29. Mai 2019

Antisemitismusbeauftragter Klein löst mit Kippa-Warnung Kontroverse aus

Berlin - Artikel 4 des Grundgesetzes garantiert die Religionsfreiheit als individuelles Grundrecht. Kann das Tragen der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung, der Kippa, in Deutschland dennoch gefährlich sein? Leider ja, beklagt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein. „Ich kann Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen.“, sagte der einer siebenbürgischen Familie entstammende 51-jährige Karrierediplomat den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Als Grund führte Klein eine „zunehmende gesellschaftliche Enthemmung und Verrohung“ an, zu der das Internet und die sozialen Medien wie auch „die fortgesetzten Angriffe auf unsere Erinnerungskultur“ beigetragen hätten. Etwa 90 Prozent der antisemitischen Straftaten in Deutschland seien dem rechtsradikalen Umfeld zuzurechnen. Muslimische Täter seien häufig beeinflusst von arabischen Sendern, „in denen ein fatales Bild von Israel und Juden“ vermittelt werde.
Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung ...
Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Bildquelle: BMI
Die Äußerungen des Antisemitismusbeauftragten lösten in Politik und Medien eine heftige Kontroverse aus. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin reagierte „zutiefst schockiert“ auf Kleins Empfehlung, diese sei „eine Kapitulation vor dem Antisemitismus und ein Eingeständnis, dass Juden auf deutschem Boden wieder nicht sicher sind“. Der Publizist Michel Friedman sprach gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) von einem Offenbarungseid des Staates.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Interview mit dem US-amerikanischen Nachrichtensender CNN Antisemitismus scharf verurteilt. Dieser habe in den vergangenen Jahren in Deutschland zugenommen. Gerade der jungen Generation müsse immer wieder gesagt werden, „was die Geschichte an Schrecklichem hervorgebracht hat, was von deutschem Boden ausgegangen ist“, betonte Merkel. So müsse auch vermittelt werden, „warum wir keine Toleranz zeigen gegenüber Verletzungen der Menschenrechte“.

Zustimmung für Kleins Warnhinweis äußerte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, auf dpa-Anfrage. Es sei „zu begrüßen, wenn diese Situation auch auf höchster politischer Ebene mehr Aufmerksamkeit erfährt“. Die Bekämpfung des Antisemitismus müsse sich die ganze Gesellschaft zu eigen machen, forderte Schuster.

Bundesaußenminister Heiko Maas bekräftigte auf Twitter: „Niemand soll seinen jüdischen Glauben jemals wieder verstecken müssen – weder in Deutschland noch anderswo“. Übereinstimmend unterstrich Bundesinnenminister Horst Seehofer, es sei nicht hinnehmbar, wenn Juden ihren Glauben verstecken müssten. Der Staat habe zu gewährleisten, „dass die freie Religionsausübung ohne Einschränkungen möglich ist“.

Zur Klarstellung erklärte Felix Klein gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, er habe mit seiner Aussage bewusst aufrütteln und eine Debatte über die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland anstoßen wollen. Selbstverständlich sei er der Auffassung, „dass es nirgendwo in Deutschland No-Go-Areas für Juden oder Angehörige von anderen Minderheiten geben darf“.

Christian Schoger




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Schlagwörter: Felix Klein, Beauftragter, Bundesregierung, Deutschland, Berlin, Antisemitismus, Bundeskanzlerin, Angela Merkel, Bundesaußenminister, Heiko Maas, Bundesinnenminister, Horst Seehofer, Zentralrat, Juden, Josef Schuster, Kippa, Israel, Muslime, Friedman

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