort abgeschnitten wird!

    Solche Gestalten aus dem Verborgenen würden sicher auch dieses freie Forum hier abschaffen, wenn die Dinge, die hier geschrieben werden, ihren abstrusen Vorstellungen nicht mehr gerecht werden.

    In den langen Jahren an der Deutschen Universität habe ich viele Diskussionen zum o. g. Thema (Vergleich der braunen und roten Diktaturen)geführt - und von überzeugten Demokraten immer wieder die eine Behauptung gehört, der Nationalsozialsmus mit seinen Verbrechen an der Menschlichkeit sei etwas Einmaliges in der Menschheitsgeschichte.
    Das mit dem Stalinismus sei nicht so schlimm!

    Was man nicht kennt, kann man auch schwer bewerten oder moralisch einstufen.

    Vermutlich wurde so argumentiert, weil die Geschichte des Stalinismus in Osteuropa und in der ehemaligen Sowjetunion im Westen weitgehend unbekannt ist.
    Die 100 Millionen Toten, die der marxistisch-leninistischen Weltanschauung in nur einem Jahrhundert weltweit zum Opfer fielen, erinnern und mahnen. Sie sollten nicht umsonst gewesen sein.
    Zeitzeugen wie Hans Bergel aber kommt es zu, über die Wahrheiten, die sie erlebten und existentiell erfahren haben, so umfasssend wie möglich zu berichten. Eine lückenlose und minutiöse Aufarbeitung der Geschichte ist nur möglich, wenn alle Fakten ans Licht kommen, auch die unbequemen und unschönen.

    Wenn die "Sozialisten" heute wieder als Wahlsieger und als stärkste Fraktion das rumänische Parlament bevölkern, dann darf nicht vergessen werden, dass Präsidet Basescu selbst vor einiger Zeit die Zahl der Securitate-Abkömmlinge in dieser - scheinbar demokratisch gewählten - Volksvertretung auf ca. 100 bis 120 Personen schätzt, zum Teil auch versteckt in den Fraktionen der Rechten, der Großrumänienpartei Vadim Tudors.
    Nicht zufällig wurde der Koordinator der "Präsidentenkommission zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur in Rumänien", Prof. Vladimir Tismaneanu von der University of Maryland, bedroht und so an der Arbeit gehindert.

    Das Aufklären über die marxistisch-leninistische Weltanschauung und ihre Konsequenzen in der Geschichte, über den Kommunismus in osteuropäischer und sowjetstalinistischer Ausformung ist somit kein Steckenpferd einzelner Historiker oder historisch schreibender Autoren, sondern eine Notwendigkeit der Gegenwart.



    [Beitrag am 03.12.2008, 17:48 von Don Carlos geändert]
  • The history of Igor

    8The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 01:39 Uhr:
    @DonCarlos:

    Jeder der die Geschichte der Bundesrepublik auch nur ein wenig kennt, weiss dass Forschungsversuche der 50er Jahre und danach ueber die Naziverbrechen - gerade auf oertlicher Ebenen - von Einschuechterungen und aehnlichem umgeben wurden.

    Weshalb muss denn jeder Forscher oder Interessierter jede Aussage mit einer Aussage zum Stalinismus ausgleichen? Das ist absurd. Tismaneanu qualifiziert ja auch nicht seine Forschungsarbeiten mit ebenbuertigen Arbeiten zu den Verbrechen in Transnistrien. Das waere abstrus. Im Englischen nennt man eine solche Logik heutzutage 'Whataboutery'.

    Ich bin auch immer noch recht ungewiss ob sie nun Stalinismus oder generische Marxistisch-Leninistische Ideologien meinen. Letzterer Vorschlag waere ebenfalls absurd, ja geradezu monstroes. Da werden so viele verschiedene Konzepte zusammengeworfen, dass von einer wertvollen historischen Analyse gar nicht zu sprechen waere.

    Einmalig sind die braunen Verbrechen schon, denn sie sind so nie wieder vorgekommen und sind auch vorher so nicht geschehen (genau wie alle anderen Ereignisse). Aber diese Diskussion ist uninteressant. Die einzigen, die diese Diskussion interessant finden sie diejenigen, die an Relativierung Interesse finden.

    Warum soll Schlesak denn seine Forschungsarbeiten nicht ueber braune Verbrechen austragen? Weil sie es sagen? Muss jetzt jeder zum Wiesenthal der Roten werden? Verlangen sie dan nicht einfach eine Parodie ihrer eigenen Kritik?

    Tja, und was bewog Schlattner damals zum vollstaendigen Gestaendnis? Vermutlich werden wir es nie wissen, aber ich erahne, dass die Gefangenschaft und die Securitate damit was zu tun haben koennten; nur so eine Vermutung im Hinterkopf.......

    Die Geschichte des Kommunismus in Europa ist viel einfacher anzugehen ohne rechte Ideologen, die geifernd darauf warten diese geschichte als politisches Instrument der Relativierung der braunen Exzesse des zwanzigsten Jahrhundert zu benutzen.

    Ich kenne uebrigens keine 'Linken', die an ein Schweigen oder Moratorium des Stalinismus interessiert sind. Das sind Parodien, die wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben. Abgesehen davon, dass jetzt sogar die EU diesen Aspekt in ihre oeffentliche Geschichte miteinarbeitet, stimmt die obrige Behauptung bzgl schweigender Linke so einfach nicht.
  • Johann

    9Johann schrieb am 04.12.2008, 10:30 Uhr:
    @ Igor
    1. Wie willst du wissenschaftlich die Einmaligkeit der Nazi-Verbrechen beweisen, wenn du auf die Methode des Vergleichs verzichten willst? Kannst du mir die nötigen Methoden nennen?
    2. Sind Gysi und Konsorten keine Linken?
    3. Meinst du wirklich, dass alle Linken nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit diesbezüglich wissen wollen?
    4. Findest du es fair, jeden der an der Aufarbeitung des kommunistischen Verbrechen interressiert ist, als braunen Ideologen hinzustellen, der die Nazi-Verbrechen relativieren will?

    [Beitrag am 04.12.2008, 10:33 von Johann geändert]
  • The history of Igor

    10The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 10:47 Uhr:
    @Johann:

    Zu 1.:

    Die Einmaligkeit bezog sich nicht auf Naziverbrechen, sondern historische Ereignisse allgemein. Historische Ereignisse sind einmalig. Dadurch vermeide ich eben mich auf das Spiel des Einstufens von 'schlimm-schlimmer-am schlimmsten' einzulassen. Kein vernuenftiger Historiker sollte solche Bwertungen von sich geben, und dennoch wird es von rechts immer verlangt die kommunistischen Verbrechen einzustufen.

    Zu 2.: Ja, aber Gysi ist kein Historiker. Zumal 'kenne' ich ihn nicht als solches. Ausserdem misfaellt mir das Wort 'Konsorten'.

    Zu 3.: Ein alberne Frage, Johann, die ich eigentlich nicht beantworten muesste.

    Zu 4.: Tut ja keiner, aber wer hat denn bitte heir sofort den Vergleich zu den Naziverbrechen eingebracht? Don Carlos. Es gibt genuegend (oder vielleicht auch nicht genuegend) Forschungen, die sich mit der kommunistischen Zeit befassen. Wer das Gegenteil behauptet lebt nicht auf diesem Planeten.

    Wie ich vorhin schon angedeutet habe ging der Nationalsozialismus 1945 zu Ende, d.h. vor weit ueber 60 Jahren (und auf relativ begrenztem Raum und begrenzter Zeit). Der Kommunismus (in Europa!) hingegen erst 1989/91 (und war auch viel mehr verbreitet, sowohl zeitlich als auch raeumlich), ja sogar darueber hinaus. Dass der Erschoepfungsgrad bei ersterem Thema eher zu spueren ist duerfte ja in Anbetracht dessen kein Wunder sein.

    Sehr viele Forschungsarbeiten bzgl des Kommunismus sind keine Relativierungsversuche. Wenn aber sofort die Klausel 'so wie bei den Nazis' reingeschmissen wird, dann steht dahinter ganz dick und fest eine grosse Ideologiensaeule. Den Unterschied dueftest Du wohl auch erkennen?
  • Johann

    11Johann schrieb am 04.12.2008, 12:06 Uhr:
    @ Igor
    Im Historikerstreit waren es gerade linke Wissenschaftler, die die Nazi-Verbrechen als schlimmste Verbrechen eingestuft haben und gleichzeitig jeden Vergleich von vornherein ablehnten. Wie man einen Komparativ (schlimmste Menschheitsverbrechen) ohne Komparation (Vergleich) bilden kann, ist mir unerklärlich.
    Dein Ideologieverdacht gegen rechte Wissenschaftler teile ich, er gilt aber auch für linke Wissenschaftler, obwohl ich überhaupt Probleme habe, jemanden Wissenschaftler zu nennen, der sich vorsätzlich auf einem Auge (links oder rechts) schädigt.

    Auch die These, dass historische Ereignisse allgemein einmalig sind, muss ja bewiesen werden.
    Nebenbei gesagt, du machst hier eine Allaussage, nämlich dass jedes einzelne Ereignis einmalig ist, d.h. das Wiederholungen niemals vorkommen und das es überhaupt keine zwei Ereignisse gibt, die etwas gemeinsames haben. Recht starke Thesen!!
    Wie beweist du dies, ohne einen Vergleich vorzunehmen?
  • The history of Igor

    12The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 12:28 Uhr:
    Im Historikerstreit waren es links-*liberale* Historiker, die gerade auf diese Schiene gefahren sind. Und im historischen Kontext der 'Aufarbeitung' hat das auch sicher Sinn gemacht. Ausserdem hat das auch auf aufklaererischerweise einen Sinn gemacht. Im Sinne eines Hoehepunkts der Aufklaerung (Quantifizierung, Effizienz etc...) war das sicher das schlimmste Verbrechen in der Geschichte, und aus dem Kontext heraus kann ich auch gut nachvollziehen weshalb diese Aussagen bestand hatten.

    Zu Deinem Wunsch des objektiven Wissenschaftlers kann ich leider nur sagen, dass der wohl ein Wunsch bleiben wird. Man kann sich gar nicht der Ideologie entfernen. Was bleibt ist es vielleicht zu minimieren, und es in Studien aufzudecken (entweder selbst oder bei anderen).

    Du sagst: "Wie man einen Komparativ (schlimmste Menschheitsverbrechen) ohne Komparation (Vergleich) bilden kann, ist mir unerklärlich."
    Wenn man das umdreht ist das alles viel unkomplizierter (einer Komparation folgt nicht notgedrungen ein Komparativ).

    Naja, also Ereignisse sind einmalig. Was Du jetzt genau mit 'Wiederholungen' meinst weiss ich nicht, aber meine Geburt wiederholt sich nicht. Es sei denn wir wollen ueber kulturelle Wiederholungen, Erinnerungen und Rituale sprechen, oder uns in die Welt der Quantenphysik begeben (da muss ich passen). Also mit Einmaligkeit habe ich so etwas wie meine Geburt oder meinen Tod gemeint. Das kommt nur einmal in dieser Form vor.
  • Johann

    13Johann schrieb am 04.12.2008, 12:53 Uhr:
    Dass es Grenzen der Rationalität gibt und das Menschen auch begrenzte Wesen sind, ist bekannt. Ein Wissenschaftler ohne Scheuklappen zeichnet sich dadurch aus, dass er die Möglichkeiten der Rationalität und seine eigenen ausschöpft und nicht eigene Parteipolitische Vorlieben als objektive Erkenntnisse hinstellt.

    Erstmals ist es eine Behauptung, dass deine Geburt oder dein Tod etwas einmaliges ist. Als Wissenschaftler musst du dies auch beweisen können und da meine ich kommst du an der Methode des Vergleichs gar nicht herum.
    Soweit ich informiert bin über historische Forschungen, sind mittlerweile seit langem auch sozialwissenschaftliche Methoden allgemein anerkannt.
    Die hermeneutisch-romantischen und pubertären Einmaligkeitsallüren dachte ich, seien auch bei den Historikern überwunden.
    Empfehle mir mal Geschichtstheoretiker, die diese Methoden ernsthaft vertreten. Würde mich sehr interessieren!

    Das Focus-Motto "Fakten, Fakten, Fakten" ist zwar nicht verkehrt, es ist aber nur der erste Schritt. Wir interessieren uns doch für Erkenntnisse zweiter Ordnung und zwar Fragen wie, was für eine Bedeutung haben diese Fakten. In einem weiteren Schritt, was für eine Bedeutung hat dies für mich, welche Lehren ziehe ich daraus (historia magistra vitae).
    Ein Logiker würde sagen, die Syntax muss genauso stimmen wie die Semantik.

    Aus diesen Gründen lese ich z.B. nicht den Focus, sondern den Spiegel, die FAZ oder die ZEIT!
  • The history of Igor

    14The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 13:24 Uhr:
    @Johann, ich habe ja vorhin schon gesagt, dass Vergleichsansaetze nicht gleichzusetzen sind Vergleichswerten. D.h. ich kann durch Vergleiche feststellen, dass meine Geburt einmalig ist, aber kann dann dadurch nicht den Entschluss ziehen, dass meine Geburt besser oder schlechter sei als die eines anderen, aber anders.

    Joerg Ruesen befasst sich zum Bespiel damit. Als pubertaer wuerde ich das auch nicht einstufen, da Du Dich ebenfalls auf Behauptungsebenen bewegst. Und Du dann ueber Vergleichsansaetze feststellen wuerdest, dass Ranksche Hermeneutik nciht nur kontextspezifisch sondern sogar deshalb einmalig war. Deshalb wuerdest Du Dich mit dieser Behauptung im staendigen Widerspruch befinden.

    Ich habe hier doch gar nicht fuer Fakten Fakten Fakten plaediert, um Gottes Willen. Ich habe schlicht und ergreifend DonCarlos gefragt weshalb immer der ewige Vergleich zwischen Stalinismus und Nationalsozialismus gezogen werden muss. Du hast hier ein bisschen meine Position (auch vis-a-vis Hermeneutik) verdreht.
  • pedimed

    15pedimed schrieb am 04.12.2008, 13:44 Uhr:
    Nach dem Ableben Lenins kam Stalin an die Macht.Er hatte sich auch eine des NS ähnliche Thematik vorgenommen und hatte schon vor der deutschen Schwenkung der Gesetze seine sowjetinternen Verfolgungen mit bis vielen Toten aufgenommen.Dort fanden auch sehr viele seiner ehemaligen Anhänger eine Unterkunft in Gefängnissen oder GULAGs.Sein übelster Kommunist(und Jude) nahm in den USA sein Asyl und kam dort nach 4 Jahren ungeklärt zu tode.Also THE ist etwas voreingenommen wie viele andere auch über DE und vergisst oder verdrängt,dass es auch in der SU eien Judenverfolgung gab.nfU mfG
  • Don Carlos

    16Don Carlos schrieb am 04.12.2008, 13:45 Uhr:
    Im Namen von Ideologien ist viel Blut geflossen, von den Christen bis zu den Faschisten.
    Das Christentum wurde mit dem Schwert durchgesetzt. Frankenaiser Karl der Große war sich nicht zu schade, religiös Andersdenkenden den Kopf abzuschlagen, um so ihre Unterwerfung einzufordern.
    Die Deutschen Ordensritter im Heiligen Land riefen "Deus vult", bevor sie den Sarazenen Saladins ( der damals schon "Toleranz" übte, auch gegen Feinde) den Bauch aufschlitzten.

    In archaischen Zeiten kämpften Gewaltherrscher, Tyrannen, despoten Diktatoren aller Art um innenpolitische Macht und um Weltreiche - von Alexander bis Napoleon.
    Der Krieg war - nach Carl von Clausewitz - immer noch ein Mittel der Politik ... bis dann die Bolschewiki die Menschewiki unter dem Symbol von Hammer und Sichel totschlugen.

    Väterchen Stalin, dessen Statuen heute wieder aus der Mottenkiste der Geschichte geholt,poliert und auf öffentlichen Plätzen aufgebaut werden, hat dieses monströse Werk der Vernichtung "eigener" Völker in der Sowjetunion unter "rotem" Vorzeichen fortgesetzt - und alle ausgemerzt, die gegen ihn waren oder gegen ihn sein konnten.
    Das ist die - leider unbekannte Geschichte des Stalinismus, die auch einmalig ist und nie zur Relativierung der NS-Verbrechen eingesetzt werden darf. (Für Marschall Tito war Stalin deshalb noch ein größerer Verbrecher als Hitler.)

    Nach den Kommunisten kamen die National-"Sozialisten", usurpierten die politische Macht im Deutschen Reich, indem sie ihre innenpolitischen Gegner über Mord ausschalteten und bereiteten dann - gegen den Widerstand von frühester Stunde an ankämpfend - einen vernichtenden "Weltanschauungskrieg" im Osten vor, der den vermeintlichen Übermenschen Lebensraum schaffen sollte - über die Ausrottung ganzer als minderwertig erachteter Völker.

    Im Namen von Ideologien ist immer wieder gemordet worden - und im 20. Jahrhundert in nie gekannten Dimensionen, weit über Epidemien, Pandemien, Pest und Cholera hinweg. Krieg in Uniform unter einem religiös-weltanschaulichen Symbol!

    Wenn wir es nicht schaffen, Eintracht zwischen den Völkern und Kulturen zu stiften, Versöhnung und Zusammenklang, dann fallen wir aus der Kultur und Zivilisation wieder in die Barbarei zurück,
    dann wird das Morden in Kriegen weiter gehen, im Heiligen Land, bei den Moslems, im Kampf des Abendlandes gegen andere Werte u.s. w. und so fort ...

    Lieber Johann und Igor, nicht auf Haarspaltereien kommt es jetzt an, sondern auf aufklärende Wissenschaft, die den Wahrheiten zum Durchbruch verhilft, den vielfältigen Fakten und vielschichtigen Phänomenen, die in der Wissenschaft aber auch in der Diskussion aller auf der Grundlagen von "gesundem Menschenverstand" erörtert und ausdiskutiert werden sollen.

    "Wehret den Anfängen", mahnte ich am 1. Advent in einer Lesung aus meinem jüngsten Buch, das sich gegen Hetze und Spaltung wendet - und für das Prinzip "Symphonia" plädiert - unter Menschen und Völkern, im Dialog im Gespräch.

    Wenn wir es nicht schaffen, die Menschen zu versöhnen wird es wieder dunkel werden auf der Welt, mit Krieg und Zerstörung ... bis hin zum endgültigen Untergang.
    Noch habe wir die Mittel, einiges abzuwenden.

    P.S. Zum Stichwort: Paradigmen der NS- Verbrecher gegen die Menschlichkeit. Es gab vieles in der Geschichte an Grauen, was "ein Meister aus Deutschland" noch steigern konnte auf dem Gebiet der Menschenvernichtung und des Massenmords. (Srebreniza, Milosevici, Karadjici, Nladic und die EU beim UNO -Versagen lassen grüßen!)

    Vieles war bei Stalin antizipiert, bis hin zu den "concentration camps", die es schon bei den Buren gab, die auch Faschisten waren und üble Rassisten.

    Apropos Geschichtsfälschung: Alle kommunistischen Regierungen im Ostblock vergaßen in ihren Lehrbüchern zur glorreichen "Geschichte des Kommunismus" von Stalins geheimem Zusatzprotokoll mit Hitler zu berichten, nach welchem sich zwei Diktatoren, ein roter und ein brauner, das ganze Land Polen als Aggressions-Kriegsbeute unter den Nagel rissen und aufteilten - ungeachtet momentaner Diskrepanzen im Ideologischen.





    [Beitrag am 04.12.2008, 14:02 von Don Carlos geändert]
  • pedimed

    17pedimed schrieb am 04.12.2008, 13:54 Uhr:
    Don Carlos hat fast gleichzeitig mit mir das Thema im gleichen Rang beschrieben. Gehen wir am besten mit den Siebenbürgischen Toleranzpatenten in dieses Jahrhundert.Schließlich haben sie durch Felix Ermacora den Südtirolern den Frieden seit 1971 gebracht.Packen wirs an!!!
  • Johann

    18Johann schrieb am 04.12.2008, 13:59 Uhr:
    Ich habe nie behauptet, dass Vergleiche und Bewertungen dasselbe sind, mit ging es erstmals um den Vergleich.

    Ich bin gerne bereit meine Behauptung auch zu beweisen, es würde hier nur nicht der Platz sein. Gegen den Fortschrittsgedanken habe ich einige Vorbehalte, bin mir aber sicher, dass es seit Ranke einige Verbesserungen der Methodik gegeben hat, so dass man mit Recht einige hermeneutisch-romantische Übertreibungen ad acta legen kann.

    Der Vergleich ist ein so wichtige Methode, da wir ohne sie sehr viele Erkenntnisse kaum gewinnen können. Erst wenn ich Kommunismus und Faschismus vergleiche, gewinne ich Erkenntnisse über totalitäre und autoritäre Strukturen, sei es nun dass es sich um gemeinsame oder verschiedene Strukturen handelt. Genauso wichtig ist der Vergleich zwischen Demokratie und Kommunismus oder Nazismus.
    Bisher bewege ich mich noch immer auf der Ebene von Verstehen und Erklären. Erst recht sind diese Vorarbeiten nötig, wenn man diese politischen Systeme (Demokratie, Faschismus und Kommunismus) bewerten will.

    Vielleicht kannst du mir genauere Angaben mailen, weil von Rüsen nur ein Buch lieferbar ist. Danke.

    Lieber Carlos,

    die Kommunisten haben auch die sogenannte bürgerliche Wissenschaft als Haarspalterei diffamiert und meinten sie hätten die Fakel der Aufklärung gefunden und alle bräuchten nur noch hinterher rennen.

    @pedimed
    Du meinst die blau rote Fahne (sächsische) ist diejenige, die uns in den Himmel führt.

    [Beitrag am 04.12.2008, 14:11 von Johann geändert]
  • Don Carlos

    19Don Carlos schrieb am 04.12.2008, 14:25 Uhr:
    Die Komparatistik, lieber Johann, wollte ich hier auf keinen Fall diskreditieren oder gar diffamieren!

    Da wir beide "zwischen den Kulturen und Völkern" aufgewachsen sind - und als historisch determinierte Individuen - immer schon "vergleichen" mussten,
    ganz egal ob wir nun "palukes" verglichen, mit "mamaliga" , "polenta", "Türkensterz" oder "brinza mit "cas" - deutsche und rumänische Dichter und Poesie, Redewendungen, Aussprüche, Klamotten, Gerüche, Religionen etc. -
    sind wir , Gott sei's gedankt!" - geradezu

    "geborene Komparatisten" von Anfang an!

    Und das ist gut so!

    Was die pseudowissenschaftlichen und einseitigen "Methoden der Komnunisten" betrifft - die ich hier nicht mit klassischen Aufklärern wie Diderot, Votaire, Rousseau, Heine, Nietzsche, Lenau u. a.,die wir seit der Sophistik kennen, "vergleichen" will,
    habe ich die "marxistisch-leninistische, sprich "klassenkämpferische " Sicht der Dinge, der Welt und der Geschichte a priori abgelehnt -

    und immer - über die historische und historisierende Methode hinausgehend - für

    "Methodenpluralismus"

    plädiert, wenn es darum ging, komplexe Phänomene adäquat zu exponieren, zu beschreiben und " hermeneutisch" zu deuten bzw. zu vermitteln.

    Wissenschaftlich arbeiten heißt: nicht nur streng sein, (stringent und effizient), sondern auch flexibel bleiben - ohne "ideologische" Scheuklappen eben und interpretatorischem Brett vor dem Kopf!
    Beste Grüße, Don Carlos!

    [Beitrag am 04.12.2008, 14:31 von Don Carlos geändert]
  • The history of Igor

    20The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 14:32 Uhr:
    Niemand spricht sich gegen Komparatistik aus. Es geht hier nur um den politisierenden Vergleich (sprich Gleichsetzung) zwischen der NS-Zeit und dem generischen Kommunismus.

    Der Vergleich zwischen Nationalsozialismus und Stalinismus ist ja auch schon durchgenommen worden (und wird weiterhin unternommen) ohne die Frage des Wertes der Opfer politisch in den Vordergrund ruecken zu muessen (Henry Rousso, Richard Overy etc).

    DonCarlos, das alles wissen wir ja, dass Stalin verbrecherisch gehandelt hat, und dass die Briten im Burenkrieg schon KZs eingefuehrt haben, aber mir geht es primaer darum weshalb die Gleichsetzung zwischen Opfern angestrebt wird, ob man das ueberhaupt kann/nicht kann, und was das bringt.

    Dass Verbrechen gegen Deutsche oftmals nicht gesuehnt wurden/werden steht ausser Frage, aber mir geht es um diesen politischen, Pawlowschen Reflex des Gleichsetzens.

    Uebrigens, nur als Randbemerkung: Milosevic passt nun wirklich nicht in diese Kategorie hinein...
  • Don Carlos

    21Don Carlos schrieb am 04.12.2008, 15:43 Uhr:
    Haben die Opfer von Gewalt und Terror überhaupt einen höheren Sinn?
    Diese Diskussion begann erst damit, dass irgend ein Niemand aus dem Obskuren auftrat und dem höchst glaubwürdigen Zeitzeugen der Stalinismus-Epoche in Osteuropa, dem Siebenbürger Schrifsteller Hans Bergel, die Berechtigung absprach, die "Erinnerung" an die Opfer der roten Diktaturen wachzurufen.

    Eine Ungeheuerlichkeit!

    Alle Menschen aller Kulturen beklagen ihre Toten seit ewigen Zeiten - und alle Völker trauern um ihre Helden und noch mehr um die sinnlos Geopferten in den ideologischen und machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten.

    Das kleinste Opfer, der Tod eines unschuldigen Kindes durch äußere Gewaltanwendungen in Krieg oder Bürgerkrieg, stellt allein schon die gesamte Schöpfung in Frage und zwingt uns dazu, über die Theodizee nachzudenken - über den Sinn von Sein - und eben über den unnützen Tod und die Banalität des Bösen.

    Nur wenn wir "erinnenrn" an die Untaten von rechts und links, können wir dem unfreiwilligen Menschen-Opfer noch einen Sinn geben.

    Nur wenn der Tod des geopferten Einzelmeschen dazu verhilft, dass wir künftiges Morden verhindern, dann hatte er einen Sinn, ( nicht absolut, aber zumindest psychologisch!)

    In diesem Sinne ist die Trauerveranstaltung in Dinkelsbühl zu verstehen - und der Beitrag des Zeitzeugen, der alles miterlebt hat, verleiht den philosophischen Überlegungen ihre faktische Substanz.
    Don Carlos.
  • seberg

    22seberg schrieb am 04.12.2008, 16:13 Uhr:
    Von einem „von Ideologie freien Totengedenken“ liest man in Bergels Ansprache. Bei genauerem Lesen jedoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass da trotzdem ein Wunsch nach einer Art „ausgleichender Gerechtigkeit“ mitzuschwingt und damit halt doch ein „Gegenrechnen“ von Gräuel und Toten stattfindet. Ein Gefühl von Entlastung will sich jedenfalls nicht einstellen beim Hinweis, dass vor Hitler schon Stalin die Vergasung von Menschen als Massenmord praktiziert hat.

    [Beitrag am 04.12.2008, 16:14 von seberg geändert]
  • The history of Igor

    23The history of Igor schrieb am 04.12.2008, 16:51 Uhr:
    @DonCarlos: Das finde ich ok, aber da stellt sich immer noch die Frage, warum diese Gleichsetzung oder zumindest Gleichbenennung dieser beiden Systeme? Sie sind nicht gleich, sie gleichen sich nicht, und sind in verschiedenen Kontexts zu verstehen.

    Wenn man nun, wie Sie es verlangen, tatsaechlich alle Opfer in eine Trauerveranstaltung miteinbeziehen wuerde, dann wuerde ich erstens den Sinn einer solchen Veranstaltung hinterfragen (den man kann nicht aller Opfer gedenken). Aber zweitens, muessten Sie wie ich darauf bestehen weit ueber die beiden Kontexts der NS-Zeit und des Stalinismus (oder generischer Marxismus-Leninismus) hinwegzusehen. D.h. man muesste die Opfer des Kolonialismus, des Liberalismus (!) und Kapitalismus miteinbeziehen. Man duerfte sie nicht auslassen. Denn ein Opfer ist ein Opfer; und ob es nun ein Jude in Chelmo, ein 'Faschist' in Sighet, oder ein unterernaehrtes Kind im kaffeeproduzierenden Land Kenja ist, so kann man (wenn man Ihrer Logik folgt) ja darf man nicht unterscheiden.

