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Thema: Toleranz
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Robert Administrator Beiträge: 751 Von:BRD Registriert: Sep 2000
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erstellt am 28.10.2001 um 23:32 Uhr
Zitat: Original erstellt von Volkmar: Indem ich die Meinung des Andersdenkenden toleriere heißt es doch noch lange nicht, daß ich sie gut heiße. Ich kann und soll mich damit trotzdem auseinander setzen, gerade wenn ich eine andere Sicht der Dinge habe. Dabei soll und muß ich auch immer meine Meinung hinterfragen; kann/darf ich wirklich davon ausgehen, daß gerade meine Meinung die einzig "Richtige" ist?
Ein Zitat des bekannten Frankfurter Hirnforscher Wolf Singer : "Solange wir uns nicht selbst in Frage stellen werden wir zu Recht als arrogant wahrgenommen. Und solange hat die Einsicht keine Chance, dass wir eine Menschengemeinde auf einem einsamen, vulnerablen Planeten sind." IP: gespeichert |
getkiss Mitglied Beiträge: 1042 Von:D 81245 München Registriert: Okt 2001
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erstellt am 29.10.2001 um 08:19 Uhr
Mann Gottes, Popa!Auf FRAGEN sollte man Antworten und wenn nicht, wenigstens NODINKEN! 1.- Auf die Frage von Johannes habe ich mit Zitaten aus Wörterbüchern geantwortet, nicht weil ich der von Ihnen beschriebene „seelenlose, kalte Maschinenbauer“ bin, sondern weil ich eben kein Deutschdozent bin. Wenn Ihnen die Formulierungen von Deutschdozenten nicht geheuer sind dann ist bei Ihnen Hopfen und Malz verloren! 2. Zu Ihrer „Stellungnahme von Gestern“ Abend: - Wie Sie aus meiner Antwort an Herrn Danielius entnehmen können, bin ich nicht reinrassig. Und mit der Herrschaft über Siebenbürgen habe ich schon rein gar nichts am Hut! ES IST MIR WURSCHT, vor allem, da ich fest davon überzeugt bin, dass in einem geeinten Europa solche Überlegungen schädlich sind! Und ich bin der Meinung dass in einem geeinten Europa Siebenbürgen ruhig unter rumänischer Regierungsgewalt bleiben kann, weil die meisten die dort wohnen Rumänen sind ! - Ich schließe mich der Meinung von Schorsch aus Bayern an. In diesem Lande Deutschland ist Meinungsfreiheit von der Verfassung garantiert. UND VERFASSUNGSFEINDE SOLLTEN VOM VERFASSUNGSSCHUTZ OBSERVIERT WERDEN! 3.- Auf "Vergangenheitsbewältigung 4" habe ich Ihnen Fragen gestellt. Sie können – oder auch nicht – darüber Nachdenken oder Antworten. ES IST IHNEN FREIGESTELLT! Aber merken Sie Sich: BESCHIMPFUNGEN SIND KEINE ARGUMENTE! Sie sind und bleiben dass was Sie sind, Beschimpfungen eben. In den Ihnen gestellten Fragen sind die meisten Probleme solche, DIE ICH ERLEBT UND ERLITTEN HABE. ICH HABE VERGEBEN! Ich habe meine Ausbildung und Schulung aber in rumänischer Sprache machen MÜSSEN. UND BIN DANKBAR DAFÜR dass es mir ERLAUBT wurde. Und da habe ich mir zwei Sachen gut gemerkt: „Eu imi apar saracia si nevoile si neamul“ und „SA NU UITI DARIE“ denn VERGEBEN heißt nicht Vergessen. Leider bin ich nicht amtlich befugt das folgende zu sagen, aber von Mensch zu Mensch: ABSOLVO TE ! getkiss
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Johannes Mitglied Beiträge: 129 Von:Deutschland Registriert: Jun 2001
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erstellt am 29.10.2001 um 13:33 Uhr
Herr Popa,was soll der cholerische Ausfall? Sie zeigen damit doch nur, daß Sie nicht Diskussionsfähig und -willig sind. Außerdem beweist Ihr letzter Beitrag gerade wieder einmal, daß Sie nicht in der Lage sind, aus den einfachsten Beiträgen das Wesentliche heraus zu lesen. Wie könnten Sie sonst behaupten, daß Sie nicht wissen aus welchem Buch getkiss die Definition für Toleranz geholt hat. Er hat doch klar und deutlich die Quelle genannt! Und Sie wollen uns weismachen, daß Sie hochkomplizierte wissenschaftliche Abhandlungen und alte Dokumente verstehen können? Stammen daher vielleicht auch die Probleme, die Sie mit den Texten der von Ihnen angefeindeten Gundelsheimer Doktoren haben? Ich kann mir schon vorstellen, daß man da genauer nachlesen und vor allem ein wenig denken muß, um die Zusammenhänge zu kapieren. Einfach draufloshauen ist da nicht drin! Außerdem zeigen Sie ein erstaunliches Maß an Intoleranz und dabei dachte ich Sie plädierten für Toleranz? Sie meinten, wie es scheint, nur Toleranz Ihren Beleidigungen, Verleumdungen, Beschimpfungen, Angriffe, etc. gegenüber? Außerdem zeigen Sie eine beängstigend "weiche Schale". (Ich habe Sie nicht "Weichei" genannt!) Bisher war ich der Meinung, daß ein Wissenschaftler es gewohnt sei, seinen Standpunkt vor Fachkollegen zu behaupten und fundiert zu untermauern. Diese Fähigkeit vermisse ich bei Ihnen, vielleicht geht es Ihnen hier im Forum aber auch nur um Provokation und Konfrontation. Vielleicht wollen Sie hier nur "Dampf ablassen". Tatsache ist, daß Sie sich und Ihre Arbeit hier im Forum selber immer mehr disqualifizieren. Dabei finde ich es an sich richtig auch diesen Teil unserer Geschichte aufzuarbeiten. Wie man es aber nicht machen kann und soll, zeigen Sie uns hier beinahe täglich. Leider! Ihre Fußnote finde ich jedoch toll. Alle, die Ihre Beiträgen nicht kapieren oder mit Ihren Anfeindungen nicht einverstanden sind, sind demnach Weicheier, leicht Erregbare, Selbsteingenommene, Selbstgenügsame, Kritikunfähige. Auch kennen Sie sich mit Sarkasmus und Ironie nicht aus, bzw. sind dazu nicht fähig. (Habe ich das nun richtig wiedergegeben?) Kann man Beschimpfungen, Unterstellungen, Verleumdungen damit tolerierbar machen, daß man eine Fußnote schreibt? Nachdem ich Ihre Fußnote hier anhänge, haben Sie keinen Grund mich anzugreifen, es sei denn eine der Eigenschaften träfe auf Sie zu. Ich grüße Sie und alle anderen herzlich Ihr Johannes ------------------------- Es sei darauf hingewiesen, dass diese Stellungnahme nichts ist für Weicheier, leicht Erregbare, Selbsteingenommene, Selbstgenügsame, Kritikunfähige. Auch nicht für der Ironie und des Sarkasmus Unfähige und Unkundige. ------------------------- [Dieser Beitrag wurde von Johannes am 29.10.2001 editiert.] IP: gespeichert |
Sam Mitglied Beiträge: 57 Von: Registriert: Jan 2001
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erstellt am 29.10.2001 um 15:45 Uhr
Zitat: Original erstellt von Johannes: Auch kennen Sie sich mit Sarkasmus und Ironie nicht aus, bzw. sind dazu nicht fähig. (Habe ich das nun richtig wiedergegeben?)
