31. Dezember 2006

Wiedereintritt in die Evangelische Kirche A.B.

Am Beispiel der Gemeinde Reußen wird gezeigt, wie unser „sichtbares Gepäck“ – Kirchen, Türme, Burgen, Friedhöfe, Pfarrhäuser etc. – in Siebenbürgen erhalten werden kann, indem unter anderem im Ausland lebende Siebenbürger Sachsen wieder in die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien eintreten.
Während unser „unsichtbares Gepäck“ überall erhalten und weiterentwickelt werden kann, liegt der größte Teil des „sichtbaren Gepäcks“ – Kirchen, Türme, Burgen, Friedhöfe, Pfarrhäuser etc. – in Siebenbürgen und muss daher dort gepflegt werden. Die meisten Liegenschaften sind im Eigentum der Evangelischen Kirche A.B. Rumäniens.

Reußen ist eine kleine Gemeinde. In der evangelischen Kirchengemeinde lebten 1941 knapp über 600 Personen, bis 1990 zwischen 300 und 400, zurzeit leben noch 12 Siebenbürger Sachsen in Reußen. Trotzdem leistet die zerstreute Gemeinde einiges:

Die kirchlichen Gebäude wurden Ende der 80er Jahren gründlich renoviert. Die Hauptlast trugen damals die Sachsen in Reußen, Spenden kamen aber auch aus Deutschland.

In den neunziger Jahren wurde neben vielen anderen Arbeiten der Friedhofszaun instand gesetzt und das Pfarrhaus komplett zu einer Begegnungsstätte umgebaut. Diese Arbeiten wurden hauptsächlich von in Deutschland lebenden Reußnern und mit deren Spenden durchgeführt. Katharina Banciu (Kuratorin), Lorenz Bausmerth (Organist) und Andreas Hihn haben diese Arbeiten koordiniert und selber Hand angelegt.

1995 erschien im Wort und Welt Verlag ein umfassendes Heimatbuch (393 Seiten) von Michael Hihn: Das Dorf mit dem schiefen Turm.

Auf dem 6. Heimattreffen am 5. August 2006 in Reußen (in Deutschland fand am 23. September 2006 das elfte Treffen statt) wurde auf dem Reußner Friedhof ein von Johann Lauer senior gestiftetes Denk- und Mahnmal für die Opfer von Krieg und Vertreibung mit dem Titel „Die Toten ermahnen zum Frieden“ errichtet.

Obwohl es eine kleine Gemeinde ist, ist der Zustand der kirchlichen Bauten im Vergleich zu anderen Gemeinden noch gut. Der Renovierungsbedarf ist stetig vorhanden. So ist in diesem Sommer ein Teil der Ringmauer umgefallen und muss saniert werden. Bei einem Unwetter im Oktober dieses Jahres wurde der Blitzableiter zerstört. Die Orgel muss repariert werden. Bis zum 8. Reußner Treffen 2008 will die Gemeinde den Friedhof neu einfrieden. Geplant ist auch die Renovierung der Glocken. Die anderen Arbeiten wurden noch gar nicht in Angriff genommen.
Seit 2002 haben mittlerweile 43 in Deutschland lebende Reußner einen Wiederaufnahmeantrag an die Evangelische Kirche A.B. Rumäniens gestellt und sind mehrmals bei den zuständigen Stellen vorstellig geworden. Bisher gab es keine positive Antwort von der Kirchenleitung.

Folgende Gründe sprechen aus unserer Sicht für eine Wiederaufnahme:

Allein schon aus demographischen Gründen ist die Aufnahme neuer Mitglieder eine dringende Notwendigkeit. 12 evangelische Gemeindemitglieder können unmöglich den Unterhalt der dortigen Bauten bewerkstelligen. Aufgrund der Altersstruktur (die Hälfte sind Rentner) wird die Gemeinde bald noch kleiner. Nur von zwei Personen ist bekannt, dass sie in einigen Jahren nach Reußen zurückkehren wollen.