    Ich habe ja nicht mit der Trauerveranstaltung Probleme (im Gegenteil), aber was mich stoert ist diese gezwungene Gleichsetzung. Ich bni sogar sehr dafuer darauf Aufmerksam zu machen, dass es eben auch solche Opfer gegeben hat - und von mit aus koennen wir sagen, dass in der europaeischen Oeffentlichkeit zu wenig darueber gesprochen wird (wobei ich das differenzierter sehen wuerde, aber es ist kein Platz hier). Was mich aber stutzig macht ist dieses notwendige Gleichsetzen verschiedenster Ideologien unter der Fahne des Totalitaeren. Hannah Arendt hat es verstanden, aber in der Welt nach dem 11. Sept wo alles so vereinfacht wird zwischen gut und boese, sollten wir solche Vergleiche unseres Intellekts zu Liebe unterlassen.
  • Don Carlos

    24Don Carlos schrieb am 04.12.2008, 17:29 Uhr:
    Die Frage nachdem Sinn von Opfern wurde überhöht philosophisch gestellt, um deutlich zu machen, dass es auf dem Weg zum Humanum - bzw. zum Ewigen Frieden, von dem Kant träumte - überhaupt keine Opfer gegen darf, in keinem System der Welt. Die beiden totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts sind nur sehr extreme Formen der Menschenverachtung und des Zynismus des Bösen.
    Es fällt mir deshalb nicht schwer, Igor, Ihnen hier zuzustimmen.
    Wer den Schrecken noch nicht kennt, - und ich glaubte schon viel erlebt und Schreckliches gelesen zu haben, der kann z.B. in Schlesaks "Capesius" nachlesen, was ein menschliches Gehirn sich an Perversionen ausdenken kann, um Hilflose im KZ zu ermorden ( auch im Dienst der Wissenschaft - der CIA hat dort munter weiter gemacht, wo die Nazi-Forscher endeten!)- und ein Leser kann sich bei solcher Schreckenslektüre auch fragen, was eine menschliche Seele noch alles an Gräueltaten verkraften kann, ohne eine Gewissensinstanz zu kennen oder zu fühlen.
    Hans Bergel hätte auch das Pitesti-Experiment erwähnen können, über das sein Kollege Romulus Rusan ein Buch ediert hat. Kommunisten hetzen alte Legionäre auf politische Häftlinge und sehen dabei zu, wie Rechtsradikale die liberalen Demokraten der Stalinzeit foltern und umbringen.
    (Es ist die grauenhafte Variante des Zimbardo-Experiments in Amerika, mit Toten und psychlogischen Sonderphänomenen, die noch kein Schriftsteller beschrieben hat.)

    Die beiden uns so nahe stehenden Diktaturen haben den größten Horror hervorgebracht - und das zynischte Menschengrauen.
    Ein stalinistischer "Capesius", der Stoff dazu findet sich sicher zur Genüge, würde die gleichen Schrecken offenbaren.
    Sie verweisen auf das, was der Mensch ist, was er sein sollte und was er wird, wenn er zur Bestie mutiert
    .
    Auch ich fühlte mich aufgerufen zu berichten, weil die Gequählten aus der Zelle mir die Botschaft mit auf den Weg gaben - in den freien Westen, ja es von mir forderten, zu berichten.

    Und als ich dann im Westen aus den Zellen des realexistierenden Kommunismus berichtete, sagte mir einer, der gerade seine Glückseligkeit in der uneingeschränkten Promiskuität bei Sektenführer Baghwan gefunden hatte: "Rede doch mit der Wand!"

    Und heute sagen noch viele, die nicht lesen, nie lasen und nie nachdachten: "Wen kümmert das alles von gestern". "Die Toten sind tot - der Herr schenke ihnen die ewige Ruhe - Mögen sie ruhen in Frieden ... und nicht erinnern ... und nicht mahnen ...nicht unsere Ruhe stören" -

    Hans Bergel hat nicht zufällig das Wort von der "doppelten Erschütterung" gewählt. Erschütterung führt zur Katharsis, zur Reinigung, zu Seelenreinigung und zu einem geläuterten Bewusstsein, das künftig ethisch denken kann und moralisch handeln wird.

    Wenn wir die Moral aufgeben, dann haben wir Sodom und Gomorra unter uns und zwischen den Nationen, den Rückfall in die Wildheit im Außermoralischen. Der Mensch wird dem Menschen ein Wolf - homo homini lupus wie im Urzustand und bei Hobbes beschrieben
    - und das Grauen beginnt von vorn.

    Aufrechnung ist nicht angesagt, sondern "Einkehr" und eine tiefere Reflexion der anthropolgischen Phänomene.

    Den Deutschen wurde oft unterstellt - nicht zuletzt in der über Jahrzehnte andauernden Propaganda der Ostkommunisten nach dem 2. Weltkrieg - sie hätten die größten Schandtaten der Menscheit ausgeheckt und praktiziert.
    Mit deutscher Logik und Logistik und schweizer Präzison. Sie seien eben die perfekteren "Meister" des Todes gewesen.

    Wer an seiner deutschen, siebenbürgischen oder donauschwäbischen Identität festhält, weil er sie zur Aufrechterhaltung seiner Selbstachtung braucht, der wehrt sich gegen diese Pauschalvorwürfe und verweist auf Präzedenzfälle in der Geschichte, ohne unbedingt etwas über die "Relativierung" "aufrechnen" zu wollen.

    Deshalb ist immer Klarheit gefragt -und wenn Tote wie Lebende an Schreckenstaten erinnern, dann deshalb, weil es in Zukunft besser werden soll , natürlich auf globaler Ebene und ohne das millionenfache Sterben in Afrika, das sich seit Jahren vor unseren Augen vollzieht, zu ignorieren.
    Ein Mensch ist ein Mensch, überall auf der Welt. Und wo Unrecht geschieht, muss es bekämpft werden - eben über unser waches Bewusstsein und die konkrete Tat, gerade jetzt vor Weihnachten, doch nicht selbstheulerisch "nur jetzt"!Don Carlos

    [Beitrag am 04.12.2008, 17:43 von Don Carlos geändert]
  • pedimed

    25pedimed schrieb am 04.12.2008, 20:04 Uhr:
    @Johann: Die sbb Toleranzpatente wurden vom SBB-Landtag in die Gesetzesform gebracht, und das waren Ungarn, Szekler und dann auch die Sbb-Sachsen. Wenn keine anderen Minderheiten zu der Zeit beteiligt waren, so fand das Gesetz auch zu ihren Gunsten Anwendung.Also ist die blau/rote Fahne nicht allein im Einsatz gewesen. 1556 wurde die Sbb-Verfassung auch schon von der Republica di San Marino in ihre Getzeslage übernommen. Der Österreichische Wissenschaftler mit italenischen Wurzeln Felix Ermacora hatte ja alle alten Gesetze aus der K.u.K.-Zeit im Hintergrund, als er dem damaligen Südtiroler Krach damit ein Ende bereitete.Johann, ich kannte sogar einen Südtiroler, der in diese Breduille eingebunden war und der Festnachme mit der Flucht nach München aus dem Wege ging.Auch habe ich die Toleranzpatente in die neue EU-Verfassung unter II/2 eingebracht.nichts für Ungut aber alles Gute für die EU-Zukunft!!! mfG
  • pedimed

    26pedimed schrieb am 05.12.2008, 09:13 Uhr:
    Vorgestern war Markus Söder im Fernsehen bei einem Interviuv mit blau-roter Krawatte aufgetreten.Na also!?!
  • lori

    27lori schrieb am 06.12.2008, 19:11 Uhr:
    Hallo Allerseits,
    Entschuldigung, dass mich in die Diskussion einschalte obwohl mich das Thema nicht sonderlich interessiert!

    Herr Kollege History,

    ich beziehe mich hauptsächlich auf Deinen ersten Beitrag vom 3.12! Du bist doch die Einseitigkeit in Person wie ich immer wieder feststellen muss! Es liegt in der Natur des Menschen, dass er Dinge die er nicht sieht, nicht sehen will. Bei Dir habe ich den Eindruck, dass Du die Dinge die Du nicht siehst, nicht sehen DARFST. Deine ganzen Gedankengänge sind m.E. in ein enges Korsett gefasst! Deine Vergleiche (die keine sein sollen) "Pol Pott Sozialismus" mit "Ghana-Sozialismus" ist so als ob ich sagen würde der skandinavische Kapitalismus, hat mit dem deutschen wenig gemein. Und der deutsche noch weniger mit dem amerikanischen(mal abgesehen davon, dass einige von amerikanischen Verhältnissen sprechen)! Das ist doch intellektuelle Haarspaltrei, die der Praxis nicht standhält! Erstens musst Du uns allen eine europäische Denkart zugestehen(wen kümmert schon Pol Pott bzw. Ghana?)Zweitens und jetzt wird es konkreter:Die Baltischen Staaten- das habe ich an anderer Stelle schon geschrieben- pfeiffen, mit Verlaub! auf Deine Theorien(historische Vergleiche machen Null Sinn), denn sie haben Anträge ins EU Parlament gestellt, die sich gerade damit befassen, dass kommunistische Verbrechen mit Nazi- Verbrechen gleichgesteltt werden! (Fairerweise muss ich sagen, dass ich den momentanen Stand der Dinge nicht kenne!)Am Tag x kommt es in diesen Länder zu Demonstrationen bzw. Gegendemostrationen, für die einen(Letten, Litauer und Esten) sind die Faschisten die Befreier, die Kommunisten die Besatzer und Unterdrücker, für die anderen, die Russen, genau umgekehrt!

    Was mich ausserordentlich stört ist die Tatsache, dass du von links-liberalen Historikern sprichst. Ich füge nun die rechts- konservativen hinzu und dann können wir alle einpacken.Von Wissenschaft will ich gar nicht mehr sprechen, aber es scheint ja so zu sein, dass die Methodik nicht stimmt. Ist die Aufgabe eines Historikers nicht einer wie auch immer gearteten Form der Wahrheit verpflichtet zu sein, frei von Ideologien? Müssen immer diese Einteilungen stattfinden? Gibt es auch unter den Ärtzten- mal von der privaten politischen Einstellung abgesehen- links- liberale und rechts-konservative, oder unter den Botanikern?

    Gruss
    Lori
  • The history of Igor

    28The history of Igor schrieb am 06.12.2008, 20:28 Uhr:
    @Lori: Dein uebliches Gerede. Ich beschreibe lediglich die Probleme der Vergleich sowie die politische Orientierung der von Johann angesprochenen Historiker.

    In den baltischen Staaten wird die Geschichte benutzt um verschiedene Aspekte zu Tage zu bringen. Manche haben Interesse proto-faschistische Gruppen zu rehabilitieren; andere benutzen es um mit der russischen Minderheit abzurechnen. Manche haben sogar ganz legitime Besorgnisse. Was die 'baltischen Staaten' (sprich die populistischen Parteien) bei der EU vorgelegt haben ist natuerlich nichts als Populismus. Jeder, der etwas Zeit in diesen Staaten verbracht hat weiss, dass die Einseitigkeit ganz auf Seiten der Populisten liegt. Dass die Waldbrueder Estlands als 'ebenbuertige Opfer' (was auch immer das heissen soll) angesehen werden sollen, ist natuerlich eine rein populistische Massnahme.

    Es ist natuerlich so, dass mittlerweile die EU ohnehin viel Geld in Geschichts- und Museumsprojekte bzgl des Kommunismus reinsteckt (auch wenn ich meine, dass diese 'Bildungsprojekte' problematisch sind im Allgemeinen).

    Also, Lori, wenn Du wirklich alles in vereinfachte Teile spalten willst, dann bestehe ich aber darauf Dich (oder sonst wer) ruegen zu duerfen. Das hat nichts mit intellektueller Haarspalterei zu tun, sondern ist ein Muss fuer das bessere Verstehen und Verstaendnis von Geschichte. Das was Du so lobst heisst Populismus. Genau das sollten wir alle verhindern wollen und sollen.
  • lori

    29lori schrieb am 06.12.2008, 22:26 Uhr:
    Hallo Igor,
    Kurz gefasst:
    1)Nicht gleich beleidigt sein!
    2) Ich bezog mich auf Deinen ersten Beitrag um 10h 9, Johann "kam " erst später.
    3)Du komplizierst die Sachlagen(Probleme, Analysen wie auch immer) ich versuche sie zu vereinfachen.
    3)Dass die EU- Abgeordneten dieser Staaten, allesamt Populisten sein sollen, entzieht sich zwar meiner Kenntnis, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass sich Dein Pauschalurteil, nach seriösen Recherchen, aufrechterhalten liese!
    4) Wenn du nun überall Populismus witterst, musst und ich betone musst, du diesen Vorwurf auch der Zunft der Historiker machen, denn bei solchen Aktionen(EU-Antrag) berufen sich die Politiker(ich bin überzeugt, dass unter ihnen auch Historiker sind) nicht auf den lieben Gott sondern na... eben auf die Historiker!
    5)Du hast die dakoromanische Kontinuitätstheorie(Entschuldigung an alle, dass ich den Thread belaste) als Irrsinn bezeichnet.OK! Geht es jedoch nach Deiner Lesart, sind die Historiker die diese Theorie vertreten auch Populisten.Erkläre es ihnen! Auf die Reaktionen bin ich gespannt.(zB. Scurtu)
    6)Ich lobe nichts.Und Populismus schon gar nicht. Aber wo sind den die Grenzen zum Populismus?

    servus
  • The history of Igor

    30The history of Igor schrieb am 06.12.2008, 22:59 Uhr:
    Lori, mein links-liberaler Zusatz "kam" erst nach Johanns Beitrag ueber links and rechts.

    Ich behaupte auch nicht, dass baltische EU-Abgeordnete Populisten sind, sondern, dass es in den baltischen Staaten Parteien gibt, die den Rechtspopulismus vertreten und in letzter Zeit (in Wellen) groesseres Ansehen geniessen.

    Dass Historiker zu einem gewissen Masse ideologisch gefangen sind wissen wir ja. Das ist nicht besonders spannend als Beobachtung. D.h. natuerlich nicht, dass sie Populisten sind. Ebenso ist es nicht so, dass jeder Ansatz sich mit der kommunistischen Geschichte eines Landes auseinanderzusetzen in einem populistischen Erguss enden muss. Mir fallen spontan zahlreiche solcher Ansaetze ein, die durchaus brauchbar und zur intellektuellen Erklaerung beitragen. Das Okkuptationsmuseum in Riga gehoert jedoch nicht hinzu.

    Das Dakoromanische passt hier nicht rein, aber manche (ungenannte) Vertreter dieser Theorien passen durchaus in die Populistenkategorie.

    Der Populismus faengt ungefaehr dort an wo historische Vergleiche verkrampft eine These zu unterstuetzen versuchen ohne dass dabei auf Kontext, Inhalt, und Details Ruecksicht genommen wird.
  • bankban

    31bankban schrieb am 07.12.2008, 09:16 Uhr:
    Hallo, nach dem ich mich durch die Beiträge durchgekämpft habe, möchte ich das für mich folgendermaßen zusammenfassen: Igor wirft Don Carlos vor, dieser würde die Naziverbrechen relativieren wollen, deshalb erwähnt er die roten Verbrechen immer im selben Atemzug mit den braunen. Johann scheint an solchen Vergleichen nichts auszusetzen zu haben, und wiederholt hat er darauf verwiesen, dass man nur nach einem Vergleich sagen kann, dass zwei Gegebenheiten sich ähneln oder auch nicht. Dann gab es noch einige Nebenschauplätze, die mich persönlich weniger interessieren und worauf ich deshalb nicht eingehe, weil ich v.a. diese Debatte zwischen Igor und Johann interessant finde. Mein Eindruck ist: Igor hat Recht, wenn er behauptet, dass Don Carlos sehr gerne bereit ist, die Unterschiede zwischen den braunen und roten Verbrechen zu verwischen. Diesen Eindruck habe auch ich. Ich würde Igor auch darin zustimmen, wenn er dies für unzulässig hält. Nur hat er (Igor) für meine Begriffe dies noch nicht zureichend begründet. Diese Begründung will ich nachliefern. Doch zuerst zu Johann: er hat insofern Recht, als er sehr unaufgeregt darauf besteht, dass man sehr wohl beide Ideologien miteinander vergleichen dürfte, wenn man sagen will, dass das nicht geht. Allerdings sind m.E. bereits soviele Vergleiche angestellt worden, dass diese Forderung in meinen Augen uns nicht voranbringt. So. Was ich in dieser Debatte vermisst habe (v.a. seitens von Igor) war der Hinweis auf mindestens zwei wesentliche Unterschiede: Zum Kern der NS-Ideologie gehörte doch der Rassismusgedanke und die Vorstellung von der physischen Eliminierung eines Volkes. Letzteres führte zum Holocaust, der Rassismusgedanke hätte die Degradierung von zig Millionen Polen, Russen, Rumänen, Ungarn etc. zu Sklaven oder ähnlichen nach sich gezogen (Generalplan Ost). Auf der anderen Seite finden wir so etwas nicht: weder hatte die kommun. Ideologie ein einziges Volk zum Gegner, noch wollte sie einzelne Völker dezidieren durch Seuchen etc. (Versuche ukrainischer Historiker, den Hunger in der Ukraine 1932 so zu erklären, werden von ernsthaften Kommunismusforschern nicht ernst genommen). Manche könnten einwenden: ja, und das Vorgehen der Kommunisten gegen Kulaken, Aristokraten, Bürgertum? Dieser vergleich hinkt, weil es sich dabei nicht um ein ganzes Volk handelte, sondern um Teile, die zumeist nicht sofort umgebracht wurden, sondern einer "Umerziehung" unterzogen wurden. Diese war sehr schlimm, und sehr viele sind dabei auch umgekommen (Gulag etc.), aber es gab eben keinen industriell-technisch betriebenen Massenmord, mit darauf abgerichteter Maschinerie, Zugfahrplänen, Gaskammern usw. usf. Ich finde sehr wohl, dass dieser "kleine" Unterschied genannt werden muss, wenn wir davon reden, ob und wie beide Ideologen vergleichbar sind oder auch nicht. Der 2. zu beachtende UNterschied: der Kommunismus ist ideologiehistorisch und geistesgeschichtlich in die Zeit der Aufklärung zurück zu tradieren (Saint Simon etc.). Ja, für manche war Jesus Christus der erste Sozialist. Und man mag über das Ergebnis denken, was man will: von der Zielsetzung her, sind es sehr hehre und noble Ziele. Doch wenn wir über den Ursprung des NS nachdenken: dann kommen wir nur zum Nationalismus, CHauvinismus und Antisemitismus. Die Fratze des Hasses grinst uns entgegen. Diesen Unterschied sollte man auch bedenken, denn das je anvisierte Ziel war grundsätzlich anders: bei den Kommunisten eine gerechte und soziale Gesellschaft, bei den Nazis eine Volksgemeinschaft, die auf der Herrschaft über minderwertige Rassen beruhen sollte (die man nicht um-erziehen, sondern um-bringen wollte!). (Die Tatsache allerdings, dass bei der Umsetzung die Kommunisten ebensowenig die gerechte Gesellschaft erreichten, ja, sie nicht erreichen konnten, diskeditiert ihre Ideologie von Grund auf. Aber das ist erst das Wissen der Spätgeborenen, von uns heutigen, die wir wissen, dass man niemanden gegen seinen Willen zu etwas bekehren sollte).
    So. Ich finde, diese Unterschiede sind es immer wieder Wert, erwähnt zu werden. Denn, wie Igor feststellte, sind es oft irgendwelche rechtkonservativen Kreise, die bei jeder noch so gerechtfertigten und legitimen und notwendigen Erwähnung kommunistischer Verbrechen meinen, diese sofort im selben Atemzug mit jenen der Braunen nennen zu müssen. Auf diese Weise wollen sie nämlich jene unbewusste Abscheu schwächen, die wegen des Holocausts in den meisten Menschen doch noch gegenüber den Nazis vorhanden sind. Die Rechnung aber ist: wenn wir aufzeigen, dass die anderen auch nicht besser waren, dann kann man unser Verbrechen auch nicht länger als in der (christlichen) Menschheitsgeschichte unikal ansehen. Denn, um abzuschließen, der radikale Unterschied ist, dass die Naziverbrechen eine Zäsur (und ein irreparables Versagen)innerhalb des Christentums und der Aufklärung bezeugen, wohingegen die Kommunistenverbrechen an der Spiegelung christlich und rational motivierter Ideale an den menschlichen Realitäten und Abgründen zerbrachen. Bankban
  • Don Carlos

    32Don Carlos schrieb am 07.12.2008, 18:27 Uhr:
    Die Aufarbeitung der kommunistischen und stalinistischen Verbrechen - etwa auf dem Staatsgebiet Rumäniens - hat noch nicht einmal richtig einsetzt, und schon finden sich Leute, die eine Vergangenheitsbewältigung noch vor dem Start abwürgen wollen.

    Hans Bergel hat gerade erst eine Besprechung des "Raport final" zur Analyse der kommunistischen Diktatur in Rumänien in der Zeitschrift "Spiegelungen" veröffentlicht ,der von ca. 50 Autoren um Koordinator Prof. Vladmir Tismaneanu im Auftrag von Präsident Basescu erarbeitet worden war. Der "Raport" markiert einen Anfang auf dem Weg in die richtige Richtung - und ist nicht viel mehr als eine Geste an die westeuropäische Wertegemeinschaft mit der Absicht, Rumänien als voll souveränes Mitglied willkommen zu heißen.

    Einem Kenner des Stalinismus bzw. der "verbrecherischen" Geschichte der KP, der leider Gottes auch manche deutschstämmige Mitläufer über Jahre angehörten, mussten dabei die vielen ( vom mir auch in diesem Forum mehrfach angesprochenen) Unzuläglichkeiten dieses "ersten Berichts" auffallen.
    Viel ist noch zu tun. Die Wissenschaft steht noch ganz am Anfang, weil viele Quellen von der (rum. Gauck-Behörde)CNSAS, von der alten und neuen Securitate (SRI) und von den Militärstaatsanwaltschaften bzw. Gerichten noch zurückgehalten werden.

    Meinen Kritikern, die hier immer fast geschlossen in der "Gruppe" auftreten ( wie die Drei Musketiere nach dem Motto: Einer für alle, alle für einen) und geschlossen jagen wie die Wölfe im Rudel, wenn es darum geht, jemand "einfach so aus einer Laune heraus" in eine "bestimmte Ecke " rücken zu wollen , (während die von Anstand Durchdrungenen einfach schweigen:

    Ich enmpfehle eine gründlichere Lektüre dessen, wass ich gesagt habe. Wiederholen will ich mich hier nicht oder gar selbst zitieren.

    Die Arbeit beginnt erst.
    Und erst wenn die Fakten vorliegen, d. h. im Klartext: Erst wenn die Verbrechen des Kommunismus so gründlich und ausführlich erfoscht sind wie die Verbrechen des NS-Staates, erst dann kann zu einem "Vergleich" geschritten werden, zu einer Wertung, die nichts mit einer Relativierung der NS-Verbrechen, noch mit der Aufrechtung von Opfertoten zu tun hat.

    Erinnern bedeutet, Fakten, Vorfälle und historische Ereignisse wachrufen, dokumentieren, analysieren - und erst dann auswerten.

    Aber hört doch Mal erst zu, verehrte A priori-Kritiker, was die "Zeitzeugen" zu sagen habe, bevor ihre Kreditwürdigkeit über Unterstellungen, wilden Spekulationen und Mutmaßungen aller Art unterminiert wird.

    Solche Methoden der Desavouierung erinneren an die Geschäftspraktiken der Kommunisten, eine totalitäre Partei,die zumindest im gegenwärtigen Rumänien (Raport final zur Analyse der komm. Diktatur)als "illegitim" und "verbrecherisch" eingestuft wurde.
    Und respetiert bitte auch die indviduelle "Betroffenheit" der Opfer von Terror und Gewalt.Don Carlos.


    [Beitrag am 07.12.2008, 18:36 von Don Carlos geändert]
  • Elsi

    33Elsi schrieb am 07.12.2008, 20:10 Uhr:
    Jetzt mal auf einer ganz anderen Ebene: Don Carlos, es reicht! Sie verbarrikadieren sich offensichtlich völlig, sie fühlen sich mißverstanden, verfolgt und Sie beschimpfen andere, die bereit sind ein Gespräch mit Ihnen zu führen, in der Annahme, dass Sie an einem Dialog interessiert sind. Sie sind jedoch ledigleich an Ihrer eigenen Sichtweise interessiert. Wollen Sie sich nicht restlos disqualifizieren, empfehle ich dringend von Vergleichen mit "Wolfsrudeln", dem inflationären Gebrauch von Vergleichen zu "Geschäftspraktiken der Kommunisten" etc, etc. abzusehen. Danke.
  • von Randlage

    34 • von Randlage schrieb am 08.12.2008, 09:25 Uhr:
    Hallo, Seberg! Gut gelesen! Ist doch größtenteils wieder bloß Schaum, noch dazu vernebelnder, was der laut Schreiber (Beitrag 2.) riesige "Denker" hier seitenlang schlägt. Denker - dass ich nicht lache!
  • The history of Igor

    35The history of Igor schrieb am 08.12.2008, 09:59 Uhr:
    @bankban: Ganz kurz. Ich habe mit Absicht die Ideologienfrage vermieden, aber grundsaetzlich stimme ich Deiner Analyse so in etwa zu.

    @DonCarlos: Nochmal. Niemand versucht hier eine Diskussion abzuwuergen. Was mich stoert und stutzig macht ist dieses krampfhafte Vergleichen. Wieso muss im gleichen Atemzug von Stalinismus (oder generischer Marxismus) immer Nationalsozialismus erwaehnt werden (deshalb, Bankban, habe ich die Ideologienfrage vermieden)? Wieso Nationalsozialismus? Wieso nicht Kolonialismus, Imperialismus, Feudalismus (was z.B. bei Pol Pot eher Sinn machen wuerde)? Wieso nicht nur Stalinismus? Weshalb muss jede Diskussion diesen unsinnigen Zahlenvergleich zwischen NS und Stalinismus anstiften? Nicht mal in der Mathematik ergaebe das eine annehmbare Formel.

    Ich habe es ohnehin schon gesagt: es gibt jetzt schon zahlreiche Forschungen die sich mit der kommunistischen Zeit verschiedener Laender und Regionen befassen ohne diesen abgedroschenen Vergleich zu benutzen.

    Und das mit den "Anstaendigen" und denen die auf "kommunistische Praktiken" zurueckgreifen koennten wir ja auch lassen, denn soweit ich diesen Thread verstanden habe ging es hier nicht um das Abschotten, sondern um das Hinterfragen fragwuerdiger Vergleich (ipso facto).

    Gerade die individuelle Betroffenheit von Opfern muesste ja politisierende und politisierte Vergleiche mit sofortiger Wirkung null und nichtig erscheinen lassen.
  • Don Carlos

    36Don Carlos schrieb am 08.12.2008, 10:51 Uhr:
    Die Verbrechen der Kommunisten sind eine historische Tatsache. Jeder der mithilft, sie aufzuklären, hilft mit, Verbrechen an der Menschheit aufzuklären und allen bewusst zu machen.Erinnerung reinigt und läutert seit der Attischen Tragödie bis zu Lessing und Brecht.

    Solschenizyn machte mit der Beschreibung des "Archipels Gulag" einen Anfang und formulierte damit eine moralische Anklage, die den Kommunismus in Osteuropa zum Einsturz brachte.
    Dieser von anderen Schriftstellern und geistigen Eliten fortgesetzte Prozess geht heute weiter, auch wenn einige wenige schrille Stimmen ihn gerne aufhalten möchten.
    „Zeitzeugen“ dokumentieren historische Ereignisse und schreiben ihre Lebensgeschichte nieder. „Schriftsteller“ erfinden in der Regel keine surrealen Welten oder ferne Wolkenkuckucksheime, sondern sie widmen sich historischen Stoffen und Themen, die sie oft realistisch – fern vom L’art pour l‘art-Prinzip - auf individuelle Weise zu literarischen Kunstwerken umformen. Dabei gehen diese Schaffenden stets davon aus, dass sie „ etwas zu sagen haben“ –
    und dass sie in ihren Werken Wirklichkeit festhalten oder zur Beschäftigung mit bestimmten Phänomen der Zeitgeschichte anregen. Als Zeitzeuge und Schriftsteller weiß ich wohl, wovon ich rede – und ich bin mir nicht zu schade, es auch an dieser angreifbaren Stelle zu tun, denn das „offene und freie Wort“ ist ein Privileg, welches jeder schätzt, dem es einmal für lange Zeit entzogen worden war.

    Was von dem Niedergeschriebenen und Gesagten der Zeitzeugen und Literaten in der Gesellschaft und Wissenschaft ankommt und wie das dann aufgenommen und umgesetzt wird, das sind andere Themen, die hier nicht ausdiskutiert werden können.
    Jedenfalls ist es gut, wenn die unterschiedlichsten Personen schreiben,wenn viele „Zeugnisse“ ans Tageslicht kommen, ganz egal, ob das bestimmten Gruppen in ihr weltanschauliches Konzept passt oder nicht. Irgendwelche "Mehrheiten" an dieser Stelle und zu diesem Thema, die nicht lesen oder verstehen können, was ich geschrieben habe, machen mir keine Bange, weil sie zur Sache selbst kaum Argumente in die Diskussion einbringen.
    Wenn ein Zeitzeuge sein Testimonium aufschreibt und veröffentlicht, auf die Gefahr hin missverstanden und angepöbelt zu werden, dann tut er das bewusst – und weil er nicht anders kann, ohne Rücksicht auf die Destruktiven, die alles, was entsteht und wovon ihre Schulweisheit nicht den Hauch eines Schimmers hat, mit Hohn und Spott übergießen.
    Don Carlos, Zeitzeuge und Schriftsteller.