*lach* Johannes, Sie haben/Du hast da etwas wichtiges übersehen: die Fußnote zeigte eindeutig, dass es sich bei o. g. Beitrag um ein sakastisches Dokument der Zeitgeschichte handelt. Lesen Sie/Lies es einfach mal unter der Prämisse - Sie werden/Du wirst sehen, dass es dann plötzlich ein sehr spannender Artikel ist Viele Grüße Sam IP: gespeichert |
Johannes Mitglied Beiträge: 129 Von:Deutschland Registriert: Jun 2001
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erstellt am 29.10.2001 um 16:30 Uhr
Hi Sam,hab ich da wirklich etwas übersehen? War das eine Lachnummer? Nicht mehr und nicht weniger als viele andere, wenn auch nicht alle, Beiträge vom gleichen Autor. Zuerst habe ich auch daren gedacht, dann aber wieder diese Angriffe gesehen. Zitat: Original erstellt von Sam: ... es sich bei o. g. Beitrag um ein sakastisches Dokument der Zeitgeschichte handelt.
Es ist ein "Zeitdokument" vom Herrn Popa. Zitat: Original erstellt von Sam: ... ein sehr spannender Artikel ist
Ja, ich hab´s gelesen und sehr spannend gefunden. Lachen konnte ich immer noch nicht, angesichts des Schadens den er hier anrichtet. MfG Johannes IP: gespeichert |
Guenther Administrator Beiträge: 762 Von:Drabenderhöhe Registriert: Sep 2000
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erstellt am 29.10.2001 um 17:40 Uhr
Ich denke es gibt verschiedene Varianten der Toleranz. Ideal finde ich eine Toleranz, die den Andersdenkenden als solchen anerkennt, ohne ihn gering zu schätzen, das setzt das Eingeständnis voraus, dass man selbst im Unrecht, der andere jedoch im Recht sein könnte. Eine solche Position lässt sich wohl nur vertreten, wenn wir akzeptieren, dass wir nicht wissen wer im Recht ist. Eine andere Variante der Toleranz beruht auf der Ansicht, dass alle Menschen letztlich dasselbe meinen und sich nur verschieden ausdrücken. Diese Variante der Toleranz verursacht jedenfalls nicht so viel Kopfzerbrechen wie die obige, weil man sich selbst im Besitze der Wahrheit wähnt. Der Andersdenkende wird einfach geleugnet. Alles ist nur ein Missverständnis, allerdings können Missverständnisse verdammt groß sein
[Dieser Beitrag wurde von Guenther am 29.10.2001 editiert.] IP: gespeichert |
helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 30.10.2001 um 07:43 Uhr
Meiner Meinung nach ist ein wesentliches Merkmal der Toleranz die Eigenschaft, dass sie mehrere Wahrheiten als Moeglichkeit zulaesst - abstrakt geschrieben. Gaebe es eine einzige, universelle, unumstoessliche Wahrheit, waere Toleranz ueberfluessig. Somit ist Toleranz gekennzeichnet von dem, was der Mensch in seiner Beschraenktheit an "Gut und Boese"-Regeln fuer sich selbst aufgestellt hat. Und das macht die Sache nicht einfacher - aber spannend. Weil wir immer noch suchen und fragen koennen. -Euer Helle IP: gespeichert |
Guenther Administrator Beiträge: 762 Von:Drabenderhöhe Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.10.2001 um 11:24 Uhr
Zitat: Gaebe es eine einzige, universelle, unumstoessliche Wahrheit, waere Toleranz ueberfluessig.
Aber nur dann, wenn wir diese Wahrheit alle erkennen würden. Vielleicht gibt es ja deswegen soviele unterschiedliche Wahrheiten, weil niemand in der Lage ist, die absolute Wahrheit zu sehen, zu begreifen. Bedeutet das dann aber, dass es die absolute Wahrheit auch gar nicht gibt? Gibt es tatsächlich keine Grundwahrheit? Liegt die Wahrheit immer im Auge des Betrachters? Hmmm, vielleicht sollten wir mal Wahrheit definieren, oder ist das dann schon wieder ein neues Thema
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Robert Administrator Beiträge: 751 Von:BRD Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.10.2001 um 12:06 Uhr
Begriff: WahrheitMit ausfuehrlicher Liste der Sekundärliteratur Ergaenzung (da der Link nicht bei allen funktioniert):
Wahrheit, allg. der im Rahmen eines sprachlich-intersubjektiven Bezugssystems (Kategorien-, Normen- oder Wertesystems) stehende, mit Gründen einlösbare und insofern haltbare Geltungsanspruch von Aussagen bzw. Urteilen über einen Sachverhalt in Bezug auf das Sichverhalten der Sache (Gegenstand, Handlung, Person); Sachverhalt und Sache (Gegenstand usw.) werden als so und nicht anders sich verhaltend oder bestehend (existierend) gekennzeichnet und dabei in größtmögl. Annäherung zur Deckung (Identität) gebracht. - In der formalen Logik meint Wahrheit in einem exakt eingegrenzten Sinne den Anspruch einer Aussage, wahr zu sein; in der Ontologie bezeichnet sie die transzendentale Bestimmung, die dem Sein und dem Seienden selbst zukommt (ontolog. bzw. ont. Wahrheit). Thomas von Aquino prägte die klass. Formel der Wahrheit (>veritas< ) als der >adaequatio intellectus et rei< (>Übereinstimmung des urteilenden Denkens und der Sache< ), insofern der Verstand >vom Seienden sagt, dass es ist, und vom Nichtseienden, dass es nicht ist<. Die thoman. Formel wurde grundlegend für alle Explikationsversuche des Wahrheitsbegriffs in den modernen Wahrheitstheorien (Korrespondenz-, Kohärenztheorie, semant. Theorie der Wahrheit). Bei den Explikationsversuchen ist v. a. zu fragen, was unter den einzelnen Begriffen der thoman. Definition unter Berücksichtigung neuer wiss. und wissenschaftstheoret. Erkenntnisse zu verstehen ist und wie die >adaequatio< (>Übereinstimmung<, >Angleichung<, >Annäherung< ) sich vollzieht bzw. (methodisch) vollzogen wird zw. >intellectus< (denkendem, erkennendem >Verstand< ) bzw. Denken und Erkennen einerseits und >res< (>Sache<, >Gegenstand< ) bzw. Objekt, Wirklichkeit andererseits; ob von dem denkenden, erkennenden Subjekt oder von der Sache, dem Objekt, (als >Ort der Wahrheit< ) ausgehend, ob - je nach Ausgangspunkt - in der einen oder anderen Richtung oder in beiden Richtungen zugleich und wie dadurch die Sache selbst erkannt, d. h. offenbar (gemacht) wird. Als weitere wichtige Frage tritt hinzu, welche Funktion dabei das Medium Sprache hat, in der Wahrheit ausgedrückt wird. Wahrheitstheorien: Die Explikations- und