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Verhältnis zwischen den einzelnen Volksgruppen (Seite 2)

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Autor Thema:   Verhältnis zwischen den einzelnen Volksgruppen
Ludwig van
Mitglied

Beiträge: 128
Von:Österreich, 2362 Biedermannsdorf
Registriert: Jun 2004

erstellt am 27.06.2006 um 08:03 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
In meiner Kindheit, als ich in der mir knapp gewährten Freizeit dem runden Leder nachjagen durfte, galt die Regel: zwei gegen einen ist unfair (foul). So könnte ich aus reinem Sportsgeist versucht sein, meinem Landsmann beizuspringen, ich tue es eher mit Bezug auf die reichlich Papier schwärzenden Rechte in unseren zivilisierten Ländern: Meinungs-, Rede-, Versammlungsfreiheit und wohl einiges mehr. Auch dürfen wir wohl als zwei-Mann-hoch Minderheit unsere Folklore ausfahren - samt Austriazismen, solange wir uns von den Reichsdeutschen eben durch die Sprache unterscheiden.
Henny kann ich beruhigen, wir, die wir in der Pratergegend hängen blieben und es nicht bis an die Gestade von Spree und Rhein geschafft haben, ließen keineswegs die gute Kinderstube zurück, sie war Teil unseres Übersiedlungsgutes (zu meiner Zeit 80 Kg pro Kopf und Nase, in Kisten). Im Lande des Dreivierteltaktes von mangelndem Taktgefühl zu sprechen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Wenn ein jeder singen soll, wie ihm der Schnabel gewachsen, warum dann nicht einer wie die Nachtigall, wenn er sich im Besitze eines solchen wähnt?
An Carla, mit ihrem deutsch-ungarischen Hintergrund und einem Faible fürs Rumänische, ergeht die Aufforderung, das eingangs gestellte Thema zu entwickeln - asta-i muzica ce-mi place!

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Parkor
unregistriert
erstellt am 28.06.2006 um 15:06 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Carla hat den Wunsch geäußert, ich soll in diesen Thread ein paar von meinen Gedanken einfügen. Die von ihr gestellten Fragen, kann ich nicht alle zufrieden stellend beantworten. Ich versuche trotzdem ein paar Aspekte des Problems „Zusammenleben und Kultur“ zu beleuchten. Carla möge dann die Teile aussuchen, die sie gebrauchen kann.

Vor ein paar Jahren habe ich mich unten in Rumänien mit einem älteren gebildeten Rumänen unterhalten: „Es tut uns leid, dass ihr weg seid. Eure Kultur, eure Gemeinschaft verschwindet“, sagte er. „Was unsere Gemeinschaft angeht“, sagte ich, „wir wären sowieso über kurz oder lang (und ich ergänze jetzt: eher kurz) von der Mehrheitsbevölkerung assimiliert worden.“ So weit das Gespräch.

Das Absondern, das Nebeneinander- und nicht Miteinander-Leben war für frühere Zeiten eine Überlebensnotwendigkeit. Es galt die Vorteile einer gut organisierten auf gegenseitiger Hilfe basierenden Gemeinschaft zu verteidigen. Aus dieser Zeit muss wohl auch das Lied „Mir walle bleiwen wot mir senj“ stammen. Die modernen Zeiten, die Industrialisierung haben so nach und nach unsere Gemeinschaft geschwächt. Unsere jungen Hochschulabsolventen bekamen Arbeitsplätze im ganzen Land verstreut. Und es kam wie es kommen musste, es kam zu Mischehen, die früher verpönt waren. So nach und nach wäre unsere alte Gemeinschaft verschwunden. Das ist ein geschichtlicher Prozess, den hätte man nicht aufhalten können. Schuldzuweisungen nützen wenig. Fehler wurden von vielen Seiten gemacht. Man soll und kann nicht vergessen, aber man sollte als Christ verzeihen können.

