2. Februar 2015

Evakuierung 1944-1945: Zwischenstation Niederösterreich

Die im Spätherbst 1944 Richtung Deutsches Reich evakuierten Nordsiebenbürger Sachsen wurden vorwiegend in Orte in Niederösterreich, Oberösterreich und in das Sudetenland eingewiesen. Die Behörden versuchten, für jede Dorfgemeinschaft, für jede Familie Unterkunft und Einbindung in die dortigen Verhältnisse zu organisieren. Der damalige Kreisnotär Thomas Henning aus Heidendorf schreibt in seinem Bericht von 1956 über seine Erfahrungen im Bereich des südmährischen Nikolsburg:
Kaum hatten wir uns in Wartenberg niedergelassen, bekam ich den Auftrag, die Betreuung der im Kreise Nikolsburg (damals Niederösterreich) angesiedelten Flüchtlinge zu übernehmen. Ende Januar 1945 fuhr ich über München und Wien nach Nikolsburg und übernahm den mir zugewiesenen Dienst. Inzwischen waren hier mehrere Gemeinden aus dem Nösnergau – unter anderen auch Heidendorf und Baierdorf aus meinem früheren Kreisnotariat – angesiedelt worden. … Der Kreis Nikolsburg wurde als Endziel und als letzte Station im Zuge der Evakuierung angesehen, woher nach Kriegsende wieder alle in die Heimat zurückkehren sollten. Es galt nun, die Unterkünfte für Menschen und Tiere befriedigend sicherzustellen, den Berechtigten in den Genuss ihrer Unterstützungen zu verhelfen, ihnen die Lebensmittelkarten und Bezugscheine für Kleidungsstücke zu verschaffen. Alle Schwierigkeiten konnten mit Hilfe der Kreis- und Ortsbehörden überwunden und die Probleme zufriedenstellend gelöst werden. Die arbeitsfähigen Männer und Frauen wurden in den Arbeitsprozess eingebaut. In der Landwirtschaft und im Weinbau fanden unsere Bauern eine zufriedenstellende Arbeit, und hierdurch begann sich das anfangs oft gespannte Verhältnis zwischen Gastgeber und Flüchtling zu normalisieren.

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Flucht und Evakuierung, Österreich

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