Präzisierungsversuche hinsichtlich der Grundbestimmung des Verhältnisses von >Denken< und >Wirklichkeit< werden im Rahmen des (in der neuzeitl. Philosophie verschärften) Subjekt-Objekt-Problems maßgeblich durch die jeweiligen erkenntnistheoret. Positionen bestimmt, seien es Realismus oder Idealismus, Empirismus oder Rationalismus, Subjektivismus, Intuitionismus usw. bis hin zum Skeptizismus und Agnostizismus oder zu einer metaphysisch-ontolog. Position. Im Rahmen der erkenntnistheoret. Vorgaben wird in der Korrespondenztheorie Wahrheit als Übereinstimmung des Denkens mit Tatsachen bestimmt, wobei eine >selbstständige<, >objektive<, >sprachunabhängige< Wirklichkeit vorausgesetzt wird. In der Widerspiegelungstheorie wird Wahrheit definiert als Abbild der Wirklichkeit (Abbildtheorie) im Bewusstsein, so etwa im Marxismus und teils auch in der analyt. Philosophie. Die semantische Theorie der Wahrheit, die von A. Tarski zur Vermeidung der semant. Antinomien (Wahrheitsantinomien) entwickelt wurde, lässt sich als Präzisierung der Korrespondenztheorie sehen. In der Kohärenztheorie bestimmt Wahrheit sich als Geltungsanspruch von Aussagen im Ganzen eines bestimmten Sprach- bzw. Kategoriensystems. Die Redundanztheorie behauptet, dass die Begriffe >wahr< und >falsch< keine darstellende Funktion haben und daher überflüssig sind. Die Aussage >Es ist wahr, dass es regnet< bedeutet also nichts anderes als: >Es regnet<, die Aussage >Es ist falsch, dass es regnet< meint: >Es regnet nicht<. Vom Wahrheitsbegriff streng zu unterscheiden sind die Wahrheitskriterien, mittels deren festgestellt werden soll, ob eine Aussage wahr oder falsch ist, ob sie der Sache bzw. Wirklichkeit entspricht oder nicht. Materiale Wahrheitskriterien sind u. a.: in Konsenstheorien die allgemeine Übereinstimmung der Menschen in bestimmten Grundideen (Consensus Gentium, z. B. in der Philosophie des Commonsense) oder allg. der Konsens (z. B. bei J. Habermas); in Evidenztheorien bes. seit R. Descartes die Evidenz (Gewissheit); ein Urteil ist demnach wahr und gewiss, wenn es dem Intellekt unmittelbar einleuchtet. Im Utilitarismus und Pragmatismus (pragmat. Wahrheitstheorien, z. B. von C. S. Peirce, W. James), ähnlich auch im Marxismus, wird die (menschl. oder gesellschaftl.) Praxis, die Nützlichkeit, Dienlichkeit bzw. Bewährung einer Behauptung zu wiss., polit., gesellschaftl. Zwecken zum Wahrheitskriterium erhoben. Gegen alle Wahrheitskriterien ist eingewandt worden, dass sich die Frage, ob ein Wahrheitskriterium erfüllt ist, immer nur aufgrund eines weiteren, zusätzl. Wahrheitskriteriums entscheiden lässt, was zu einem unendl. Regress führt. Die Widerspruchsfreiheit als formales Wahrheitskriterium gilt nur für den Fall analytisch-log. Sätze; es ist nur eine notwendige, keine zureichende Bedingung für Wahrheit; demnach lässt sich kein Wahrheitskriterium mit dem universalen Anspruch auf Allgemeingültigkeit formulieren. Geschichte: Der Wahrheitsbegriff von Platon und Aristoteles (Aletheia) geht noch von einer ident. Entsprechung von Denken, Wort und Wirklichkeit aus. Dagegen wird das Wahrheitsproblem - ansatzweise z. B. schon bei Thomas von Aquino, radikalisiert in der neuzeitl. Philosophie seit Descartes - mit der Unterscheidung und Trennung von Subjekt und Objekt und der Etablierung des neuzeitl. Substanzendualismus sowie der Herausbildung des Wissenschaftsbegriffs in eine neue Dimension gestellt: Der Allgemeingültigkeits- und Absolutheitsanspruch der Wahrheit wird folgerichtig infrage gestellt, die Geschichtlichkeit der Wahrheit erkannt, da sie bei ihrem Zustandekommen subjektiven, geschichtl. Bedingungen unterliegt, wobei ihre Geschichtlichkeit nicht mit einem Relativismus gleichgesetzt werden kann. G. W. Leibniz unterscheidet richtungweisend Vernunftwahrheit (bei I. Kant: analyt. Sätze) und Tatsachenwahrheit (bei Kant: synthet. Sätze a posteriori). T. Hobbes versucht die Wahrheit von Sätzen auf Konvention über die Bedeutung von Namen zu gründen. G. B. Vico setzt bei seiner Formel >verum idem factum< (>Das Wahre ist das selbst Hervorgebrachte< ) einen konstruktivist. Wahrheitsbegriff voraus. Kant begründet den Begriff der >transzendentalen Wahrheit<, G. W. F. Hegel den der >reinen Wahrheit<. - Die neuzeitl. Entwicklung des Wahrheitsbegriffs insgesamt ist - neben der Ausdifferenzierung versch. Wahrheitsmomente, -Aspekte und -Bereiche - zum einen durch eine zunehmende Reduzierung des Wahrheitsbegriffs auf die formal-log. und logisch-sprachl. Dimension, zum anderen durch Versuche zur Zusammenfassung aller Momente der Wahrheit in einem einheitl. Wahrheitsbegriff (durch Identifizierung von Wahrheit und Gewissheit) gekennzeichnet. Sekundärliteratur: W. Stegmüller: Das Wahrheitsproblem u. die Idee der Semantik (Wien 2 1968, Nachdr. ebd. 1977) E. Tugendhat: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl u. Heidegger ( 2 1970, Nachdr. 1984) A. R. White: Truth (London 1971) J. Habermas: Wahrheitstheorien, in: Wirklichkeit u. Reflexion, hg. v. H. Fahrenbach (1973) H.-D. Heckmann: Was ist Wahrheit? (1981) W. Franzen: Die Bedeutung von >wahr< u. >Wahrheit< (1982) M. Fleischer: Wahrheit u. Wahrheitsgrund. Zum Wahrheitsproblem u. zu seiner Gesch. (1984) E. Henke: Wahrheit. Ein philosoph. Versuch zum naturwiss. Wahrheitsbegriff (1984) Recent essays on truth and the liar paradox, hg. v. R. L. Martin (Oxford 1984) W. Becker: Wahrheit u. sprachl. Handlung (1988) W. Pöter: Wahrheitstheorien u. die Stellung des Wahrheitsbegriffs in den Sozialwiss.en (1990) Wahrheitstheorien, hg. v. G. Skirbekk ( 6 1992) L. B. Puntel: Wahrheitstheorien in der neueren Philosophie ( 3 1993) R. Schantz: Wahrheit, Referenz u. Realismus. Eine Studie zur Sprachphilosophie u. Metaphysik (1996) Die Frage nach der Wahrheit, hg. v. E. Richter (1997) M. Heidegger: Vom Wesen der Wahrheit ( 8 1997) Quelle: Brockhaus - Die Enzyklopädie: in 24 Bänden. < www.xipolis.net > [Dieser Beitrag wurde von Robert am 30.10.2001 editiert.] IP: gespeichert |