    P.S. @Igor: Ich habe Ihnen schon einmal in dieser Sache zugestimmt und wiederhole es hiermit noch einmal. Gewisse Leute wollen mich gerne in eine gewisse Ecke abdrängen, auf die alte Art, wie wir sie hier schon einmal ( im August) erlebt haben, mit Unterstellungen, Stigmatisierungen, Pathologiesierungen etc. - was schon damals zur einer späten Einsicht und Entschuldigung geführt hat.( Über meine Meriten, Qualifikationen, geistige und moralische Autorität, Taten etc. will ich hier nicht selbstapologetisch mit Unausgewiesenen aus dem Obskuren diskutieren.)
    Und noch ein Wort zu den relativierenden Vergleichen, die seberg ansatzweise im Haupttext(Vortrag)vorfand. Im Sinne der Auklärung sollen auch "Negativ-Paradigmen der Öffentlickeit nicht verschwiegen werden. Deshalb ist ihre Nennung in Hans Bergels Vortag legitim. Doch für einen Vergleich der totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts ist es definitiv zu früh, weil die Aufarbeitung der kriminellen Geschichte des Kommunismus in Osteuropa erst jetzt beginnt.
    Don Carlos.


    [Beitrag am 08.12.2008, 11:04 von Don Carlos geändert]
  • getkiss

    37 • getkiss schrieb am 08.12.2008, 12:57 Uhr:
    Die ganze (akademische?) Diskussion über den Vergleich der Verbrechen des Kommunimus versus Verbrechen der NS ist eigentlich absurd, im Kontext der Bergel´schen Rede.

    Fakt ist und da hat Don Carlos absolut recht, nach fast 20 Jahren seit dem Verschwinden der kommunistischen Regimen, sind dessen Verbrechen weit davon aufgeklärt zu sein. Und da ist noch viel zu erledigen. Nach dem viele der ehemaligen Machthaber sich ein neu gefärbtes Fell umgestülpt hatten, wurde von diesen mit allen möglichen Mitteln versucht, die Aufklärung der Verbrechen zu verhindern. Und da jetzt schon 20 Jahre vergangen sind, fragen meist die selben: Wozu? oder, Ist das nicht schon verjährt?
    Nein, offener und verdeckter Mord verjährt nicht und darf es auch nicht!
    Wenn ich nur an einen ehemaligen Hochschulkollegen denke, der für den Fluchtversuch mit der Zertrümmerung einer Niere bezahlen musste und an den Spätfolgen frühzeitig verstarb, nicht zu sprechen über die Morde die in den Gefängnissen und außerhalb passierten. Viele dieser Verbrechen Schuldigen laufen noch immer frei herum, oder genießen sogar eine stattliche Rente...

    Es geht vor allem um vollständige Aufklärung der Verbrechen und nicht um den Vergleich...
  • Elsi

    38Elsi schrieb am 08.12.2008, 13:36 Uhr:
    Zum Thema „Vergleich“

    Don Carlos sagte:
    „In den langen Jahren an der Deutschen Universität habe ich viele Diskussionen zum o. g. Thema (Vergleich der braunen und roten Diktaturen)geführt …“

    „Ein stalinistischer "Capesius", der Stoff dazu findet sich sicher zur Genüge, würde die gleichen Schrecken offenbaren.“

    und

    „Den Deutschen wurde oft unterstellt - nicht zuletzt in der über Jahrzehnte andauernden Propaganda der Ostkommunisten nach dem 2. Weltkrieg - sie hätten die größten Schandtaten der Menscheit ausgeheckt und praktiziert.
    Mit deutscher Logik und Logistik und schweizer Präzison. Sie seien eben die perfekteren "Meister" des Todes gewesen.
    Wer an seiner deutschen, siebenbürgischen oder donauschwäbischen Identität festhält, weil er sie zur Aufrechterhaltung seiner Selbstachtung braucht, der wehrt sich gegen diese Pauschalvorwürfe und verweist auf Präzedenzfälle in der Geschichte, ohne unbedingt etwas über die "Relativierung" "aufrechnen" zu wollen.“

    und
    „Doch für einen Vergleich der totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts ist es definitiv zu früh, weil die Aufarbeitung der kriminellen Geschichte des Kommunismus in Osteuropa erst jetzt beginnt.“

  • getkiss

    39 • getkiss schrieb am 08.12.2008, 14:20 Uhr:
    OK, Elsi. Du hast zitiert.
    Was ist deine Meinung zur Aufklärung der kommunistischen Verbreche(r)n?
  • lori

    40lori schrieb am 08.12.2008, 19:03 Uhr:
    Hallo Allerseits,

    Kollege Igor, es tut mir Leid, Du hast im Moment viel "Arbeit"!Mit den "(ungenannten) Vertretern" meintest Du auch Historiker? Die Messlatte in Deiner Definition (These) was Populismus ist, liegt sehr hoch.Es ist praktisch gar nicht mehr erlaubt irgendetwas zu Vergleichen, was Du offen zugibst. OK! Die Bildungstätten setzt Du in Anführungszeichen, weil sie Dir anscheinend zum Teil auch missfallen.(Okupationsmuseum in Riga)Es werden jedoch immer mehrere Denkmäler gebaut Museen an denen HISTORIKER beteiligt sind, ZB. die Denkmalstätte für die Vertriebenen. Das ist nun mal die (vergleichende, wahrscheinlich auch relativierende) Realität. Folgt man nun Deiner These(Definition) sind die Berater,Organisatoren, insgesamt die Verantwortlichen für diese wie wie auch immer genannten Stätten, Populisten obwohl es eigentlich hochdekorierte Historiker sein dürften! So gesehen ist dann die ganze Geschichte Populismus!
    Andersrum gefragt, Du kennst die unterschiedlichen historischen Sichtweisen zwischen Rumänen und Ungarn, eigentlich unterschiedliche Geschichten! Wie müsste "eine Geschichte" formuliert werden, dass es zu einem besseren Verständnis zwischen den Menschen kommt:
    a)Sie interessieren sich gar nicht für Geschichte und nehmen den heutigen status quo an.(damit meine ich nicht das Territorium, damit mich keiner falsch versteht)
    b)Das jeweilige Volk schreibt die Geschichte in die Schulbücher, diese wird jeweils in die Sprache des anderen übersetzt und auch veröffentlicht.(in den genannten Schulbüchern)
    c) es werden Kommissionen gebildet, mit Vertreter beider Völker und eine "gemeinsame Geschichte" herausarbeiten.

    Gruss
    Lori
  • Don Carlos

    41Don Carlos schrieb am 08.12.2008, 20:52 Uhr:
    Kein Verbrechen relativiert, rechtfertigt oder entschuldigt ein anderes Verbrechen! Es darf überhaupt kein Verbrechen geben. Nirgendwo auf der Welt.

    Im Gefolge des Zweiten Weltkriegs gab es ganz absurde und moralisch höchst verwerfliche Kriegsverbrechen - etwa Brandbomben auf Hamburg oder Dresden. Über eine Null mehr oder weniger bei den Opferzahlen über dem vierstelligen Bereich streiten die Historiker und Propagandisten. Der Gipfel des Massenmords an Unschuldigen waren die sinnlosen Opfer der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki, die dem industriellen Massenmord in den Konzentrationslagern der Nazis noch einmal ein neues Gesicht gaben.

    Die Konsequenz daraus: Alle Verbrechen sind zu misbilligen und zu ächten, für alle Zeit, auch wenn sie von Staaten und Staatsführern ausgeheckt und begangen werden!

    Die Historiographie hingegen hat die Aufgabe, zu erinnern und zu mahnen,damit solche Schreckenstaten - von wem auch immer begangen - nie wieder möglich werden.

    Manchmal saßen die falschen Leute - mit besten Absichten - nur zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle und führten Entscheidungen herbei, die das kollektive Gewissen der Menscheit heute noch erschüttern, nicht nur doppelt, wie Hans Bergel hervorhebt, sondern mehrfach und immer wieder.

    Zurück zu den Kommunisten und Nazis, die wir hier "nicht" vergleichen wollen.
    Sie agierten im Abendland und im zivilisierten Osten, nachdem Peter der Große den Russen die Zöpfe abgeschnitten hatte, nach Beethoven und Tschaikowsky. Deshalb hinkt der Vergleich mit Pol Pot etwas.

    Wir haben keine Ohren für Uganda und Indochina, weil die Geschichte des Abendlandes uns überfordert. Die Welt staunt, weil sie nicht begreifen will, dass aus dem Volk der "Dichter und Denker" Verbrechergestalten wie Hitler,Himmler, Mengele und auf der letzten Stufe des befehlsempfänglichen Duckmäusertums auch willfährige Mit-Verbrecher wie Capesius aus Schäßburg in Siebenbürgen hervorgingen.

    Sie haben - wie Bergel unter Zitation von Joachim C.Fest betont - in aller Welt einen Namen: und dies mit Recht, eben weil sie aus dem Volk der Dichter und Denker herstammen - und nicht aus der Sippe irgendwelcher Barbaren, für die die Barbarei und das Töten mit der Machete alltäglich ist.

    Das Staunen und die moralische Entrüstung der Welt stammt daher, weil man von deutschen Wesen, an dem die Welt einst genesen sollte, etwas anderes erwartet hat als üble, ganz gemeine "Menschheitsverbrecher", wobei ein "Capesius", der zufällig aus Siebenbürgen herstammte, nur eine Randfigur war, eine mit einem Namen, die das Interesse eines Dichters und Schriftstellers fand. Schlesak wird wissen, weshalb er dem "Namen" gerade jetzt auch ein Gesicht gab - das Gesicht des Grauens in menschlicher Biedermann-Gestalt!

    ( Ich erinnere an die Aussagen eines Apotheker-Kollegen mir gegenüber, nachdem er meine Dokumentation der kommunistischen Verbrechen in Rumänien gelesen hatte: "Capesius ist mir als anständiger Mensch erschienen". - Und ... was man ihm vorwift, dem Opfer der kommunistischen Propaganda, will ich nicht recht glauben...)

    Die "deutschen" Verbrecher haben ein Gesicht - die welt kennt diese Himmlers und Mengeles. Nur die rumänischen Kommunisten - oder Stalinisten-Verbrecher ähnlichen Schlages kennt niemand.
    Sie alle haben kein Gesicht.
    Und viele Mitbetroffene unter den Tätern haben kein Interesse daran, dass die "Wahrheit" der kommunistischen Verbrechen an den Tag kommt.

    Noch schlimmer ist die Tatsache, dass die "Mitläufer von gestern" - lange Jahre Mitglieder der Rumänischen Kommunistischen Partei, heute - dank alter Wendehalsigkeit und Rücksichtlosigkeit wieder in Amt und Würden - aus eigenem Interese heraus nicht wollen, dass die verlogene "Welt von Gestern" im realexisteierenden Sozialismus röntgenhaft durchleuchtet wird - und dass ihre Feigheit erkannt und bewertet, bzw. dass die Schuldigen und Mitschuldigen - als Träger eines totalitären Systems, einer Diktatur - beim "Namen " genannt werden.

    Die Zeit aber ist reif dafür. Denn die Zeit ist reif für die Wahrheit.

    Wenn die "Securitate" gewissen Querdenkern den Mund nicht verbieten konnten, dann werden es gewisse Leute auch in der freiheitlichen Gesellschaft nicht schaffen, Wahrheiten abzuwürgen und Aufklärer mundtot zu machen, schon gar nicht mit Androhungen rechtlicher Konsequenzen.

    P.S. Noch ein Wort zu der Meisterin der Paraphrase und des aus dem Zusammenhang gerissenen Zitats, die moralisch entrüstet aufschrie: Don Carlos, es reicht! Aber sich zurückzog, als andere sie aufforderten, die Farbe ihre Fells zu definieren. Die Allegorie des Angriffs der Wölfe im geschlsoeenen Verband irritiert sie. Wie wäre es mit dem Bekenntnis zur weltanschaulichen Einfärbung, die bei den Chamäleons und ander Farbtäuschern variiert, je nach opportuner Situation und je nachdem das Fähnlein im Wind ausgerichtet werden muss?

    Dieses "Don carlos, es reicht" ertönte schon einmal im August in einer ähnlichen Diskussion, wo es um "politische und moralische Integrität ging. Und die Konsequenz war, das die "abzuwügende" Diskussion erst richtig los ging und noch viele kritische Geister auf den Plan gerufen wurden, was zur Einsicht übereifriger Kritiker und zur Anerkennung des Verfemten führte. Wollen wir - mit Nietzsche - die Ewige Wiederkehr des Gleichen auch in diesem Kommentar - oder kehrt doch noch die Vernunft ein?
    Wollen wir die Verbrechen der Kommunisten wirklich vergessen? Und alles, was uns nicht passt, unter den Teppich kehren, nur um ein "Gesicht zu wahren, das eigentlich eine "falsche Larve" ist?
    Don Carlos.
  • Elsi

    42Elsi schrieb am 08.12.2008, 22:43 Uhr:
    „Ich empfehle eine gründlichere Lektüre dessen, was ich gesagt habe.“ sagt Don Carlos.

    Zum Thema „Verfolgung“ :

    Da sagt einer, dass ihm Hans Bergel etwas zu langatmig sei und man gut daran täte, ihm nicht so viel… Raum… einzuräumen. Jeder andere hätte vielleicht noch überlegt, ob sich darauf eine Stellungsnahme lohnt, aber nicht Don Carlos!
    Diesen Kommentar nutzt er als Startzeichen für eine Kettenreaktion, ein crescendo, um in Symphonisch zu sprechen, die seinesgleichen sucht:

    Er sagt: „…ist das kein Grund, dieser Toten zu gedenken, ihres Opfers und ihrer Mahnung, alle totalitären Regungen bereits im Keim zu ersticken?“
    „Jetzt tauchen wieder dunke Leute auf ( alte "Genossen"?), die dem höchst glaubwürdigen Zeitzeugen gegen den Kommunismus und Stalinismus rumänischer Prägung Hans Bergel den Mund verbieten wollen.“
    „Die Aufarbeitung der kommunistischen und stalinistischen Verbrechen - etwa auf dem Staatsgebiet Rumäniens - hat noch nicht einmal richtig einsetzt, und schon finden sich Leute, die eine Vergangenheitsbewältigung noch vor dem Start abwürgen wollen.“
    Solche Methoden der Desavouierung erinneren an die Geschäftspraktiken der Kommunisten, eine totalitäre Partei,die zumindest im gegenwärtigen Rumänien (Raport final zur Analyse der komm. Diktatur)als "illegitim" und "verbrecherisch" eingestuft wurde.“
    „Es ist in der Tat ein sonderbares Phänomen. Während die Verbrechen der Braunen … neigen viele westliche Intellektuelle immer noch dazu, die Verbrechen der Roten zu verharmlosen, zu verschweigen und zu übergehen, ohne dass die historischen Konsequenzen daraus gezogen werden“
    „Ein Maulkorb wäre diesen lieb - und ein Abschneiden der Auflärenden von der freien Meinungsäußerung! Für alle Zeit.“
    „Solche Leute lieben offenbar die Zensur - und sie begrüßen es, wenn einem das Wort abgeschnitten wird!“
    „Solche Gestalten aus dem Verborgenen würden sicher auch dieses freie Forum hier abschaffen, wenn die Dinge, die hier geschrieben werden, ihren abstrusen Vorstellungen nicht mehr gerecht werden.“
    Usw. usf…….

    Erstens: Mein Rat „Es reicht“ war nett gemeint…Ihre Schimpftiraden sind kaum auszuhalten. Sie wollen Moral und Gewissen einprügeln. Sie sprechen von Aufarbeitung und Aufklärung von Verbrechen, von Verständigung und Miteinander mit einer Sprache des Hasses, Don Carlos.
    Ich gebe zu: Das erschreckt mich und macht Sie in meinen Augen unglaubwürdig. Tut mir leid, es Ihnen so sagen zu müssen und Sie evtl. zu verletzen.
    Zweitens: Keiner hat sich gegen eine Aufklärung der kommunistischen Verbrechen ausgesprochen – nicht mal der Herr von … ganz oben - der hat lediglich ein bisschen gegen Herrn Bergel gestänkert.
    Die geäußerte Kritik war sachlich und völlig berechtigt und richtete sich weder gegen die Aufarbeitung der Verbrechen noch hatte sie mit einer Verharmlosung derselben zu tun.
    Drittens:Es tauchen zu jedem Thema Leute auf, die beinahe jedes Thema kaputt machen wollen oder/und schlichtweg nicht verstehen, worum es geht, jedoch meist kraft ihres Geschlechts sich dies trotzdem zutrauen…
    Die Ehre missverstanden, nicht verstanden, falsch verstanden oder auch richtig verstanden und trotzdem nicht einverstanden zu sein gebührt nicht allein Ihnen. Und hat nicht mal die Unterbindung ihrer Redefreiheit im Fokus. Ich fürchte, auch hier nehmen Sie sich zu wichtig.
    Viertens: Egal wer es auch sei, der mit Ihnen in einen Dialog tritt, SO geht 'Gespräch' bestimmt nicht:
    „Und wie lange noch darf jeder ressentimentbestimmte Schlechtweggekomme öffentlich mit Schmutz werfen?“
    „Es klingt wie zynischster Hohn, wenn jetzt irgend ein Niemand aus Peripherie auftaucht - oder gar aus der Gosse - und einer vielfach ausgewiesenen Autorität zuruft..."

    Nun, solange es Redefreiheit gibt, derer Sie sich in extenso bedienen, darf jeder auch seine Meinung kundtun und jeder darf aber auch einfach nur weghören, Don Carlos!

    Und nun zu Ihrer Attacke auf mich:
    Sie ziehen die falschen Schlussfolgerungen, wie gewöhnlich, denn der einzige Grund, warum ich nicht antwortete ist der, dass ich mit getkiss nicht kommuniziere. Das weiß er auch, provoziert aber immer wieder ein Gespräch.
    Mich irritiert nichts, mich nervt vielmehr diese One-man-show, Don Carlos. Noch so eine falsche Einschätzung. Meine politische Orientierung geht Sie gar nichts an, Ihre Unterstellungen allerdings amüsieren mich. Nicht mehr und nicht weniger.
    Und dann wieder, immer wieder, unaufhörlich diese Unterstellung, dass nur Sie (na ja, vielleicht noch Hans Bergel) an der Aufklärung der kommunistischen Verbrechen interessiert sind...und Sie merken nicht, dass die Vernunft schon längst da ist – ohne Sie.




    [Beitrag am 08.12.2008, 22:53 von Elsi geändert]
  • Don Carlos

    43Don Carlos schrieb am 08.12.2008, 23:17 Uhr:
    Danke, Elsi, sage ich nun zum zweiten Mal. So gut hat ein "alter, verbitterter Mann" - wie Sie mich seinerzeit in der Diskussion gegen Herta Müller zu charakterisieren pflegten - lange nicht mehr gelacht!

    Die Wahrheit kann in der Tat frei machen - und auch den Verbitterten das "befreiende" Lachen wieder geben, nachdem sie es in den Haftzellen der Kommunisten eingebüßt hatten.

    Es ist mir eine Ehre, mit Hans Bergel die gleichen martyriumhaften Erfahrungen gemacht zu haben, Erfahrungen der Sehnsucht nach "Freiheit", verehrte Frau Kritikerin, von der Sie wohl nie etwas ahnen werden.

    Die Erfahrungen in der Zelle sind einzigartig - und sie ermöglichen Erkenntnisse, die anderen schweigen, weil sie sie nicht fühlen, noch erjagen.

    Meine letzten Verbesserungen des Kommentars, die noch etwas Würze dazu gaben, sind leider nicht mehr gespeichert worden.

    Aber es freut mich, Sie und andere aus der Reserve gelockt zu haben.

    Wollen Sie denn alle Vergehen entschuldigen?

    Die Opfer schreien still aus den Gräbern hervor - und sie klagen an!

    Was werfen Sie mir vor? Eine One-Man-Show?

    Was wissen Sie, verehrte Frau Jahrgang XY-Unbekannt, von den "Wirklichkeiten des real existierenden Sozialismus"?
    Wohl nicht allzu viel?

    Und von anthropologischen Phänomenen wie Angst, die durch Folter entsteht und durch Staats-Terror?

    Meine "Redefreiheit" werden Sie bestimmt nicht stoppen und hemmen! Im Gegensatz zu anderen, die früher auf die Bundesrepublik als dem Land der Imperialisten aus der Geborgenheit des kommunistischen Lagers heraus "spuckten", wollte ich immer schon in dieses Land,
    weil die Verfassung dieses Staates mir und den anderen, die litten, das freie Wort ermöglicht, um zu sagen, was sie litten, damit sich der Schrecken und die Willkür einer Diktatur nicht wiederholt.

    Hans Bergel hat - ungeachtet aller Leiden - als Brückenbauer gewirkt. Und er wird heute in Rumänien von den "anständigen Rumänen", die es immer schon gab, als solcher anerkannt.

    Gerade deshalb schrieb ich die "Symphonie der Freiheit" - und nicht eine "Symphonie des Grauens" oder eine "Symphonie des Hasses und der Spaltung".

    Soviel für heute zu Ihrer Replik, die bei mir zu neuen Ideen führt und zu noch deutlicheren Antworten, die jedermann versteht.
    Die Wahrheit war immer schon sehr einfach. Don Carlos.

  • Elsi

    44Elsi schrieb am 08.12.2008, 23:34 Uhr:
    SO werden Denker und Dichter zu Barbaren:
    Zitat Don Carlos:
    "...weil sie aus dem Volk der Dichter und Denker herstammen - und nicht aus der Sippe irgendwelcher Barbaren, für die die Barbarei und das Töten mit der Machete alltäglich ist."





  • seberg

    45seberg schrieb am 08.12.2008, 23:46 Uhr:
    „Wollen wir die Verbrechen der Kommunisten wirklich vergessen?“

    Nein, das wollen wir und können wir nicht, haben doch die meisten hier – und nicht nur Sie, Don Carlos! – direkt oder indirekt darunter gelitten, viele ganz schrecklich, wie meine erzkapitalistische und deswegen buchstäblich vernichtete Herkunftsfamilie in Sb. z.B. auch. Aber vielleicht sind wir ja alle wie hypnotisiert und kommen einfach nicht heraus aus dem „Staunen“, wie Sie schreiben, über die unvorstellbaren Verbrechen in- und von Menschen mit- deutschem Namen, wir „staunen“ einfach nur, weil wir nicht begreifen wollen-können oder können-wollen. Begreifen Sie es, Don Carlos? Dann machen Sie es auch uns begreiflich, wenn Sie eine „ausgewiesene Autorität“ sind, damit wir aus dem Staunen endlich heraus finden und uns nicht mehr nur den eigenen, sondern auch den Verbrechen der anderen zuwenden können! Bis dahin aber halte ich es mit Schlesack, der es wohl auch nicht begreifen will und kann und deswegen und immerzu staunend sein Buch geschrieben hat.


    [Beitrag am 08.12.2008, 23:54 von seberg geändert]
  • Elsi

    46Elsi schrieb am 09.12.2008, 08:39 Uhr:
    Lieber Don Carlos,
    Ihr befreites Lachen hat mich tief gerührt und hat mich ebenfalls befreit! Deshalb will ich Ihnen aus dieser befreiten Stimmung heraus angemessen antworten und danken. Es ist wie ein Wunder, nicht wahr? Da ich der Grund für den Moment der Glückseligkeit nach den düsteren Jahren der Haft und den Jahrzehnten danach, als noch immer kein Lächeln sich über ihren Mund quälen konnte bin, will ich es heute noch einmal versuchen, Sie in Verzückung zu versetzen. Ich bin (na ja, fast) sicher, dass ich es schaffen werde, aus dem, wie Sie es sagen, „alten, verbitterten Mann“ einen alten verbitterten lachenden Mann zu zaubern! Denn ich habe verstanden, Don Carlos (ich nenne Sie insgeheim Don Carlos de la Mancha; ich finde das passt viel besser das hat Größe, das hat Noblesse und ist feurrrrig wie Tabasco…), dass die Aufmerksamkeit, neben dem Applaus, das Lebenselixier des Künstlers ist. Also schenke ich Ihnen meine volle Aufmerksamkeit, denn, ich habe eingesehen, dass ich Sie völlig missverstanden habe. Zu dieser demütigen Einsicht bin ich gekommen, Dank einer Yogaübung ( das wird in Sanskrit geturnt, also quasi in Indogermanisch), welche abwechselnd, im Rhythmus forscher Marschschritte, erst die eine, dann die andere Gehirnhälfte ausschaltet und in den kurzen Augenblicken des Umschaltens, so was wie Visionen freisetzt – ich weiß, Ihnen brauch ich das nicht zu erklären. Da erkannte ich, dass Sie jemand sind, der beseelt ist vom Weltfrieden, von unserer Wahrheitsfindung, von einer friedlichen multikulturellen Gesellschaft, wo das Schaf und der Wolf zusammen liegen ( ich verstand plötzlich, dass Sie diese Art von Wölfen meinten!), Sie sind erfüllt von dem Wunsch nach Aussöhnung und nach Gerechtigkeit, gemessen nach Einem Maß, sie sind der Gute, der, der das Böse auf der Welt bekämpft mit allen Mitteln. Ich habe jetzt auch verstanden was Sie meinten mit dem Aufruf: „Wehret den Anfängen!“. Sie meinten Herrn von Randlage, der ganz am ‚Anfang’ das Wort ergriff, einer dieser Unbedarften, wie Sie sie noch sehr freundlich nennen, gegen deren Existenz wir uns zur Wehr setzen müssen, damit die Welt an uns genesen kann.
    Sie haben eine Mission (eine Mischn, wie wir Jüngeren das nur sehr unzutreffend nennen) zu erfüllen, Sie sind die Stimme der Aufrechten, derjenigen, welche unsere Nation zu neuer Blüte zu verhelfen den Willen hat. Lassen Sie Ihre Stimme klingen, lassen Sie mich mit einstimmen in Ihre Symphonie, lassen Sie Ihre Stimme sich über uns erheben und Ihre Worte werden wirken wie Steine, die man ins Wasser wirft – sie werden Kreise ziehen und den Zukurzgekommenen, den Unbedarften und dem Rest auch, Heil bringen.
    Danke, dass Sie mir den Weg der Gerechten zeigten.
    Für Sie, nur noch
    Ihre Dulcinea

    PS: Na, habe ich zuviel versprochen? :-D


    [Beitrag am 09.12.2008, 08:49 von Elsi geändert]
  • Johann

    47Johann schrieb am 09.12.2008, 10:36 Uhr:
    @ Elsi
    Du übertriffst deine Versprechungen immer, du schafft den cincinal in patru ani si jumatate.

    Bei deinen Konklusionen schwirrt mir des öfteren ein Zitat von Arthur Bloch durch den Kopf:
    A conclusion is the place where you get tired of thinking.
  • Don Carlos

    48Don Carlos schrieb am 09.12.2008, 10:37 Uhr:
    Angebetete, unerreichbar ferne Dulcinea aus dem Verborgenen! Wie gleichen Sie den hohen Idealen und Ideen von „Gerechtigkeit“, „Wahrheit“ und „Freiheit“, denen ein armer Sünder ein Leben lang nachjagt und doch nur verlorene Illusionen und Schimären vorfindet!

    Wie gerne würde ich, der Mann aus la Mancha, Ritter der traurigen Gestalt, der als späte Inkarnation des Erzengels Michael so trefflich gegen die roten Windmühlen kämpft, zum "Don Giovanni" mutieren, um in einer neuen Metamorphose des Seins, Ihnen, verehrte Dulcinea, eine Serenade vorzutragen, auf der Mandoline mit rührender Stimme und voller Hingabe, um Ihnen für ihre Eröffnungen zu danken und um auch Sie in Entzückung und „Verzückung“ zu versetzen – wie jene Mystiker und Flagellanten, die die wahre Glückseligkeit erlebten, wenn ihnen einer mit der Peitsche genüsslich und kraftvoll über den Rücken fuhr.

    Ihr origineller Beitrag von fast literarischer Qualität weist sie auch als Meisterin der Ironie aus. Das weiß ich durchaus zu schätzen, wo mir die Selbstironie doch nicht ganz fremd ist, selbst in einer so ernsten Diskussion.
    Nur stehen mir, dem abendländisch Determinierten, nicht die tieferen Einsichten und „Visionen“ einer Yoga-Praktizierenden zur Verfügung. Leider muss ich mich mit der „Vernunft“ zufrieden geben und dem – ach so bescheidenen – Verstand, der Ursache und Wirkung auseinander zu halten weiß, selbst wenn er am Mythos arbeitet.

