28. Juli 2015

Etymologischer Spaziergang (14): „Strämpel“, „Stimpel“ und die große Hitze

Die Rekordhitze im Sommer 2015 ist am treffendsten als „apokalyptisch“ zu bezeichnen. Da wir uns hier mit Etymologie befassen, sollte das Attribut wortwörtlich als „enthüllend“ gelesen werden, wobei wir aber auch an das Schreckliche der Apokalypse des Johannes denken mögen.
Wer oder was wird in der Hitze enthüllt? „So et mer af Saksesch“: „De Fess“, und Fuß bezeichnet die ganze Länge des Beines von den Zehen bis zum Gesäß. Soll man (Mann) sich nun über Hot Pants freuen oder sich leidend nach Ländern mit barmherziger Verhüllung durch Pluderhosen, Burka oder Kaftan sehnen? Ich habe nicht gezählt, aber ich habe den Eindruck, dass erfreuliche, schlanke und fesche „Strämpel“ seltener sind als schreckliche „Stimpel“.

Zurück zur Etymologie. Ich wundere mich, dass in deutschen Wörterbüchern zwar das Wort „strampeln“ vorkommt, nicht aber der „Strämpel“. Unsere Etymologen kennen sich mit raren indogermanischen Sprachen aus, nicht aber mit österreichisch-bairischen Vokabeln. Schade! „Hämmern“ ist der Gebrauch des Hammers, „meißeln“ der Gebrauch eines Meißels und „strampeln“ einfach die lebhaft stoßende Bewegung der „Strämpel“, wobei dieses Wort in unserer Mundart vor allem das (gebratene) Hühnerbein und die Beine von Kleinkindern bezeichnet. Die Etymologie von „Strämpel“ ist wohl eindeutig.

Jetzt aber zu den „Stimpeln“. Ein Tisch hat „Stimpel“, auch ein Stuhl oder eine Truhe kann „Stimpel“ haben; die dicksten, unförmigen „Stimpel“ sind die „Klavierstimpel“. Mitleid mit den armen Mädchen, die damit begabt sind und womöglich noch verspottet werden.

„Stimpel“ leitet sich ab von „Stempel“, und damit ist nicht nur das Lieblingsinstrument der Bürokraten gemeint, sondern ein Rundholz oder Vierkantholz als Stütze, etwa im Bergwerks-Stollenbau, oder der Stampfer zum Verstoßen im Mörser. Die germanische Wurzel „stamp“ = „Pfosten“ führt zu „stampfen“ und „Stumpf“.

Wenn die große Hitze vorbei sein wird, können wir beruhigt beim Wort „Strämpel“ an ein knusprig gebratenes Hendel und bei „Stimpel“ an einen stabilen Tisch denken.

Dr. Roland Phleps

Schlagwörter: Etymologie

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Neueste Kommentare

  • 02.08.2015, 22:14 Uhr von mutapitz: In der Druckausgabe der SbZ ;-) [weiter]
  • 02.08.2015, 19:13 Uhr von 7: Leider finde ich hier online nur die Etymologischen Spaziergänge 12 und 14, wo sind denn 1 bis 11 ... [weiter]
  • 30.07.2015, 11:30 Uhr von rolandsky: Sehr geehrter Herr Dr. Phleps, die "Etymologischen Spaziergänge" lese ich immer mit großem ... [weiter]

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