Anna Ohnweiler Mitglied Beiträge: 98 Von:Baden-Württemberg, 72202 Nagold Registriert: Aug 2001
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erstellt am 30.10.2001 um 12:09 Uhr
Ich empfehle die Ringparabel aus "Nathan der Weise" von G.E.Lessing als Lektüre. Es ist eine weit über 200 Jahre alte Weisheit.Ich möchte Sie nicht schon wieder mit einem Gedicht langweilen, aber es könnte her passen. Weisheit Wer sie besitzt, der weiß es nicht. Wer damit prahlt, der hat sie nicht. Erklär' mir das Leben, dann hast du sie eben! [Dieser Beitrag wurde von Anna Ohnweiler am 30.10.2001 editiert.] IP: gespeichert |
Bernd Mitglied Beiträge: 78 Von: Registriert: Okt 2000
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erstellt am 30.10.2001 um 12:40 Uhr
Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise - Die Ringparabel (entstanden 1778, veröffentlicht 1779)
Dritter Aufzug vierter Auftritt
(Szene in Jerusalem: Ein Audienzsaal in dem Palaste des Saladin) Saladin und Sittah (Schwester von Saladin) SALADIN: (im Hereintreten, gegen die Türe) Hier bringt den Juden her, so bald er kömmt. Er scheint sich eben nicht zu übereilen. SITTAH: Er war auch wohl nicht bei der Hand; nicht gleich Zu finden. SALADIN: Schwester! Schwester! SITTAH: Tust du doch Als stünde dir ein Treffen vor. SALADIN: Und das Mit Waffen, die ich nicht gelernt zu führen. Ich soll mich stellen; soll besorgen lassen; Soll Fallen legen; soll auf Glatteis führen. Wenn hätt' ich das gekonnt? Wo hätt' ich das Gelernt? - Und soll das alles, ah, wozu? Wozu? - Um Geld zu fischen; Geld! - Um Geld, Geld einem Juden abzubangen; Geld! Zu solchen kleinen Listen wär ich endlich Gebracht, der Kleinigkeiten kleinste mir Zu schaffen? SITTAH: Jede Kleinigkeit, zu sehr Verschmäht, die rächt sich, Bruder. SALADIN: Leider wahr. - Und wenn nun dieser Jude gar der gute, Vernünftge Mann ist, wie der Derwisch dir Ihn ehedem beschrieben? SITTAH: O nun dann! Was hat es dann für Not! Die Schlinge liegt Ja nur dem geizigen, besorglichen, Furchtsamen Juden: nicht dem guten, nicht Dem weisen Manne. Dieser ist ja so Schon unser, ohne Schlinge. Das Vergnügen Zu hören, wie ein solcher Mann sich ausredt; Mit welcher dreisten Stärk' entweder, er Die Stricke kurz zerreißet; oder auch mit welcher schlauen Vorsicht er die Netze Vorbei sich windet: dies Vergnügen hast Du obendrein. SALADIN: Nun, das ist wahr. Gewiß; Ich freue mich darauf. SITTAH: So kann dich ja Auch weiter nichts verlegen machen. Denn Ist's einer aus der Menge bloß; ist's bloß Ein Jude, wie ein Jude: gegen den Wirst du dich doch nicht schämen, so zu scheinen Wie er die Menschen all sich denkt? Vielmehr; Wer sich ihm besser zeigt, der zeigt sich ihm Als Geck, als Narr. SALADIN: So muß ich ja wohl gar Schlecht handeln, daß von mir der Schlechte nicht Schlecht denke? SITTAH: Traun! wenn du schlecht handeln nennst, Ein jedes Ding nach seiner Art zu brauchen. SALADIN: Was hätt' ein Weiberkopf erdacht, das er Nicht zu beschönen wüßte! SITTAH: Zu beschönen! SALADIN: Das feine, spitze Ding, besorg' ich nur, In meiner plumpen Hand zerbricht! - So was Will ausgeführt sein, wie's erfunden ist: Mit aller Pfiffigkeit, Gewandtheit. - Doch, Mag's doch nur, mag's! Ich tanze, wie ich kann; Und könnt' es freilich, lieber - schlechter noch Als besser. SITTAH: Trau dir auch nur nicht zu wenig! Ich stehe dir für dich! Wenn du nur willst. - Daß uns die Männer deines gleichen doch So gern bereden möchten, nur ihr Schwert, Ihr Schwert nur habe sie so weit gebracht. Der Löwe schämt sich freilich, wenn er mit dem Fuchse jagt: - des Fuchses, nicht der List. SALADIN: Und daß die Weiber doch so gern den Mann Zu sich herunter hätten! - Geh nur, geh! - Ich glaube meine Lektion zu können. SITTAH: Was? ich soll gehn? SALADIN: Du wolltest doch nicht bleiben? SITTAH: Wenn auch nicht bleiben ... im Gesicht euch bleiben - Doch hier im Nebenzimmer - SALADIN: Da zu horchen? Auch das nicht, Schwester; wenn ich soll bestehn. - Fort, fort! der Vorhang rauscht; er kömmt! - doch daß Du ja nicht da verweilst! Ich sehe nach. (indem sie sich durch die Türe entfernt, tritt Nathan zu der andern herein, und Saladin hat sich gesetzt.) Dritter Aufzug, fünfter Auftritt Saladin und Nathan SALADIN: Tritt näher, Jude! - Näher! - Nur ganz her! - Nur ohne Furcht! NATHAN: Die bleibe deinem Feinde! SALADIN: Du nennst Dich Nathan? NATHAN: Ja. SALADIN: Den weisen Nathan? NATHAN: Nein. SALADIN: Wohl! nennst du dich nicht; nennt dich das Volk. NATHAN: Kann sein; das Volk! SALADIN: Du glaubst doch nicht, daß ich Verächtlich von des Volkes Stimme denke? - Ich habe längst gewünscht, den Mann zu kennen, Den es den Weisen nennt. NATHAN: Und wenn es ihn Zum Spott so nennte? Wenn dem Volke weise Nichts weiter wär' als klug? und klug nur der, Der sich auf seinen Vorteil gut versteht SALADIN: Auf seinen wahren Vorteil, meinst du doch? NATHAN: Dann freilich wär' der Eigennützigste Der Klügste. Dann wär' freilich klug und weise Nur eins. SALADIN: Ich höre dich erweisen, was Du widersprechen willst. - Den Menschen wahre Vorteile, die das Volk nicht kennt, kennst du. Hast du zu kennen wenigstens gesucht; Hast drüber nachgedacht: das auch allein Macht schon den Weisen. NATHAN: Der sich jeder dünkt Zu sein. SALADIN: Nun der Bescheidenheit genug! Denn sie nur immerdar zu hören, wo Man trockene Vernunft erwartet, ekelt. (Er springt auf.) Laß uns zur Sache kommen! Aber, aber Aufrichtig, Jud', aufrichtig! NATHAN: Will sicherlich dich so bedienen, daß Ich deiner fernern Kundschaft würdig bleibe. SALADIN: Bedienen? wie? NATHAN: Du sollst das Beste haben Von allem; sollst es um den billigsten Preis haben. SALADIN: Wovon sprichst du? doch wohl nicht Von deinen Waren? - Schachern wird mit dir Schon meine Schwester. (Das der Horcherin!) - Ich habe mit dem Kaufmann nichts zu tun. NATHAN: So wirst du ohne Zwifel wissen wollen, Was ich auf meinem Wege von dem Feinde, Der allerdings sich wieder reget, etwa Bemerkt, getroffen? - Wenn ich