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Thema: Kommentar: Wer ist Deutscher? - Versuch einer Begriffsbestimmung
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Von Broos bis Draas Mitglied Beiträge: 18 Von: Registriert: Nov 2002
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erstellt am 16.11.2002 um 02:25 Uhr
Sehr geehrter Herr Roth,ich habe ihren Artikel "Wer ist Deutscher? - Versuch einer Begriffsbestimmung" sehr interessiert und aufmerksam durchgelesen. Interessiert hat mich vor allem, wie Sie dieses, bereits in den unterschiedlichsten Nuancen gebrauchte und leider ebensooft "mißbrauchte" Thema darstellen - und auch, was wohl der Zweck ihres Artikels insgesamt sei, bzw. an wen Sie sich damit richten. Ein sinnvoller Zweck außerhalb der Information ist mir persönlich beim Durchlesen nicht eingefallen, und was die Begriffsbestimmung an sich betrifft, würde ich gerne ein paar kritische Anmerkungen und Anregungen zu ihrem Artikel wagen. Zunächst denke ich, dass Sie zurecht einen Unterschied zwischen Staats- und Volkszugehörigkeit machen. Ein Staat muß seine Bürger, allerdings unberücksichtigt ihrer Volkszugehörigkeit(!), auf ihre Loyalität gegenüber den Grundsätzen des respektiven Staates verpflichten, wenn er ihnen die Staatsbürgerschaft zuerkennt. Ein Staat ist territorial und rechtlich verfasst und sagt somit noch nichts über Nationalitäten aus, die sich in dem derart gesetzten Rahmen aufhalten oder leben. Volkszugehörigkeit wird meines Erachtens v.a. sozial und kulturell bestimmt. Ich gebe ihnen vollkommen recht, wenn sie die gemeinsame Sprache als konstitutives Identitätsmerkmal benennen. Bei den anderen von ihnen genannten Aspekten kommen mir aber begründete Zweifel, ob sie so zutreffen. Zunächst: Volkszugehörigkeit sollte nicht über die Religion bestimmt werden. Natürlich gibt es gewisse geschichtlich gewachsene Übereinstimmungen, die man nicht wegleugnen kann (z.B. bei den Siebenbürger Sachsen), aber, andersherum betrachtet, sind doch die Religionsgemeinschaften, Konfessionen, Denominationen - zumal die christlichen - auf keinen Fall auf eine bestimmte Volksgruppe beschränkt. Ein "Deutscher" darf doch katholisch, evangelisch, Atheist oder ganz nach Belieben religiös sein, oder? In ihrer Argumentation spielt des weiteren die gemeinsame historische Vergangenheit, sowie Brauchtum und Tradition eine Rolle. Die gemeinsame historische Vergangenheit ist m.E. auch nicht notwendig konstituierend für die Volkszugehörigkeit. Sicherlich ist man z.B. Deutscher geworden, indem die Eltern und Vorfahren Deutsche waren - das ist der einfachste Weg - aber man muss und kann, denke ich, auch einen bewußten Entschluß dazu fassen, denn sonst wäre jeder Mensch schon durch die Ümstände seiner Geburt festgelegt. D.h. es geht darum, sich zu einer bestimmten Volksgruppe zugehörig zu fühlen, und, ganz wesentlich auch, sich von der entsprechenden Gruppe akzeptiert und angenommen zu wissen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass z.B. eine Türkin, die in Deutschland geboren wurde, sich als Deutsche fühlt; leider sind andersherum die Grenzen oft sehr eng gestellt, denn mit der Akzeptanz der Deutschen (gilt übrigens auch für andere Volksgruppen) gegenüber Menschen, die ihre Volkszugehörigkeit durchaus bewußt ändern wollen, ist es nicht so weit her. Wir vergessen leicht, dass zum eigenen Gefühl und Bewußtsein, z.B. eine Französin, oder ein Siebenbürger Sachse zu sein, auch der Wille und die Bereitschaft dieser Gruppe dazugehört, mich zu akzeptieren oder auch neu in die Volksgemeinschaft aufzunehmen. Freilich, ist man erst einmal bewußt einer Volksgruppe beigetreten, und ich denke das geht, dann übernimmt man auch Verantwortung z.B. für die Kultur oder Geschichte, die mit der Gruppe verbunden ist. Tradition und Brauchtum sind wichtige Faktoren, aber durchaus flexibel zu verstehen. Das ist m.E. kein Widerspruch, denn Tradition und Brauchtum dürfen nicht auf einem gewissen Stand erstarren, indem man z.B. ein für alle Mal festlegen will, was "typisch deutsch" sei. Darf ein Deutscher z.B. keine englischsprachige Musik hören oder französischen Wein anstatt bayerischem Bier mögen? Verliert man durch