Wenn es die sächsische Kultur in Siebenbürgen noch geben wird, wenn noch ein Rest erhalten bleibt, dann aber in einer anderen Form. Inder Form in der wir sie gelebt haben wird es sie nicht mehr geben, wird sie tot sein. Es identifizieren sich, so wie ich gehört habe immer mehr Rumänen mit sächsischen Kulturgütern. Die Nachkommen der heutigen Mischehen werden die deutsche Sprache in Siebenbürgen zum Teil noch erhalten. Im Nordsiebenbürgen, in der Bistritzer Gegend gibt es ein Zigeunerdorf (ich glaube, es heißt Weilau), ein ehemals sächsisches Dorf, wo die Zigeuner die evangelische Konfession (die Siebenbürger Sachsen waren überwiegend evangelisch) angenommen haben und in der Kirche deutsch singen (wurde im Fernsehen gezeigt). Als man ihren Vorsteher fragte, warum sie deutsch und nicht rumänisch singen würden, antwortetet der: „Nur so können wir die deutsche Sprache pflegen“. Und danach zeigten sie eine Mädchengruppe aus demselben Ort, die sangen „Ich hab’ Liebe in meinem Herzen“.

So gesehen, ist die deutsche Sprache gerettet und man kann sich dann wieder heimisch fühlen (bis auf die verunstalteten Städte). Man spricht auch von dem Begriff „Sprache als Heimat“.
Wenn Carla Siebenbürgen besucht, wird sie sich mit der deutschen Sprache an manchem Ort heimisch fühlen. Ob sie in der ungarischen Familie Rumänisch sprechen soll, das ihr leichter fällt, oder es mit weniger gutem Ungarisch versucht, das soll sie an Ort und Stelle ausloten. Ich würde mit ein paar Brocken ungarisch, wenigstens zu Begrüßung, anfangen, dann auf meine Schwierigkeiten hinweisen und mit Rumänisch fortfahren. Den guten Willen aber immer wieder zeigen und die bekannten ungarischen Wörter, dort wo es sich anbietet, ins Gespräch einflechten.

Gruß

Parkor


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der Ijel
Mitglied

Beiträge: 455
Von:
Registriert: Apr 2004

erstellt am 29.06.2006 um 14:16 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von der Ijel anzusehen!   Klicken Sie hier, um der Ijel eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von Carla:
Hallo,
Freuen sie sich , wenn sie einander begegnen oder lebt jeder so vor sich hin? Ist es z. B. beleidigend, wenn ich im Sommer z. B. Ungarisch sprechende Leute besuche und Rumänisch lerne, weil mir diese Sprache leichter fällt?
Viele Grüße
Carla
P.S. Ich bin übrigens auch neu im Forum und finde es sehr interessant.

Hallo Carla!
Die Ungarische Sprache zu erlernen ist sicher keine leichte Nuß, weil sie in Europa eine Sonderstellung einnimmt.
Dein Wissensdurst auf sotial-etnischem Gebiet ist trotz allem zu begrüssen, und Deine Fragen sind berechtigt.
Leider fallen sich in Deiner "Hütte" Bär und Wolf,gelegentlich in den "Pelz" während Du nicht zuhause bist.d.h. sie tragen Ihre Fehden in deinem "Forum" aus.
Das hast Du wahrscheinlich auch über die Bemerkungen von Johann und Henny mitbekommen---
Konkret: Mir selbst sind im selben Dorf mindestens drei Familien bekannt in welchen beide Elternteile ungarischen Ursprungs sind.
Der Fall A: Ungarisch sprachen sie nur mit der 90-jährigen Tante welche zur Familie gehörte. (Sie starb in diesem Frühjahr). Nachwievor reden beide Elternteile im Haus und mit Ihrer erwachsenen Tochter rumänisch.
Desgleichen mit der in Deutschland verheirateten Tochter-- auch telefonisch--ich muss sagen sie reden ein schlechtes rumänisch. Und ungarisch haben sie auch nie richtig gelern.
-Ich versteh nicht warum- Vielleicht war ihnen Essen und Trinken immer wichtiger als ein Buch lesen, oder in die Kirche zu gehen.-
In der harten Zeit des "Nationalkommunismus" nich zu verdenken----
Sie gehören zur Mittelschicht. Arbeiter-Handwerker.
Der Fall B sowie C ist dem Fall A sehr sehr ähnlich.
Bei Sachsen habe ich solche Beobachtungen nie feststellen können. Dies ist in Zentralsiebenbürgen. Anders geht es in Arad, Satu-Mare und Baia-Mare zu. Auch dort bin ich bewandert.
Meinungen kannst Du verschiedene Sammeln,doch an Ort und stelle eigene "Feldforschung" ist zu empfehlen.
P.S.
Es gibt auf ungarischem Gebiet,in Grenzregionen nicht wenige Gemeinden und Gemeinschaften welche, pur rumänich sind und bleiben möchten. Ein Fenomen welches in anderen Rgionen der Welt nicht unbekannt ist.