unverholen ... SALADIN: Auch darauf bin ich eben nicht mit dir Gesteuert. Davon weiß ich schon, so viel Ich nötig habe. - Kurz: - NATHAN: Gebiete, Sultan. SALADIN: Ich heische deinen Unterricht in ganz Was anderm; ganz was anderm. - Da du nun So weise bist: so sage mir doch einmal - Was für ein Glaube, was für ein Gesetz Hat dir am meisten eingeleuchtet? NATHAN: Sultan, Ich bin ein Jud' SALADIN: Und ich ein Muselmann. Der Christ ist zwischen uns. - Von diesen drei Religionen kann doch eine nur Die wahre sein. - Ein Mann, wie du, bleibt da Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt Ihn hingeworfen: oder wenn er bleibt, Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern. Wohlan! so teile deine Einsicht mir Dann mit. Laß mich die Gründe hören, denen Ich selber nachzugrübeln, nicht die Zeit Gehabt. Laß mich die Wahl, die diese Gründe Bestimmt, - versteht sich, im Vertrauen - wissen, Damit ich sie zu meiner mache. Wie? Du stutzest? wägst mich mit dem Auge? - Kann Wohl sein, daß ich der erste Sultan bin, Der eine solche Grille hat; die mich Doch eines Sultans eben nicht so ganz Unwürdig dünkt. - Nicht wahr? - So rede doch! Sprich! - Oder willst du einen Augenblick, Dich zu bedenken? Gut, ich geb' ihn dir. - (Ob sie wohl horcht? Ich will sie doch belauschen; Will hören, ob ich's recht gemacht. - ) Denk' nach. Geschwind denk' nach! Ich säume nicht, zurück Zu kommen. (Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem sich Sittah begeben) Dritter Aufzug, sechster Auftritt Nathan (allein). Hm! hm! - wunderlich! - Wie ist Mir denn? - Was will der Sultan? was? - Ich bin Auf Geld gefaßt; und er will - Wahrheit. Wahrheit! Und will sie so, - so bar, so blank, - als ob Die Wahrheit Münze wäre! - ja, wenn noch Uralte Münze, die gewogen ward! - Das ginge noch! Allein so neue Münze, Die nur der Stempel macht, die man aufs Brett Nur zählen darf, das ist sie doch nun nicht! Wie Geld in Sack, so striche man in Kopf Auch Wahrheit ein? Wer ist denn hier der Jude? Ich oder er? - Doch wie? Sollt' er auch wohl Die Wahrheit nicht in Wahrheit fordern? - Zwar, Zwar der Verdacht, daß er die Wahrheit nur Als Falle brauche, wär' auch gar zu klein! - Zu klein? - Was ist für einen Großen denn Zu klein? - Gewiß, gewiß: er stürzte mit Der Tür so ins Haus! Man pocht doch, hört Doch erst, wenn man als Freund sich naht. - Ich muß Behutsam gehn! - Und wie? wie das? - So ganz Stockjude sein zu wollen, geht schon nicht. - Und ganz und gar nicht Jude, geht noch minder. Denn, wenn kein Jude, dürft' er mich nur fragen, Warum kein Muselmann? - Das war's! Das kann Mich retten! - Nicht die Kinder bloß, speist man Mit Märchen ab. - Er kömmt. Er komme nur! Dritter Aufzug, siebenter Auftritt Saladin und Nathan: SALADIN: (So ist das Feld hier rein!) - Ich komm' dir doch Nicht zu geschwind zurück? Du bist zu Rande Mit deiner Überlegung. - Nun so rede! Es hört uns keine Seele. NATHAN: Möcht' auch doch Die ganze Welt uns hören. SALADIN: So gewiß Ist Nathan seiner Sache? Ha! das nenn' Ich einen Weisen! Nie die Wahrheit zu Verhehlen! für sie alles auf das Spiel Zu setzen! Leib und Leben! Gut und Blut! NATHAN: Ja! ja! wann's nötig ist und nutzt. SALADIN: Von nun An darf ich hoffen, einen meiner Titel, Verbesserer der Welt des Gesetzes, Mit Recht zu führen. NATHAN: Traun, ein schöner Titel! Doch, Sultan, eh' ich mich dir ganz vertraue, Erlaubst du wohl, dir ein Geschichtchen zu Erzählen? SALADIN: Warum das nicht? Ich bin stets Ein Freund gewesen von Geschichtchen, gut Erzählt. NATHAN: Ja, gut erzählen, das ist nun Wohl eben meine Sache nicht. SALADIN: Schon wieder So stolz bescheiden? - Mach'! erzähl, erzähle! NATHAN: Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten, Der einen Ring von unschätzbarem Wert Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott Und Menschen angenehm zu machen, wer In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, Daß ihn der Mann in Osten darum nie Vom Finger ließ; und die Verfügung traf, Auf ewig ihn bei seinem Hause zu Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring Von seinen Söhnen dem geliebtesten; Und setzte fest, daß dieser wiederum Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, Der ihm der liebste sei; und stets der liebste, Ohn Ansehn der Geburt, in Kraft allein Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. - Versteh mich Sultan. SALADIN: Ich versteh' dich. Weiter! NATHAN: So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm Allein befand, und sein ergießend Herz Die andern zwei nicht teilten, - würdiger Des Ringes; den er denn auch einem jeden Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, solang es ging. - Allein Es kam zum Sterben, und der gute Vater Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? - Er sendet in geheim zu einem Künstler, Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes, Zwei andere bestellt, und weder Kosten Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft Er seine Söhne, jeden insbesondre; Gibt jedem insbesondre seinen Segen, - Und seinen Ring, - und stirbt. - Du hörst doch, Sultan? SALADIN: (der sich betroffen von ihm gewandt). Ich hör', ich höre! - Komm mit deinem Märchen Nur bald zu Ende. - Wird's NATHAN: Ich bin zu Ende. Denn was noch folgt, verstht sich ja von selbst. - Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt, Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht Erweislich; - (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet) Fast so unerweislich, als Uns itzt - der rechte Glaube. SALADIN: Wie? das soll Die Antwort seine auf meine Frage? ... NATHAN: Soll Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe Mir nicht getrau' zu unterscheiden, die Der Vater in der Absicht machen ließ, Damit sie nicht zu unterscheiden wären. SALADIN: Die Ringe! - Spiele nicht mir mir! - Ich dächte, Daß die Religionen, die ich dir Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären. Bis auf die Kleidung, bis auf Speis' und Trank! NATHAN: Und