Verzicht auf Brauchtum und Tradition seine Volkszugehörigkeit? Nun, auf kurze Sicht bestimmt nicht; mittel- und langfristig gehört ein gewisser Rahmen unbedingt zur Identitätsbildung dazu, der m.E. allerdings flexibler als bislang zu gestalten sein wird. Ganz und gar unangebracht finde ich ihre Argumentation hinsichtlich "biologisch-konstitutionellen-rassischen Elementen". Ich kann die begriffliche Konstruktion schon nicht nachvollziehen. Was sind "biologische" Elemente in diesem Zusammenhang? - Oder wollten sie nicht nicht einfach nur "rassisch" stehen lassen? Gerade in diesem Punkt mit den "biologisch-konstitutionellen-rassischen Elementen" muss ich ihnen widersprechen. Wohl gibt es genetische Unterschiede bei den Menschen, die sich auf das Äußere, den Körperbau usw. auswirken, aber diese lassen sich doch nicht auf eine Volkszugehörigkeit festlegen. Wo dies geschieht, ist es ein Exklusivverständnis einer Gruppe, d.h. es werden mit diesem Argument allein andere Menschen aus der Gruppe ausgeschlossen. Das ist tatsächlich gefährlich und schon sehr mißbräuchlich und menschenverachtend praktiziert worden. Also, ich meine, eine Volksgruppe, sollte von ihrem Selbstverständnis her offen sein, jeden aufzunehmen, der sich bewußt zur Sprache und Kultur der Gruppe bekennt (Kultur ist hier nicht gleich zu setzen mit 'Bier trinken' und 'Volkstänze veranstalten'). Ein Exklusivverständnis ist m.E. oft von egoistischen Zielen geprägt und für das Überleben einer Volksgruppe nicht zukunftsfähig.
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seberg Mitglied Beiträge: 40 Von:Hessen Registriert: Okt 2002
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erstellt am 16.11.2002 um 11:21 Uhr
Echt DEUTSCH von Broos bis Draas: Bei verschlossenem Visier Zwanghaft-korrekte Vernünftelei, Viel SPASS dann Bei weiterer Rechthaber- und Besserwisserei Auf in den Kampf! Ein Stoß, ein Stich, ein Schrei!
[Dieser Beitrag wurde von seberg am 16.11.2002 editiert.] IP: gespeichert |
klaus.danielis@gmx.de Mitglied Beiträge: 0 Von: Registriert: Dez 2004
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erstellt am 17.11.2002 um 10:21 Uhr
Hallo seberg, Ihren letzten Beiträgen folgend, drängt sich mir der Eindruck auf, dass sie hier gar nicht disskutiern möchten sonder, genau das Gegenteil bewirken wollen und jegliche Debatte abwürgen müssen. Was soll das? Dieses hier ist ein Diskussionsforum wo Ideen, Gedanken und Erfahrungen ausgetauscht werden. CiaoIP: gespeichert |
roman-diesel Mitglied Beiträge: 159 Von: Registriert: Aug 2001
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erstellt am 03.12.2002 um 13:03 Uhr
Hallo Admins,um welchen Artikel geht es hier? Gibts einen Link? Gruss RD. IP: gespeichert |
Guenther Administrator Beiträge: 762 Von:Drabenderhöhe Registriert: Sep 2000
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erstellt am 03.12.2002 um 13:30 Uhr
Hallo roman-diesel, im SbZ-Leserecho geht es um Artikel der Siebenbürgischen Zeitung, du findest die aktuellen Artikel hier: http://www.siebenbuerger.de/sbz/sbz/index.html Direkt zum Artikel "Wer ist Deutscher? - Versuch einer Begriffsbestimmung" geht es hier: http://www.siebenbuerger.de/sbz/sbz/news/1037371825,44410,.html IP: gespeichert |
Johann Mitglied Beiträge: 490 Von: Registriert: Nov 2001
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erstellt am 03.12.2002 um 19:55 Uhr
Ich finde den Beitrag von Herrn Roth sehr gut. Meine Ausführungen dazu gibt es unter:Aussiedlung und Integration. Motive der Aussiedlung und Verlauf der Integration in Deutschland am Beispiel der Siebenbürger Sachsen http://www.siebenbuerger-sachsen-bw.de/buch/sachsen/9.htm Hier geht es auch um nationale Fragen. Weiterhin gibt es dort auch eine weiterführende Literaturliste zu diesem Thema. Hallo Siegbert, Herr Roth hatte um Hinweise und Kritik gebeten. Leider habe ich seine E-Mail nicht. Vielleicht kannst du ihn darauf hinweisen. P.S. Entschuldigung Günther habe es nicht bemerkt. Du kannst jetzt den anderen thread löschen. Herr Seberg vor schlechten Beiträgen ist kein Thread sicher, es bringt also nichts, wenn man einen weiteren eröffnet. Besser man reagiert nicht auf schlechte Beiträge!
