5. November 2014

Evakuierung 1944-1945: Treck auf schlechten Seitenwegen

Seit Wochen ging es im Treck, mit Militärlastwägen, mit der Eisenbahn Richtung Westen. Die Reise war beschwerlich und belastete die Evakuierten nicht nur physisch. Auswahl der Texte: Horst Göbbel. Aus dem Erlebnisbericht des Gärtnermeisters Johann Rauh aus Kyrieleis (1956):
Der Treck wurde immer abgeleitet auf schlechte Seitenwege. Die Hauptstraßen wurden für die zurückflutende deutsche Wehrmacht freigehalten. Die Straßengräben waren stellenweise gefüllt mit toten Pferden und zerbrochenen Wägen. Deutsche Soldaten fuhren oft betrunken jodelnd in unsere Wägen. Als unser Treckführer den Ausdruck „besoffene Schweine" gebrauchte, sprangen gleich drei auf ihn zu und wollten ihn erschießen, was durch Dazwischenspringen unserer Leute verhindert werden konnte. (…)

Die Übernachtungen wurden meistens auf freiem Feld gehalten. Bloß an Regentagen übernachteten wir in Dörfern. Die Übernachtungen im Freien wurden oft durch Kanonendonner gestört, denn die Russen folgten uns auf nicht weite Entfernung nach. Übernachtungen in Gemeinden waren mit Schwierigkeiten verbunden; die Ungarn wollten uns nicht in ihre Höfe hineinlassen, da wurden die Tore von deutschen Soldaten gewaltsam geöffnet, und [sie] führten uns herein. Wir übernachteten auch in zwei deutsch-schwäbischen Gemeinden; auch die waren uns feindlich gesinnt. Wir sagten: „Ihr seid doch auch Deutsche, warum nehmt ihr euch eurer deutschen Brüder nicht an?“
Rast in Westungarn – Foto: Archiv Gundelsheim ...
Rast in Westungarn – Foto: Archiv Gundelsheim

Schlagwörter: Evakuierung, Zeitzeugen, Nordsiebenbürgen

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