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Carla
Mitglied

Beiträge: 9
Von:Deutschland 80809 München
Registriert: Jun 2006

erstellt am 13.08.2006 um 19:28 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Ich grüße alle,

die mit so viel Engagement ihre Beiträge geschrieben haben. Bei einigen musste ich schmunzeln.

Auf jeden Fall, vielen Dank dafür.

Ich war inzwischen persönlich in Rumänien.

Das Land und die Menschen dort haben mich sehr beeindruckt. Zwischenzeitlich habe ich mit meinen vielen Verwandten dort über neun (sic!) verschiedene Sprachen parallel kommuniziert. Es ging! Wir haben uns gut verständigt.

Alle waren sehr aufgeschlossen, die Familien sind sehr darauf bedacht, dass die Kinder weiterkommen und die für sie wichtigen Sprachen beherrschen. Z. B. in der Familie, in der ich zu Gast war, sprachen die Eltern (sie Rumänin, er:Rumänisch-Ungar) Rumänisch mit dem Kind, die Großmutter (ungarischer Herkunft) Ungarisch. Das Kind besuchte den deutschen Kindergarten, damit es später in die deutsche Schule, die dort die beste sein soll, besuchen kann.

Rumänisch fiel mir persönlich durch meine perfekten Spanischkenntnisse sehr leicht (in vier Tagen verstand ich fast alles), selbstverständlich fügte ich zwischendurch meine ungarischen Formeln und Wörter ein (was auch gut ankam).

Ich hatte auch die Gelegenheit bei den Kirchenburgen mit Siebenbürger Sachsen zu sprechen, die allerdings sehr enttäuscht waren, dass ich nicht "Sächsin" war, sondern "nur Deutsche".

Die Siebenbürger Sachsen sprachen aber alle ein grammatikalisch und von den Redewendungen her exzellentes Hochdeutsch, viel besser als manch einer es in Deutschland spricht.

Sie sind sehr traurig, dass so viele von ihnen ausgewandert sind. Die Kirchen sind fast leer. Man wartet noch immer darauf, dass die "Sachsen" zurückkehren.

Was ich persönlich nach meinem Aufenthalt in Rumänien nicht verstehe, ist, dass die Deutschen dort wirklich (nach 1989!!!, wo es meiner Meinung nach gar nicht mehr nötig gewesen wäre) ihre wunderschöne Heimat verlassen haben.

Rumänien ist ein großartiges emporstrebendes Land mit vielen kulturellen Schätzen und menschlichen wie auch wirtschaftlichen Chancen. Mir sind alle Menschen dort sehr tolerant, freundlich und menschlich begegnet.

Es war mir ein Anliegen, diesen kleinen subjektiv gefärbten Erfahrungsbericht noch anzufügen.