nur von seiten ihrer Gründe nicht. - Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte? Geschrieben oder überliefert! - Und Geschichte muß doch wohl allein auf Treu' Und Glauben angenommen werden? - Nicht? - Nun, wessen Treu' und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo Getäuscht zu werden uns heilsamer war? - Wie kann ich meinen Vätern weniger Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. - Kann ich von dir verlangen, daß du deine Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht Zu widersprechen? Oder umgekehrt. Das nämliche gilt von den Christen. Nicht? - SALADIN: (Bei dem Lebendigen! Der Mann hat recht. Ich muß verstummen.) NATHAN: Laß auf unsre Ring' Uns wieder kommen. Wie gesagt: die Söhne Verklagten sich; und jeder schwur dem Richter, Unmittelbar aus seines Vaters Hand Den Ring zu haben. - Wie auch wahr! - Nachdem Er von ihm lange das Versprechen schon Gehabt, des Ringes Vorrecht einmal zu Genießen. - Wie nicht minder wahr! - Der Vater, Beteu'rte jeder, könne gegen ihn Nicht falsch gewesen sein: und eh' er dieses Von ihm, von einem solchen lieben Vater, Argwohnen lass': eh' müss' er seine Brüder, So gern er sonst von ihnen nur das Beste Bereit zu glauben sei, des falschen Spiels Bezeihen; und er wolle die Verräter Schon auszufinden wissen; sich schon rächen. SALADIN: Und nun der Richter? - Mich verlangt zu hören, Was du den Richter sagen lässet. Sprich! NATHAN: Der Richter sprach: Wenn ihr mir nun den Vater Nicht bald zur Stelle schafft, so weis' ich euch Von meinem Stuhle. Denkt ihr, daß ich Rätsel Zu lösen da bin? Oder harret ihr, Bis daß der rechte Ring den Mund eröffne? - Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen; Vor Gott und Menschen angenehm. Das muß Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden Doch das nicht können! - Nun: wen lieben zwei Von Euch am meisten? - Macht, sagt an! Ihr schweigt? Die Ringe wirken nur zurück? und nicht Nach außen? Jeder liebt sich selber nur Am meisten? - O, so seid ihr alle drei Betrogene Betrüger! Eure Ringe sind alle drei nicht echt. Der echte Ring Vermutlich ging verloren. Den Verlust zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater Die drei für einen machen. SALADIN: Herrlich! herrlich! NATHAN: Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr Nicht meinen Rat, statt meines Spruches, wollt: Geht nur! - Mein Rat ist aber der: ihr nehmt Die Sache völlig wie sie liegt. Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: So glaube jeder sicher seinen Ring Den echten. - Möglich; daß der Vater nun Die Tyrannei des einen Rings nicht länger In seinem Hause dulden wollen! - Und gewiß; Daß er euch alle drei geliebt, und gleich Geliebt: indem er zwei nicht drücken mögen, Um einen zu begünstigen. - Wohlan! Es eifre jeder seiner unbestochnen Von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, Mit innigster Ergebenheit in Gott Zu Hilf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern: So lad' ich über tausend tausend Jahre Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen Als ich; und sprechen. Geht! - So sagte der Bescheidne Richter. SALADIN: Gott! Gott! NATHAN: Saladin, Wenn du dich fühlest, dieser weisere Versprochne Mann zu sein: ... SALADIN: (der auf ihn zustürzt und seine Hand ergreift, die er bis zu Ende nicht wieder fahren läßt). Ich Staub? Ich Nichts? O Gott! NATHAN: Was ist dir Sultan? SALADIN: Nathan, lieber Nathan! - Die tausend tausend Jahre deines Richters Sind noch nicht um. - Sein Richterstuhl ist nicht Der meine. - Geh! - Geh! - Aber sei mein Freund. NATHAN: Und weiter hätte Saladin mir nichts Zu sagen? SALADIN: Nichts. NATHAN: Nichts? SALADIN: Gar nichts. - Und warum? NATHAN: Ich hätte noch Gelegenheit gewünscht, Dir eine Bitte vorzutragen. SALADIN: Braucht's Gelegenheit zu einer Bitte? - Rede! NATHAN: Ich komm' von einer weiten Reis', auf welcher Ich Schulden eingetrieben. - Fast hab' ich Des baren Gelds zuviel. - Die Zeit beginnt Bedenklich wiederum zu werden; - und Ich weiß nicht recht, wo sicher damit hin. - Da dacht' ich, ob nicht du vielleicht, - weil doch Ein naher Krieg des Geldes immer mehr Erfodert, - etwas brauchen könntest. SALADIN: (ihm steif in die Augend sehend.) Nathan! - Ich will nicht fragen, ob Al-Hafi schon Bei dir gewesen; - will nicht untersuchen, Ob dich nicht sonst ein Argwohn treibt, mir dieses Erbieten freier Dings zu tun: ... NATHAN: Ein Argwohn? SALADIN: Ich bin ihn wert. - Verzeih mir! - Denn was hilft's? Ich muß dir nur gestehen, - daß ich im Begriffe war - NATHAN: Doch nicht, das Nämliche An mich zu suchen? SALADIN: Allerdings NATHAN: So wär' Uns beiden ja geholfen! - Daß ich aber Dir alle meine Barschaft nicht kann schicken, Das macht der junge Tempelherr. Du kennst Ihn ja. Ihm hab' ich eine große Post Vorher noch zu bezahlen. SALADIN: Tempelherr? Du wirst doch meine schlimmsten Feinde nicht Mit deinem Geld auch unterstützen wollen? NATHAN: Ich spreche von dem einen nur, dem du Das Leben spartest ... SALADIN: Ah! woran erinnerst Du mich! - Hab' ich doch diesen Jünling ganz Vergessen! - Kennst du ihn? - Wo ist er? NATHAN: Wie? So weißt du nicht, wie viel von deiner Gnade Für ihn, durch ihn auf mich geflossen? Er, Er mit Gefahr des neu erhaltnen Lebens, Hat meine Tochter aus dem Feur gerettet. SALADIN: Er? Hat er das? - Ha! darnach sah er aus. Das hätte traun mein Bruder auch getan. Dem er so ähnelt! - Ist er denn noch hier? So bring' ihn her! - Ich habe meiner Schwester Von diesem ihren Bruder, den sie nicht Gekannt, so viel erzählet, daß ich sie Sein Ebenbild doch auch muß sehen lassen! - Geh, hol' ihn! - Wie aus einer guten Tat, Gebar sie auch schon bloße Leidenschaft, Doch so viel andre guten Taten fließen! Geh, hol' ihn! NATHAN: (indem er Saladins Hand fahren läßt). Augenblicks! Und bei dem andern Bleibt es doch auch? (Ab.) SALADIN: Ah! daß ich meine Schwester Nicht horchen lassen! - Zu ihr! zu ihr! - Denn Wie soll ich alles das ihr nun erzählen? (Ab von der andern Seite.)