    Wenn der Ewige Frieden, von dem Kant träumte erreicht, ist, verehrte Dulcinea, dann können nicht nur Schafe und Wölfe friedfertig und glücklich zusammen liegen und träumen, sondern auch die Liebenden unter den Menschen, sie können dann Liebeslieder singen, meditieren, sich die Glieder verrenken, Hirne spalten, Visionen auskosten und auf ihre Weise den Garten Eden genießen, in dem es nur holde Glückseligkeit und keine Schlangen geben wird. Die Schlange wird dann ein für alle Mal aus dem Paradies verbannt sein – und Sodom und Gomorra werden der Vergangenheit angehören. Die Stimmen werden zusammen klingen in einer großen Symphonie – und wir werden alle zusammenfließen wie die Regentropfen im großen Ozean. Dann wird es kein Zähneklappern mehr geben, kein Jammern, kein Heulen und kein Mitheulen mit den Wölfen, weil wir dann glücklich sein werden, in alle Ewigkeit hinein.

    Doch bis dahin, angebetete Dulcinea, wird noch viel zu tun sein!
    Wir werden noch vielfach staunen müssen, lieber seberg, und wir werden auch künftig „Wirklichkeit und „Fiktion“, “ Wahrheit“ und „Lüge“, „Sein“ und „Schein“ auseinanderhalten müssen.
    Don Carlos, ein lachender Philosoph an einem heiteren Morgen irgendwo in Deutschland.

    P.S. Apropos" cincinal in patru ani si jumate!! Es gab eine Single in Rumänien, die a la "Cenaclul Flacara" -Show-Stil Adrian Paunescu mit den richtungweisenden Worten einsetzte: "O chemare noua, tara o strabtate, cincinal in patru ani si jumatate - was machte das Volk daraus:

    Zoten : "cincinal in patru an "pe jumatate"! - Dies als Nachtrag zur real existieerenden sozialistischen Wirklichkeit, die einige Zeitgenossen nur noch vom Hörensagen her kennen - und aus der "fiktionalen" Literatur.



    [Beitrag am 09.12.2008, 10:48 von Don Carlos geändert]
  • robertox

    49robertox schrieb am 09.12.2008, 11:16 Uhr:
    "...im Rhythmus forscher Marschschritte, erst die eine, dann die andere Gehirnhälfte ausschaltet..."

    Elsi scheint ständig zumindest eine, meistens jedoch auch beide Gehirnhälften auszuschalten.
    Lieber don carlos! Lassen Sie sich von den anonymen Wadenbeißern nicht beirren! Schreiben Sie ruhig weiter Ihre Ansichten über die Greuel des totalitären Regimes nieder. Es ist gut dass es Menschen wie Sie gibt. Es tut immer wieder gut Ihre hochwertigen Beiträge zu lesen. Ich wünsche Ihnen wieterhin viel Erfolg und Ausdauer auf Ihrem Weg und alles Gute für das kommende Jahr! Möge Gott Sie und Ihresgleichen beschützen.
    Diejenigen, welche über Leute wie Don Carlos und Hans Bergel den Schmutzkübel entleeren sollten sich was schämen (falls sie eines solchen Gefühls noch mächtig sind!).
  • Don Carlos

    50Don Carlos schrieb am 09.12.2008, 12:18 Uhr:
    Dichter, Schriftsteller und Zeitzeugen sind dazu da, um zu sagen, was sie leiden. Deshalb schrieb Goethe seinen „Werther“, Augustinus und Rousseau ihre „Bekenntnisse“ –und unzählige Philosophen und Dichterphilosophen übermittelten uns ihre Maximen, Reflexionen und Memoiren, weil sie über Lebensphänomene nachdachten und über die Zeit, in der sie lebten und letztendlich über den Menschen als anthropologische Einheit von Körper Geist und Seele.
    Meine „Leiden“ unter den Kommunisten will ich nicht an die große Glocke hängen. Denn sie waren „nichts“ gemessen an den tatsächlichen Leiden anderer Verfolgter der roten Diktatur. Aber sie reichten aus, um mir einen Einblick zu gewähren in eine Hölle, die Dante noch nicht kannte.
    Als ich in dieses Land kam, kam ich wirklich mit einer „Mission“. Die zurückgebliebenem Deprimierten und Deprivierten in der Zelle hatten mir einige Botschaften mit auf den Weg in die Freiheit gegeben, die ich den Menschen im Westen übermitteln sollte – als „ehrlicher Makler“ im Sinne von Reichskanzler Fürst Bismarck und nicht als „antikommunistischer Propagandist“. Also führte ich meinen „Auftrag ohne Lohn“ aus und berichtete in München bei Radio Freies Europa in Interviews, bei der Liga für Menschenrechte in Paris, bei der Häftlingshilfeorganisation „amnesty international“ in London das, was ich als Zeitzeuge in 3 Jahren Opposition erlebt hatte.
    Dann reiste ich nach Genf und brachte dort als SLOMR-Sprecher im Westen eine Klage der ILO der Vereinigten Nationen gegen das Regime von Nicolae Ceausescu auf den Weg, die sich von 1981-1984 hinzog und einigen Verhafteten und Verurteilten die Entlassung in die Freiheit brachte. Damals agierte ich „unter Lebensgefahr“, während andere Landsleute das Verbrecherregime von Nicolae Ceausescu noch jahrelang stützten.
    Rumänien war damals am Abgrund – und Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen wurden wie Schweinebäuche von einer Regierung verscherbelt, für ein Taschengeld, um so das Assimilationsproblem zu lösen, um Minderheiten los zu werden, um Güter und Gelder einzustreichen und um eine marode und morsche Staatswirtschaft zu sanieren.
    In den Jahren 1979-1984 führte ich meine „Mission“ aus, verehrte Kritikerin altruistischer Aufträge! Und erst jetzt, 30 Jahre nach den Ereignissen um die Freie Gewerkschaftsgründung SLOMR in Rumänien, beschreibe ich die Ereignisse in der „Symphonie der Freiheit“, weil es sein muss – und weil die historische Aufarbeitung es verlangt.
    Hohn und Spott einzelner Uneinsichtiger, die es immer geben wird, werde ich gerne ertragen, wenn es die Sache weiter bringt.
    Früher, als es schwer war unter den repressiven Bedingungen einer kommunistischen Diktatur zu opponieren, gelang es mir trotzdem, Menschen zu erreichen und Menschen um mich zu scharen, die bereit waren, selbst ins Gefängnis zu gehen, wenn ihnen dann die „Freiheit“ winkte. Heute, wo wir die Freiheit haben und gerne vergessen , was war, weil wir die Selbstlüge lieben und uns in die allgemeine Heuchelei fügen, ist es schwerer geworden, eine Botschaft an „Nicht- bzw. Nichtmehr-Betroffene“ zu vermitteln. Dessen ungeachtet gibt es noch manch ein reges Bewusstsein vor dem Bildschirm und wache Sinne, die noch nicht ganz resigniert und die Werte auf die Müllhalde der Geschichte geworfen haben. Danke,robertox,für die solidarische Geste.
    Don Carlos.
  • getkiss

    51 • getkiss schrieb am 09.12.2008, 15:00 Uhr:
    @Elsi:
    "Sie ziehen die falschen Schlussfolgerungen, wie gewöhnlich, denn der einzige Grund, warum ich nicht antwortete ist der, dass ich mit getkiss nicht kommuniziere. Das weiß er auch, provoziert aber immer wieder ein Gespräch. "

    Ausflucht, nur um weiterhin nichts konkretes zum Thema zu sagen. Dulcinea zu spielen ist halt einfacher.

    Und "...im Rhythmus forscher Marschschritte, erst die eine, dann die andere Gehirnhälfte ausschaltet..." ist eine Entspannungsmethode die sich populärwissentschaftlich erklärt, aber mit wahrem Wissen nix zu tun hat...

  • Don Carlos

    52Don Carlos schrieb am 09.12.2008, 15:44 Uhr:
    Unio mystica- und Nirwana-Erlebnis im „Staat des Lichts“. Wenn Sie beide Hirnhälften gleichzeitig abstellen, verehrte Dulcinea, und wenn es Ihnen auch noch gelingt, die anderen reizdurchfluteten Partien Ihres Körpers von allem irdischen Verlangen zu befreien, dann werden sie einen Zustand erleben, jenseits der Ekstase, den die Buddhisten „Nirwana“ nennen. Sie können sich dann am Ganges unter die Sadus mischen und dort in der Leere des Nichts aufgehen, in einer Unio Mystica, die noch mehr ist als maximalstes Erdenglück.
    Die freie Gesellschaft der westlichen Welt räumt Ihnen dieses Privileg ein und jedermann gönnt Ihnen die Entrückung und Verzückung.
    Wenn Sie die gleiche Erfahrung aber in einem real existierenden sozialistischen Arbeiter- und Bauern-Paradies machen wollen, etwa als religiöser Tibeter im besetzten Tibet, dann wird man Sie schnell einfangen wie ein wildes Tier, um sie zu „zähmen“, dann vor einen Kadi zu zerren, der Sie im Handumdrehen innerhalb von Sekunden gemäß Dekret 153 als „parasitäres Element“ mit antisozialistischen Gepflogenheiten einstufen und aburteilen wird.
    In einem Arbeitslager, das die rumänischen Kommunisten unter Ceausescu und Dej nach dem Vorbild der Nazi-Arbeitslager bzw. nach dem Gulag –Modell der Sowjetstalinisten errichteten, würden Sie vielfältige Gelegenheit haben, noch einmal in das Nichts einzutauchen, indem sie so lange Eisenbahn-Waggons mit Kies ausladen dürfen, bis Ihnen endgültig das Hören, Sehen und Fühlen vergeht.
    Diese Form der Unio mystica, die einer meiner Jugendfreude miterleben durfte, nur weil er bei einer Miliz-Razzia keinen Arbeitsausweis vorzeigen konnte, hat noch keinen beglückt.
    Vielleicht ist es Teil meiner „Mischn“ (wie Sie leicht abfällig bemerken), auch darüber öffentlich zu berichten? Damit einigen Uneingeweihten Skeptikern und Relativisten nicht nur die Spucke wegbleibt, sondern auch das schrille Lachen.
    Don Carlos.

    P.S. Zum Thema "persönliche Animositäten". Nachdem ich von der damals noch nicht angebeten Dulcinea wüst beschimpft worden war, hätte auch ich mich mimosenhaft zurückziehen können, ohne Lust weiter mit der empörten jungen Frau zu "kommunizieren"!
    Wollen wir hier einzelne Gesprächsteilnehemer "ausgrenzen", nur weil uns ihre kritischen Fragen missfallsen? Getkiss hat gefragt, persönlich - aber auch generell und an alle gerichtet. Schließlich führen wir hier einen öffentlichen Dialog, eine geistige Disputation und keine "Privatgespräche", bei welchen bestimmte unbequeme Fragesteller in die Rolle von Voyeuren abgedrängt werden.
    Was sagt die holde Dulcinea dazu?
  • The history of Igor

    53The history of Igor schrieb am 09.12.2008, 17:33 Uhr:
    @Lori:

    Du misverstehst mal wieder meine Postings. Ich muss mir scheinbar in Zukunft mehr Muehe geben mich klarer auszudruecken. Ich habe mich nicht gegen Vergleiche per se ausgesprochen, da sie unerlaesslich fuer die Geschichtswissenschaft sind. Wogegen ich mich ausgesprochen habe sind politisierte und politisierende Vergleiche, die auf einem a priori Verstaendnis des Vergleichs beruhen (z.B. braun gg rot mit dem Vorverstaendnis auf die hoehere Zahl der Opfer bei den generischen Roten zu deuten um somit braun und rot auszubalancieren).

    Das Okkupationsmuseum in Riga wurde freilich von Historikern informtiv unterstuetzt. Das hindert mich allerdings nicht daran es als Merkmal der rechtspopulistischen Agenda Teile des Baltikums zu identifizieren (dies nicht auszudruecken waere ein grosses Versagen schlechthin).

    Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit dem Denkmal fuer die Vertriebenen weniger Probleme sehe. Es kommt natuerlich immer auf den Kontext und die Darstellungsweise an. Die Idee selbst ist ja nicht das Problem (derer gedenken, die am Ende des Zweiten Weltkriegs und darueber hinaus vertrieben oder andersweitig negativ betroffen waren). Das Problem kommt erst beim Diskurs um das Thema herum auf.

    Hochdekoriert oder nicht hochdekoriert, die Historiker, die sich mit dem Okkupationsmuseum identifiziert haben, haben der Geschichtswissenschaft nur insofern einen Dienst erwiesen, da sich es anderen Historikern ermoeglichen sich mit zeitgenoessischen populistischen Diskursen in jenen Laendern zu befassen.

    Du sagst:

    "So gesehen ist dann die ganze Geschichte Populismus!"

    Nein, denn Deine Logik, die diese Aussage produziert hat war vollkommen fehlerhaft. Geschichte ist poitisch, aber nicht populistisch.

    Die Frage nach Rumaenien - Ungarn passt hier nicht hinein, aber implizit fragst Du danach was die 'Wahrheit' konstituiert. Das ist viel zu komplex um heir anzugreifen. Es ist natuerlich so, dass es vollkommen moeglich ist zwei Geschichten ueber die gleiche Periode darzustellen, die aber beide auch gleichzeitig 'richtig' sind. Bei Ungarn - Rumaenien fehlt *teilweise* eine Empathie, die das ganze vorantreiben koennte.
  • Elsi

    54Elsi schrieb am 09.12.2008, 21:45 Uhr:
    Lieber Don Carlos – ich wusste, dass die Rolle des Verführers Ihnen auf den Leib zugeschnitten ist, dass Sie die Rolle brillant beherrschen würden, so, wie es auch andere große Verführer in Deutschland taten.
    Und wie treffen Sie wieder ins Schwarze! Denn Dulcinea, dergestalt sie der Herrn von la Mancha beschreibt, hohen Idealen und Ideen von „Gerechtigkeit“, „Wahrheit“ und „Freiheit“ gleichend, entsprang lediglich seiner kranken Phantasie, war letztendlich lediglich eine Illusion und eine Chimäre…
    Andererseits: wer ist schon Dulcinea, im Vergleich zu der Figur des Ritters der traurigen Gestalt? Ein Nichts. Und trotzdem: Wie schmeicheln Sie mir doch, lieber Don Juan-Carlos, (aber ich erröte gerne für Sie), locken und werben, wenn Sie mir zurufen:
    „Angebetete, unerreichbar ferne Dulcinea aus dem Verborgenen! Wie gleichen Sie den hohen Idealen und Ideen von „Gerechtigkeit“, „Wahrheit“ und „Freiheit“, denen ein armer Sünder ein Leben lang nachjagt und doch nur verlorene Illusionen und Schimären vorfindet“.
    Warum wussten es die Franzosen immer schon besser mit Schmeichlern umzugehen? Denn sie erkannten, was sich hierzulande anscheinend noch nicht rumgesprochen hat: „Tout flâteur vit au depend de celui qui l’écoute…“ (Jeder Schmeichler lebt auf Kosten derer, die ihm zuhören)…
    An den Unterhaltungswert Ihrer Kommentare kann ich nun wahrlich nicht herankommen – dabei meine ich nicht die letzteren… Und auch bin ich nicht so vermessen, mich mit ihrem Geist, Ihrem festen Willen messen zu wollen. Schließlich haben Sie niemals nachgegeben in dem Bestehen auf ‚Ihre’ Vorstellung hinsichtlich Dulcinea und verachteten den Blick, den Sancho Panza auf Ihre Angebetete warf. Der sah lediglich eine gewöhnliche Frau, die…Lachyoga betreibt…Aber wie Sie schon sagten: „Wir werden „Wirklichkeit und „Fiktion“, “ Wahrheit“ und „Lüge“, „Sein“ und „Schein“ auseinanderhalten müssen“ . Sancho Panzas Don Carlos de la Mancha?
    Und damit Ihre „ Mystiker und Flagellanten, die die wahre Glückseligkeit erleben, wenn ihnen einer mit der Peitsche genüsslich und kraftvoll über den Rücken fährt“ sich nicht in ihrer Verzückung gestört fühlen, wenn ich mein Lachyoga praktiziere, werde ich mich diskret aus diesem thread zurückziehen und sie im Kreise Ihrer Applaudierer weiterfeiern lassen.
    Ihre
    Dulcinea


    [Beitrag am 09.12.2008, 21:46 von Elsi geändert]

    [Beitrag am 09.12.2008, 21:47 von Elsi geändert]
  • Elsi

    55Elsi schrieb am 10.12.2008, 09:06 Uhr:
    Johann,
    würde ich je ein unvergiftetes Lob von dir bekommen, wäre dies für mich ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich definitiv etwas falsch mache...Mittlerweile liegt nämlich oft der Prinz in dem gläsernen Sarg...
    Du weißt offensichtlich, dass man Animositäten genauso sorgfältig pflegen muß wie Freundschaften, nicht wahr...?
  • Don Carlos

    56Don Carlos schrieb am 10.12.2008, 10:43 Uhr:
    Es ist mir eine große Freude, Sie zurückgehehrt zu sehen aus der Versenkung an die geistige Front des freien Disputs, Dulcinea. Denn was wäre die Sonne, ohne diejenigen, denen sie leuchtet? (frei nach Nietzsche, Zarathustra)Der Verlust wäre allzu groß gewesen, durch Ihren resignativen Rückzug für längere Zeit, denn uns allen hätte die „Antithese“ gefehlt, ohne die jedes Gespräch öde wird und die Faszination des Ewig Weiblichen, das unser Schicksal ist und uns hinab zieht ( oder auch erhebt), selbst in dieser Diskussion.
    Auch das Multiperspektivische wäre auf der Strecke geblieben, die streng ausgewählten Zitate, die kunstvollen Paraphrasen, und erst die Argumente. Seit sie voll argumentieren erhält ihr Bild aus dem Verborgenen Konturen, wenn auch immer noch kein „Gesicht“. Aber ich sehe darin – wie Don Quichotte in seiner Angebeteten, Dulcinea, – über die pathologische Verschrobenheit und das romanhaft Romantische hinaus in Ihnen – nicht nur die Summe des Guten –und mit den Augen eines Cervantes die Quintessenz des Wahren, Schönen und Guten, dessen Wesen herüberkommt, wenn es wahrhaftig, echt und natürlich ist. Sprich: Mit Humor.

    Manchmal kann eine sehr ernsthafte Diskussion über Ironie und Sarkasmus auch ins Humoreske abgleiten. Doch so sehr uns ein Pas des deux verleitet, ruft uns das Gewissen zurück zur Pflicht, das heißt zu dem höchst ernsthaften Thema, von dem wir abgeschweift sind.

    Trotz Galgenhumor und anderen Exkursen befinden wir uns immer noch in einer historischen Diskussion mit moralischen Anspruch, die erinnern will, erinnern an die „wahrhaftigen und wahren Helden“ aus der Zeit der kommunistischen Verfolgung, an die Märtyrer für hohe Ideale und Ideen, für Werte, von welchen wir in der freien Gesellschaft allesamt profitieren, ganz egal, wie bewusst uns das ist.

    Fürst Alexander Ghika, den Hans Bergel in einem spät erwiesenen, letzten Freundschaftdienst exemplarisch hervorhebt, ist eine solch große Gestalt, ein Märtyrer und Vorbild - und zugleich ein großes Individuum gegen den Ungeist einer Zeit, die das Humanum für alle Zeit ausmerzen wollte. An diesem Humanum damals festgehalten zu haben, das ist wahre Größe.
    Don Carlos.


    [Beitrag am 10.12.2008, 10:48 von Don Carlos geändert]
  • Johann

    57Johann schrieb am 10.12.2008, 20:57 Uhr:
    @ Elsi

    Dein Freund-Feind-Denken sagt mehr über dich aus als über meine Einstellung Diskussionspartnern gegenüber.
    Zwischen 1 und 0 gibt es eine unendliche Anzahl von Nuancen.

    Ich habe nie ein "Jawohl" geschrieben, wenn du ab und zu etwas schreibtst, dem ich zustimme.
    Gelegentlich habe ich dir widersprochen und ab und zu der Dame ironisch begegnet, wenn ich meinte die Darlegungen entziehen sich einer sachlichen Diskussion.
    Das, was du Don Carlos zu recht vorgeworfen hast (fehlende Kritikfähigkeit), könntest du dir vor dem Spiegel auch mal sagen, vielleicht beeindruckt es die Gesprächspartnerin ;-))


    [Beitrag am 10.12.2008, 20:59 von Johann geändert]
  • Elsi

    58Elsi schrieb am 10.12.2008, 23:02 Uhr:
    Johann, mein vorheriger Kommentar zwinkerte auch - konnte man nur nicht so gut sehen...;-D... Recht hast du trotzdem.(Ich mußte dafür nicht mal in den Spiegel gucken - wer hätte das gedacht!) Ich denke es liegt an dem(oberflächlichen) Medium und es liegt an den Gesprächspartnern, die sich nie zustimmend äußern, nicht nachhaken, sondern am liebsten gleich widersprechen und/oder einem ironisch begegnen...oder auch, einen falsch verstehen/wiedergeben... (Vielleicht aber wird das Gedächtnis einem mit zunehmendem Alter zum Feind...???) Dies Verhalten führt dazu, dass man es beim Groben beläßt...Vielleicht überdenke ich das alles nochmal, mal gucken...
  • getkiss

    59 • getkiss schrieb am 12.12.2008, 17:15 Uhr:
    Von wegen Lachyoga, siehe Wikipedia:
    "Die Technik des Lachyoga hat ihren Ursprung in den Selbstversuchen des Wissenschaftsjournalisten Norman Cousins.[1]

    Weltweit verbreitet wurde Lachyoga von Madan Kataria, einem praktischen Arzt aus Mumbai. Er verband Yogatechniken mit Lachübungen und entwickelte daraus eine Methode, die Menschen zum Lachen bringen soll. Kataria gründete 1995 den ersten Lachclub in Indien - 2007 gibt es weltweit mehr als 5.000 Clubs[2]. An jedem ersten Sonntag im Mai feiert die Lachyoga-Bewegung den Weltlachtag.


    Lachen ohne Grund [Bearbeiten]
    Beim Lachyoga wird ohne Zuhilfenahme von Witzen gelacht, denn nach Katarias Theorie ist die Wirkung des Lachens unabhängig vom Grund des Lachens. Es sei daher nicht notwendig, Humor zu haben. Durch Blickkontakt und Gruppendynamik entstehe ein echtes Lachen, das sich verbreitet. Zitat Madan Kataria: "Wir lachen nicht, weil wir glücklich sind - wir sind glücklich, weil wir lachen!"

    Ergo, auf diesem dünnen, frischen Zweig eines uralten Baumes, der Yoga heisst, sitzt unsere glückliche Elsi, grundlos lachend, (auch wenn es zum weinen ist) und wartet das Sancho Panza Sie als Dulcinea verehrt.
    Inzwischen wird eine Weisheit losgelassen..
    Scheinbar kennt Don Quichote die Adresse nicht....
  • Don Carlos

    60Don Carlos schrieb am 12.12.2008, 19:53 Uhr:
    Können wir nach den 100 Millionen Opfern, die der Kommunismus gefordert hat, noch lachen?
    Können wir nach Auschwitz noch lachen?

    Nach der antiken Dramentheorie ( des Aristoteles) führt die "Erschütterung" zur Katharsis, zur Reinigung, zur Läuterung und schließlich zur Einsicht und der moralischen Besserung.
    Wer den "Schmerz" erlebt hat, im Amphitheater einer Tragödie von Aischylos, Sophokles oder Euripides hingebungsvoll und wahrhaftig folgend, geht als "besserer" Mensch nach Hause.
    Wer den Schmerz der totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts erlebt hat - und die Frauen waren davon im Gegensatz zur antiken Theater-Aufführung - nicht ausgeschlossen, der sollte nicht so einfach eine ernsthafte Thematik verhöhen oder gar "grundlos" loslachen wie ein Possenreißer.

    Nicht einmal ein Narr - wage ich zu behaupten, lacht grundlos! (Wenn wir in sein wie auch immer gestörtes Bewusstsein Einblick hätten, dann könnten wir das überprüfen.)(Es sei denn, er betreibt orthodox Lach-Yoga!)

    Lachen befreit, doch nur dann, wenn eine Blockade im Kopf gelöst wird und wenn man tiefere Einsichten in Dinge erhält, die andere als "Augenzeugen" und "Zeitzeugen" erlebt haben.
    Von diesem Schmerz und der damit zusammenhängenden "doppelten Erschütterung" spricht Hans Bergel in seinem Totengedenken. Und er weiß, wovon er spricht - im Gegensatz zu denjenigen, die ihm das öffentlich gesprochene, geschriebene und in der Verfassung dieses Staates garantierte freie Wort abschneiden wollen.

    Beginnend mit der Entnazifizierung 1945 wurden in Deutschland, ja weltweit "braune" Verbrecher, Täter und Mitläufer konsequent verfolgt, angeklagt und abgeurteilt. (Capesius ist nur ein Name!)

    Die letzten Akten in Ludwigsburg werden immer noch von Staatsanwälten bearbeitet.

    Wer aber verfolgt die "roten Verbrecher" juristisch oder moralisch?

    Der liebe Gott vielleicht im hohen Himmel, um sie dann am Jüngsten Tag vor dem Jüngsten Gericht zu richten?

    Wer trotzdem lachen will, kann und darf gründlich loslachen, vor allen dann, wenn er sich die größten Lach-Nummern ansieht, die unsere - ach so kritische - Gegenwart bereit hält.

    Die Mitläufer der kommunistischen Machthaber von gestern, Opportunisten, Wendehälse, Chamäleons aller Art, viele in der RKP, sind heute wieder etabliert und vorme mit dabei.Unverschämt und rücksichtlos wie früher.

    Eine Abgeordnete (der Linken)fordert gar die Staatssicherheit zurück!

    Und ein deutsches Gericht untersagt es einem Opfer der Staatssicherheit, den Namen des einstigen Folteres öffentlich zu nennen.

    Terroristen, die den demokratischen Staat BRD zerstören wollten, die Menschen brutal umbrachten, wird Pardon gewährt, weil es dem selbstgerechten Staat in seiner Güte und gottgleichen Gnade so gefällt.

    Darüber lohnt es sich nachzudenken - und wenn einem dann nichts mehr einfällt, dann kann man loslachen - denn die absurde Situation ist vielleicht nur mit einem bitteren Lachen zu ertragen.
    Don Carlos, ein nicht immer lachender Philosoph.



    [Beitrag am 12.12.2008, 20:05 von Don Carlos geändert]
  • lori

    61lori schrieb am 12.12.2008, 20:36 Uhr:
    Kollege History,

    Internetkommunikation hat so ihre Tüken, weil wir vieles gekürzt darstellen müssen. Aber was nun?! Deine Worte sind wie in Stein gemeisselt, weiter oben: historische Vergleiche zwischen Kommunismus und Faschismus machen historisch Null Sinn. Jetzt schreibst Du, Du bist per se nicht gegen Vergleiche!

    Ich glaube schon, dass ich dich verstehe.... Du meinst das Vorgeplänkel bzw. Nacharbeitung eines gewissen Ereignisses(und sei es nur ein Museum) unterliegt populistischen Strömungen.Was mich jedoch aufregt, dass du die Historiker aus der Verantwortung sozusagen entlässt(Populisten sind die, die sie interpretieren!ZB. Politiker)
    Trotzdem noch ein Beispiel: ich habe mal auf Arte einen Mann gesehen(ich weiss nicht ob er Historiker war) der gesagt hat, dass man wahrscheinlich über die Vichy- Regierung in 30 Jahren anders sprechen(urteilen) wird als heute. Das hat bei mir folgenden Gedankengang ausgelöst: ist es denn gar nicht möglich, dass ein (sogennannter) Kolaborateur für Frankreich mehr Positves bewirken konnte als jemand aus der "Resitance"??(ich glaube kaum, dass ein Franzose die Deutschen als gute Gäste gesehen hat) Und ob jemand der in der Resistance die Knochen hingehalten hat, überhaupt fähig ist "unzulässige" Gedanken zu denken? Wenn in einem zivilisiertem Land wie Frankreich, ein Vorgang der nicht weit zurückliegt recht unterschiedlich bewertet wird lässt das für mich nur 2 Schlüsse zu(leider muss ich mich wiederholen): entweder unterliegen die Historiker populistischer Strömungen(Denkblokaden, was ja von intellektueller Armut zeugt)oder stimmt die ganze Methodik die man an den Bildungstätten lernt, nicht!
    Noch eine Frage: wieviele Historiker schätzt Du, dass es gibt, die solche Vergleiche ablehnen bzw. solche für die es absolut kein Problem ist solche Vergleiche zu ziehen?