Mit freundlichen Grüßen

Carla

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dieter
Mitglied

Beiträge: 456
Von:BW
Registriert: Mrz 2001

erstellt am 14.08.2006 um 11:06 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von dieter anzusehen!   Klicken Sie hier, um dieter eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Meiner Meinung nach sind die Sb. Sachsen aus Siebenbürgen "abgehauen" weil:
- sie sich dort unterdrückt gefühlt haben bzw. unterdrückt und ihrer Intelektuellen beraubt wurden
- weil sie es satt hatten, daß die Regierung- egal welcher Coleur- ihnen immer wieder viel versprochen hat, und nichts davon eingetreten ist
- weil ihnen die Lust vergangen ist, immer für den Erhalt der eigenen (Menschen-)rechte und Identität gegen ein Staatsvolk anzukämpfen, und sie quasi auf verlorenem Posten kämpften- der Assimilationsdruck war schon zu groß
- weil die Regierungen in Rumänien seit 1945 ihre Gemeinschaft systematisch zerstört haben und das ein erklärte Ziel war (siehe Hannelore Baier- die Deutschen in Rumänien 1944-1956)
- weil sie dort immer diejenigen waren, die fleissig gearbeitet haben, und das nie honoriert wurde, sondern nur Neid und Hass provoziert hat
- weil sie gesehen haben, das man die eigene Arbeit im Westen honoriert wird und man es dort materiell "zu etwas bringen" kann (auch wenn man dann ein Leben lang seinen Hauskredit abzahlt bzw. als Hausmeister oder in niedriger Qualifikation arbeitet)
- aufgrund der Werbung der eigenen Anverwandten, Landsleute und der LM

Aufgrund dieses Traumas welches mehr oder weniger bewusst von den einzelnen Sb. Sachsen realisiert wurde, sind die Sachsen dann in 1990 fluchtartig ausgewandert.
Nur einige wenige, welche entweder unentschlossen oder zu stark an ihrer Scholle hängten oder alt waren oder gute Verbindungen zum System hatten, sind geblieben.

Meiner Meinung nach hat das, was an Sb. Sachsen und Kultur derselben noch in Rumänien anzutreffen ist, sehr wenig mit
der eigentlichen Indentität derselben zu tun.
Warum? Man sehe sich mal ein "echt" sb.-sächsisches Fest wie z.B. das Birthälmer Treffen im September an: die Larven, d.h. Trachten, und Musikinstrumente sind vielleicht sächsisch, der Rest ist meistens schon rumänisch.
Und richtig sächsisch spricht eh`fast niemand mehr von den "neuen Jungsachsen", bestenfalls vielleicht ein Brukenthal-Deutsch nach 1990.

Das ist vielleicht die Sichtweise der meisten Ausgewanderten.
Der Schock sitzt so tief, das die meisten davon nie mehr in Rumänien waren und schon nach 1 Jahr behaupteten, kein Rumänisch / oder sogar Sächsisch/ sprechen zu können.

Dadurch verschloss sich für diese Leute dann auch jede weitere Sicht auf die Schönheiten und die Chancen Rumäniens nach 1990.

Vielleicht warst Du auch etwas zu kurz dort, Carla. Um die Situation richtig beurteilen zu können, ist ein Aufenthalt von ca. 6 Monaten angemessen- vielleicht sogar im Rahmen eines Jobs oder einer Tätigkeit dort.

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gogesch
Moderator

Beiträge: 430
Von:Deutschland
Registriert: Nov 2000

erstellt am 14.08.2006 um 16:55 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von gogesch anzusehen!   Klicken Sie hier, um gogesch eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Für mehr als die Hälfte der Siebenbürger Sachsen stellte sich die Frage "bleiben oder gehen", wie sie Carla formuliert gar nicht. Da ist heute sicherlich schwierig zu begreifen, aber damals war die Ausreisewilligkeit der Siebenbürger Sachsen eine Lawine, die nicht mehr zu stoppen war. Warum sollten die Menschen, die vorher schon alle weg wollten, noch warten, wenn die Tore jetzt offen waren?
Im Endeffekt waren wir damals in der gleichen Situation wie die DDR-Bürger in Ungarn oder in der Botschaft in Prag.

Und noch ein Aspekt der hier ein bischen zu kurz kommt. Ich behaupte mal einfach: ich bin nicht der einzige Siebenbürger Sachse der 1989/90 die Möglichkeit eines Studiums sah, dass unter dem kommunistischen Regime unmöglich gewesen wäre.

hlw muss ich auch mal wieder recht geben; ich sehe auch keine revolutionierende junge Intelektuelle die ihre Wurzeln im sächsischen Siebenbürgen haben.