Das erwähnte „sichtbare Gepäck“ kann in Zukunft nur erhalten werden, wenn wir möglichst viele Menschen für unsere Gemeinde (zurück)gewinnen. Die Zeit drängt. Viele Landsleute haben sich umorientiert, weil sie auch nach dem kommunistischen Zerfall in Siebenbürgen keine Entfaltungsmöglichkeiten sehen bzw. jahrelang vergeblich versuchten, das eigene Haus in Siebenbürgen zurückzubekommen. So haben manche Häuser am Plattensee in Ungarn gekauft. Deren Kinder und Enkelkinder fahren jetzt beispielsweise nach Ungarn statt nach Siebenbürgen.

Es gibt viele Rentner, die in guten finanziellen Verhältnissen leben, viel Zeit haben und sehr an unserem Erbe hängen. Weiterhin hat für viele Landsleute die Mitgliedschaft einen hohen ideellen Stellenwert. Sie werden sich dadurch finanziell und ehrenamtlich mehr einbringen, um ihr Erbe zu bewahren.

Das Evangelische Bezirkskonsistorium A.B. in Hermannstadt hat in einem Schreiben an die Heimatortsgemeinschaften im Oktober dieses Jahres Interesse bekundet, beim Erhalt des „sichtbaren Gepäcks“ auch mit Landsleuten im Ausland zusammenzuarbeiten. Dechant Dr. Stefan Cosoroaba und Bezirkskurator Prof. Friedrich Philipi weisen auch daraufhin, „dass ausgewanderte Gemeindeglieder wieder Mitglieder der lokalen Gemeinde werden“ können. Entweder „die normale (volle) Mitgliedschaft“ kann erworben werden, sofern man mindestens ein halbes Jahr in Siebenbürgen lebt, oder „die Mitgliedschaft im Sonderstatus“. Wichtig ist, dass aufgrund eines Abkommens mit der Evangelischen Kirche in Deutschland „auch doppelte Mitgliedschaft möglich ist. Sie können also auch Kirchenmitglied in der alten als auch in der neuen Heimat sein. In diesem Falle kann allerdings das passive und aktive Wahlrecht nicht ausgeübt werden“.
Hoffentlich wird erstens dieses Angebot von vielen Menschen in Anspruch genommen. Zweitens können sich die 43 Reußner bald auf eine positive Antwort freuen.

Johann Lauer


HOG Reußen feiert elftes Treffen

Das elfte Reußner Treffen fand am 23. September 2006 in Königsbrunn bei Augsburg statt. Im festlichen Pfarrsaal der Sankt-Ullrich-Kirche trafen die Landsleute schon ab 10 Uhr zu einem freudigen Wiedersehen ein. Um 11 Uhr fand der Gottesdienst unter der Leitung von Pfarrer Konrad Rampelt und in musikalischer Begleitung von Lorenz Baussmerth statt. Höhepunkte nach dem gemeinsamen Mittagessen waren der gemeinsame Aufmarsch vieler Reußner in Tracht und der Auftritt der Reußner Tanzgruppe unter der Leitung von Hanni Schwarz. Nach so vielen Jahren war die Aufführung der Tanzgruppe etwas Außergewöhnliches, und es gab zu Recht großen Beifall und Zuspruch.

Zahlreiche Reußner kamen in Tracht zu ihrem Treffen in Königsbrunn.
Zahlreiche Reußner kamen in Tracht zu ihrem Treffen in Königsbrunn.

Am Nachmittag wurde dann bei Kaffee und Kuchen viel erzählt und miteinander geredet. Die „Akustik Band“ sorgte bis spät in die Nacht für gute Unterhaltung, so dass fleißig das Tanzbein geschwungen wurde.

Auch auf diesem Wege sei allen Mitwirkenden und allen, die zum Gelingen dieses Treffens beigetragen haben, gedankt. Bleibt gesund und bis zum nächsten Mal!

Erwin Bottesch

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 20 vom 20. Dezember 2006, Seite 31)

Schlagwörter: Kirche und Heimat

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Neueste Kommentare

  • 19.12.2010, 15:58 Uhr von brady: Sehr gut gedacht das mit Wiedereintritt in die Evangelische Kirche, braucht man da nicht die ... [weiter]

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