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Guenther Administrator Beiträge: 762 Von:Drabenderhöhe Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.10.2001 um 13:35 Uhr
Eine sehr gute Interpretation der Ringparabel gibt es übrigens von Mark Opitz:Zur Vorgeschichte: Sultan Saladin gibt Nathan die Aufgabe über die Religionen zu urteilen. Nathan denkt sich dazu eine Geschichte aus, um falschem Urteil aus dem Weg zu gehen und sein Leben nicht zu verlieren. Saladin und Nathan unterhalten sich, wobei Saladin dem Nathan die Sicherheit gibt, das es niemand erfährt. Nathan ist sich seiner Sache aber so sicher, daß er es am liebsten der ganzen Welt erzählen würde. Alle beide sind zwei reiche und angesehene Menschen, die sich nur in ihrer Religion unterscheiden. Nathan versucht sich aus der Affäre zu ziehen. Saladin versucht durch das Gespräch mit Nathan zum Herrscher über alle drei Religion zu werden, welche Judentum, Christentum und Islam sind. Nathan beginnt das Gleichnis zu erzählen, welches später als Ringparabel bezeichnet wird. Interpretation: In der Geschichte, die Nathan erzählt, kommt ein Mann vor, welcher einen Ring besitzt, der sehr wertvoll ist und die Kraft besitzt vor Gott und Menschen angenehm zu machen, wer ihn in Zuversicht trägt. Lessing könnte diesen Mann als Urreligion bezeichnen, und mit ihm die gleiche Herkunft aller folgenden Religionen andeuten. Die Kraft, die jener Ring besitzt, liegt in der Weisheit und nur wer sie erlangt, wird es zu etwas bringen. Der Ring strahlt erst seine Kraft aus, wenn man auch wirklich daran glaubt, daß der Ring eine Kraft besitzt, die vor Gott ein gutes Ansehen dem Menschen bringt. Nur derjenige, der an den Glauben glaubt, wird vor Gott ein guter Mensch sein und erfährt die Wirkung des Ringes und kann damit hoffen, daß er ein gutes Leben haben wird und zum Schluß auch in den Himmel kommt. Diese Kraft oder Wirkung des Ringes ist der Glauben des Menschen an etwas nicht natürliches. Wenn man an die Identität von Gott glaubt und sich der Aufgaben von Gott stellt, die man durch ihn aufgetragen hat, dann hat der Ring seine Wirkung vollbracht. Dieser Mann bekommt drei Söhne, die sich sehr ähnlich sind. Damit drückt Lessing, die drei verschiedenen Religionen zu seiner Zeit aus. Sie besitzen alle einen Ursprung, wie die Söhne. Mit der Zeit gibt es aber ein Problem, da es nur einen Hausherren geben kann, um die Tradition fortzusetzen. Jeder der drei Söhne versucht der Beste zu sein, um später das Amt zu übernehmen. Die drei Söhne sind sich so ähnlich, da sie eine Herkunft haben, daß man sie nur durch ihre eigenen Gesichtspunkte zu verschiedenen Dingen unterscheiden kann. Dies nimmt Lessing als Vorwand für die Religionen. Sie haben alle einen oberen Herrscher (Gott), an den alle glauben, aber jeder betrachtet ihn unterschiedlich und verehrt ihn anders. Deshalb entstehen große Unterschiede zwischen den Religionen, obwohl sie sehr eng verbunden sind. Jeder Sohn zeigt in seiner Jugendzeit gute und schlechte Seiten, so daß der Vater sich nicht entscheiden kann, wer der Beste ist und die Macht im Hause haben sollte. Das zeigt gleichen Bezug auf die Religionen. Jede Religion hat gute und schlechte Seiten und Zeiten und damit kann man schlecht entscheiden wer nun "Sieger" oder "Verlierer" ist und somit das höchste Amt besitzen soll. Es gibt eben nicht nur eine Religion, die über die anderen herrschen kann. Als der Vater im Sterben liegt, muß er eine Entscheidung treffen. Er will niemanden benachteiligen oder kränken und somit ließ er den Ring vervielfältigen. Für die Religionen, so würde ich sagen, heißt das, daß man nicht einfach so zwei andere Religionen abschaffen oder zurückstellen kann und einfach eine oberste Religion ernennen kann, nach deren Glauben alle anderen leben müssen. Man muß die anderen Religionen akzeptieren und respektieren, auch wenn sie einen anderen Glauben haben und andere Vorstellungen von Gott besitzen. Die Religionen können nicht unter einen Hut gebracht werden, denn dafür sind sie in den Jahrhunderten schon viel zu verschieden geworden. Außerdem müssen sie ihren Glauben frei äußern und ausleben können, ansonsten käme es zu Konflikten zwischen den Religionen, da eine bestimmen würde, wie die andere sich zu verhalten hat. Es käme somit zu keiner gemeinsamen Religion, sondern zu einer Alleinherrschaft. Die Religionen sind nicht von Gott gemacht, sondern vom Menschen. Gott stellt dabei die oberste Leitfigur dar, nach der man sich richtet. Er ist eine Art Vorbild, um ein gutes Leben zu führen können. In der Geschichte, die Nathan erzählt, läßt der Vater drei gleiche Ringe anfertigen. Das soll ein Zeichen für Saladin sein. Er soll versuchen die drei Religionen nebeneinander gleichzustellen. Er soll nicht versuchen seine oder irgend eine andere Religion in den Vordergrund zu stellen und nach ihr zu regieren. Er soll alle anderen achten und respektieren. Der Vater übergibt die Ringe und denkt somit eine Lösung gefunden zu haben und stirbt. Leider tritt damit wieder ein großes Problem auf. Die Söhne geben sich nicht mit ihrer Macht zufrieden. Sie wollen entweder alles oder nichts. Sie wollen alleiniger Herrscher sein und die ganze Macht besitzen. Dieses Problem könnte nach dem Tod des Saladin auch auftreten, denn jetzt sehen wieder einige Religionen den Weg zur Alleinherrschaft und Unterdrückung, um ein besseres Leben zu führen. Da jeder unterschiedliche Macht besitzt, ist das leider möglich. Jeder hat unterschiedliche Macht, Reichtümer und Anhänger und somit kommt es dazu, daß eine Religion zur Spitze greift, die von allem das meiste hat und somit sich gegenüber den anderen behaupten kann. Die anderen Religionen werden somit in den Hintergrund gestellt. Als Kompromiß müßte es somit einen gemeinsamen Herrscher geben der wieder über alle herrscht, im gegenseitigen Einvernehmen. Es gibt aber leider keinen gemeinsamen Anführer, da dieser Anführer sich von keiner Religion leiten lassen dürfte. Er dürfte selber keinen Glauben besitzen um als Herrscher zu regieren und dennoch müßte er über alle Religionen bescheidwissen. Er müßte sie bis ins kleinste Detail kennen, um sie zu achten und zu respektieren. Er müßte in jeder Religion aufgewachsen sein und das ist nicht möglich. Somit kann es zu keiner gemeinsamen Einigung kommen. Wenn es, wie in dieser Geschichte, nicht einmal drei Söhne schaffen einig zu werden, kann das bei drei Religionen mit Millionen von Anhängern nie etwas werden. Man versucht den echten Ring zu finden und dabei äußert Nathan in der Form des Richters: "Es ist fast so unerweislich, wie der jetzige rechte Glaube." Da alle drei Religionen herrschen und großen Einfluß haben, kann man nicht herausfinden, welche die richtige ist. Die Lösung und der Ursprung des Problems liegt in der Vergangenheit und läßt sich nicht herausfinden und somit auch nicht lösen. Wie die Geschichte zeigt, so glaubt jeder Sohn den richtigen Ring zu besitzen und beteuert der liebste Sohn zu sein. In den Religionen ist das nicht viel anders. Durch seinen Glauben denkt jeder die richtige Religion zu besitzen und hält sie für die einzige und wichtigste, somit geht auch keiner mit den anderen einen Kompromiß ein, da er denkt dem anderen seine Religion sei falsch. Dieses falsche Urteil entsteht aber nur, wenn man nicht über die anderen Religionen bescheid weiß, wie es ja in der Wirklichkeit ist. Für jeden ist die eigene Religion die richtige. Alle drei Religionen sind für ihre Menschen richtig, da sie mit ihrem Lebensstil am besten harmonieren. Dieses Problem besitzt auch