    Gruss
    Lori
  • bankban

    62bankban schrieb am 13.12.2008, 17:53 Uhr:
    Lieber Don Carlos, Sie schreiben: "Beginnend mit der Entnazifizierung 1945 wurden in Deutschland, ja weltweit "braune" Verbrecher, Täter und Mitläufer konsequent verfolgt, angeklagt und abgeurteilt. (Capesius ist nur ein Name!)Die letzten Akten in Ludwigsburg werden immer noch von Staatsanwälten bearbeitet.Wer aber verfolgt die "roten Verbrecher" juristisch oder moralisch?"
    Hierzu eine Frage und zwei Anmerkungen:
    1. Warum setzen Sie "braun" in Anführungszeichen? Waren die wenigen Verurteilten keine Nazis gewesen?
    2. Die Behauptung von der umfassenden juristischen Verfolgung der Nazis in der BRD lässt sich so nicht aufrecht erhalten. Vielmehr gilt, dass die meisten glimpflich davon gekommen waren, denken wir doch an die vielen Juristen, Ärzte usw., die weiter machen konnten, als ob sie nichts getan hätten.
    3. Warum beruhigt Sie nicht der Hinweis einer Vorredners, dass man ja auch im Falle der Nazis einige Jahre und Jahrzehnte brauchte, bis man sich daran machte, die Verbrechen restlos aufzuklären ? Wenn ich dafür mir vor Augen führe, wieviele Bücher etwa in Ungarn über 1956 und die Vergeltungen danach erschienen sind, wieviele Konferenzen in Rumänien oder auch Deutschland über die kommunist. Verbrechen stattfanden und stattfinden (denken wir an die über den Schwarze- Kirche-Prozess, über die gerade auf siebenbuerger.de -ein guter Artikel zu lesen ist), wenn wir bedenken, dass im Verlag Polirom in Iasi jede Menge einschlägige Bücher über die kommunistische Zeit in Rumänien erschienen sind und weiterhin erscheinen, wenn ich an die Zeitschrift "Dosarele totalitarismului" denke oder auch an das Angebot in besseren rumänischen Buchläden - dann habe ich, ehrlich gesagt, nicht den Eindruck, es würde dazu nicht geforscht und gäbe darüber keine Diskussionen.
    Eher das Gegenteil, aber das ist auch gut so!!!! Nur sollten wir etwas weniger aufgeregt an die Sache rangehen... Auch die literarische Aufarbeitung ist im Gange, denke Sie doch an die Bücher von Florescu (?) über seine Kindheit im Rumänien der 80er Jahre oder auch an das durchweg positiv rezensierte Buch (Roman) von György Dragomán über seine Kindheit in Neumarkt (beide unlängst auf deutsch erschienen). Und dann habe ich die Lyrikbände von Hodjak, Hensel, Dinescu oder Balla oder Szöcs gar nicht erwähnt, allesamt ins Deutsche übersetzt in den letzten 10 Jahren. Es gibt also sehr viel Aufarbeitung.
    Was ich mir von Ihnen dann wünschte, wäre: was und wie stellen Sie sich diese, Ihrer Meinug nach inexistente Aufarbeitung (gar moralischer Art) ganz konkret vor? Soll sich ein Securitateoffizier sich im rumänischen Fernsehen entschuldigen? Womöglich in sein Samuraischwert stürzen? Soll sich ein ehemaliger Parteifunktionär öffentlich dazu bekennen, dass er ein Opportunist und Mitläufer war? und wenn er das täte: was ist mit seinem Stellvertreter? und dessen Untergebenem? und wie lange soll das dann weiter gehen? Haben Sie konkrete Vorstellungen bzgl. dieser Aufarbeitung oder nur metaphysische Philosophereien? (Und kommen Sie bitte nicht schon wieder damit, dass sich Herta Müller dafür entschuldigen soll, dass sie 1984 (nach vierzig Jahren!) die braune Vergangenheit ihres Grossvaters literarisch aufgearbeitet hatte...)
    Hochachtungsvoll, Bankban

  • Don Carlos

    63Don Carlos schrieb am 13.12.2008, 22:10 Uhr:
    Metaphysisches Philosophieren umkreist Gott, Gott im Herzen, die göttlichen Dinge, den gestirnten Himmel über uns, unseren freien Willen.
    Wahrheit hingegen, Gerechtigkeit, Freiheit, das Gute etc. sind Themen der praktischen Philosophie, der Ethik und der Staatsphilosophie, verehrter bankban.

    Ich habe hier nicht von metaphysischen, aber von sehr "irdischen" Dingen gesprochen - und von Fragen der ethischen und moralischen Wertung, die unser Leben bestimmen, unsere Vergangenheit beurteilen und unsere Zukunft in die Wege leiten.

    Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit im 20. Jahrhundert voll und ganz, egal ob links oder rechts, ob braun oder rot oder sonstwie ist angesagt. Dort wo Menschenrechte mit Füßen getreten wurden, wo Verbrechen und Menscheitsverbrechen begangen wurden, muss alles gründlich aufgearbeitet werden, im Westen und im Osten. Über weite Passagen kann ich Ihnen sogar zustimmen. Im Westen wurde Schmutz unter den Teppich gekehrt - und im Osten wird viel getan, gerade durch die Mitwirkung von "Zeitzeugen" wie Hans Bergel und den Opfern des "Schwarze-Kirche-Schauprozesses". Aber es darf noch mehr werden.

    Zu den Kommunisten unter uns. Ich verlange von keinem ein rituelles Harakiri. Auch keinen Pranger.
    Aber ich verlange von jeder öffentlichen Person, die eine "politische und moralische Integrität" für sich beansprucht und sich für diese Haltung auch öffentlich ehren lässt, einen ausführlichen, der Öffentlichkeit bekannt gemachten Lebenslauf aus dem hervorgeht, ob er und wie lange Mitglied einer kommunistischen Partei war und ob er - direkt oder indirekt - ein totalitäres System gestützt hat oder nicht.

    Sie haben den Namen Herta Müllers in die Diskussion eingebracht.
    Herta Müller kandidiert als Repräsentantin der Bundesrepublik Deutschland für den Literatur-Nobelpreis. Ich weiß immer noch nicht, bis zu welchem Grad sie die Politik der Rumänischen Kommunistischen Partei seinerzeit 1982 - als "Niederungen" (wohl mit dem Plazet der Partei) im Kriterion Verlag Bukarest erscheinen konnte, mitgetragen hat.

    Als "Jung-Kommunisten" erhielt sie einen UTC-Preis. Mehrere Schriftsteller aus der so genannten Aktionsgruppe Banat waren Kommunistische Partei- Mitglieder, einige sogar lange, lange Jahre.
    Wollen wir das verheimlichen?
    Mich interessieren nur Sachen, die aufrichtige Charaktere geschrieben haben.
    Was Opportunisten schrieben oder heute schreiben, interessiert mich nicht. Dazu ist mein Leben zu kurz.

    War Herta Müller auch in der als "illigal und verbrecherisch" apostrophierten und definierten Partei?(Raport final?)
    Ich, der Mann aus Zelle, würde es gern wissen, weil jede Glaubwürdigkeit eines Schriftstellers oder Philosophen von der Integrität abhängt, sprich von seinem Lebensweg, den er konsequent und gerade oder auch ungerade gegangen ist.
    Die Öffentlichkeit der BRD hat auch ein Recht darauf, es zu wissen - und die Schweden, die den Preis vergeben, haben es auch.
    In der Kontroverse Carl Gibson - Herta Müller, die in dem schwedischen Blog "bodil zalesky" lebhaft diskutiert wurde, fühlt sich ein Kommentator an Günter Grass erinnert, der seine natioalsozialistische Verstrickung als Jugendlicher selbst enthüllte.

    Weshalb verweigert Herta Müller uns allen einen ausführlichen Lebenslauf? Selbst der Wissenschaft?
    Hat sie etwas zu verbergen?
    In ihren Werken und Interviews lenkt sie das Interesse des Lesers auf und Hörers oft auf einen "Nebenkriegsschauplatz" ab, auf den Geheimdienst "Securitate" - und verschweigt dabei den Hauptschurken, der für das gesamte Debakel in der Ceausescu-Diktatur verantwortlich ist: Herta Müller verschweigt die Rolle der Rumänischen Kommunistischen Partei, weil sie zu dem Thema nichts sagen will.
    Weshalb?
    Was würde der Deutsche sagen, wenn wir in Sachen Vergangenheitsbewältigung, nur nach der Schuld der "Gestapo" fragen und jener der "SS" - aber die NSDAP mit all ihren Erzverbrechern von Hitler, über Göring, Goebbles, Himmler, Streicher etc. verschweigen würden?

    Wie die NSDAP hat auch die RKP alles angeordnet, politische Direktiven erteilt, während die Exekutive, die Securite, die Militz und die Gerichte nur ausführende Organe eines politischen Willens waren.

    Auf die Hauptschuldigen kommt es an - und auf die "geistigen Brandstifter", die entweder anstifteten und aktiv hetzten oder diese Hezte mittrugen, indem sie sich dem System nicht verweigerten.

    Nicht jene kleine Vater-Figur aus der "Grabrede" in "Niederungen" ist wichtig, die im Krieg schuldig wurde, angeblich viele Menschen umgebracht hat und mit drei anderen Kameraden eine Russin vergewaltigt haben soll;
    nicht auf den kleinen Befehlsempfänger kommt es an, der gegen seinen Willen und unfreiwillig in einem Heer dienen musste, ganz egal, ob in der Rumänischen Armee vor Stalingrad oder in der Wehrmacht vor Stalingrag, sondern auf den "verbrecherischen" (Führer-)Befehl dahinter, der das Menschheits-Verbrechen ausgeheckt und befohlen hat.

    Wer - wie Herta Müller - Moral von anderen einfordert, darf sich selbst der vollständigen Aufklärung nicht verschließen, weil irgendwann doch alles an den Tag kommt.
    Für mich ist die Auseinandersetzung mit ihrem Verhalten erledigt, wenn ein vollständiger Lebenslauf vorliegt, aus dem hervorgeht, ob sie mit dem Kerweistrauß in der Hand um die Bütt tanzte und bis zu welchem Grad sie die RKP tolerierte. Das beharrliche Schweigen bringt nichts ein. Es irritiert nur.
    Wenn sie ( die privilegierte West-Reisende ) auch opponiert hat, dann soll sie auch klar sagen, wann , wo und in welcher Form.
    Wer uns in Stockholm vertreten will, der sollte mit offenen Karten spielen.
    Literarische Fiktionen sind eine Sache, politische und existentielle Realitäten eine andere.
    Don Carlos.



    [Beitrag am 13.12.2008, 22:26 von Don Carlos geändert]
  • Elsi

    64Elsi schrieb am 13.12.2008, 23:17 Uhr:
    Damit es nicht zu Missverständnissen bezüglich Herta Müller kommt: Das Vorschlagsrecht für den Literatur Nobelpreis liegt bei großen Autorenverbänden, Literaturkritikern, Literaturwissenscahftlern, ehemaligen Preisträgern; also insgesamt mehreren tausend Personen. Sie kandidiert also nicht sondern wird vorgeschlagen. Es existiert genaugenommen auch kein Katalog von Anforderungen an einen Autor und dessen Werk, man orientiert sich aber heutzutage an Inhalt, Form und Ästhetik des Werkes.
  • bankban

    65bankban schrieb am 14.12.2008, 07:07 Uhr:
    Lieber Carlos, Sie schreiben: "Auf die Hauptschuldigen kommt es an - und auf die "geistigen Brandstifter", die entweder anstifteten und aktiv hetzten oder diese Hezte mittrugen, indem sie sich dem System nicht verweigerten." Gab es aber nicht über eine Million Menschen, die in Rumänien als einfache Parteimitglieder "sich dem System nicht verweigerten" ? Was erwarten Sie von all diesen Menschen? Oder erwarten Sie von diesen nichts, nur von der Herta Müller etwas? Nur, weil sie angeblich Moral von anderen einfordert?
    Kennen Sie den biblischen Spruch "der werfe den ersten Stein..."? Hat Herta Müller, in dem Falle dass sie (evtl. sogar ohne ihren Willen und ihr Wissen) Mitglied der Jungkommunisten oder auch der RKP gewesen war, jedes Recht auf moralische Haltung verwirkt? Sind die Erfahrungen und Mahnungen jener, die selbst in den Abgrund geblickt haben und dort sogar drinnen waren, wertlos und sollen sie unerhört verschallen? Besitzt niemand das Recht, aus seinen anfangs gemachten Fehlern zu lernen und Konsequenzen zu ziehen?
    Hochachtungsvoll Bankban
  • Don Carlos

    66Don Carlos schrieb am 14.12.2008, 20:36 Uhr:
    Das „deutsche Dorf“ im Banat - es ist, mit einem Wort, die Hölle auf Erden.“
    „Herta Müller beschreibt - in der 80seitigen Titelerzählung und in den meisten der 15 Kurztexte - vordergründig nicht mehr als ein Dorf. Ein Dorf, das für alle "schwäbischen" Dörfer im Banat steht, und das vermutlich auch den "sächsischen" Dörfern in Siebenbürgen ähnlich ist. (…)
    Herta Müller schreibt, als erwache sie - in einem Reich der Grausamkeit. Denn das deutsche Dorf, es ist, mit einem Wort, die Hölle auf Erden.“
    (Auszug aus der „Niederungen“-Rezension von F.C. Delius, im „Spiegel“, 1984) – aus jener Buchbesprechung, die Herta Müller bekannt machte und aufs Treppchen hob.

    Wie fühlt da ein Banater Schwabe oder Siebenbürger Sachse, wenn so mit seiner Ehre und seinen in Jahrhunderten kultivierten Werten herumgesprungen wird?

    War es richtig oder falsch, unsere Heimat so zu verteufeln?

    Wenn es falsch war, dann soll Herta Müller sich von der nur Unfrieden und Spaltung verbreitenden Botschaft distanzieren.
    Vergangenheitsbewältigung – individuell und kollektiv – verehrter bankban, setzt einige Vorleistungen voraus:
    Einsicht in die früheren Fehler, Reue, Korrektur durch Widerruf.
    Nichts davon ist mir von Herta Müller bekannt. Sie scheut den Gang nach Canossa, weil sie immer noch zu ihren damals formulierten Provokationen, Verunglimpfungen und Stigmatisierungen steht.
    Für ausgewiesene Banatexperten wie F.C. Delius, der in jener Gegend bestenfalls ein paar sonnige Urlaubstage verlebte, um dann im Spiegel-Stil das Banat als rückständige Gegend zu beschreiben, etwa wie der Blinde die Sonne, war das Banat natürlich kein Garten Eden mehr, kein Elysium, kein Paradies, sondern der Unort schlechthin, das Gegenstück zum Locus amoenus, ein Ort des Grauens, ein Locus terribilis, kurz das Alte Babylon und Sodom und Gomorra in einem.
    Die deutsche Dorfgemeinschaft erscheint in der Kurzgeschichte „Die Grabrede“ ( deren Botschaft weitaus fataler ist als die der bekannteren Satire „Das schwäbische Bad“) als bedrohende Masse, als eine Summe von unreflektierten Einzelmenschen, die das Anderssein eines Mitmenschen nicht gelten lassen wollen, die den Andersdenkenden bedrohen und „das Gewehr“ auf ihn richten, bereit, Ketzer und Außenseiter jederzeit abzuschießen, besonders Tabu-Brecher und so genannte „Nestbeschmutzer“. Die historisch gewachsene Gemeinde, für viele eine existenzerhaltende Einheit, rechtfertigt sich:

    „Wir sind stolz auf unsere Gemeinde. Unsere Tüchtigkeit bewahrt und vor dem Untergang. Wir lassen uns nicht beschimpfen, sagte er.
    Im Namen unserer deutschen Gemeinde wirst du zum Tode verurteilt. Alle richteten ihre Gewehre auf mich. In meinem Kopf war ein betäubender Knall. Ich fiel um und erreichte den Boden nicht. Ich blieb quer über ihren Köpfen in der Luft liegen.“ (Zitat aus HM Niederungen, Grabrede)

    Die deutsche Gesellschaft und Gemeinschaft im Banater Dorf wird zum Feindbild erhoben – ihr Wertesystem, aus linksintellektueller Sicht kleinbürgerlich, spießig, heuchlerisch, faschistoid oder mit latenten Hang zum Faschismus, wird abgelehnt, weil es der freien Selbstentfaltung des kreativen Individuums, des Schaffenden in allen Bereichen der Existenz, zuwiderläuft.
    Wo andere die Geborgenheit fanden, ein Gefühl von Heimat und deutscher Identität, sahen einige Extremdenker die Dinge anders. Die Konsequenz bedeutete Zäsur, Bruch mit der nicht mehr geliebten „Werte-Welt der Vorväter“, eben weil der letzte große Krieg neue Fakten geschaffen hatte – und neue Formen von Verantwortung und Schuld.
    Der Feind ist ausgemacht in der Grabrede: Es ist die eigene Herkunft und die eigene Gemeinschaft, nicht etwa ein fremder, viel mächtiger Feind hinter und über der Gemeinschaft in der realsozialistischen Gesellschaft. Es ist nicht die Kommunistenpartei im alles bestimmenden Staat, in der Diktatur, sondern der kleine Mann von nebenan, der Repräsentant der deutschen Gemeinschaft mit seinem kargen Brauchtum und seinem schmalen kulturellen Substrat, der Nachbar, der den alten Sitten folgend treu mit am Grab steht und einen dicken Stein auf den Sarg legt.

    Wenn Herta Müller Frieden machen will mit den Betroffen und Verletzten aus dem Banat ( und indirekt auch aus Siebenbürgen), dann wird sie den Gang nach Canossa auf sich nehmen müssen – sie wird sich entschuldigen müssen und sie wird sich von der Rumänischen Kommunistischen Partei distanzieren müssen.

    Noch ein Wort zur Mitgliedschaft in der RKP: Es ist unwichtig, ob ein LPG-Ingenieur oder ein Elektro-Meister in der Kommunistischen Partei war, weil er in seinem Wirkungsbereich keinen größeren Flurschaden anrichten konnte.
    Anders verhält es sich bei Historikern, die die Geschichtsfälschung mittrugen, bei Professoren, die am Sessel klebten und die Partei-Doktrin dozierten, bei Journalisten, die die Lüge interpretierten und rechtfertigten – und bei den Fühlhörnern der Nation, bei den Schriftstellern, die die Köpfe der Nation vergifteten.

    Wenn ein Mitglied der Aktionsgruppe Banat im Jahr 1972 in die RKP eintrat und im Jahr 1984, als Rumänien am Boden lag und der Exodus der Deutschen aus dem Land den Höhepunkt bereits überschritten hatte, immer noch an der RKP festhielt, dann hat dieser Schriftsteller seine moralische und politische Kreditwürdigkeit eingebüßt, auch wenn er doch noch zu Kreuze kriecht. Die Katholiken machten Unterschiede zwischen Sünden und Todsünden, zwischen Purgatorium und Hölle. Zumindest diejenigen, die unter den Kommunisten gelitten haben, werden den Profiteuren des totalitären Regimes nicht alles verzeihen, schon gar nicht, wenn die Bestrebung festgestellt wird, den Schmutz von gestern unter den Teppich zu kehren.

    Und noch ein Wort zur wieder erweckten Dulcinea aus den Segnungen des Nirwana: Missverständnisse kommen erst zustande, wenn unverifizierte Aussagen ins Netz gestreut werden. Nicht „mehrere Tausend“ stehen hinter einer Nobelpreis-Nominierung, sondern oft nur Einzelmenschen. So hat z.B. der weltbekannte Dramatiker und Antikommunist Eugen Ionesco (selbst lange Jahre „nur“ Kandidat), den Lyriker und antikommunistischen Bürgerrechtler Mircea Dinescu (der auch einmal in der RKP war) für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen. Gesetzt den Fall, Herta Müller würde die hohe Auszeichnung zugesprochen bekommen, eine selbst literaturhistorisch kontroversierte Autorin des Zwiespalts, die nach meiner Auffassung kein einziges, großes oder gar überragendes Werk vorzuweisen hat, dann würde die Verunglimpferin des Banats und seiner Menschen auf einer Stufe stehen mit Thomas Mann, um nur einen Namen zu nennen, den viele kennen, während die Werke Herta Müllers gerade unter den Landsleuten kaum bekannt sind.
    Don Carlos.











    [Beitrag am 14.12.2008, 20:44 von Don Carlos geändert]
  • Schreiber

    67Schreiber schrieb am 14.12.2008, 21:24 Uhr:
    interessant, was in schier endlos scheinenden Statements auf die gleichermaßen einfach wie unpretentiös daherkommende deskriptive Botschaft des Volkstrauertagsredners hier folgt:

    unde dai şi unde crapă, zuweilen zart durchsetzt mit Lamenti über die Zulässigkeit der Komparatistik, verkennend, dass Bergel nicht mehr als ein Plädoyer für das Recht auf Gedenken an einen der leider vielen schrecklichen Fälle grausamsten Unrechtes gehalten hat, ohne die eine Facette der anderen gegenzurechnen oder deren Maß an Unmenschlichkeit bewerten zu wollen.

    Kommt es überhaupt darauf an, daß ein Leid leidvoller war als das andere? Und wird das eine weniger ungerecht, wenn ich behaupte, das andere wäre genau so oder zumindest ähnlich schlimm? Nichts davon macht zumindest etwas davon ungeschehen.

    Verquere Gedanken, wenn man die Statements hier zu hinterfragen versucht...

    Und die Dulcinea? Wer mag ihr einen Vorwurf daraus machen, dass sie den vermeintlichen Marktwert einer Opferin des Machtapparates im kommunistischen Rumänien auskosten wollte und damit eigentlich gescheitert ist?

    Sollte sie sich in solcher Nostalgie erschöpfen, wäre sie bald noch nicht einmal Geschichte... Hoffentlich ist sie dafür zu klug ;)

    Frohe Feiertage allerseits.


    [Beitrag am 14.12.2008, 21:28 von Schreiber geändert]
  • Elsi

    68Elsi schrieb am 14.12.2008, 23:51 Uhr:
    Wie wäre es damit: Die Franzosen verfallen in helle Aufregung, weil der diesjährige Nobelpreisträger - ein Franzose - sozialkritische Beschreibungen anderer Kulturen und den Rückzug aus dem zivilisierten Leben propagiert. Der will im Einklang mit der Natur leben, er hält so gar nix von der modernen Welt... - wo die grande nation doch 'positive' Vorbilder braucht...! Tzz, tzz...
    Nochmal: Das Nobelkomitee schreibt ausgewiesene Fachleute und Institutionen (tausende von Personen weltweit) an und erbittet deren Vorschläge. Ob in Rumänien allein E. Ionesco vorschlagsberechtigt war, weiß ich nicht.

  • bankban

    69bankban schrieb am 15.12.2008, 08:57 Uhr:
    Lieber Don Carlos, wenn ich Sie richtig verstehe, fühlen Sie sich in Ihrer Banatdeutschen Ehre gekränkt...Das Paradoxe ist: Sie kritisieren Herta Müller, weil diese die Banaterdeutsche Gemeinschaft dafür kritisiert, dass sie Kritik nicht zulässt, dass sie Kritiker als Nestbeschmutzer ansieht....Indirekt-direkt werfen Sie HM vor, anstatt gegen das System gegen die eigenen Leute gekämpft zu haben... Meiner Meinung nach merken Sie nicht, dass HM sehr wohl für die eigenen Leute gekämpft hatte, denn sie erkannte als eine der ersten, sie spürte es, dass das Verschweigen und Nichtaussprechen des Vergangenen die (damalige) Gegenwart belastete und eine schwere Hypothek für die Zukunft bedeuten könnte. Das sprach sie auch mit einem seismographischen Gespür für den nahenden Untergang aus, der durch die nicht bewältigte Vergangenheit heraufbeschworen wurde... Und dieses Gespür ist für mich das beste Zeichen großer Geister und ihr Mut das Zeichen echter Intellektueller (und ihre mutige Kritik an ihren Verwandten und an der Gemeinschaft, aus der sie stammte sowieso viel größer als das Opponieren gegen das politische System einer Ethnie, auf die die meisten ihrer Landsleute sowieso nur von einer vermeintlichen Kulturüberlegenheit aus herabblickten...) Hochachtungsvoll Bankban
  • Don Carlos

    70Don Carlos schrieb am 15.12.2008, 10:26 Uhr:
    Herta Müller - Kassandra und Katalysator des Untergangs der deutschen Minderheit in Rumänien?
    Wenn ich Sie richtig verstehe, verehrter bankban, dann begrüßen Sie es sogar, dass das achthundert Jahre andauernde Deutschtum in Rumänien unwiderbringlich untergegangen ist?
    Und dass Herta Müller mit ihrem seismographischen Gespür für Zyklen der Weltgeschichte diesen - ach so notwendigen und von den Staatskommunisten Ceausescus als "Assimilation" betriebenen "Untergang" auch noch beschleunigt hat, indem sie die zwischen den Mühlsteinen zermahlenen Identitäten der Banater und Siebenbürger noch "den Rest" gab, nach dem Motto und Nietzsche-Wort:"Was fällt, soll man auch noch stoßen!
    Ist das so?
    Oder verstehe ich das etwas falsch?
    Herta Müller hat - wie Nikolaus Berwanger es auf sich selbst bezogen einmal formulierte - die Leiter an der falschen Wand aufgestellt.

    Wer mit dem Rücken zur Wand damals gegen die Kommunisten vor Ort kämpfte, der freute sich "nicht" auf die Unterstützung der anderen Seite, sprich der RKP-Securitate"-Konstellation, die zufällig eine diktatorische, eine repressive, eine menschenverachtende und zynische war, wie es sie nur noch unter den Nationalsozialisten in Europa gab.

    Waren die deutschen Landsleute der eigentliche Gegner oder Feind?
    Auf die Frage, ob sie bleiben oder gehen sollen, antworteten viele Siebenbürger und Banater mit dem Hinweis auf ihre bedrohte "Identität", als Deutsche im Kommunistischen Rumänien weiter leben zu können.
    Sie gingen, um ihr Selbst zu retten, ihr Sein, ihre Würde, ihre Kultur - und sie gaben die Heimat dafür preis. Das ist ein Faktum - und leider Teil der Geschichte,die unumkehrbar ist, denn eine Rückwanderung der hier Geborenen wird es nicht mehr geben.

    Aus meiner Sicht war das, was Herta Müller damals freiwillig in "Niederungen" literarisch gestaltete, eine Schwächung des Deutschtums und eine Schwächung der antikommunistischen Opposition, die demokratische Verhältnisse und Freiheiten aller Art für alle in Rumänien anstrebten.

    Ihre Argumente sind "aus Ihrer Sicht" legitim, verehrter bankban! Nur dachte und handelte ich damals anders - und heute stehe ich immer noch zu meinem Handeln von damals, obwohl die Geschichte neue Fakten geschaffen hat.
    In Sachen Historiographie und ideologischer Auseinandersetzung geht es mir nicht um Rechthaberei, nur um ganz profane "Vollständigkeit der Tatsachen und Ereignisse".
    Wenn alles klar auf dem Tisch liegt, dann kann die "Wissenschaft" analysieren und werten.
    Bis dahin aber brauchen wir nicht nur die "moralische Erinnerung", sondern auch die Aussagen der "Zeitzeugen" wie im Prozess "Schwarze-Kirche".
    Diesen Zeitzeugen den Mund verbieten zu wollen - und damit startete diese Diskussion - halte ich ( im Gegensatz zur überaufgeklärten und übertoleranten hohnlachenden Geistern wie Dulcinea) für einen großen Fehler.
    Vielleicht weil ich immer schon ein Don Qichotte war, sprich ein Idealist, er an Idealen festhielt, die über die Saturiertheit und die Detrminierung von drei Trieben hinaus gehen.)

    Und ich rede pro domo, wenn ich annehmen muss, dass morgen ein anderer aus der Peripherie aufschreit und Carl Gibson vorwirft, das Testimonium : Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Dikatur" verfasst zu haben.

    Zu Herta Müller noch ein kleiner Nachtrag aus einem Friseursalon, wo sie auf ihre Weise mit dem Deutschtum umspringt:


    Figaro im Banat?
    „Deutscher Scheitel und deutscher Schnurrbart“
    – Ein Hohn auf das Deutschtum oder vom Untergang des Abendlandes am Tor zur Walachei?

    Hetze kann in vielen Erscheinungsformen daher schleichen und unterschiedlich motiviert sein. Sie kann direkt sein, plump und dumm. Sie kann aber auch unbedacht sein und ihre Wirkung falsch einschätzen und verkennen. Der eine will provozieren und aufrütteln, der andere kostet nur den Ärger der Betroffenen aus und den Schmerz der Verletzten.
    Ihr habt mich verletzt – auf welche Art auch immer. Also schlage ich zurück und verletze euch auch – herber und gerade dort, wo es am meisten schmerzt, an eurer empfindlichsten und verletzlichsten Stelle, an jenem Punkt der euch am heiligsten ist – an eurer Identität.

    So etwa kann ein sensibler Geist empfinden, wenn er die oben genannte Kurzgeschichte liest – und wenn er aus der „Perspektive des Betroffenen“ und Verletzten liest.

    Viel wird nicht erzählt. Das wenige Worte reichen aus, um zu verletzen.

    Der Ort der Handlung: Ein Friseurladen irgendwo im deutschen Siedlungsgebiet in Rumänien, im Banat wahrscheinlich – oder in dem nicht weniger „rückständigen“ siebbürgischen Dorf, oben in Sathmar an der ungarischen Grenze, in der Dobrudscha am Schwarzen Meer oder gar in den Niederungen von Nitzkydorf oder Perjamosch?