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Serban
Mitglied

Beiträge: 110
Von:Rumaenien, Kronstadt
Registriert: Aug 2004

erstellt am 15.08.2006 um 09:36 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Serban anzusehen!   Klicken Sie hier, um Serban eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Hallo,

Kurz zum Verhaeltnis: wir kennen unseren saechsichen, ungarischen oder rumaenischen Nachbarn immer noch zu wenig. Ungarn, Rumaenen, Sachsen - alle sehen die Geschichte und Kultur Siebenbuergens in bezug auf das eigene Volk. Die Geschichte der "Anderen" ist nicht relevant oder bestenfalls uninteressant. In den rumaenischen Geschichteschulbuechern sind die Sachsen und Ungarn / Szekler in 2-3 Seiten praesent. In den ungarischen Schulbuechern ist es auch nicht besser, aber diesmal mit den Rumaenen.
Noch eine kurze Geschichte - dieses Jahr traf ich mich in Deutschland mit einer alten Freundin und ehemaliger Nachbarin aus Kronstadt. Wir sprachen mal nebenbei ueber den Verhaeltnis ihrer Familie zu Rumaenien. Sie erzaehlte mir ueber die schweren 80 Jahre und ueber die Securitate die ihre Familie bespitzelte (und ihren Vater mehrere Male verhoerte). Ich wollte sie troesten und erzaehlte ihr ueber meine beiden Grossvaetern, die viele Jahre im kommunistischen Gefaengnis sassen. Sie fragte mich verwundert: wurden aber auch Rumaenen verhoert und politisch verfolgt?
Gruss,
Andrei

------------------

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xyz
Mitglied

Beiträge: 41
Von:
Registriert: Mai 2004

erstellt am 15.08.2006 um 10:08 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von gogesch:
Und noch ein Aspekt der hier ein bischen zu kurz kommt. Ich behaupte mal einfach: ich bin nicht der einzige Siebenbürger Sachse der 1989/90 die Möglichkeit eines Studiums sah, dass unter dem kommunistischen Regime unmöglich gewesen wäre.

Wieso konntest Du in Rumänien nicht studieren ? Gab es denn vor 1989 in Rumänien keine Hochschulen ?

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gogesch
Moderator

Beiträge: 430
Von:Deutschland
Registriert: Nov 2000

erstellt am 15.08.2006 um 10:32 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von gogesch anzusehen!   Klicken Sie hier, um gogesch eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Die Frage nach der Existenz von Hochschulen sehe ich jetzt mal als "provokativen Einwurf" und nicht als ernstgemeinte Frage.

Ob mein deutscher Name ein Rolle bei meiner nichtbestandenen Aufnahmeprüfung 1986 gespielt hat kann ich zwar behaupten, aber beweisen kann ich das sicher nicht. Ist auch nicht so wichtig.

Was ich meinte ist: realistisch gesehen, hatte ich nur diese eine Aufnahmeprüfung, die über mein ganzes Leben entschieden hätte. Entweder BESTÁNDEN und Akademikerlaufbahn oder NICHTBESTANDEN und Handwerker.

Als der Vorhang dann fiel waren die schönen Landschaften und freundlichen Menschen, die Carla im Jahre 2006 erlebte, so wichtig wie der sprichwörtliche Sack Reis in China.

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dannyboy
Mitglied

Beiträge: 130
Von:münchen
Registriert: Aug 2002

erstellt am 15.08.2006 um 11:33 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von dannyboy anzusehen!   Klicken Sie hier, um dannyboy eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von gogesch:

Ob mein deutscher Name ein Rolle bei meiner nichtbestandenen Aufnahmeprüfung 1986 gespielt hat kann ich zwar behaupten, aber beweisen kann ich das sicher nicht. Ist auch nicht so wichtig.

Was ich meinte ist: realistisch gesehen, hatte ich nur diese eine Aufnahmeprüfung, die über mein ganzes Leben entschieden hätte. Entweder BESTÁNDEN und Akademikerlaufbahn oder NICHTBESTANDEN und Handwerker.