Grüße Johann IP: gespeichert |
roman-diesel Mitglied Beiträge: 159 Von: Registriert: Aug 2001
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erstellt am 04.12.2002 um 09:48 Uhr
Hallo,Zitat Roth: "Zur Bestimmung der Volkszugehörigkeit gehören auch biologisch-konstitutionelle-rassische Elemente. Anhänger der nazistischen Rassentheorie haben diese in weit übertriebenem Maße in Betracht gezogen und politisch bis zum Genozid missbraucht. Es ist jedoch nicht richtig, dass z.B. ein Vietnamese, Chinese oder ein Ghanese bei Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft als Deutscher bezeichnet wird. Es wäre eine Verwechslung oder Identifizierung des Volkstums mit der Staatszugehörigkeit." Wer weiss schon mit wem die Ur-Großmutter ein Techtelmechtel hatte... IP: gespeichert |
Siegbert Bruss Moderator Beiträge: 68 Von:Deutschland, 80335 München Registriert: Feb 2001
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erstellt am 04.12.2002 um 09:55 Uhr
Hallo Johann, der Verfasser des Artikels, Walter Roth, hat leider keine E-Mail-Adresse. Die Kommentare zu seinem Beitrag werde ich ausdrucken und ihm auf dem Postweg zuschicken.IP: gespeichert |
klaus.danielis@gmx.de Mitglied Beiträge: 0 Von: Registriert: Dez 2004
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erstellt am 04.12.2002 um 11:11 Uhr
Zitat: Original erstellt von roman-diesel: Hallo,Wer weiss schon mit wem die Ur-Großmutter ein Techtelmechtel hatte...
Lieber R+D, was bist du heute als 35jähriger? Deutsch-Holländischer-Sachse vielleicht? Und vieviele Male wird oder kann sich dein Status in deinem zukünftigen Leben noch ändern? Es kann doch erwartet werden, dass halbwegs vernünftige Menschen - auch deutsche Juornalisten und Polikiker - zwichen Staatsangehörigkeit, die sich im Laufe eines Lebens öfter ändern kann und Nationalität, die bei weitem nicht so belibig ist unterscheiden. Ciao IP: gespeichert |
roman-diesel Mitglied Beiträge: 159 Von: Registriert: Aug 2001
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erstellt am 04.12.2002 um 12:32 Uhr
Lieber Klaus,ich weiss nicht wieviele Nationalitäten man in der Brust haben kann! Persönlich habe ich zwei. Was ich nur sagen wollte ist, dass das "rassische" Element in der Volkszugehörigkeit sehr fragwürdig ist. These: Wer sich vorrangig über Volkszugehörigkeit identifizen muss, hat zu wenig eigene Statur und braucht die Krücke der Masse. Dieses Phenomen haben - da hat Herr Roth recht - die Nazis für ihre Ziele genutzt. Gruss R-D. IP: gespeichert |
hanzy Administrator Beiträge: 1805 Von:Heisede Registriert: Sep 2000
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erstellt am 04.12.2002 um 12:51 Uhr
Die Einheit von Volks- und Staatszugehörigkeit würde so manches Problem aus der Welt schaffen. Man kann fremde Gebiete überfallen oder billige Arbeitskräfte importieren und sagen:"Ab heute bist du einer von uns." Dabei wird nur zu gern vergessen, das diese Leute von irgendwoher kommen und eine Vergangenheit haben, das ihr Sein nicht erst am Tag der Eroberung oder Einwanderung begonnen hat.IP: gespeichert |
