4. Januar 2007

Das verfallende Hermannstädter Strandbad wurde 70

Heute, mitten in der Europäischen Kulturhauptstadt 2007, verfällt das erste olympische Sportbad Rumäniens. Nur noch der „Robert-Phleps“-Sprungturm (nach dem Vater des Stifters Dr. Erich Phleps benannt) setzt ein Zeichen. Die deutsche Gedenktafel wurde von der Verwaltung in den siebziger Jahren entfernt. Seine große Zeit hatte das Sportbad von seiner Eröffnung am 12. Juli 1936 bis Mitte der siebziger Jahre. Und heute: Nachdem der CSM (Arbeitersportklub) und die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien 2004 die Rückerstattung beantragt haben, bleibt Bürgermeister Klaus Johannis nur noch der Ausweg: kein Geld, kein Baugrund („Tribuna“ vom 9. Juni 2006).
Vor Jahren sah das noch anders aus: Katharina Valente grüßte aus dem Lautsprecher, die Wasserspringer und Schwimmer trainierten, man spielte Fußball, Zaungäste tummelten sich an den Tennisplätzen, und dann waren da noch die unvergessenen Stars des Wassersports. Bei Lisbeth Bock (verh. Folkert) begann es mit einer vom Vater finanzierten Fahrt nach Bukarest zu den Landesmeisterschaften, in Begleitung dreier Jungen: Klaus Wittenberger, Herbert Wittenberger und Norbert Hatzak. Sie alle, Jahrgang 30 bis 32, wurden später Meister des Sports und schrieben Sportgeschichte für Rumänien. Lisbeth Bock brach zwischen 1948 und 1956 alle Freistilrekorde über 100 m, 200 m und 400 m, schwamm für Klausenburg, Temeswar, trainierte bei der Elitemannschaft CCA (Armeeklub), um nach 1953 in Hermannstadt und später in Kronstadt die „Schwimmjugend“ zu trainieren. Und dann Felix Heitz, der „Lixi“ (Jahrgang 1929). Mit gewaltigem Beinschlag und Armzügen war er jahrelang d e r Brustschwimmer des Landes, Meister des Sports, im Kader der CCA, später als Trainer und Diplomsportlehrer an der Sportschule in Hermannstadt und Initiator der Galatzer Schwimmschule.

Wasserspringer im Hermannstädter Strandbad: die Brüder Klaus und Herbert Wittenberger sowie Norbert Hatzak, etwa 1953. Foto: Emil Fischer
Wasserspringer im Hermannstädter Strandbad: die Brüder Klaus, Herbert Wittenberger sowie Norbert Hatzak, etwa 1953. Foto: Emil Fischer

Wer von den heute 60- bis 70-Jährigen kannte nicht Hubert Bock (1938-1983), Ausnahmeschwimmer, ein Sonnyboy, der als erster Freistilschwimmer Rumäniens die 100 m unter 60 Sekunden schwamm? Als Co-Trainer der ersten und letzten „Dinamo“-Wasserballmannschaft Hermannstadts, ersetzte er oft den ehemaligen Wasserballer und Trainer Josef Szigheti (Sternberg), auch „Puffi-Bacsi“ genannt, der vom Startblock Anweisungen gab und seine obligate „franzelă“ (Wecken) mit „Polnischer“ verzehrte. Mit Blick auf seine Zöglinge im braunen, aber gefilterten Zibinswasser. Seine Wasserballer lagen ihm am Herzen, wenn auch nur kurze Zeit, bis die 15- bis 18-Jährigen eigene Wege gingen und „Dinamo“ sich 1960 auflöste. Geblieben sind die heute 63- bis 65-jährigen Wasserballfans, verstreut in Rumänien, Deutschland und Israel: Mircea Albu, Adrian Baruch, Kuki Dimitriu, Detlef Gloos, Eberhard Hartmann, Manfred Huber, Franz Koch, Günter Schuster und Klaus Thalgott.

Die oben genannten Wasserspringer waren ihrer Zeit voraus. Neben ihren Rekorden präsentierten sie die ersten Synchronsprünge vom 5-m-Turm und später vom 10-m-Turm zwischen den Wettkämpfen. Erst 2000 wurde daraus eine olympische Disziplin. Ihr Foto bei den Weltstudentenmeisterschaften in Bukarest 1952 ging durch die internationalen Presseagenturen: Klaus und Herbert Wittenberger sowie Norbert Hatzak. Die beiden Letztgenannten verbanden den Sport mit ihrer beruflichen Karriere als Schwimm- bzw. Wasserspringtrainer und als Diplomsportlehrer auch in Deutschland. Hatzaks Talente kamen nach seiner Devise „wie die Frösche an den Teich“: Ion Miclea, Ghita Banu, Nora Miess (verh. Huber) und Ion Ganea, die letzten drei Meister des Sports der zweiten Generation. Sie belebten das Strandbad: Ion Miclea mit seinem „Sprung des Grafen von Monte Christo“ oder der Modellathlet Gerhard Bock und Nora Miess (Landesmeisterin vom Turm 1962, 1963) im Handstand am 10-m-Turm – ohne Wasser! Auch sie blieb dem Wassersport treu und trat in die Spuren ihres Trainers und Kollegen als Diplomsportlehrerin und ist seit 1979 Trainerin der Wasserspringer im Freiburger Turnverein. Die längste Rekordserie legte aber Ion Ganea (heute Geretsried) hin. Zwischen 1962 und 1976 dominierte er vom 3-m-Brett und vom Turm bei Junioren und Senioren. Seiner Leistung und seinen Vorbildern verdankt Hermannstadt das neue Sportbad im Erlenpark, das nach 1978 entstand und, man staune, aufgrund bestehender „Funktionsschwächen“ vom 1905 gebauten Volksbad ersetzt wird.

Zur dritten Generation der Hermannstädter „Strandspringer“ zählt (bis 1977 von Nora Huber trainiert) Sanda Hociota (verh. Chereches, Jahrgang 1958). Bevor sie ihr Sportstudium absolvierte, um an der Sportschule zu unterrichten, war sie als Landesmeisterin vom 3-m-Brett von 1974 bis 1985 erfolgreich, nahm an der Olympiade in Moskau 1980 teil und war mit Bronze bei den Universitätsmeisterschaften in Bukarest 1981 erfolgreich. Was Hermannstadt mit seinen 170 000 Einwohnern anbelangt: Sollte auch noch das Weltkulturerbe für Hermannstadt winken, wäre ein neues/altes Strandbad unabdingbar; das Rathaus ist in der Pflicht!

Manfred Huber

Schlagwörter: Hermannstadt, Sport, Sportgeschichte

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