25. Juli 2023

Historiker mit Pioniergeist und persönlicher Souveränität: Konrad Gündisch zum 75. Geburtstag

Im Rahmen der AKSL-Tagung in Heltau (siehe Bericht in der heutigen SbZ Online) würdigte Dr. Ulrich A. Wien den siebenbürgischen Historiker Konrad Gündisch anlässlich dessen 75. Geburtstags am 25. Juli.
Ein schon historisches Foto, das wir gerne ...
Ein schon historisches Foto, das wir gerne nochmals in Farbe abdrucken: Dr. Ulrich Wien (r.) mit Dr. Konrad Gündisch (l.) auf der Tagung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde in Nürnberg (Oktober 2013). Foto: Konrad Klein
Lieber Koni! Nach dem Panel mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs melde ich mich noch einmal zu Wort. Die Förderung der verheißungsvollen jungen Leute war und ist eines Deiner großen Anliegen, sie ist aber auch von Dir persönlich praktisch jahrzehntelang verwirklicht und vorangetrieben worden. In diese Fußstapfen wollten Adinel Dincă und ich treten, indem auch bei dieser Tagung die Zukunft der Historikerzunft, zugleich aber auch die Sache selbst in den Fokus gerückt wird. Ich denke, damit haben wir dir eine Freude machen können.

Du bist in der Lage, Begeisterung für die Geschichte zu wecken. Breite humanistische Bildung, der Sinn fürs Detail kombiniert mit dem „Panoramablick“ und Dein Entdeckergeist, Neues interessiert und fruchtbar aufzunehmen – auch technische Innovationen ohne Scheu zu nutzen –, zeichnen dich aus. Stolz auf Siebenbürgen, kritische Empathie mit seiner Bevölkerung und Geschichte, die Du immer auch als modellhaft für Europa und das friedliche Zusammenleben gesehen und vermittelt hast, werden komplementär ergänzt durch Deine christlich-humanistische Grundhaltung mit europäischer Spannweite. Du konntest gleichermaßen den Westeuropäern horizontweitende Perspektiven erschließen wie umgekehrt auch den Siebenbürgern (Exkursionen, diplomatische Reisen …).

Als Vorsitzender des AKSL Hermannstadt möchte ich aber auch Deine Bedeutung für den AKSL kurz – doch ohne Anspruch auf Vollständigkeit – würdigen. Die Formel von Walter König, „auch Bücher sind Lebensmittel“, hatte (während der kommunistischen Herrschaft) einen zeitgenössischen Akzent. In dieser Formel ist das Schlagen geistiger Verbindungen und Brücken über die politischen Grenzziehungen und historischen Gräben hinweg proklamiert worden, welches auch in Deinem Lebensentwurf Geltung findet. Dieser Satz war – wir haben es auf der Tagung bereits gehört und in der historischen Bibliothek in Heltau vor Augen – auch im Blick auf vergangene Zeiten relevant. Diese Aussage gilt aber auch heute – angesichts von Fake-News-Phänomenen und anderen manipulativen Techniken – genauso wie in Zukunft. Diese Grenzen überwindende Haltung, ja, Dein Charisma, Menschen miteinander zu verbinden, und auch Deine Verbindlichkeit sind auch für den Arbeitskreis ein großes Plus.

Die Buchreihen des AKSL wären zwischen 1985 und 2019 ohne Deine Impulse (meist im Hintergrund) und Deine wissenschaftliche Seriosität sowie Deine zahlreichen Redaktionsarbeiten nie zu solcher Wirkung und Anerkennung gelangt. Von 1986-2019 (mit einer freiwilligen Pause von 2010-13) warst Du in dessen Vorstand. Seit 1990 betreust Du die Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde als hauptverantwortlicher Redakteur. Ungezählte Beiträge einzuwerben, aber auch nicht-muttersprachliche Aufsätze veröffentlichungsreif zu redigieren, war und ist eine entsagungsvolle, aber von Dir mit Hingabe betriebene Aufgabe. Hier hast Du nachhaltig die Forschung unterstützt und ermöglicht. Stunden, Wochen und Monate hast Du dafür ehrenamtlich geopfert. Dasselbe gilt auch für die Zeit als stellvertretender Vorsitzender des AKSL (1994-2007), als Du den Vorsitzenden Günther Tontsch und mir mit Rat und Tat zur Verfügung gestanden hast.

Als Ideengeber für und späterer Vorsitzender des Fördervereins hast Du die Siebenbürgische Bibliothek vor der Auszehrung bewahrt und damit das kulturelle Gedächtnis vornehmlich der Siebenbürger Sachsen auf Dauer zu sichern gewusst. Für das Siebenbürgen-Institut, das Deiner Initiative und der von Günter Tontsch seine Existenz verdankt, hast Du als Kulturratsvorsitzender 2013-2016 die Gesamtverantwortung getragen. Als „Schlossherr“ (2016-2021) hast Du mit einem hervorragenden Team die Konzeption des Siebenbürgischen Kulturzentrums Schloss Horneck für über 5 Millionen Euro Realität werden lassen, damit vor allem die Bibliothek, deren Leiter Du 1991-1993 selbst gewesen warst, und das Siebenbürgischen Museum eine zukunftsweisende und dauerhafte, bezahlbare Bleibe finden konnten.

Initiative, Pioniergeist, persönliche Souveränität, politisch-diplomatisches Gespür, Diskretion und Umsicht, aber auch manchmal eruptive Direktheit, doch immer gepaart mit grundsätzlicher Menschlichkeit und gewinnender Freundlichkeit (oder wie Florian Kührer-Wielach meinte: mit altösterreichischem Gemüt, eventuell einem Erbstück Deiner aus Wien stammenden Mutter) sind einige Deiner Merkmale.

Freunde und Vorbilder von Dir sind schon – manchmal viel zu früh – gegangen, Freundschaften sind auch zerbrochen, doch viele Freundschaften tragen bis heute stabile Früchte: so wie es die aktuelle Tagung auch beweist.

Lieber Koni, im Namen der hier Anwesenden und vieler weiterer Menschen, die Dich schätzen, respektieren, auf Dich und Deine Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit vertrauen und Dir in Freundschaft verbunden sind, danke ich Dir für alles, was wir von Dir an Zuwendung, Unterstützung, Kritik und Ermutigung sowie vorbildlich vorgelebten „preußischen Tugenden“ empfangen haben.

Wir wünschen Dir und uns, dass Du auch als Wissenschaftler noch einige Zeit mit Deinem Wissen, mit deinen vielfältigen Kompetenzen und Deiner herzlichen Empathie unserer Gemeinschaft kraftvoll, inspirierend und fördernd erhalten bleibst. Das alles „feiern“ wir mit allem, was in erweitertem Sinn zur „Nahrung“ gehört, also mit Büchern und vielem von Martin Luther Kleinen Katechismus Genannten: Essen und Trinken, Kleidung, anständige Regierung, Frieden, gute Freunde oder auch getreue Nachbarn.

Persönlich wünsche ich Dir ganz herzlich und auch im Sinne der Mitglieder des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde Gottes Segen – ad multos annos!

Dr. Ulrich A. Wien

Lesen Sie auch:

Historiker, Kulturvermittler, Zukunftsgestalter: Konrad Gündisch zum Siebzigsten, SbZ Online vom 25. Juli 2018

Schlagwörter: Kultur, Historiker, Konrad Gündisch, Heltau, Hermannstadt

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