Fritzi Mitglied Beiträge: 1180 Von:71638 Ludwigsburg Registriert: Nov 2000
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erstellt am 04.12.2002 um 14:51 Uhr
Ein Vietnamese, Ghanaer oder Ähnliches, der in Deutschland geboren ist und seine "rassischen" Wurzeln nicht kennt, oder vielleicht seine Heimat als Baby verlassen hat, ist Deutscher! Dann kann Herr Roth behaupten, was er will! Wenn der kleine gelbe oder schwarze Deutsche mit BRAVO, BILD, FAZ, Milupa, Heino, Karl Moik, Herbert Grönemeyer, Beethoven, BMW usw. aufgewachsen ist, ist er Deutscher! Bei den Türken z.B. stellt sich das Problem anders, sie haben sich eine parallele Welt aufbgebaut, in der sie Türken sind!IP: gespeichert |
helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 04.12.2002 um 16:56 Uhr
Zitat: Original erstellt von Fritzi: Ein Vietnamese, Ghanaer oder Ähnliches, der in Deutschland geboren ist und seine "rassischen" Wurzeln nicht kennt, oder vielleicht seine Heimat als Baby verlassen hat, ist Deutscher! Dann kann Herr Roth behaupten, was er will! Wenn der kleine gelbe oder schwarze Deutsche mit BRAVO, BILD, FAZ, Milupa, Heino, Karl Moik, Herbert Grönemeyer, Beethoven, BMW usw. aufgewachsen ist, ist er Deutscher! Bei den Türken z.B. stellt sich das Problem anders, sie haben sich eine parallele Welt aufbgebaut, in der sie Türken sind!
Im Ernst? Ich halte die Kernaussagen fuer etwas abenteuerlich (falsch). Es gibt sowohl Chinesen, Jugoslawen oder Kenianer, die (in welchem Sinne eigentlich?) "deutsch" oder auch "gesellschaftlich angepasst" sind, als es diesbezueglich auch Tuerken gibt. Eine Differenzierung ist haltlos - ebenso wie es eine tuerkische Ghettoisierung gibt, gibt es eine jugoslawische, afrikanische oder chinesische - nicht nur in Deutschland. Desweiteren erscheint mir jegliche Diskussion um das Thema "deutsch sein" absurd solange nicht gesagt wird, was das sein soll. Es wird wohl niemand ernsthaft behaupten wollen, die Identifikation fange diesbezueglich bei Milupa an und hoehre bei der FAZ auf? (Was bleibt, wenn wir stattdessen Coca-Cola und die Financial Times Deutschland nehmen? Nicht signifikant?) Sind es ausschliesslich Elemente aus der stephani'schen Mottenkiste wie Lorelei, Walter von der Vogelweide, Goethe etc.? Kann es hier ein Anfang geben und ein Ende im Sinne von "damals, das war noch deutsch?" Wie sieht es eigentlich mit der jungen Nation USA aus? Niemand wird ernsthaft behaupten, dass diese sich heute nicht auch ueber eine Kultur der Schwarzen in ihrem Selbstverstaendnis definiert? Haben diese nur einen Platz in der amerikanischen Gesellschaft, oder sind sie Teil davon? Man kann diese Frage sicherlich auch "deutsch" stellen. Euer Helle
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klaus.danielis@gmx.de Mitglied Beiträge: 0 Von: Registriert: Dez 2004
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erstellt am 05.12.2002 um 08:24 Uhr
Zitat: Original erstellt von helle: Eine Differenzierung ist haltlos - ebenso wie es eine tuerkische Ghettoisierung gibt, gibt es eine jugoslawische, afrikanische oder chinesische - nicht nur in Deutschland.
