6. August 2023

Leserecho: Teutsch-Haus in Hermannstadt leistet wertvolle Dienste

Leserzuschrift zum „Aufruf zur Förderung der Arbeit des Teutsch-Hauses in Hermannstadt“ in Folge 4 vom 13. März 2023, Seite 2 (vgl. auch SbZ Online vom 19. März 2023)
Es sind nun mehr als zwei Jahre vergangen, als überraschenderweise mit dem Ergänzungsgesetz Nr. 130/2020 im August 2020, nach beinahe 30 Jahren, das Entschädigungsgesetz für Unrecht des kommunistischen Regimes in Rumänien Nr. 118/1990, auch auf die Nachkommen der verstorbenen Berechtigten erweitert wurde. In der Regel waren dies die Kinder von Landsleuten, die im Januar 1945 zwangsmäßig zum Wiederaufbau nach Russland deportiert wurden. Eine relativ kleinere Anzahl von Berechtigten waren die Kinder, deren Väter nicht ab dem 23. August 1944 aus russischer Gefangenschaft entlassen wurden. Es folgte die Antragstellung für die Genehmigung der Entschädigungsrente, nicht selten mit unzureichenden Unterlagen, geschuldet auch fehlenden Vorgaben der zuständigen Behörden, mit Auflistung der erforderlichen Unterlagen und den entsprechenden Antragsformularen. Erst nachdem in dieser Zeitung wertvolle Hilfe und Unterstützung mittels fachlicher Beiträge und Empfehlungen veröffentlicht wurden, war es möglich, die Antragstellung einigermaßen den sich stets ändernden Anforderungen anzupassen.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Genehmigung der Rente durch die zu diesem Zweck errichteten Kommissionen bei den Rentenagenturen der Kreise war der genaue Nachweis des Zeitraums der Deportation des berechtigten Elternteils. Diese musste anhand von „offiziellen“ Dokumenten nachgewiesen werden, ein Begriff, der nicht genau definiert war und somit eine gewisse Interpretation ermöglichte. So wurden die ersten Anträge bereits im August 2020 mit einem hohen Maß von Optimismus anhand von Nachweisen aus rumänischen Dokumenten (Adeverințe vom Innen- oder Arbeitsministerium, rumänische Rentenbescheide, Einträge im Arbeitsbuch usw.) gestellt. Diese wurden, soweit mir bekannt, auch problemlos anerkannt. Wie immer gab es die Pessimisten und Skeptiker, die diese Zahlung relativierten, ja sogar in Frage stellten, meistens mit der unsachlichen und erfundenen Begründung von fehlenden ­Finanzmitteln. In letzter Zeit kursiert die ­irrtümliche Meinung, dass die Entschädigungszahlungen für die Kinder der Russlanddeportierten aus EU-Mitteln erfolgen. Tatsache ist, dass die monatlichen Zahlungen aus dem Budget der lokalen Rentenämtern erfolgen, also aus dem rumänischen Haushalt, so wie alle Renten, die in Rumänien ausgezahlt werden.

Nachdem, nach einer relativ langen Bearbeitungszeit, die ersten Genehmigungen erteilt wurden und die ersten Rentenzahlungen erfolgten, wurde der Wunsch dieser Personengruppe immer stärker, auch Teilhaber dieser Zahlung zu werden. In vielen Fällen fehlten aber die entsprechenden Dokumente für den Nachweis der Deportation. Diese sind in der Vergangenheit im Heimatland nie beantragt worden oder wurden in der Annahme, nie wieder gebraucht zu werden, einfach entsorgt.

Die für den Entschädigungsantrag erforderlichen Belege mussten in solchen Fällen nachträglich über die Archive der Securitate C.N.S.A.S. in Bukarest, der Rumänischen Botschaft in Moskau, dem Suchdienst vom Deutschen Roten Kreuz in München oder vom Archiv der Evangelischen Kirche in Rumänien, dem Teutsch-Haus in Hermannstadt, besorgt werden. Bei den genannten Behörden, mit Ausnahme vom Teutsch-Haus, dauert die Bearbeitung relativ lange, nicht selten blieben Antworten aus oder wurden pauschal mit dem Satz versehen: „Gesuchte Person ist in unseren Archiven nicht gefunden worden.“

Die Anträge an das Kirchenarchiv hingegen, egal ob über Brief oder E-Mail, sind im Teutsch-Haus in Hermannstadt innerhalb von wenigen Tagen bearbeitet worden. Das Ergebnis der Recherche wird in kürzester Zeit von der Leiterin des Institutes Dr. Gerhild Rudolf den Antragstellern mitgeteilt und die entsprechende Bestätigung in rumänischer Sprache per Post verschickt. Wenn im Archiv glücklicherweise der Nachweis vom Anfang und Ende der Deportation vermerkt war, kann dieses Dokument direkt in die Antragstellung einfließen. Ist nur der Tag vom Anfang der Deportation im Januar 1945 nachgewiesen, kann diese Bestätigung (Adeverinţă) weitere Dokumente zum Nachweis der Deportation erfolgreich ergänzen. Wie wir im Spendenaufruf des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien erfahren haben, sind im Teutsch-Haus bisher über 6000 Anfragen bearbeitet worden. Dazu sind zwei Personen abgestellt worden, die diese Aufgabe zusätzlich zu den täglichen Tätigkeiten bewältigen mussten. Wie wir alle wissen und es tagtäglich erleben, wird für eine Dienstleistung, egal welcher Natur, eine Gebühr oder sonstige Gegenleistungen erhoben. Dies war bei diesen Bestätigungen nicht der Fall, das Landeskonsistorium hat dies als freiwillige Leistung unseren Landsleuten angeboten und somit zum Bezug dieser Renten verholfen. Deswegen sollten wir den Aufruf für die Unterstützung unserer Heimatkirche entsprechend würdigen. Hoffentlich honorieren die Antragsteller, welche die Leistung vom Teutsch-Haus in Anspruch genommen haben oder noch werden, dies mit einer angemessenen Spende.

Es wird wohl der letzte geschichtliche Akt der Anerkennung des unermesslichen Leides unserer Väter und Mütter sein, die mit der Russlanddeportation verbunden ist. Persönlich möchte ich mich dem Spendenaufruf von Hauptanwalt Friedrich Gunesch und der Leiterin des Teutsch-Hauses Dr. Gerhild Rudolf uneingeschränkt anschließen und mich stellvertretend für die Unterstützung unserer Landsleute im Voraus herzlich bedanken.

Johann Stürner, Ulm

Schlagwörter: Leserecho, Teutsch-Haus, Russlanddeportation

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