19. März 2024

Günter Czernetzkys Filmabend in Wien

Den in Schäßburg geborenen und an der dortigen Bergschule seine gymnasiale Ausbildung absolviert habenden Filmemacher Günter Czernetzky muss man wohl, zumal in siebenbürgischen Kreisen, nicht mehr vorstellen. Beruflich lehrte er an verschiedenen Hochschulen und Instituten, zuletzt auch an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt, war aber vor allem langjährig freischaffender Regisseur und Autor einer markanten filmischen Produktionsreihe, die nicht nur beim siebenbürgisch-sächsischen Publikum Anklang fand.
Günter Czernetzky, 2024 aufgenommen von Anne ...
Günter Czernetzky, 2024 aufgenommen von Anne Vaisse
Er beschäftigte sich darin dokumentarisch vor allem mit der historischen Realität seiner verlorenen, jedoch nicht verdrängten rumäniendeutschen Heimat in Filmen, die das Thema der Deportation umkreisen: „Donbass-Sklaven“, „Workuta 1953“, „Deutsche im GULAG“, „Schicksal der Donauschwaben“, „Arbeitssklaven unter Hitler und Stalin“, „Oh Jammer im Harbachtal“, „Gottes Mühlen mahlen im Haferland“, „Nachbarn im Krautwinkel“, „Die gute alte Zeit“ und „Hoffnungsschimmer im Alten Land“. Geleitet war er dabei, eigener Aussage nach, stets von seinem künstlerischen, aber auch dokumentarisch der Wahrheit verpflichteten Vorhaben, die Leidensgeschichte, die Krieg, Deportation und letztlich das Verlassen der heimatlichen Gefilde mit sich bringen, für die jetzige und künftige Generationen festzuhalten. So eben auch an diesem Freitagabend, dem 24. Februar, mit dem aufrüttelnden Film „Die Russen kommen“.

In einer großartigen Montage von Bildern der Kriegsschauplätze und der Wiedergabe propagandistischer Wochenschauen jener Zeit, verflochten mit den erschütternden Aussagen von Zeitzeugen gelingt es ihm, ein eindrückliches Gesamtbild der kurzfristigen Vorbereitungen des großen nordsiebenbürgischen Flüchtlingstrecks 1944 zu bringen, wie auch den immensen Gefahren, die durch feindlichen Beschuss und nicht selten durch Hunger und Kälte, durch Abweisung und Krankheit zum Tod innerhalb des Emigrantenstromes führten, einer Menschenschlange, die sich in unendlich scheinenden Monaten quer durch Ungarn und Österreich bis nach Deutschland dahin wälzte, ein Denkmal zu setzen. Es waren gerade die kleinen Details, vom plötzlich verstorbenen Kleinkind bis zu den durch Tiefflieger zerschossenen, im Rucksack befindlichen Porzellanteller, wobei die Familienmitglieder unverletzt blieben, die das, von einer unheimlichen, dazu passenden Klangkulisse begleitete Geschehen so authentisch erscheinen ließen.

Wir, mit der Gnade der späten Geburt Aufgewachsenen, die zwar vom Exodus der Nordsiebenbürger 1944 gehört hatten und dachten, es sei ein teils mit Ochsenwagen, teils motorisierter aber geordneter, von schützenden deutschen Einheiten begleiteter und in sichere Gebiete ohne Kriegsgeschehen führender Rückzug gewesen, wurden hiermit eines Besseren belehrt. Wir dankten jedenfalls Günter Czernetzky dafür, den nicht gerade kurzen Weg von Berlin nach Wien nicht gescheut und uns diese besondere filmische Einsicht in die Vergangenheit unserer Ethnie geboten zu haben, und gaben der Hoffnung Ausdruck, ihn mit seinen Werken in nicht allzu ferner Zukunft als Gast wieder empfangen zu dürfen.

Kurt Thomas Ziegler

Schlagwörter: Filmvorführung, Czernetzky, Wien

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