Saladin, da er auch einer eigenen Religion angehört und an sie glaubt. Saladin betrachtet es von seinem Standpunkt aus und nicht weltlich. Lessing spricht damit auch die Kirche an (christlicher Glaube), welche die Kreuzzüge und Unterdrückung durchführten. Die Kirche wußte auch nicht so genau und speziell über andere Religionen bescheid und handelte somit voreilig und oberflächlich. Man bringt damit nichts gutes in sein eigenes Volk, sondern nur Haß gegenüber den anderen. Lessing will damit andeuten, daß man von anderen auch lernen kann. Die Herrschaft, die die Kirche zur Zeit Lessings durchführt, bringt nur Reichtümer und Macht für die Adligen und keine Rettung der einfachen Leute gegen Hunger und Armut. Die Religion ist nur ein Vorwand für eine große Alleinherrschaft. Da alle an den christlichen Glauben glauben, lassen sie sich von ihm leiten und tun alles was ihnen gesagt wird, da sie glauben die Aufgaben kommen von Gott. Die Kirche ist sehr reich, aber vor dem Volk spielt sie den armen Verband vor. Sie benutzt den Glauben der Menschen um sich zu bereichern und das will Lessing zu seiner Zeit verhindern. Dadurch, daß Lessing verboten wurde das Wahre zu äußern, wird auch anderen klar, daß mit der Kirche etwas nicht stimmt und somit kommt es später zum Aufstand gegen die Kirche, wobei sie in ihrem Vertrauen zu den Menschen und Gläubigen leicht angeschlagen wird und somit auch einzelne Anhänger verliert. Als die Söhne vor den Richter traten sagte der nur, daß er jenes Problem nicht lösen könne und verwies nur auf die Wirkung des Ringes. Nur durch die Wirkung des Ringes kann der richtige Nachkomme gefunden werden. Dabei erkannte man aber, daß bei keinem der drei Söhne die Wirkung auftrat, da alle drei sich selbst nur am meisten liebten. Auch hier tritt wieder der eigene Glaube hervor, wie er auch in der Religion zu finden ist. Lessing drückt damit die Gleichheit der Religionen aus und daß es keine "Beste" geben kann. Der Vater wollte keinen von ihnen unglücklich machen, da er sie alle gleich liebte. Der Vater wollte sie somit zum Nachdenken anregen. Jeder sollte über sich selber nachdenken und sich selbst finden und selber einschätzen was richtig oder falsch für ihn und seine Mitmenschen ist. Man soll sich nicht von materiellen Dingen leiten lassen und somit sogar seine Brüder bekriegen und sogar zugrunde richten. Lessing drückt damit auch seine Gedanken aus. Er versucht zu verdeutlichen, daß man an seinen eigenen Glauben denken muß, man soll sich nicht von anderen Religionen leiten lassen und nicht an materielle Dinge denken, wie die Kirche es tut. Jeder soll versuchen sein Bestes zu geben, sowohl in der Arbeit als auch in der Religion. Man soll sich nicht vor anderen Dingen verschließen, sondern sie respektieren und achten, und damit meint Lessing sicher nicht nur die anderen Religionen sondern auch den Fortschritt im weiteren Leben. Lessing wollte damit den Adel ansprechen, welcher endlich einen Anfang schaffen sollte für die Gleichstellung der Menschen, damit irgendwann in ferner Zukunft eine Lösung für das religiöse Problem geschaffen werden kann. Die Adligen sollen endlich aufhören nach Macht und Geld zu streben, damit ein besseres Leben unter den Völkern und im Volk ist. Für Saladin, in dieser Geschichte, soll das heißen, daß für ihn noch nicht die Zeit gekommen ist und auch für andere nicht kommen wird, die Religionen so zu vereinigen oder zu unterdrücken, wie es die Kirche macht, denn das bringt keine guten Lebensumstände für die Menschen. Wie es Lessing in seinem eigenen Leben erfahren hat, kann das nicht gut für das einfache Volk sein. Die Religionen, so kommt hervor, können sich nie einigen, nicht in tausend Jahren, da sie schon viel zu verschieden sind, wie man es auch bei den Söhnen sieht. Sie sind vielleicht 30 Jahre alt und können sich nicht einigen, da sie schon zu stark ihr eigenes "Ich" vertreten und somit kann auch keine Lösung gefunden werden. Die Religionen sind schon Jahrhunderte alt und werden von ihrem eigenen Glauben nie wegkommen, um eine Lösung zu finden, denn dafür sind sie zu stolz und eigensinnig. Die drei Söhne haben den Sinn des Rings und die Lösung des Vaters nicht verstanden, somit haben auch die Menschen, die den "Alten Gläubigern" in ihrem Glauben folgen wollten, den richtigen Weg der Religion nicht verstanden. Somit kann die eigentliche Aufgabe der Religion nicht erfüllt werden. Lessing bezieht sich stark auf sein Leben und die Unterdrückung durch die Kirche und bemerkt dabei, daß es so nicht weitergehen kann. Man kann anderen Völkern keinen Glauben aufzwingen und sie zu Untertanen machen, deshalb versucht er mit dieser Ringparabel gegen die Kirche zu seiner Zeit vorzugehen und versucht durch seine Anhänger, die seine Ansichten vertraten, die Dinge zu ändern. Mit diesem Gleichnis versucht er zwar zum größten Teil das Volk anzusprechen, da es diese Erzählung am besten versteht. Aber leider haben dieses Theaterstück, zur Zeit Lessings, nur Adlige und Denker gesehen und nicht das Volk. Lessing versucht den Adel, ohne öffentlich zu diskriminieren, auf das Fehlverhalten hinzuweisen. Lessing bezeichnet die Kirche als Saladin und will durch ihn näher bringen was für schlimme Folgen auftreten können und aufgetreten sind. Lessing stellt sich als weisen Nathan dar, der die Probleme verstanden hat und eine Lösung bringen will, die das Volk sehr ansprechen soll und die Kirche und alle anderen Religionen zu Änderungen zwingen soll. Er versucht der Kirche, durch dieses "Theaterstück", klarzumachen, daß sie nicht nur als einzige Religion vorhanden ist, und sie nicht als einzige über die ganze Welt herrschen kann. Es gibt auch andere Dinge die man respektieren und achten muß und man darf dabei nie vergessen, daß alle Menschen gleich sind. Lessing versucht sich durch Nathan an der Geschichte als Richter und beschreibt, wie die Welt wirklich ist und daß die Einstellungen der Menschen geändert werden muß.
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Guenther Administrator Beiträge: 762 Von:Drabenderhöhe Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.10.2001 um 13:40 Uhr
Robert, ich befürchte, um die von dir zitierte Definition von Wahrheit verstehen zu können, man erstmal Philosophie studiert haben muss...IP: gespeichert |
helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 30.10.2001 um 14:19 Uhr
Nun ja, mit der Erkenntnistheorie haben wir uns auch gerade eines der leichtesten Themen ausgesucht, welche die "Weisheits - und Wissenslehre" zu bieten hat...(nach Heraklit hat sich Pythagoras selbst als "philosophos" bezeichnet). Ich fuerchte, da kommen wir um eine separate Diskussion nicht herum ;-) - und weiter fuerchte ich, dass wir daran ebenso scheitern werden wie all die "grossen Koepfe" vor uns, von T. v. Aquin ueber Descartes bis hin zu Kant und Popper. Aber Spass macht's vermutlich dennoch. Fuer mich selbst denke ich, dass ich einen ganz guten Ueberblick erhalten habe ueber das, was Toleranz sein kann (und was sie nicht ist...) -Euer Helle IP: gespeichert |
Johannes Mitglied Beiträge: 129 Von:Deutschland Registriert: Jun 2001
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erstellt am 30.10.2001 um 16:09 Uhr
Schluck, stöhn, seufz, boahhh!Nun geht es auch hier mit ellenlangen Monologen los! Nichtsdestotrotz, ich find´s klasse! Habe leider noch nicht Zeit gefunden alles zu lesen! Wenn Bernd den Lessing abgeschrieben hat, dann ist es eine Leistung, wenn er das "Ding" aber noch auswendig weiß, dann sag´ich "HUT AB"! Herzliche Grüße von Johannes IP: gespeichert | |