    Die Handlung selbst: Eine männliche Figur taumelt und stolpert durch eine kafkaeske Situation mit expressionistischen Elementen in einen Friseurladen, wo alte Leute vor sich hin dösen und wartet dort auf den Haarschnitt:

    „Deutscher Scheitel? Fragte der Friseur“ (…)
    „Deutschen Scheitel und deutschen Schnurrbart, sagte der Mann“.

    Ein unscheinbarer Dialog, denkt man heute – und so dachte man damals mitten in der Bundesrepublik aus der Geborgenheit des deutschen Volkes heraus mit einem Schmunzeln auf den Lippen, lange nach Heine und Nietzsche.

    Nur im Banat hatten die gleichen Worte einen ganz anderen Klang – denn die Betroffenen vernahmen sie in der Exponiertheit mitten im Exodus zu einem Zeitpunkt, wo die Auslöschung des Deutschtums in Rumänien unmittelbar abrollte.
    Herta Müller, die Polkatänzerin von gestern, scherte sich nicht mehr darum, seitdem sie dem Nest entflohen und in der fortschrittlichen Stadt angekommen – aus welchem Gründen auch immer.
    Und Unbetroffene aus der Bundesrepublik, Leute wie C.F. Delius, scherte vieles auch nicht. Was von den einen als einen unmittelbare Angriff auf ihr Sein, auf ihre Identität, ja als Existenz gefährdender „Dolchstoß“ empfunden wurde, war für andere „Nichtbetroffenen“ aus dem ferne Ausland, für Berufsspötter und Kritiker vom Dienst, nur „literarische Ironie“, beißender Sarkasmus, blanker Zynismus, frechster Hohn und Spott bestenfalls blanker Zynismus der herberen Art.

    Die Autorin forcierte den Ausdruck. Kein Mensch im deutschen Dorf des Banats sagte „deutscher“ Scheitel im Friseurladen; noch weniger sagte einer „deutscher“ Schnurrbart. Wer dort lebte, weiß es und kann es bestätigen. Keiner sagte es, nicht nur weil es tautologisch gewesen wäre, sondern sogar hochgradig absurd, denn im deutsche Friseurladen und beim deutschen Friseur, fanden sich in der Regel nur deutsche Kunden ein, jedenfalls war das in Sackelhausen so, in einer Gemeinde, die um 1945 fast zu hundert Prozent aus Nachkommen deutscher Siedler bestand und 4 200 Einwohner zählte.
    Ob in unweiten Nitzkydorf, wo unser letzter Priester, der katholische Dechant Dr. Franz Kräuter herstammte, die Uhren anders gingen, mag dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich ist das nicht.

    Wenn die Autorin gerade dort bohrte, wo es am schmerzvollsten war, dann deshalb, weil sie einen bestimmten Nerv treffen wollte, das Mark der Identität, den Haupt- und Lebensnerv der deutschen Minderheit in exponierter Lage vor der physischen Vernichtung, eine Lebensader, die allerdings kein „Tabu“ war!

    Aus der Sicht derjenigen, die an ihrer nationalen Identität festhielten, und das waren eben die Viele, die große Mehrheit unter den Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, die nicht mit der Kommunistischen Partei paktierten, kam diese Attacke einer gezielten Hetze gleich. In ihrem natürlichen Sein getroffen, schrieen sie auf – und der schmerzvolle Aufschrei ertönt noch heute.
    Und was war mit den Parteimitgliedern aus der schreibenden Zunft, mit Leuten wie Richard Wagner, dem Lebenspartner der Schriftstellerin Herta Müller, der damals noch loyal zur kommunistischen Monopol-Partei stand und – nach eigenem Bekenntnis „kein Dissident sein wollte“ – was war mit diesen Paktieren und Seelenverkäufern, mit jener „Minderheit in der Minderheit“, die die „Gerechtigkeit“ schon damals gepachtet zu haben glaubten?
    Sie fühlten anders – und sie fühlen auch heute noch anders. Nur wollen sie vieles, was damals wahr war, vergessen und ungeschehen machen, Gras über alles wachsen lassen und keine schlafenden Hunde wecken.

    Und wer lachte sich damals ins Fäustchen, als „Niederungen“ die Gemüter erregte?
    Die Parteikader der Kommunisten und ihre Handlanger bei der Securitate, weil die verhassten Deutschen – in Exodus und Agonie begriffen – sich jetzt auch noch selbst zerfleischten.

    Nobelpreiswürdig auch dies? Don Carlos


    [Beitrag am 15.12.2008, 10:41 von Don Carlos geändert]
  • Karl

    71Karl schrieb am 15.12.2008, 11:10 Uhr:
    In den deutschsprachigen Schriftstellerkreisen Westeuropas (DE, A, CH) war und ist es schick, wenn man über die pauschal als "ewiggestrigen braunen" Deutschen Titulierten aus Osteuropa in Schriften und Diskussionen zynisch herzog, und dafür einen sicheren Applaus und Preise von der Kaffehaus-Linken hier erntete.

    Herta Müller biedert(e) sich durch ihre
    beleidigenden, überhöhten und unwahren surrealen Beschreibungen des
    Gemeinschaftlebens, dem sie durch Trug und List entflohen sind bei eben diesen intelektuellen Kreisen an, um zu Ruhm und Ehren zu kommen.
    Dabei vergisst sie, daß sie selbst einmal nicht mehr als eine einfache Dorfbewohnerin war- dh sie verleugnet ihre eigene Herkunft und Identität.

    Sowas ist sicher nicht nobelpreiswürdig, sehr wohl aber zu verachten.
    Leider ist nicht nur die Masse hier, sondern auch die "gescheiten" intelektuellen und Schriftstellerkreise in DE, A, CH meistens mit so wenig Allgemeinbildung bedacht, daß ihnen fundamentale Fakten über unsere -auch aufgrund dem Verrat von vielen solcher Intelektuellen und Schriftsteller- heute nicht mehr existenten Gemeinschaften in Rumänien fehlen.

    Außer Zynismus und borniertem Verurteilen gegenüber denjenigen, die dort oft um´s eigene tägliche Brot und um um die Freiheit des Wortes kämpfen mussten, hat die "geschlossene Gesellschaft" hier für uns meistens nicht mehr als Ablehnung und Ignoranz übrig.

    Doch alle "überläufer", die schon in Rumänien die eigene Gemeinschaft and Secu & Co verkauften, um davon selbst zu profitieren, wurden und werden hier mit offenen Armen von der hiesigen Intelligenzija aufgenommen.
  • Don Carlos

    72Don Carlos schrieb am 15.12.2008, 13:33 Uhr:
    Was produziert die in Rumänien geborene und für Deutschland kandidierende potentielle Nobelpreisträgerin Herta Müller an "großer" Literatur?
    Das sollten sich diejenigen fragen, die über Herta Müller reden, ohne etwas von ihr gelsen zu haben. Um diesem Mangel anzuhelfen, hier nur eine kleine Kostprobe an prägnanten Dingen( mit Kommentar):

    Vom Überdruss am interesselosen Wohlgefallen – und von der neuen Sehnsucht nach Fäkalität


    „Wer die Schönheit angeschaut mit Augen, ist dem Tode schon anheim gegeben, wird zum wahren Leben nicht mehr taugen“, dichtet August Graf von Platen in einem berühmten Sonett.
    Damit nicht alle der Schönheit verfallen und dekadent dahinsiechen, hielt Herta Müller in ihren „Niederungen“ mit einigen Appetithäppchen dagegen, naturalistisch plastisch wie in den Frühphasen des Expressionismus in einem sonderbaren Delektieren an Fäkalität:
    „Ich wischte mir mit dem Klopapier trotzdem den Hintern ab und schaute dann in den Ausschnitt, und sah den Kot, in dem weiße Würmer krochen. Ich sah die kleinen schwarzen Kotknollen und wusste, dass Großmutter wieder Verstopfung hat, und sah den lichtgelben Kot meines Vaters und den rötlichen Kot meiner Mutter. Ich suchte nach dem Kot meines Großvaters, und Mutter schrie meinen Namen in den Hof“.
    Wenige Seiten später wird auch das allzumenschliche Urinieren geschildert – ein literarisch verewigtes Manneken-Piss im Banat: „Ich sah Heini, wie er den Nachttopf in der Hand hielt und mit eingeknickten Knien dastand. Und mit der anderen Hand hielt er sein Glied. Es war sehr weiß im Schein des Blitzes.
    Ich musste auch pissen. Ich stand auf und setzte mich über den Topf, und ich zog den Bauch ein, um das Geräusch des Urins zu verhindern. Aber es wurde immer lauter unter mir, ich hatte keine Kraft, ich konnte es nicht mehr tröpfeln lassen.
    Es rann lauwarm aus mir. Es rauschte. Heini rief mich zu sich ins Bett.“ Den „Furz“, den „Hodenbruch „ des Großvaters und die „Hämorrhoiden“ der Mutter erwähnte Herta Müller an anderer Stelle.

    Ob das alles auch beschrieben worden wäre, wenn die Autorin gewusst hätte, dass die Fäkalität literarisch schon längst vorweggenommen war, etwa bei dem Exzentriker Salvador Dali?
    Eine Urin- und Kotspur zieht sich leitmotivisch durch die gesamte, sprachlich höchst bescheidene und nur mit dem Instrumentarium der Kurzgeschichte gestalteten Erzählung.
    Die Miniaturbeobachtung, darunter viel Triviales und Banales, steht neben der psychologischen Decouvrierung im „Klartext“. Schein und Sein mischen sich, ebenso tatsächliche Existenz und Traumwelt. Wo das Gehirn des Interpreten nicht mehr folgen kann, spricht man gern von „erfundener Wahrnehmung“, also von etwas, was keiner logischen Erklärung bedarf.
    Das Resultat: Eine Kindheit nicht im Garten Eden, sondern in Sodom und Gomorra!
    Wen wundert da der Aufschrei des Opfers, die Klage und Anklage?
    Die Welt des Banats ist Scheiße! Doch an sich – und nicht etwa, weil die alles bestimmende kommunistische Weltanschauung versagt hat.
    Also werden die schönen und angenehmen Seiten der Kindheit und Jugend von Exkrementen überdeckt, vom kalkweißen „Schiss“ der Singvögel ebenso wie von dem eklig Gekotzten der Katze und der ausgekotzten Leber des alkoholabhängigen Vaters, der selbst ein vielfaches Opfer ist und andere zum Opfer macht.
    Das Grauen herrschte also im Banat?
    Wird die Ausnahme zur Regel?
    Und das Versagen Einzelner zum Versagen der Gemeinschaft?
    Was ist wahr an den Schilderungen?
    Und was ist typisch?
    Wer kann was erkennen?
    Und wenn es weder wahr noch typisch sein muss, weshalb reden Rezensenten dann überhaupt von der rückständigen Welt des Banats?
    Zufällig bricht F. C. Delius das Trockenklo-Zitat gerade dort ab, wo die oben zitierte Beschreibung der Kotarten beginnt. Oder war es doch nicht zufällig? Wurde es dem sonst überkritischen Schriftsteller-Kollegen zu fäkal, selbst dem „Spiegel“?

    Diejenigen, die im Banat gelebt haben und zudem noch etwas von Literatur und Philosophie verstehen, werden Grenzen ausmachen können. Sie werden genau unterscheiden, wo die Realität endet und wo die Übertreibung, die Überspitzung der Phänomene beginnen, wo das fast schon krankhafte Borderlinertum, das dem kreativ schwärmenden Schriftsteller erlaubt ist, einsetzt und endet.
    Der normale deutsche Leser wird aber schwerlich in der Lage sein, die ihm fremde, exotisch und skurril erscheinende Welt an sich zu erfassen; er wird nur das Exotische, das Skurrile sehen, aber nicht die tatsächliche Realität dahinter.

    Deshalb erfolgte ein empörter Aufschrei der verkannten deutschen Gemeinschaft als Reaktion auf die literarisch formulierte Anklage, die dann noch von willigen Vasallen wie F.C. Delius im Klartext auf den Punkt gebracht wird.
    Karl - Sie haben mir aus der Seele gesprochen.Danke!
    Doch Carlos



    [Beitrag am 15.12.2008, 13:34 von Don Carlos geändert]
  • bankban

    73bankban schrieb am 15.12.2008, 19:59 Uhr:
    Lieber Don Carlos,
    gerne konzediere ich, dass die von Ihnen zitierte Stelle ästhetisch nicht zu den schönsten Stellen in der Literatur gehören. Dennoch: ist es literaturwissenschaftlich angemessen, dass man nachhinein jemandem vorwirft, etwas konkret geschrieben und nicht statt dessen etwas anderes geschrieben zu haben? Kann man heute Meschendörfer dafür kritisieren, dass seine Siebb. Elegie eine pessimistische und deprimierende Aura/Atmosphäre vebreitet? Kann man Meschendörfer heute ankreiden, warum er nicht stattdessen gegen die Selbsthilfebewegung von Fabritius hätte ins Felde ziehen sollen? Außerdem: Müller ist eine einzelne Person. Wenn wir ihr vorwerfen, ihretwegen würde die ganze Welt glauben, das Banat sei "sch..." gewesen, dann müssen wir doch auch dem kürzlich verstorbenen Pastorius vorwerfen, die ganze Welt würde glauben, in Siebenbürgen sprächen die Menschen in so komischen Lauten/lautmalerischen Klängen, wie seine Gedichte sind... Verstehen Sie diese Logik?
    Bankban
    Ps.: natürlich finde ich den Untergang der Banater ud Siebb.-Deutschen Welt bedauernswert. Wie Sie aus meinem Beitrag das Gegenteil meinten herauslsen zu können, ist mir schleierhaft.
  • Karl

    74Karl schrieb am 15.12.2008, 20:10 Uhr:
    Bankban vergisst natürlich, daß Meschendörfer sehr wohl die Missstände seiner Zeit erkannt und dargestellt hat.
    Meschendörfer hat um 1920 (d.h. vor fast 100 Jahren) mit der "Siebenbürgischen Elegie" eine trotz allem wunderschöne Beschreibung der damaligen Verfallserscheinungen beschrieben, während Herta Müller sich bequemte, eine Fäkalstudie niedersten Ranges als Werk zu titulieren, das in 100 Jahren sicher niemand mehr wertvoll findet, geschweige denn lesen wird, auch wenn Herta Müller aufgrund ihrer "Lobby" vielleicht sogar den Nobel-Preis erhalten könnte.

    Die Logik von Bankban ist absurd und nicht nachvollziehbar- also unlogisch.
    Hätte Bankban lieber nichts geschrieben...
  • bankban

    75bankban schrieb am 15.12.2008, 21:09 Uhr:
    Lieber Karl, wie gern wüsste ich, woher sie wissen, was und wer in 100 Jahren gelesen wird... Außerdem, da Karl die von Meschendörfer beschriebenen "Verfallserscheinungen" "wunderschön" nennt: wer weiss was man in 100 Jahren "wunderschön" nennen wird... ich zumindest weiss es nicht. Worauf ich hinweisen wollte: HM ist eine einzelne Person. Sie schreibt dieses und jenes. Dem einen gefällts, dem anderen nicht. Wenn mir etwas nicht gefällt, dann gehe ich daran vorbei und lese/höre... es nicht. Nie im Leben würde mir einfallen, mich zu beschweren, warum der/diejenige nicht etwas gesungen hat, was ich hören will... Und zudem: nie im Leben käme ich darauf, irgendjemanden für so wichtig zu halten, um zu glauben, dass die Welt das von dieser Person beschriebene Gebiet sich so und nur so vorstellen wird, wie es von dieser Person beschrieben wurde. Und schließlich: lieber Karl, wenn Sie eine Logik nicht nachvollziehen können, so kann das auch heißen, dass Sie vielleicht eine andere Logik besitzen, die meinetwegen genauso gültig ist wie die erste/meine. Das bedeutet aber nicht, dass die erste Logik unlogisch sei - nur weil Sie sie nicht begreifen... (Ich zumindest bin so tolerant, dass ich nicht nur verschiedene Logiken, sondern auch verschiedene Weltbeschreibungen zulasse, jawohl, selbst in einer Fäkalsprache...) Ja, in meine Weltsicht passt es sogar, mein lieber Karl, dass ich am Ende eines Beitrages auch Sie, grüße, sogar auch Sie, lieber Karl hochachtungsvoll, Bankban
  • Elsi

    76Elsi schrieb am 15.12.2008, 22:17 Uhr:
    Die Beiträge bankbans sind wunderbar klar, logisch und punktgenau. Und geduldig. Herta Müller ist eine wunderbare Schriftstellerin, die, ganz nebenbei, für die Wahrnehmung und für das Ansehen der deutschen Minderheiten aus Rumänien mehr getan hat und tut als jede andere Person, die sich des öffentlichen Interesses erfreut. Die Vehemenz mit der sich hier so mancher wehrt, in die eigenen Abgründe zu sehen, sie leugnet, dafür aber um so hemmungsloser in die 'Fratze der Unmenschlichkeit' anderer starrt, darauf verweist, illustriert geradezu beispielhaft die Unerbittlichkeit, die Sturheit und Uneinsichtigkeit, die Kompromisslosigkeit, die Tabus, die Enge und Zwänge einer Gesellschaft...so, wie sie es auch war...in Agonie. Herta Müller hat - mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln - genau das gemacht, was andere auch für sich beanspruchen: sie hat Zeugnis abgelegt.
    Zum Nobelpreis: Würde er ihr zugesprochen, stände sie nicht nur neben Thomas Mann, sondern auch neben Wole Soyinka oder Nagib Mahfus: tatsächlich eine große Ehre.
    Dass ihre Werke unter den Landsleuten kaum bekannt sind, wage ich zu bezweifeln , sollte dies aber zutreffen, spräche das nicht gegen sie, sondern eher gegen ihre Landsleute. Ganz abgesehen davon, dass dies ein Kriterium ist, über dessen Wert man sich nicht weiter zu äußern braucht (Kannte jemand den diesjährigen Preisträger?). Herta Müller wird kontrovers diskutiert? Würde sie es nicht, würde es m.E. gegen sie sprechen. Auch der Nobelpreis selbst wird kontrovers diskutiert.
    Ich denke, dass bei bisher insgesamt 9 Nobelpreisen in dieser Kategorie (Frankreich 14), sollte das Volk der Denker und Dichter weniger wählerisch sein hinsichtlich der Person...Aber es ist wohl einigen noch nicht zu Ohren gekommen, dass in den letzten zwei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts nur noch 27% aller Nobelpreise von Europäern gewonnen wurden, während es in den ersten beiden Jahrzehnten noch 90% waren...Wir nehmen uns immer noch viel zu wichtig, wir bestehen mit stoischer Selbstgefälligkeit darauf und verlieren dabei den Sichtkontakt zur Realität.
  • Don Carlos

    77Don Carlos schrieb am 15.12.2008, 22:51 Uhr:
    Herta Müller zwingt ihre Leser zur Konfrontation mit Fäkalität und einer Auseinandersetzung mit dem Unschönen, sprich dem Schmutz, ganz egal ob der Ahnungslose sich psychisch darauf eingestellt hat oder nicht.
    Nur: Weshalb soll ein Mensch, dessen Seele noch rein ist, in die tiefsten "Niederungen" des Seins hinabsinken, um sich doch noch zu verureinigen?

    Weshalb nimmt eine seismisch sensible Schrifstellerin nicht Rücksicht auf die Empfindungen der Zarten, die keine Anhandlungen über Kot, Urin, Hämorroiden, Gekotze und andere Appetitlichkeiten lesen wollen?
    Bei Spielfilmen gibt es Warnungen: Für Zuschauer unter 16 Jahren unegeignet.
    Welche Warnung wäre in "Niederungen" anzubringen, die - auf der Suche nach Aussagen zur Kategorie "Heimat" auch im Schuluntereicht von Minderjährigen gelesen werden?
    Wie soll die Erziehung zu Sitte und Anstand funktionieren, wenn öffentliche Personen ( und somit Vorbilder) wie Herta Müller den Schmutz kultivieren und salonfähig machen - und dies lange nachdem das Sujet in der Literatur thematisiert wurde?

    Bankban, es belustigt mich etwas, wenn sie die "Sterbehilfe"- und Totengräber-Funktion, die Herta Müller mit "Niederungen" den Kommunisten Rumäniens geleistet hat, noch gut finden.

    Herta Müller hat Fäkalität ausgebreitet - und andere sollen sie auslöffeln? Nicht ist es mein Los, Fliegenwedel zu sein,sagt Nietzsche und das sagen auch einige Erhabene, scheuen die Drecksarbeit und ziehen sich vornehm zurück.
    Doch wenn es sein muss, wenn es der höhere Zweck verlangt, dann müssen auch vornehme Geister und Charaktere in die niedersten "Niederungen" des menschlichen Seins abtauchen, und nach den tieferen Beweggründen des Schmutz Verbreitens und des mit Schmutz Werfens fragen.

    Nicht jedermanns Vater war ein Säufer und bei der SS. Nicht jedermanns Mutter war ein vermummtes Weib, das die Kinder verprügelte.
    Wenn "eine Rechnung" offen ist, eine "Einzelrechnung" einer "Einzelnen" ( wie Sie treffend feststellen, bankban) - dann darf die gesamte "deutsche Gemeinde" nicht haftbar gemacht werden.

    Herta Müller hat ein "schwäbisches Bad" beschrieben, in dem sich die Banater über drei Generationen im braunen Schmutz suhlen wie Wildschweine im der Waldpfütze. Weshalb hat sie, die Wahl-Berlinerin", nicht ein Zuberbad aus Pankow beschrieben, wo ganze Generationen Proletarier in der Enge ihrer Mietskasernenquartiere ihrer Hygiene nachgingen?

    Und weshalb beschrieb sie kein "walachisches Bad"?
    Vielleicht hätte die rumänische Zensur das Debutbändchen dann doch noch gestoppt?

    Karl hat recht. Wenn die Leser erst einmal feststellen, was da so in "Niederungen" beschrieben ist, dann werden sie ihre Meinung über Herta Müller, die immer noch als Widerstandskämpferin wahrgenommen wird, obwohl sie eine Stütze des Systems war, schnell revidieren. 100 Jahre müssen da nicht vergehen.
    Das beste Argument gegen Herta Müller ist : Lesen, was sie geschrieben hat. Der gesunde Menschenverstand und das gesunde Sprachempfinden reichen aus, um den Wert ihrer Literatur einzuschätzen. Wer die Verhältnisse in der rumänischen Diktatur kennt, der wird noch ganz andere Dinge feststellen.
    Wie reimte und sang doch die andere Wahl-Berlinerin (Claire Waldoff) aus voller Kehle und Brust: Wer schmeißt denn da mit Lehm, der sollte sich was schäm', der sollte etwas anderes nehmen als ausgerchnet Lehm -
    Das Gerede um den Nobel-Preis wird verstummen, wenn Herta Müllers Vita ausführlich vorliegt - und wenn dann die von mir aufgeworfenen Fragen nach ihrer "politischen und moralischen Integriät" geklärt sind.

    Don Carlos

    P.S. Dulcinea! Es gibt auch eine Ästhetik des Hässlichen! Und es gab immer auch schon Menschen, die das Fäkale gut und angenehm empfanden.



    Und noch ein wort, bankban! Sie fragten nach, ob ich das Bibelwort vom Werfen des ersten Steins kenne.
    Ja, ich erinnere, in unserer ersten Diskussion über Herta Müller, war ich es wohl, der es zitierte! Oder irre ich?
    Don Carlos





    [Beitrag am 15.12.2008, 23:04 von Don Carlos geändert]
  • Adine

    78Adine schrieb am 16.12.2008, 01:53 Uhr:
    Ach,Don Carlos! Freuen Sie sich! Ihre Landsleute nehmen Sie wahr,während man Herta Müller lieber ignoriert.
  • bankban

    79bankban schrieb am 16.12.2008, 08:47 Uhr:
    Lieber Don Carlos,
    apropos Sterbehilfe: in der Tat, bevor es mit mir bergab geht, werde ich dem selbstbestimmten und mutigen Beispiel Sándor Márais folgen...
    Doch zu unserem Thema: für mich bedeutet Kritik, dass sich jemand um mich kümmert, um meinen Zustand Sorgen macht. In gewissen Fällen bedeutet für mich Kritk sogar Liebe, denn nur wer mich liebt, will mich auch verbessern... Natürlich ist nicht jede Kritik gleichzusetzen mit Liebe. Doch wer über dreißig Jahre lang immer wieder mich thematisiert, mich auch mal übertreibend kritisiert, doch mich auch liebevoll darstellt, mein Leiden und meine Historie öffentlich macht, meine Errungenschaften und meine Siege, von der glaube ich wohl, dass er/sie mich liebt... und mein Bestes will. Allerdings, wer so vehement gegen eine andere Person auftritt, wer glaubt, dass eine Kritk alleine den Untergang von mir beschleunigt (hat), bei dem kann ich keine wohlmeinende Kritik sehen, sondern nur einen persönlichen Rachefeldzug...
    Wie gesagt, ich halte HM nicht für die größte lebende deutsche Schriftstellering, und, unter uns gesagt, halte ich sie auch nicht unbedingt nobelpreiswürdig, doch ist sie für mich auf jeden Fall eine Schriftstellerin mit eigenem Ton, eigener Sprache und durchaus mit Mut. Ich denke, lieber Don Carlos, dabei sollten wir es belassen.
    Sie haben Ihr warfare gegen HM, den ich von weitem weiterhin interessiert beobachten werde. Ich jedenfalls, habe seite etwa August versucht, Sie zu besänftigen und ihre Art, über HM zu schreiben, etwas nuancierter zu machen. Das ist mir durchweg misslungen, so dass ich keine Zeit mehr indieses Thema investieren kann/möchte. Nur ungerne möchte ich zudem meine vorweihnachtliche Stimmung verderben, daher hoffe ich 1. dass Sie doch noch mit der Zeit "altersmilde" werden und 2. dass Ihnen schöne, "geruhsame" und einsichtvolle Weihnachtstage bevorstehen und verabschiede mich in diesem Sinne hochachtungsvoll aus dieser Diskussion,Bankban
  • Don Carlos

    80Don Carlos schrieb am 16.12.2008, 10:48 Uhr:
    Vergangenheitsbewältigung bedeutet primär: Schonungslose Auflärung.Das gilt für alle Personen der Zeitgeschichte,ganz egal, ob wir den Kommunismus aufarbeiten wollen oder den Nationalsozialismus.
    Wir können nicht Teile davon vertuschen oder schönfärben. Wenn die ganze Wahrheit vorliegt, dann können wir zu Bewertungen schreiten.
    Was Herta Müller betrifft und meinen - wie sie meinen bankban schonungslosen Feldzug gegen sie - hat einen einfachen Grund.
    Herta Müller verweigert die Auskunft - und das ist ihr gutes Recht "nicht",
    weder moralisch, noch politisch, noch geistig. Wer den Vogel Strauß spielt, kann nur verlieren.
    Ich habe mich noch an keiner ihrer Lesungen beteiligt, um dort vor dem Publikum kritische Fragen zu stellen und so sie irgendwie zu kompromittieren. Eine Stigmatisierung als "Ewiggestriger" hätte ich mir da einfangen können und der Verweis auf das bereits in Interviews Gesagte.
    Deshalb habe ich - noch bevor ich mein Buch über den Widerstand in der Ceausescu-Diktatur ausarbeitete und veröffentlichte - zivilisiert bei Frau Herta Müller angefragt. Da ich vor er Öffentlichkeit nichts zu verbergen habe, zitiere ich hiermit das Schreiben.

    Um nichts Unredliches in die Welt zu setzen und um alle Missverständnisse a priori zu vermeiden, schrieb ich Herta Müller am 10. 10. 2006 folgendes:


    „Sehr geehrte Frau Müller,

    Ihr Verlag war so freundlich, den Kontakt zu Ihnen herzustellen.

    Ich habe einige Ihrer Bücher gelesen und rezipiere sie in einer Publikation, die ich in absehbarer Zeit veröffentlichen werde. Ich schreibe an einem Werk, das von der Konzeption her ein wissenschaftlich fundiertes Werk ist, sich aber der literarischen Form bedient, also zwischen Belletristik und Sachbuch angesiedelt ist.

    Nachdem ich schon seit Monaten keinen Kontakt zu Ihnen bekommen konnte, ich habe W. Totok angesprochen, mit dem ich in Diskussion bin und Dr. Sienerth, der eines Ihrer Gespräche veröffentlicht hat, melde ich mich direkt bei Ihnen.

    Ich habe viele Fragen.
    Ein Gespräch wäre mir sehr willkommen, auch ein Telefonat, in dem einiges erörtert werden könnte.

    Wer bin ich – ein ehemaliger Dissident aus Temeschburg / Sackelhausen, ein Nachbar von Ortinau. Ich habe 1979 die Freie Gewerkschaft SLOMR in Temeschburg gegründet, organisiert, war 6 Monate in Haft, bin 3 Jahre von Pele verhört worden.
    Nach meiner Ausreise 1979 habe ich als Sprecher der SLOMR das Regime in Bukarest über die CMT und BIT der UNO verklagt. (Dokumentation im Internet).
    Über dieses Thema schreibe ich ein Buch. Die Geschichte der Bewegung mit autobiographischen Rückblendungen in die Welt der Kindheit nach Sackelhausen, über die Jugend in Temeschburg, über den AMG-Kreis, über Literatur, über Literaturrezeption, über Dissidenz, über deutsche Identität, über Heimat etc.