genau - nicht nur in Deutschland; z.B. auch in Siebenbürgen; sowohl vor 1919 und auch danach. Glaube, dass wir nur durch genaue Differenzierung zwischen der Staatszugehörigkeit - die sich im Laufe eines Menschenlebens mehrere Male ändern kann - und der Nationalität bei der dieses nicht so einfach ist - würde behaupten, dass es gar nicht möglich ist - in dieser Sache etwas ereichen können. Ciao IP: gespeichert |
seberg Mitglied Beiträge: 40 Von:Hessen Registriert: Okt 2002
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erstellt am 07.12.2002 um 21:51 Uhr
Zur Arbeit "Aussiedlung und Integration..." (siehe Link in Johanns Beitrag weiter oben) hier ein Beispiel dafür, wie vor etwa 250 Jahren aus sogenannten "Deutschen" sogenannte "Siebenbürger Sachsen" wurden: Um das Jahr 1742 wanderte der Handwerksgeselle Michael S. aus Preußisch-Schlesien nach Kronstadt. Seine Vorfahren, bzw. ein Teil davon, waren selbst schon in früheren Jahrhunderten als Kolonisten aus Westeuropa nach Schlesien eingewandert, andere Vorfahren waren polnische "Einheimische", gesprochen wurde ein schlesischer Dialekt. Push-Faktoren (Begriff von Johann übernommen) für seine Auswanderung waren Armut, Hungersnot und Krieg (Schlesische Kriege zwischen 1740 und 1745), pull-Faktoren war die Nachricht von einem friedlichen und religiös toleranten Siebenbürgen, wo Handwerker gebraucht würden.In Kronstadt angekommen konnte er sich jedoch nicht in der "Freien und Königlichen Stadt", innerhalb der Stadtmauern niederlassen, weil ihm eine von zwei Voraussetzungen fehlte: er galt zwar als Deutscher (1. Voraussetzung), hatte aber kein Geld für ein Haus in der Innenstadt (2. Voraussetzung). Er ließ sich also in der Kronstädter ärmlichen Vorstadt Blumenau nieder bei unzünftigen Handwerkern, verarmten Bauern und zugewanderten Szeklern, Ungaren, Griechen, Rumänen usw. Hier verbrachte er sein ganzes Leben als "Wollzieher" und als er starb gab er an seinen Sohn Gottfried nicht nur eine kleine Werkstatt weiter, sondern auch den zu seinen Lebzeiten unerfüllt gebliebenen Wunsch, bzw. das Ziel, eines Tages in die "Burg", d.h. in die Kronstädter Innenstadt als zünftiger Handwerker und anerkannter "cives" (Vollbürger) einzuziehen, dorthin, wo die (meist deutschen / sb.-sächsischen) Reichen, Mächtigen und Privilegierten wohnten. Auch sein Sohn Gottfried schaffte es jedoch Zeit seines Lebens nicht, dort hinein zu gelangen (Kafkas "Schloss"..."Vor dem Gesetzt"...usw. Lassen grüßen!), wahrscheinlich ebenfalls aus Geldmangel, vielleicht aber auch wegen seiner Ehe mit einer Nicht-Deutschen, schließlich waren Tor- und Türhüter der Innenstadt damals schon deutsche Bürokraten, und in den kirchlichen Matrikeln heißt es: "Schürge Gottfried, Wollzieher, Sohn des Schürge Michael aus Schlesien, heiratet am 05.02.1766 Judith, Tochter des Kis Joseph aus Aldoboly". Erst dem Sohn aus dieser "Mischehe", Michael Gottfried S. gelang es endlich den Traum seines schlesischen Einwanderer-Großvaters zu erfüllen: Dieser mehr oder weniger deutsch-schlesisch-polnisch-szeklerisch-ungarische(...?) "Siebenbürger Sachse" heiratete eine reiche, junge sb.-sächsische Witwe, die ein Haus in der Innenstadt besaß, wurde daraufhin problemlos in die sb.-sächsische Handewerkerzunft aufgenommen und da er viele Kinder und Enkel und dazu auch gesellschaftliche Beziehungen hatte, wurde er schließlich zum Gründervater mehrerer erfolgreicher Kronstädter Handwerker- und Unternehmerfamilien, die über Generationen zu den potentesten Steuerzahlern Kronstadts gehörten. Einer seiner Enkel z.B. gründete 1823 die erste Fabrik in Kronstadt (was immerhin Erwähnung findet im historischen Abriss der aktuellen homepage /brasovcity.ro/ des heutigen Kronstädter Bürgermeisteramts), und zwar genau an der Stelle, wo sein "deutscher" Uhrahn aus Schlesien sein ganzes Leben in Armut verbracht hatte: in der Kronstädter Blumenau, ein Unternehmen, das 1948 enteignet wurde, aber bis heute fortbesteht.Was waren, was sind wir? deutsch? sb.-sächsisch? ungarisch? rumänisch? einfach siebenbürgisch? wieder deutsch? Für Flüchtlinge, Wanderer, Umsiedler, Asylanten usw. ist diese Frage oft weniger wichtig als für die Anderen, Sesshaften, "Einheimischen", die offenbar genau wissen, was sie sind und was sie bleiben wollen. IP: gespeichert | |