24. Oktober 2016

Es lebe die Freundschaft: Peter Maffay entfacht Tabalugafieber in München

Mit dem sechsten Teil des 1983 entstandenen Rockmärchens Tabaluga hat Peter Maffay tausende Zuschauer in der fünfmal ausverkauften Olympiahalle in München verzaubert. Das Rockmärchen steht unter dem Motto der Freundschaft und bedient sich altbewährter, jedoch zugleich wirkungsvoller Symbole: Arktos, der Herrscher der Eiswelt, verkörpert Gefühlskälte, der Eisgeneral beansprucht den „Schlüssel zur Macht“, die Ameisen verkörpern Fleiß und Ordnung, die Bienen Frohsinn, die Schildkröte Nessaja steht für Weisheit, der Glückskäfer hat eben „das Glück gepachtet“, der Vulkan ist die Kraft, die schließlich alles zu zerstören droht, der kleine Drache Tabaluga weigert sich hartnäckig, erwachsen zu werden. Wie eine Brücke erweist sich die Freundschaft schließlich als Retterin, die Gegensätzliches miteinander verbindet und den Untergang verhindert.
Eine aufwändige Produktion von beeindruckender Vielfalt und Perfektion kommt dabei zum Einsatz: ein modernes Bühnenbild mit einer Hauptbühne und vier Nebenbühnen, die durch Laufstege verbunden sind, eine riesige LED-Leinwand als Kulisse, wirkungsvoll eingesetzte High-End Audio- und Videotechnik, fantasiereiche Kostüme und insgesamt 180 Mitwirkende, die mit Musik und Tanz die Magie der Märchenwelt in die Halle bringen.

Während über die LED-Leinwand beschauliche Bilder von Grünland flimmern, taucht plötzlich wie aus dem Nichts Peter Maffay am Steuer eines VW-Käfers im Go-Kart Format auf der Bühne auf und dreht gemeinsam mit dem kleinen Drachen Tabaluga eine fröhlich ausgelassene Begrüßungsrunde. Wir erfahren, dass der kleine Drache Tabaluga sein Gedächtnis verloren hat und nicht mehr weiß, wer er ist. Der Glückskäfer hilft ihm dabei, sein Erinnerungsvermögen wieder zurückzugewinnen, indem er ihn vertraute Lieder aus früheren Jahren hören lässt. Unterstützung erfährt der kleine grüne Drache auch von Peter Maffay, der ihm hilft, die Antwort auf die Frage „Wo komm ich her?“ zu finden. Mit verspielten Sambarhythmen und sonnigem Gemüt sprechen die Bienen Tabaluga Mut zu, die Quallen ermutigen den Drachen, keine Angst zu haben, die Hasen rocken ausgelassen und selbst die Schnecken tanzen zu Reggae Rhythmen. Ja, „dafür sind Freunde da“, „wenn es dir gut geht oder schlecht“. Während Maffay das Lied „Ich bin Tabaluga“ singt, schwebt der grüne Drache im Sechsachteltakt durch die Lüfte und freut sich darüber, dass er wieder ganz der Alte ist. Und die Eisprinzessin Lilly (alias Linda Teodosiu) macht Tabaluga ein empathisches musikalisches Geständnis: „Ich fühl wie du“ und der Drache (alias Peter Maffay) singt mit ihr mit.
Peter Maffay und die Bienenkönigin in dem neuen ...
Peter Maffay und die Bienenkönigin in dem neuen Tabaluga-Musical. Foto: © Candy Back/Red Rooster
Die Darsteller glänzen in ihren Rollen – allen voran Peter Maffay, der in exzellenter stimmlicher und körperlicher Form bei rockigen Titeln sowie bei gefühlvollen Balladen Bestleistung abliefert und beim Publikum begeisterten Applaus erntet. Maffays Band klingt satt und kompakt, wobei sie bei sparsam arrangierten langsamen Nummern gefühlvoll und nuanciert spielt. Rufus Beck überzeugt als Zauberer und Glückskäfer, Uwe Ochsenknecht in einer Doppelrolle als leidgeplagter Pechvogel mit Gipsbein und Krücke sowie in selbstironischer Pose als Kameliendame und arabische Wahrsagerin, Nastasja Marincovic als gelenkige Spinne und Bienenkönigin zugleich, Heinz Hoenig als der Schneemann Arktos, Gitarrist Peter Keller als singender Hase, der das Mikrophon in einer riesigen Möhre versteckt hat, Alex Diehl als Gastsolist und Alex Wesselsky als machtbesessener Eisgeneral, die Tänzer und Tänzerinnen überzeugen durch Professionalität und den Spaß, den sie auf das Publikum übertragen. Musikalisch ist es Maffay hervorragend gelungen, acht Tabaluga-Klassiker früherer Ausgaben mit fünf neuen Liedern wirkungsvoll in ein stimmiges Gesamtkonzept einzubinden. Und mit dem Album zu seinem aktuellen Tabaluga-Musical hat Peter Maffay seinen eigenen Rekord übertroffen: Nunmehr 17 seiner Alben erreichten in Folge Platz 1 der deutschen Albumcharts.

Musik, Kostüme und einzelne Szenen sind abwechslungsreich und geradezu perfekt aufeinander abgestimmt. Satte Rockklänge alternieren mit sanften Balladenklängen, raffinierte Arrangements wechseln sich ab mit sparsam instrumentierten Liedern oder sind gerade nur auf Klavierbegleitung reduziert, aber umso wirkungsvoller, dass man beim Zuhören den Atem anhalten will, etwa bei den Titeln „Feuer und Liebe“ und „Ich würd es immer wieder tun“. Musikalische wie auch visuelle Überraschungsmomente lassen auch nicht auf sich warten. An mehreren Orten in der Halle schießen plötzlich Flammen aus dem Boden und auf der LED Leinwand spuckt ein Vulkan glühend heiße Lava. Die Welt droht unterzugehen. Doch Arktos hat die rettende Idee, die Tabaluga bereitwillig annimmt. Grünland muss gerettet werden. Und mit vereinten Kräften geht das am besten. Eine Schneekanone kommt zum Einsatz, die Gefahr ist gebannt und aus ehemaligen Widersachern sind Freunde geworden, die gemeinsam das Böse abgewehrt haben.

Nicht nur die Kinder, sondern auch alle Erwachsenen erhalten an diesem Abend ein wertvolles Geschenk: Sie dürfen sich drei Stunden lang wieder wie Kinder fühlen und nachempfinden, wie es ist, wieder vollkommen zu sein. Maffay verabschiedet die Zuschauer mit seinem berührenden musikalischen Geständnis „Ich wollte nie erwachsen sein“ und spricht so manchen Erwachsenen aus der Seele. Denn, wie Erich Kästner es formulierte, „nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch“.

Ricky Dandel

Schlagwörter: Maffay, Musical, München

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