    Von mir liegt die Monographie vor: Lenau. Leben – Werk – Wirkung, Heidelberg 1989.

    Mehr über mich finden Sie im Internet unter gibsonpr.de

    Die Auseinandersetzung mit der Materie implizierte notwendigerweise die Berücksichtigung Ihres Werkes, speziell der Niederungen bzw. Herztier in welchen ähnlich erlebte Phänomene anders dargestellt werden.
    Ich habe einige Ihrer Thesen mit in die Diskussion aufgenommen. Dabei interessieren mich neben literaturästhetischen Fragestellungen vor allem die Aspekte der Dissidenz, vor allem jene vor Ihrer Ausreise.

    Was war Ihnen und Richard Wagner bzw. anderen aus der Gruppe an konkreter regimekritischer Opposition und Dissidenz möglich?
    Welche Aktionen fanden konkret statt?
    Ich zitiere ein Dokument, ich welchem Sie noch 1985, als Rumänien am Boden lag, die Führungsrolle der RKP anerkennen.
    Sind Sie gefoltert worden?
    Was ist Mythos?
    Was ist Wahrheit?
    Wo beginnt die Fiktion?
    Manche Werke sind nur mit dem entsprechenden Hintergrund zu verstehen.
    Sie sind angefeindet worden.
    Auch mir haben einige Sachen aus Niederungen Bauchschmerzen bereitet und einige schlechte Nächte. – vielleicht reden wir darüber?
    Ich will nicht ungerecht rezipieren und Gehässigkeiten verbreiten.
    Deshalb ist Aufklärung notwendig.
    Ich gehe davon aus, dass Sie einige in Ihrem späteren Werk zurechtgerückt haben.
    Trotzdem, es bleiben viele Fragen – vielleicht kommunizieren wir darüber, bevor mein Buch erscheint.
    Sollten Sie sich nicht melden, werde ich Ihre Haltung akzeptieren.
    Ich habe das rezipiert, was mir erreichbar und möglich war.
    Mit der Landsmannschaft habe ich nichts zu tun.
    Es würde mich freuen, wenn Sie aus der Anonymität heraustreten würden und mit mir als einem Ihrer Leser reden würden – mit besten Wünschen Carl Gibson

    P.S. Ich kannte zufällig eine H. Müller aus Nitzkydorf. Eine Hilde.


    Frau Herta Müller, die noch mit dem Kommunisten paktierte, als ich die gleichen Kommunisten unter Lebensgefahr vom Westen aus bekämpfte, fand es nicht angebracht, mir zu antworten. Aus welchen Gründen auch immer.

    Ich hatte ihr meine ausgestreckte Hand gereicht – Sie wies sie zurück und verschmähte sie nach dem bis dahin praktizierten Prinzip, den Fragenden nur das mitzuteilen, was beliebt.
    Bei einer Diva mag das angehen, aber nicht bei einer Person des Öffentlichen Lebens, die eine moralische Integrität für sich beansprucht.

    Der Rowohlt-Verlag bestätigte mir umgehend die Zuleitung meines Emails, das ich spontan in den Rechner geklopft hatte.

    Da Herta Müller bis zu ihrer Ausreise im Jahr 1987 im kommunistischen Rumänien ein modus vivendi möglich war, muss die deutsche Öffentlichkeit darüber informiert sein, ob sie, in welcher Form und bis zu welchem Grad sie mit den Kommunisten zusammen gearbeitet hat. (Was sie von Antohi fordert, fordere ich von ihr - doch nicht als Privtaperson, dessen Banater Ehre gekränkt wurde, sondern ich fordere es in Namen der "Wissenschaft" und der allgemeinen Moral, die immer noch die Basis einer demokratischen Gesellschaft ist.

    Es darf nicht sein, dass - wie bei der Konrad Adenauer-Stiftung 2004 geschehen - Ehrungen vorgenommen werden, obwohl kein lückenloser Lebenslauf der Geehrten vorliegt.
    Herta Müller hat an der Universität Termschburg einen Abschluss gemacht. Wo ist ihre Abschlussarbeit? Was ist darin zu lesen?
    Wie unterscheidet sich die Bukarester Fassung von "Niederungen" von der später in Berlin veröffentlichten?
    Fragen über Fragen.
    Herta Müller trifft Aussagen über das Leben in der sozilistischen Gesellschaft Rumäniens unter Ceausescu. Wenn sie so eingreift, dann muss sie glaubwürdig sein und bleiben.
    Deshalb forderde ich eine schonungslose Offenlegung iher Vita, nicht als mittelalterlicher Inquisitor und Hexenjäger, sondern in Geiste Zolas, der als bewusster Staatsbürger "J'accuse" sagte, als er merkte , dass etwas faul war im Staate ...

    Ich würde es beklagen, bankban, wenn sie jetzt schon aus der Diskussion ausscheiden würden, die doch gerade erst beginnt. Im August ging es los - und bis zur nächsten Nobelpreisvergabe müsste Klarheit herrschen, in Deutschland, in Bukarest udn in Stockholm, denn an diesen Orten läuft die Diskussion.
    Sie haben Ihre Sicht - und Dulcinea hat nichts gegen Abhandlungen über Kot und das Urinieren, gegen das Lästern über die "deutsche Geminschaft" (die Individuen mit Problemen auffing, statt sie nieder zu machen).
    Sehr freut es mich, Adine, dass meine Landsleute wenigstens etwas von dem hören, was ich zu sagen habe.Und dass sie meine Don-Quichterie gegen die roten Windmühlen emotional und rational begleiten. (Bevor ich mit der Niederschrift der "Symphonie der Freiheit" ( die zufällig im Banat spielt und darlegt, wie Banater Schwaben im Widerstand agierten, ohne mit der Rumänischen Kommunistischen Partei zu paktieren) begann, wurde ich über Jahre dazu gedrängt von Menschen, die sich selbst nicht artikulieren konnten, die aber das "Feld" und das nach Sodom und Gomorra klingende "Banat-Bild" nicht nur Herta Müller und F.C. Delius vom "Spiegel"-Magazin in Hamburg überlassen wollten.
    "Die Wahrheit wird euch frei machen", steht in goldenen Lettern im roten Sandstein an der Front der Freiburger Universität geschrieben, wo ich einst studierte. Dieses zuversichtliche Jesus-Wort ist eine Grundbotschaft auch meiner Symphonie.
    In diesem Sinne ist sie geschrieben -und sie zielt nicht auf Hass und Spaltung unter den Landsleuten und Deutschen, sondern auf Zusammenklang und Versöhnung. Weihnachten ist immer, wenn ein friedfertiger Geist herrscht, der machmal aber erstritten werden muss.
    Don Carlos.



    [Beitrag am 16.12.2008, 11:00 von Don Carlos geändert]
  • seberg

    81seberg schrieb am 16.12.2008, 11:27 Uhr:
    Die Diskussion beginnt gerade erst, schreibt Don Carlos...
    Na denn, viel Spass und Frohe Weihnachten!
  • Karl

    82Karl schrieb am 16.12.2008, 13:38 Uhr:
    M.E. gibt es für alle Menschen dieser Welt geltende Regeln was Moral und Ethik betrifft .
    Da geht es nicht um Schönheit oder Hässlichkeit, die sehr wohl regional-kulturell bedingt sehr unterschiedlichen Werten unterworfen sein können.

    Herta Müller hat für die Deutschen aus Rumänien m.E. im deutschsprachigen und sonstigen Raum nichts Gutes bewirkt und auf keinen Fall "mehr als alle anderen" getan, sondern genau das Gegenteil erreicht:
    durch ihre surreal-krankhaften Überhöhungen und ihre anscheinende Vorliebe für die Fäkalsprache (falls man das als "einmalig + künstlerisch" auslegen sollte: sowas gab es schon bei den Surrealisten, Dadaisten vor dem Krieg- die aber nicht von sich aus die eigene Herkunft nicht in die Scheiße geniedert haben, spricht also weder für die Originalität noch das Talent der Frau H. Müller)und der aus ihren Schriften resultierende - kranke- Hass auf ihre Landsleute und ihre anscheinend von ihr selbst unbewältigte Vergangenheit hat Sie nur die pauschlane Vorurteile einer selbsternannten "Intelektuellenszene" bestätigt, um dadurch Wohlwollen und Lobby für sich zu ernten.
    Es wäre deswegen an der Zeit, daß endlich die professionellen "Vergangenheitsbewältiger" auch einmal
    die Vergangenheit der Frau H. Müller lückenlos zusammen- und darstellen.
    Aber wer von diesen Vergangenheitsbewältigern wagt es, den Mainstream zu verlassen, und vorgefertigte Pauschalurteile kritisch zu hinterfragen?

    Don Carlos: sicher wird Ihnen H. Müller nie antworten, da H. Müller Sie als Gegner betrachtet.
    Oder glauben Sie, daß H. Müller ein Interesse daran hat, daß ihre hierzulande weiße Weste in der Öffentlichkeit plötzlich befleckt wird weil evtl. Fakten auf den Tisch kommen?

    Für mich selbst ist H. Müller inakzeptabel als Mensch und als Schriftsteller: auch für einen Schriftsteller oder für Künstler gelten moralische und ethische allgemein gültige Regeln- und diese verletzt H. Müller sehr bewusst und mit einem unnormalen Genuß - mit der Ausrede, daß es ja Fiktion sei- in einer hässlichen Fäkalsprache.
    Indem sie unter diesem Deckmantel der "künstlerischen Freiheit" selbsterfundene Unwahrheiten veröffentlicht, und ihre ehem. deutschen Landsleute aus Rumänien ausschliesslich negativ darstellt, und das alles nur mit dem opportunistischen Zweck, zu gefallen und zu verkaufen- im Westen, dessen Schickeria keinerlei Erfahrungen hat mit den Verbrechen in Osteuropa, den Mitläufern und Verrätern, die es möglich machten, daß diese Systeme 60 Jahre lang existieren konnten.

    Ja, so kann man Staatsverbrechen in Osteuropa auch "verkaufen" und sogar entschuldigen...
    und die willigen "besseren" Hörer in Westeuropa nehmen das ann für bare Münze bzw. wahre Geschichte.

    [Beitrag am 16.12.2008, 13:51 von Karl geändert]
  • Don Carlos

    83Don Carlos schrieb am 16.12.2008, 16:50 Uhr:
    Wenn Herta Müller und Richard Wagner ihre gemeinsame Drohung gegen mich umsetzen und mich verklagen, dann wird die Wahrheit die Gewinnerin sein. Noch haben sie es nicht gewagt. Doch sollten sie es tun, werde ich mich zu wehren wissen - wie damals gegen die Kommunisten und gegen die Securitate.
    Ich werde es nicht scheuen, "Zeitzeugen", die sich bisher zierten, weil sie einiges zu verlieren haben, als "Zeugen" zu bennenen, damit sie vor Gericht aussagen, was sie über das Verhältnis von Herta Müller und Richard Wagner zur Kommunistischen Partei wissen.
    Unter Eid sind schon manche Wahrheiten schnell ans Licht getreten.

    In meiner Kontaktaufnahme fragte ich recht höflich an, nachden ich 20 Jahre lang zugehört und gelesen hatte, was die beiden "Gerechten aus Berlin" ( der Ausdruck stammt nicht von mir!) zur rumänischen Aktualität zu sagen hatten.

    Auf eine Antwort warte ich noch heute. Herta Müller redet nicht mit mir, nur über Richard Wagner, der mir – wie aus den 3 Emails im August deutlich wurde – ihre Botschaften mit bestellt, als Ihr Manager oder Pressesprecher vielleicht.

    Ich hatte vor zwei Jahren im Telegrammstil geschrieben und nur deutlich gemacht, wer ich bin: als ehemaliger Bürgerrechtler und als Literat. Vor allem aber als ein Charakter, der Klarheit sucht und jedes Missverständnis zu vermeiden sucht.
    Trotzdem blieb jede Reaktion aus.
    Scheut Herta Müller eine öffentlichte podiumsdiskussion mit Zeitexperten unterschiedlicher Fakultäten?
    Fürchtet sie eine öffentliche Konfrontaion mit mir?

    Oder was befürchtete Herta Müller tatsächlich? Die Wahrheit vielleicht, nach ihrem gern zitierten Motto: "Lügen haben kurze Beine, die Wahrheit hat keine"!?

    Warten wir es ab – wie im Märchen! Die gute Sonne bringt es an den Tag und klärt auf, wer den Drachen erschlagen und wer die Zunge vorgezeigt hat!

    Als ich Herta Müller vor zwei Jahrzehnten zum ersten Mal im Deutschen Fernsehen (anlässlich einer Preis-Entgegennahme, wohl für „Niederungen“) sah, gewahrte ich eine weibliche Person mit dem Gehabe einer Primadonna assoluta – und als ich sie dann auch reden, schimpfen und andere beleidigen hörte, fühlte ich mich in die Welt der Bierkutscher und Droschkenfahrer versetzt, die etwas von dem Jargon ihres Umfelds wiedergeben, mit dem sie täglich konfrontiert werden.

    Die Kommunistische Partei und die Securitate, die ihr Büchlein gnädig zur Veröffentlichung freigaben, hatten Sie genauso gnädig in die Bundesrepublik reisen lassen, damit sie dort lauthals gerade die im Exodus geschröpften Landsleute als „faschistoide“ Gesellen stigmatisiert und selbst in der Bundesrepublik ausgrenzt. Diese Un-Saat wirkt noch heute – und schafft auch weiterhin böses Blut und Unfrieden.

    Als im Jahr 1987 Herta Müller und Richard Wagner in der Bundesrepublik landeten, in einem Land, dem sie lange Jahre mehr als skeptisch reserviert gegenüber standen und bald darauf auch noch als „Dissidenten“ gegen das Ceausescu-Regime apostrophiert, inszeniert und bald auch etabliert wurden, fragte ich mich:

    Was haben die beiden Linken mit antikommunistischer Dissidenz zu tun?
    Das frage ich mich auch noch heute!
    Und die Beweise für eine antikommunistische Haltung des einst kommunistenfreundlichen Ehepaars blieben sie schuldig.

    Die Wahrheitsfindung dauert manchmal etwas länger, nachdem die Lüge, der wir heute im Politischen wie im Ökonomischen das Weltdebakel verdanken, sich über Jahrzehnte breit machen konnte, ohne dass "hörbar" widersprochen wurde.

    Die Linken in diesem Land, Karl, die beim Magazin " Der Spiegel" alles erst in Gang setzten, aus innenpoltischen Motiven heraus - und um der Konservativen Union eines auszuwischen, oder Zeitungen wie die "Frankfurter Rundschau", die meine Antwort an Herta Müller als Offener Brief "einfach so" unterdrückten und somit Zensur ausübten, wollen auch heute, dass man Herta Müllers Positionen glaubt - und nicht die anderer, unpassender Ketzer, die alles in Frage stellen, und dem liberal konservativen Lager zugerechnet werden.

    Doch wenn die Röntgenbefunde sich häufen - und andere Wissenschaftler und Journalisten, verehrter Karl, dieselben Fragen aufwerfen, dann wird es mit der Wahrheit und somit auch mit der Kommunismus-Bewältigung anders aussehen.

    Nach der moralisch-politischen Diskussion des Falles Herta Müller wird eine literaturanalytische einsetzen. Dann wir sich herausstellen, was wirklich Sache ist. Noch reist Herta Müller mit einem Widerstands-Bonus, der ihr nicht zusteht. Wenn der Nimbus fällt, dann lichtet sich auch der Nebel. Dinge werden klarer - und selbst das Banat wird dann nicht mehr im Hochspiegel betrachtet als Zerrbild erscheinen wie in "Niederungen", sondern als das, was es tatsächlich war: eine Kulturlandschaft und für viele Menschen eine Heimat, mit allem was dazu gehört, vor allen mit den immateriellen Werten, die jede materiellen Vorteile aufwiegen.
    Don Carlos.
    P.S. Die geballte Fachkompetenz eines Seelenklempners, verehrter seberg, könnten bei der "Niederungen"-Deutung sehr hilfreich sein. Ich würde es beklagen, wenn Sie sich mit bankban zu früh zurückziehen, gerade jetzt, wo es interessant wird , auch für Tiefenpsychologen.




    [Beitrag am 16.12.2008, 17:04 von Don Carlos geändert]
  • Johann

    84Johann schrieb am 16.12.2008, 18:36 Uhr:
    Das Forum ist rein aus technischen Gründen besser geeignet über diese Themen weiter zu diskutieren.
    Ich habe daher meine Antwort dort geschrieben:
    http://www.siebenbuerger.de/forum/allgemein/119-aufarbeitung-der-kommunistischen/seite3.html#forumid6647
  • Don Carlos

    85Don Carlos schrieb am 17.12.2008, 11:19 Uhr:
    Was kann „schöngeistige Literatur“ (Belletristik) zur Aufarbeitung und Bewältigung totalitärer Systeme beitragen?
    Wenn Realitäten thematisiert werden - "viel", wenn allerdings nur „Fiktionen“ und Zerrbilder präsentiert werden, Fratzen, die eine gegebene Wirklichkeit gravierend entstellen und bei denjenigen, die sich „objektiv“ informieren wollen (auch über Belletristik) , nur einen „falschen“ Eindruck bzw. entstellte Fakten hinterlassen, dann überhaupt nichts.

    Dann wird Literatur in Sachen Aufklärung und Information im Hinblick etwa auf Kommunismus-Bewältigung kontraproduktiv.
    So ist das leider, verehrter Karl, auch im Frühwerk von Herta Müller, speziell in „Niederungen“ oder in „Herztier“. Sie haben die Verzerrung von Realität, hinter welchem ein verschobenes und verschrobenes „Banat-Bild“ hervorschaut, richtig erkannt.
    Interpreten -im nicht-festegelegten Werk Herta Müllers zu ziemlich über alles frei reden können,ohne überprüfbar zu sein: das mach Spaß! reden in diesem Zusammenhang gerne von „erfundener Wahrnehmung“.
    Dort wo der Verstand aussetzt, dort wo das phantasiereiche Gehirn damit beginnt, neue Realitäten zu eschaffen – oder neue Mythen ( fern angelegt an Friedrich von Schlegels Konzeption einer „neuen Mythologie“ zur Zeit der Hochromantik in Deutschland) , dort werden die alten und wahren Wirklichkeiten „auf den Kopf gestellt“.

    Herta Müller schreibt "einfach darauf los" und kümmert sich überhaupt nicht darum, ob das, was sie schreibt, etwas mit Realität zu tun hat, wie es aufgenommen wird (wirkt!)
    und wie sich das Geschriebene, die Botschaft „politisch“ und „moralisch“ auswirkt.
    In dem Kommentar der „Siebenbürgische(n) Zeitung“ im August, als entzündet an der so genannten „Spitzel-Affäre“ die mittelbar geführte Kontroverse "Carl Gibson versus Herta Müller" ihren Anfang nahm, wurde mir unterstellt, der Neid sei mein eigentlicher Antrieb.
    Dabei waren es der“ entrüstete bankban“, seinerzeit mein schärfster Kritiker, bis zu dem Tag, als er sich entschuldigte, und die damals noch nicht ganz so liebreiche „Dulcinea“, die mir erklären wollten, Herta Müller hätte das „Banat“ überhaupt erst in die Diskussion gebracht!

    (Jawohl, nur leider negativ und entstellt als Sodom und Gomorra!) und sie könne als Schriftstellerin frei über alles schreiben, wozu sie Lust verspüre.
    Das ist so sicher "nicht legitim": Sie kann sehr wohl über ein utopisches Wolkenkuckuckskeim mit grünen oder roten Männlein und Weiblein schreiben, die sich dort wie Hunden und Katzen vertragen und paaren, sie kann über ein unbekanntes „Utopia“ oder „Atlantis“ in der Tat schreiben, was sie will, weil sie niemanden in der irrealen Welt trifft.

    Wenn sie aber über das "Banat" und seine Menschen schreibt ( oder über den rumänischen Alltag), dann trifft sie eben "Menschen" – und sie greift in ihre schon schweren Schicksale ein, was ihr überhaupt nicht zusteht.

    Daran hat Herta Müller wohl nie gedacht.

    Und wieviel „moralische Integrität „ steht einer Person zu, die „nicht“ über die Folgen ihres Handels nachdenkt und „nur so“ darauf los schreibt nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut“?

    Herta Müllers Literatur hat nicht dazu geführt, dass sich die Interpreten beginnend mit F.C. Delius im „SPIEGEL“, mit dem historisch gwachsenen „Banat“ auseinandersetzen bzw. mit dem Alltag, wie er in Siebenbürgen war oder sonstwo in Rumänien,
    sie hat den Blick „nicht etwa kritsch auf „sozialistische Wirklichkeiten“ gelenkt, sondern sie hat nur bewirkt, dass die Interpreten sich auf einer Metaebene
    „nur mit den Thesen ihrer Literatur beschäftigten – an der tatsächlichen Realität vorbei.
    Dem deutschen Professor, der ein geregeltes Einkommen hat, der im Schöngeistigen verweilt, im Elfenbeinturm fern der Wirklichkeit und Existenz, ohne von der nackten Realität in einer Diktatur etwas zu verstehen ( oder begreifen zu wollen), erscheint das legitim, weil es sein Metier ist, sich ausschließlich mit „Literatur „ zu beschäftigen, ebenso wie der“ Berufskritiker“ im Fernsehen, die nie einen Fuß in Siebenbürgen oder im Banat hatten, und ohne ein totalitäres Systems in der Praxis erlebt zu haben.
    Über das leben im Banat selbst hat Herta Müller in „Niederungen“ nie etwas ausgesagt – auch nicht über die Konfrontation des bedrohten Individuums in einer Diktatur ( einmal ganz abgesehen von Fragen der deutsche Identität, Heimat, Exodus etc.)
    Wenn sie dann aber suggerierte, sie schreien über die Verhältnisse im Banat ( und das wurde auch von allen Interpreten so aufgefasst, eben weil dorther stammte), dann verwechselte sie das Sodom-Wolkenkuckucksheim mit dem „wirklichen Banat“, indem sie Dinge in der Raum stellte, die nicht echt waren , zum Beispiel eine Szene aus der „Grabrede“, wo ein angeblicher Zeitzeuge von einer Vergewaltigungsszene berichtet, die sich wohl so oder anders im 2. Weltkrieg irgendwo im osten abgespielt haben soll. Der (eigene ?) Vater, ein deutscher Kriegsverbrecher aus Gehorsam und Schuft, vergewaltigt in einem Rübenfeld eine „Russin“ zusammen mir drei weiteren Kameraden. Dann schieben sie ihr als Krönung der Tat eine Rübe irgendwohin. (Zitiert aus den Gedächtnis).
    „War das echt und so geschehen“, fragte mich ein Leser. Ich antwortete etwas ausweichend: In der Geschichte tritt ein fiktionaler „Zeitzeuge“ auf und berichtet es „so“, als „sei es echt gewesen“.
    Aber war es wirklich echt?
    Historiker, die sich mit den Verbrechen der Weltkriegsarmeen gründlich auseinander setzten, die Zahlen du Falten kennen, sollten darauf antworten. Wie hoch war die Zahl der Vergewaltigungen im 2. Weltkrieg in den Reihen der Wehrmacht bzw. bei der kämpfenden SS, bzw. wie hoch war sie in der Roten Armee, wo von den deutschen Ostgebieten, über Polen bis nach Berlin ungeheure Schreckenstaten bekannt wurden, als sich der von Deutschland aus verbreitete Hass gegen die Deutschen überall in der Welt richtete.
    Selbst an der deutsch-französischen Grenze in Breisach und Umgebung gab es Schändungen deutscher Frauen durch französische Söldner, selbst nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches – nach dem guten alten Recht des Siegers.
    Ist das NS-Bewältigung in „Niederungen“. Mehr fand ich dort nicht vor. Und wo, verehrter bankban, findet dort sonst eine Aufarbeitung der NS-Zeit der Banater oder im Banat statt. „Geschimpft“ hat Herta Müller weitgehend mündlich, weil ihr die Ereignisse der Geschichte fremd sind, ebenso fremd wie viele Details der Literatur- und Sprachtheorie, Bereiche mit welchen sie während der kurzen Studienzeit an der Universität Temeschburg wohl zu selten in Berührung kam.
    Es gibt „Zeitzeugen“ und „Zeitzeugen“! Deshalb wählte ich in meinem Buch – nach langem intensiven Nachdenken, eine andere Konzeption, die eine „Unterscheidung“ zwischen Mythos und Realität, Wahrheit und Lüge, Schein und Sein möglich macht.
    Wer sich ab 1982/1984 mit diesen Fragen kompetent beschäftigte, musste auch auf die entsprechenden Antworten kommen. Einiges ist auch erkannt und gesagt worden. Doch die Position der „betroffenen“ und der „Objektiven“ drang nicht durch.
    Karl hat einige Essenzen gut erfasst und betont. Bankban, seberg und die immer noch bewunderte Dulcinea aber werden noch erkennen müssen, dass das von Herta Müller so gern betriebene „Über den Kamm scheren ( auch außerhalb der Figaro-Salons) nicht das ultimative Maß aller Dinge ist – und das die Diskussion ihrer Literatur erst beginnt – auf literaturästhetischer, analytischer Ebene, differenziert, komparatistisch und methodenpluralisch und unter Berücksichtigung der „moralischen“ Ebene bzw. der „politischen“ Auswirkungen im deutschen Sprachraum und in Rumänien.
    Don Carlos

    P.S. Diese Diskussion, Johann, auf einen "Nebenkriegsschauplatz " zu verlagern, ins "Forum", wo auch mit härteren Bandagen gestritten wird, ist aus meiner Sicht nicht tragbar, weil dort (siehe "Spitzel-Affäre-Kommentare bzw. die Forum-Debatte Herta Müller- Horia Patapieci ) auch über Carl Gibson - Herta Müller , also "über" mich diskutiert wird. In eine Debatte über mich, die der ersten nachgelagert ist, habe ich seinerzeit im August nicht eingegriffen und werde auch diesmal nicht eingreifen.

    Aber ich werde die Debatten von damals aus dem Kommentar, dem Forum, die Wikipedia-Diskussion und Beiträge aus den Blogs von Bukarest bis Stockholm garniert mit einige indirekt zitieretn Kommentarn von Zeitzeugen in einem Werk aufarbeiten, das den voraussichtlichen Titel hat:Von der Wahrheit der Lüge. Der Fall Herta Müller aus politischer und moralischer Sicht - eine öffentliche Angelegenheit" - und dieses auch veröffentlichen, da der moralische Aspekt der Debatte innenpolitische Auswirkungen haben wird.

    Wenn diese Diskussion nicht mehr interessiert, dann wird sie hier "ausklingen". Um es vorweg zu nehmen, danke ich allen direkt und indirekt Beteiligten in der Hoffnung, das wir alle "neue Aspekte" in die Materie einbrachten - und dass wir jenseits von persönlichen Rivalitäten und Anfeindungen, die Gesamtdiskussion "weiter gebracht" haben. In diesem Sinne wünsche ich allen besinnliche und geruhsame Festtage - frohe Weihnachten und ein krisenfestes, segenreiches Neues Jahr.
    Don Carlos.



    [Beitrag am 17.12.2008, 11:36 von Don Carlos geändert]
  • Karl

    86Karl schrieb am 17.12.2008, 11:26 Uhr:
    Für mich scheint das Forum ein Hort zu sein, wo alles und nichts diskutiert wird- dort wäre dann auch diese konkrete Diskussion dann irgendwann im Sande verlaufen.

    Don Carlos: sicher kann man heutzutage in Rumänien einige
    Fakten über die angeblichen hier zu Unrecht bejubelten und geehrten "Dissidenten" dh. über die Künstler und Schrifsteller herausfinden, die mit dem Regime gemeinsame Sache machten, um persönlich davon zu profitieren- ohne Rücksicht auf Verluste anderer Personen.

    Natürlich sind solche Wahrheiten hier nicht willkommen:
    hier hat sich die Intelektuellen & Künstler-Schickeria darauf beschränkt, daß nur sie -allmächtig diktatorisch-die Wahrheit verkünden darf, und daß es daneben keine andere Wahrheit gibt- auch wenn Dokumente aus Osteuropa was anderes belegen sollten.
    Als Folge werden dann die Erfahrungen und Traumen der noch lebenden diktaturgschädigten Osteuropäer und der Landsleute aus Rumänien unter den Teppich gekehrt, totgeschwiegen, und jeder, der es wagt, seinen Fall publik zu machen, verleumdet.
    Die Frankfurter Rundschau und die meisten "Presseorgane" in Deutschland, um den diktatorischen Jargon zu gebrauchen, vertreten diese Standpunkte und sind uns
    Deutschen aus Rumänien nicht freundlich gesinnt, wenn überhaupt wird oberflächlich und oft falsch ein negatives Vorurteil über uns bestätigt.

    Das widerspricht allen Regeln eines Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft.
  • Johann

    87Johann schrieb am 17.12.2008, 12:37 Uhr:
    @ Don Carlos
    Ich glaube du tust dir einen Bärendienst, wenn du das Forum für Diskussionen nicht nutzen willst.
    Das Kommentarfeld ist aus technischen Gründen nur sehr bedingt geeignet, so kann man hier nicht zitieren, keine Links setzten (d.h. auf andere Quellen verweisen), kaum gefunden werden etc.
    Eine Diskussion im Forum versandet nicht einfach so, sondern in diesem Forum deshalb, weil die sachliche Ebene von einigen sehr schnell verlassen wird.
    Danach folgen ironische und zynische Kommentare bis hin zu Beschimpfungen.
  • Don Carlos

    88Don Carlos schrieb am 17.12.2008, 13:16 Uhr:
    Nichts gegen das Forum "an sich", Johann, nur ziehe ich den "Kommentar" der SbZ ihrem "Forum" vor, weil die Kommentare dort als ergänzende "Kolumne" zum Haupartikel unmittelbar die Ausmerksamkeit des Lesers auf sich ziehen und dementsprechend - je nach der Wucht des Paukenschlags in der Anfangssentenz, interessieren oder nicht.

    Zum Forum muss man sich erst vortasten - und das ist für viele "schnelle Internetleser" zu aufwendig.
    Also ist das Forum mehr etwas für eine Insider-Gemeinde, während der Kommentar schnelle Zusatz-Information vermitten kann.

    Über eine Ausweitung der technischen Möglichkeiten ( größere Schrift!!) auch im "Kommentar" sollte man sich die SbZ-Redaktion, die immer schon innovativ fortschrittlich war und es bleiben will, Gedanken machen.

    Und noch ein Wort zu meiner "Motivation", überhaupt hier zu kommentieren:
    Im Gegensatz etwa zu Dauer-Kommentatoren wie Dulcinea, die zu vielen Themen eine "Meinung" haben und diese oft und gern artikulieren, habe ich nur zu wenigen Themen etwas beizutragen, nur zu meinem Kompetenz-Bereich und nur zu Fragen, wo ich tatsächliches "etwas zu sagen habe",
    etwas, was "über die bloße Meinung hinausgeht" und was mehr ist als der schon zweimal gehörte Aufschrei der Dulcinea:
    "Don Carlos, es reicht!"

    An den Administrator bzw. Redaktion: Apropos Zeit zum Korrigieren der orthographischen Fehler bzw. für Ergänzungen: Bei langen Artikeln wie heute, die direkt eingetippt werden, oft unter hoher emotionaler Belastung, reichen die 20 Minuten für die "Korrektur" nicht aus.
    ( Der zweite Teil meines Berichts oben blieb unkorrigiert).

    Sehr dankbar aber bin ich dafür, dass den Schreibenden und Kommentierenden "ausreichend" Raum zur Verfügung gestellt wird -
    und das die Redaktion es ernst nimmt mit der "Meinungsfreiheit"
    und nicht einschreitet und Beiträge "kürzt", zensiert, ampasst etc. -
    wie im August bei der NZZ ( Neue Züricher Zeitung)geschehen, als ich dort einen Kommentar zur Spitzel-Affäre absetzen wollte.
    Der Beitrag war auf 1000 Zeichen beschränkt ( was kann man da schon aussagen! - und was ich dann nach langen Kürzungen veröffentlichen wollte, wurde von der NZZ-Redaktion nicht "freigeschaltet".
    ( Ich monierte seinerzeit den Nichtabdruck meiner Antwort als offener Breif an Herta Müller.)

    Also, verehrter Namensvetter Karl!
    Zensur und Beschneidung der freien Meinung, die uns unsere demokratische Verfassung garantiert, während die Schweizer Verfassung jeden aufruft, von seiner "Freiheit" Gebrauch zu machen, findet nicht nur in der BRD statt, und bei der ehemals liberalen Frankfrter Rundschau,
    sondern auch in der sonst so liberalen Schweiz.

    Auch die Freiheit ist heute nicht mehr das, was sie einmal wahr.

    Und meine "Symphonie der Freiheit"? Eine Don Quichotterie?
    Don Carlos alias Carl Gibson,
    ehemaliger Bürgerrechtler und antikommunistischer Dissident.

    [Beitrag am 17.12.2008, 13:26 von Don Carlos geändert]
  • Elsi

    89Elsi schrieb am 18.12.2008, 00:11 Uhr:
    Don Carlos: "Dabei waren es der“ entrüstete bankban“, seinerzeit mein schärfster Kritiker, bis zu dem Tag, als er sich entschuldigte,"

    Falsch, Don Carlos! bankban entschuldigte sich bei Ihnen für seine Wortwahl, weil diese Sie möglicherweise verletzt haben könnte - explizit jedoch NICHT für den INHALT seiner Aussagen. Bankban - und nicht nur er - hat sich wohlweislich aus der Diskussion zurückgezogen, so, wie ich es auch tun werde, so wie es auch im August passierte, als "die Position der „betroffenen“ und der „Objektiven“" (Hä?) auch nicht durchdrang, wie Sie das formulierten - trotz des verbalen Einpeitschens...
    Eine schöne Restwoche, wünsche ich und ...wünschen Sie sich vom Christkind bloß kein neuen Windmühlen...;-)...


  • Don Carlos

    90Don Carlos schrieb am 18.12.2008, 13:58 Uhr:
    Es gibt da ein paar Ungerechtigkeiten auf der Welt, anbetungswürdige Dulcinea, die auch ein notorischer Idealist wie Don Quichotte nicht ändern kann. Aber er gibt auch Dinge, die er verändert, wenn er eingreift und den Wahrheiten zum Durchbruch verhilft.
    Gestern wurde mir ein Dokument aus den Personalakten der Staatssicherheit der DDR zugesandt, dass einen angeblich regimekritischen Freiheitshelden ( und als solcher erscheint er auch im wikipedia-Portrait)als "Mitarbeiter" der Stasi entlarvt.
    Ist es nun meine Pflicht, auch diesen Dingen auf den Grund zu gehen? Oder sollte das Bundesamt zur Erforschung der Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR - BstU, die so genannte Gauck-oder Birthler-Behörde - dieses Faktum bzw. diese "historische Tatsache" bekannt machen?
    Darf ich solche erhebliche Tatsachen verschweigen, nur weil ich kein Großinquisitor oder öffentlicher Ankläger sein will?
    Wo beginnt und wo endet die Moral? Und die Bürgerpflicht? Don Carlos
  • The history of Igor

    91The history of Igor schrieb am 18.12.2008, 16:10 Uhr:
    Don Carlos, mal abgesehen vom Inhalt Ihrer Beitraege, aber koennten Sie bitte Ihren Sexismus (Dulcinea) vielleicht unterlassen. Es ist peinlich das ganze mitverfolgen zu muessen und miniert auch den Rest Ihrer Beitraege. Danke.
  • Elsi

    92Elsi schrieb am 18.12.2008, 23:01 Uhr:
    Danke, the History of Igor.
  • Don Carlos

    93Don Carlos schrieb am 19.12.2008, 11:57 Uhr:
    Sein angeblicher Stasi-Code-Name lautete "Braun." Es ist angeblich ein Landsmann von uns - einer, der etwas mit Literatur zu tun hat, mit Aufklärung und mit Menschenrechten.
    Gestern, als ich den Beitrag hier ausarbeiten wollte, wurde ich unterbrochen und musste abbrechen. Deshalb hier als Nachtrag noch einige Gedanken dazu.
    Karl verwies weiter oben auf die Notwendigkeit "professioneller Vergangenheitsbewältiger" in der Totalitarismus-Aufarbeitungsdiskussion. Was auch immer unter einem (ironisch gebrochenen) professionellen Aufarbeiter oder Bewältiger verstanden werden kann, die angedeutete Richtung stimmt. Nicht jedermann kann die Materie konspirative Mitarbeit bei Geheimdiensten, Verrat, Mitläufertum etc. kompetent analysieren und beurteilen, aber er kann "als Zeitzeuge", der einiges miterlebt hat, einiges bezeugen, belegen und so zur Diskussion beitragen.

    Deshalb deute ich den Fall "Braun" nur an, ohne zu wissen, ob es überhaupt einen "Fall Braun" bei der Stasi der ehemaligen DDR gibt. Denn das Subjekt aus Rumänien, der für den DDR-Geheimdienst Andersdenkende und Bürgerrechtler aus der DDR-Opposoition bereits in der Gründungsphase ausgehorcht haben soll, könnte eine "falsche Fährte" sein, die eben von der Stasi gelegt wurde, um einen wahrhaftigen Bürgerrechtler zu "diskreditieren"!
    Also Vorsicht mit vorschnellen verdächtigungen!

    In meinem jüngsten Buch habe ich zwei ähnlich gelagerte, höchst "ambivalente" Fälle ausführlich geschildert:
    Den Fall des Dichters Ion Caraion, heute bereits ein "Klassiker" der Rumänischen Literatur;

    und den Fall des Historikers Mihnea Berindei, der lange Jahre die "Liga für Menschenrechte für Rumänien" in Paris geleitet hat, mit der ich einst zusammenarbeitete , und somit mit der "Vertrauensperson" der Ost-Dissidenten Berindei.

    Als dann im Jahr 2006 Vladimir Tismaneanu seine "Kommission zur Aufarbeitung und Analyse der kommunistischen Diktatur in Rumänien" bildete und Mihnea Berindei als prominentes Mitglied berief, fiel aufgrund eines CNSAS-Reports Mihnea Berindei, der Sohn des RKP-loyalen Vorzeige-Historikers Dan Berindei als vermutlicher Securitate-Mitarbeiter auf.
    Mihnea Berindei dementierte und verwies auf eine Fälschung der Unterlagen durch die Securitate.

    Als Ion Caraion im letzten Jahr in dem "Fall Artur" als inoffizieller Securitate-Mitarbeiter enttarnt wurde, war er schon tot - und konnte sich gegen die Vorwüfe, Schriftsteller-Kollegen wie Nicoale Steinhardt und andere denunziert zu haben nicht mehr wehren.
    Fakt ist, Ion Caraion,( der übrigens von Panegyrikus Corneliu Vadim Tudor ( Parteichef Romania Mare) als prowestlicher Poet bei der Securiate denunziert und von Securiate-Schrifstellern wie Eugen Barbu in "Saptamana" öffentlich fertig gemacht wurde,) war als kommunistischer "Illigalist" von den Rechten verfolgt und gejagt worden . Bald darauf wurde er von den Stalinisten zum Tode verurteilt ( obwohl er ein Mitbegründer des RK Partei-Organs "Scinteia" war,).

    Caraion verbrachte 11 lange Jahre in Haft, bevor er vielleicht wirklich gebrochen und zur Mitarbeit gedrängt worden war.
    Im Gegensatz zu anderen aus der Schreibenden Zunft, die "freiwillig" mit den "roten Teufeln" paktieren, handelte ein Ion Caraion, um sein nacktes Leben zu retten - nicht freiwillig und nicht, um Karriere zu machen, sondern aus reiner Selbsterhaltung heraus.

    Wie gehen wir nun, die wir "ohne Schuld" sind - das fragte auch Horia Patapievici in seinem Antwortschreiben an Herta Müller - mit den Schuldiggewordenen um?

    Don Carlos.

    P.S. Apropos "Sexismus", Igor. Einen Kampf der Geschlechter a la Hebbel wollte ich hier nicht austragen, weder seinerzeit im August in der Herta Müller-Debatte, noch hier und jetzt. Die mich einst übel beschimpfende Dame hat - ihrem Vorbild Herta Müller getreu stilistisch folgend die "Ironie" selbst in die Diskussion eingebracht, indem sie mich eine "Don Quichotte" nannte. (Später hat sie mit der Betonung des Krankhaften bei Don Quichotte mich sogar noch zum pathologischen Fall gestempelt.) Als Idealist alter Schule, der seine Ideale auch in einer ignoranten Welt verfolgt, habe ich damit keine Schwierigkeiten, obwohl die "Ambivalenz" dieser ernsthaften Diskussion nicht gut tut - und ein längeres Höhnen und Lachen den seriösen Gegenstand des "Erinnerns und Mahnens" an Opfer des Kommunismus gefährdet hätte. Es war die Dame selbst, die Wind sähte, um dann - mit der gleichen Inkonsequenz wie Herta Müller - Sturm "nicht" ernten zu wollen!
    Wer mit den Mitteln Ironie, Sakasmus, Zynismus operiert, muss sie auch beherrschen - und er muss die Tragweite ihrer Wirkungen einschätzen können. Sonst gibt es böses Blut - wie in "Niederungen"!
    Den "Sexismus"-Vorwurf weise ich deshalb scharf zurück, weil er ( wenn er zutreffen würde)stigmatisieren würde, was nicht in meiner Absicht liegt. Aber ich stimme gerne zu: es reicht wirklich! Deshalb habe ich auch weiter oben frühzeitig gefragt, ob man angesichts von 100 Millionen Opfer, die die kommunistische Weltanschauung weltweit gefordert hat - und nach Auschwitz noch lachen kann. Besinnen wir uns auf die ernsthafte Diskussion - und reden wir wirklich nur, wenn wir, über die bloße Meinung hinaus, auch etwas Essenzielles und Substanzielles beizutragen haben.
    Don Carlos.






    [Beitrag am 19.12.2008, 12:15 von Don Carlos geändert]
  • Karl

    94Karl schrieb am 19.12.2008, 12:21 Uhr:
    Igor erfindet den Sexismus von Don Carlos?
    Dulcinea ist doch ein schöner Name für Elsi- wahrscheinlich kennt weder Elsi noch Igor die Geschichte richtig...

    Auch eine Art, die Diskussion vom Thema abkommen zu lassen... ansonsten hat Igor nichts zum Thema gesagt.
  • Don Carlos

    95Don Carlos schrieb am 19.12.2008, 12:52 Uhr:
    Wer andere zum Gespött machen will, die hohe Kunst ironischer Satire aber nur schlecht beherrscht, wird selbst zum Gespött, wenn er seinen Meister findet.

    Leider hatte ich vergessen, darauf hinzuweisen: Es war die furiose Dame höchst persönlich, die sich ihren weltliterarischen Namen "Dulcinea" zulegte, den jeder kennt - und sie war es auch selbst, als sie sich in der Rolle der Angebeten gefiel, um dann mit(hier deplatierten) Zweideutigkeien diese ernsthafte Diskussion zu sprengen.
    Also schrieb sie ( unter Verkennung des Gesetzes von Ursache und Wirkung)in ihrem Ironie-Verständnis folgendes:

    "Lieber Don Carlos,
    Ihr befreites Lachen hat mich tief gerührt und hat mich ebenfalls befreit! Deshalb will ich Ihnen aus dieser befreiten Stimmung heraus angemessen antworten und danken. Es ist wie ein Wunder, nicht wahr? Da ich der Grund für den Moment der Glückseligkeit nach den düsteren Jahren der Haft und den Jahrzehnten danach, als noch immer kein Lächeln sich über ihren Mund quälen konnte bin, will ich es heute noch einmal versuchen, Sie in Verzückung zu versetzen. Ich bin (na ja, fast) sicher, dass ich es schaffen werde, aus dem, wie Sie es sagen, „alten, verbitterten Mann“ einen alten verbitterten lachenden Mann zu zaubern! Denn ich habe verstanden, Don Carlos (ich nenne Sie insgeheim Don Carlos de la Mancha; ich finde das passt viel besser das hat Größe, das hat Noblesse und ist feurrrrig wie Tabasco…), dass die Aufmerksamkeit, neben dem Applaus, das Lebenselixier des Künstlers ist. Also schenke ich Ihnen meine volle Aufmerksamkeit, denn, ich habe eingesehen, dass ich Sie völlig missverstanden habe. Zu dieser demütigen Einsicht bin ich gekommen, Dank einer Yogaübung ( das wird in Sanskrit geturnt, also quasi in Indogermanisch), welche abwechselnd, im Rhythmus forscher Marschschritte, erst die eine, dann die andere Gehirnhälfte ausschaltet und in den kurzen Augenblicken des Umschaltens, so was wie Visionen freisetzt – ich weiß, Ihnen brauch ich das nicht zu erklären. Da erkannte ich, dass Sie jemand sind, der beseelt ist vom Weltfrieden, von unserer Wahrheitsfindung, von einer friedlichen multikulturellen Gesellschaft, wo das Schaf und der Wolf zusammen liegen ( ich verstand plötzlich, dass Sie diese Art von Wölfen meinten!), Sie sind erfüllt von dem Wunsch nach Aussöhnung und nach Gerechtigkeit, gemessen nach Einem Maß, sie sind der Gute, der, der das Böse auf der Welt bekämpft mit allen Mitteln. Ich habe jetzt auch verstanden was Sie meinten mit dem Aufruf: „Wehret den Anfängen!“. Sie meinten Herrn von Randlage, der ganz am ‚Anfang’ das Wort ergriff, einer dieser Unbedarften, wie Sie sie noch sehr freundlich nennen, gegen deren Existenz wir uns zur Wehr setzen müssen, damit die Welt an uns genesen kann.
    Sie haben eine Mission (eine Mischn, wie wir Jüngeren das nur sehr unzutreffend nennen) zu erfüllen, Sie sind die Stimme der Aufrechten, derjenigen, welche unsere Nation zu neuer Blüte zu verhelfen den Willen hat. Lassen Sie Ihre Stimme klingen, lassen Sie mich mit einstimmen in Ihre Symphonie, lassen Sie Ihre Stimme sich über uns erheben und Ihre Worte werden wirken wie Steine, die man ins Wasser wirft – sie werden Kreise ziehen und den Zukurzgekommenen, den Unbedarften und dem Rest auch, Heil bringen.
    Danke, dass Sie mir den Weg der Gerechten zeigten.
    Für Sie, nur noch
    Ihre Dulcinea

    PS: Na, habe ich zuviel versprochen? :-D "

    Im Zeitalter des Rationalismus ist auch von Nicht-Philosophen ein logisch-diskursives Denken zu erwarten, das konsequent und folgerichtig eine ganze Diskussion lang anhält.
    Die jetzt empfindsam getroffene Dame wollte mich zum Narren ( aus la Mancha)stilisueren - und sie wiederholte den Hinweis auf meien Kampf gegen die (roten) Windhühlen bzw. gegen "neue Windmühlen" bis zum Schluss. - Doch sie hat das "In eine Ecke stellen" meiner Person, ( dazu noch mit pathologisierendem Unterton)nur schlecht umgesezt. Was ist daraus geworden? Was wurde wurde aus dem "indogermanischen" Tanzen bei Abschaltung der Gerhinhälften und des rationalen Denkens? Visionen?
    Sie brachte andere zum Auflachen? Für den Spott brauchte ich selbst nicht zu sorgen! Das erledigte die Dame schon selbst!
    Don Carlos.




    [Beitrag am 19.12.2008, 13:00 von Don Carlos geändert]
  • Elsi

    96Elsi schrieb am 19.12.2008, 20:14 Uhr:
    Don Carlos, Sie erlaubten sich als erster über meinen Beitrag zu lachen. Ja - ich gab Ihnen dann auch wirklich einen Anlass zu lachen. Allerdings - und das i9st der entscheidende Punkt - hatte ich mich aus dieser Rolle zurückgezogen, weil ich weiß, wann es reicht, wann man von der Bühne abgehen muss. (ich sagte: "...werde ich mich diskret aus diesem thread zurückziehen und sie im Kreise Ihrer Applaudierer weiterfeiern lassen." Beitrag 54).Ich habe Sie seither auch nur noch mit Ihrem Nickname angesprochen - eigentlich ein klarer Hinweis, dass es nun genug damit sei. Auch die letzte Bemerkung mit den Windmühlen war in diesem Sinne gemeint. Ein Witz ist nur beim ersten Mal gut, danach wird er schal und schlecht...Es hilft auch kein "Zurückweisen des Vorwurfs des Sexismus", auch wenn er nicht in Ihrer Absicht lag...Natürlich ist die Bezeichnung "Dulcinea" abwertend...
    Karl, Dein "Beitrag" zu diesem Punkt ist äußerst entbehrlich...
    Gruss
    Elsi



    [Beitrag am 19.12.2008, 20:21 von Elsi geändert]

    [Beitrag am 19.12.2008, 20:32 von Elsi geändert]
  • Schnuk

    97 • Schnuk schrieb am 31.01.2009, 20:51 Uhr:
    Elsi, schon wieder ziehen Sie sich zurück? Der Beitrag von Karl ist gar nicht entbehrlich, der ist viel mehr wert als Ihr schwaches Geschwätz. An Don Carlos Intelligenz, Wissen und Lebenserfahrung werden Sie nie
    rankommen, auch wenn Sie so alt sein werden wie er jetzt ist.
    Schnuk.
  • Karl

    98Karl schrieb am 02.02.2009, 07:02 Uhr:
    Bzgl. dem Thema Aufklärung der kommunistischen Verbrechen in Rumänien:
    - sächsische und banatschwäbische Historiker aus Deutschland beschäftigen sich nicht mit diesem Thema (außer H. Baier etc. und Historiker aus Rumänien).
    Sondern meist mit der Zeit bis 1944.
    Warum nicht, obwohl doch diese Zeit nach 1945 für die Sb. Sachsen das Aus bzw. die Auswanderung und Vernichtung der eigenen Identität einläutete?
    - auch die aktuellen Leiter des Verbandes haben hierzu keine klare Position bezogen, sondern lassen lieber Bergel und Co. schreiben.
  • Don Carlos

    99Don Carlos schrieb am 02.02.2009, 11:11 Uhr:
    Wer groß denkt, kann groß irren, sagt der Philosoph Marin Heidegger im Hinblick aus seine Duldung und Billigung der NS-Ideologie im Jahr 1933, als er sich zum Rektor der Freiburger Universität bestellen ließ.
    Kurz darauf aber blickte der deutsche Denker von Weltgeltung zum Himmel und sah an der Fassade des Universitätsgebäudes in rotem Sandstein einen Satz in goldenen Lettern mit den Jesu-Worten: "Die Wahrheit wird euch frei machen".

    Marin Heidegger dachte nach, sah seinen Irrtum ein und trat als Rektor zurück.Er handelte, aber er schwieg, ohne Lust, sich vor der Welt zu rechtfertigen!

    Mircea Eliade, der in seiner Jugend in der Dachmansarde mit Emil Cioran und Eugen Ionescu herum philosophierend fern mit den Ansichten der Legion des Erzengels und der Eisernen Garde sympathisierte, schwieg später wie Heidegger, auch ohne Rechtfertigung der Haltung und ohne sein "Gewissen" für sich und die Nachwelt erleichtern zu wollen - nach der alten Lebensweisheit der Rumänen: Daca taceai, filosopf ramaneai ( Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben.) Ich schrieb darüber in meiner "Symphonie", davon ausgehend, dass einige Tabus der Geschichte nicht ganz übergangen werden dürfen. Nur Bergel und Co schreiben noch darüber, Karl, wunderst du dich? Dieses "Company", unter die du wohl auch mich zählst? ( als "Historiker" mit Diplom, muss noch anwachsen, wenn die Verbrechen der Kommunisten nicht für alle Zeiten unter dem Gras der Zeit verschwinden sollen. Unsere "Identität" leitet sich aus der bewusst gelebten Vergangenheit her - und Zukunft braucht Herkunft, die wahr sein muss und nicht harmonistisch geglättet. Carl Gibson, Zeitzeuge.
  • Don Carlos

    100Don Carlos schrieb am 02.02.2009, 12:03 Uhr:
    Nachtrag: Die Europäische Union hat Mitschuld an der mangelnden Bereitschaft zur Vergangenheitsbewältigung in Rumänien. Solange rumänische Le Pens wie Corneliu Vadim Tudor von der Großrumänienpartei als europäische Politiker salonfähig sind und geduldet werden, solange, politische Demagogen, die gegen Andersdenke frei hetzen dürfen, solange sind wir noch von rechtstaatlichen Verhältnissen in Rumänien entfernt.
    Das Anerkennen der kommunistischen Verbrechen nach 1945 in Rumänien und anderswo im Ostblock ist nicht nur ein „ moralisches“ Problem, sondern es impliziert „Wiedergutmachung“ und Rehabilitation der Opfer „ des totalitären Systems.
    Die Kommunisten und Postkommunisten im Rumänischen Parlament ( zum Teil sogar als Rechtsradikale getarnt) lehnen eine „moralische Wiedergutmachung“ ebenso ab wie eine materielle Wiedergutmachung. Das Thema Restitution, das nicht einmal vor dem Europäischen Gerichtshof angemessen ausgetragen werden kann, verweist darauf.
    Ich persönlich habe keine „materielle Wiedergutmachung“ für die 1979 bei meiner Ausreise erlittenen Vermögensverluste eingefordert – dafür aber beharre ich – als eindeutiges Opfer der Kommunistischen Diktatur unter Ceausescu – auf „symbolischer Widergutmachung „ über „Rehabilitation“. Das Präsidialbüro Traian Basecus ist bisher taub für solche Anliegen!
    Carl Gibson, ehemaliger Bürgerrechtler, Gründer der SLOMR in Temeschburg.

  • bankban

    101bankban schrieb am 02.02.2009, 12:48 Uhr:
    Jener Philosoph hieß Martin und nicht Marin, wie mehrfach geschrieben. (Ob er ein "Denker von Weltgeltung" war, oder doch nur ein mystischer Rauner, dessen Wortanalysen Germanisten nur noch beschmunzeln, sei dahingestellt, auch wenn ich persönlich "SuZ" zu meinen Lieblingswerken zähle). Jene alte "rumänische" Lebensweisheit stammt von den alten Römern und hieß ursprünglich: "Si tacuisses, philosophus manisses" oder so ähnlich. Nix für Ungut, Bankban
  • Don Carlos

    102Don Carlos schrieb am 02.02.2009, 12:58 Uhr:
    Man versteht mich...(trotzdem!) würde Nietzsche ausrufen! Ich habe auf die Korrektur gewartet! danke, bankban! Würden Sie aber jetzt auch noch die "Inhalte" kommentieren?
    Schreibfehler - die man hier nach eienr weile nicht mehr korrigieren kann - sind eine Art "Life-Effekt" und ein Beleg dafür, dass die Kommetare in Echt-zeit geschrieben wurden, also auch mit Emotion und Empathie, aber auch mit kleiner Schrift und belasteten Auegn vor dem Bildschirm.
    Die lat. Version der Weisheit wollte ich den lesern ersparen - ( Die Rumänen hatten einstmals eine humanistische Ausbildung ud haben einiges übernommen!)
    Don Carlos
  • bankban

    103bankban schrieb am 02.02.2009, 13:51 Uhr:
    Liebster Ritter der traurigen Gestalt, was die "Inhalte" angeht, so gibt Ihnen Recht, Ihr kritischer Bankban
  • seberg

    104seberg schrieb am 02.02.2009, 14:35 Uhr:
    dann doch lieber gleich Cervantes, als Don Carlchotte und Sancho Bankba
  • Don Carlos

    105Don Carlos schrieb am 02.02.2009, 19:43 Uhr:
    Wenn Kommentare zwischen Tür und Angel geschrieben werden - wie heute bei mir, dann kommt es vor, dass die Hauptthese auf der Strecke bleibt. Die will ich zur Klarstellung jetzt noch nachreichen:

    Es ist einfacher, das Schweigen dem Reden vorzuziehen.

    Die Folgen sind bekannt.
    Dann wiederholt sich in der Geschichte genau das, was eigentlich verhindert werden sollte.
    Und zurück bleibt das Absurde (a la Ionesco/Becket) oder gar das Nichts ( a la Heidegger "Martin" aus Meßkirch und Todtnauberg! oder Jean-Paul Satre/Camus.
    wenn sich dass pepetuum mobile wiederholt (etwa in diesem langen und doch nicht unnötigen Kommentar, dann kann es es die Ewige Wiederkunft des Gleichen sein, die wirkt wie die Gebetsmühlen auf dem Dach der Welt in Tibet. Die einen lullen sie ein, die anderen rütteln sie auf. Jeder entscheide für sich selbst, wo er steht und was er mit den Dialogen anderer anfängt.
    Don Carlos.
  • Elsi

    106Elsi schrieb am 04.02.2009, 08:37 Uhr:
    Schnuk schrieb:
    "Elsi, schon wieder ziehen Sie sich zurück? Der Beitrag von Karl ist gar nicht entbehrlich, der ist viel mehr wert als Ihr schwaches Geschwätz. An Don Carlos Intelligenz, Wissen und Lebenserfahrung werden Sie nie
    rankommen, auch wenn Sie so alt sein werden wie er jetzt ist.
    Schnuk"

    Hä...was ist das denn...???
    Ach so...das ist der Versuch die eigene Duftnote abzusetzen...Aber um zu markieren, müsste man schon den eigenen Schweif emporheben - dafür fehlten offensichtlich die Kräfte...Übrig geblieben ist das Fauchen eines zahnlosen, stumpfkralligen grauen Panthers...Bitte nicht füttern!

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