Als der Vorhang dann fiel waren die schönen Landschaften und freundlichen Menschen, die Carla im Jahre 2006 erlebte, so wichtig wie der sprichwörtliche Sack Reis in China.



(1)es gibt sehr viele sachsen die studiert haben, ganz zu schweigen von den vielen ungarn die in tg.mures (neumarkt) oder klausenburg studierten, meistens medizin, und vor allem bei medizin musste man evtl. sich mehrere jahre für die prüfung vorbereiten bis es klappte, und wer es bei mascjinenbau beim ersten versuch nicht packte war meistens im 2ten jahr raus - und das ist gut so.
oder ist es in deutschland besser sich schon in der 4-ten klasse (genau weiss ich nicht) zw. real-/ hauptschule (oder wie sie alle heissen) und gymnasium zu entscheiden?
(2)ich finde weder die landschaften in rumänien besonders schön (ganz normal würde ich sagen, manchmal verlassen oder auch verschmutzt), noch die leute beonders freundlich (eher gelangweilt oder frustriert).
natürlich würden jetzt nicht mehr so viele weg gehen wie vor 15 jahren, es kommen sogar gastarbeiter rein (habe was gehört von paar hundert chinesen in der textilindustrie), und kommischerweise wird alles noch viel hecktischer und unfreundlicher. vor allem wenn man primitive neureichen begegnet.

PS: hat jmd das buch Unterwegs nach Babadag
von Andrzej Stasiuk gelesen ? http://www.amazon.de/gp/product/3518417274/028-1577086-5692547?v=glance&n=299956

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Hermannstaedter
Mitglied

Beiträge: 21
Von:Siegfried
Registriert: Aug 2006

erstellt am 15.08.2006 um 11:51 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Gogesch hat recht. Die Sache war komplett verbockt. Egal ob ein Sachse die Pruefung nicht bestanden hatte weil er zuwenig gewusst hatte, weil er schlicht Pech hatte oder weil er benachteiligt worden war, weil er eben Sachse war, er war immer davon ueberzeugt, dass er nicht bestanden hatte, weil er Sachse war.

Das haette sich durch Generationen auch nicht geaendert. Das Vertrauen war ein fuer alle mal weg. Daran ist nicht zu ruetteln.

İch will gar nicht behaupten, dass das die Schuld der einzelnen Rumaenen war. Eine solche Behauptung waere toericht. Vielleicht war es nicht einmal wirklich "die Schuld Rumaeniens". Einfach nur die Schwaeche und Unentschlossenheit diese historisch recht jungen, ungefestigten und reichlich impotenten Landes.

Der Vertrauensschwund war darauf zurueckzufuehren, dass das offizielle Rumaenien die saechsische Bevoelkerung weder vor den Pressionen und dem Missbrauch durch die Nationalsozialisten zu schützen bereit gewesen ist. Noch der rumaenische Staat bereit war diesem Teil der in Rumaenien wohnenden Bevoelkerung Schutz vor der jeden Rechtsgrundsaetzen Hohn sprechenden Kollektivbestrafung und voll beabsichtigten systematischen kollektiven Demuetigung durch die Sowjets zu bieten.

Ganz im Gegenteil. Zusaetzlich zur jedem Menschenrecht zuwiderhandelnden Kollektivbestrafung wurde nach dem Kriege kollektiv saechsisches Eigentum konfisziert. Was aber am schlimmsten war, war die systematische Einquartierung des letzten Abschaums den das rumaenische Altreich aufzubieten hatte.

Die im Lande anwesenden Maenner und Frauen in arbeitsfaehigem Alter wurden zur Zwangsarbeit in sowjetische Konzentrationslager verschleppt. Viele der Frauen kehrten mit Kindern an der Hand oder unter dem Herzen in die Heimat zurueck. Der Vater war nur allzuoft unbekannt. Die Sowjetschergen wussten natuerlich ganz genau wie es in ihren "Erholungslagern" zugegangen ist und haben das mit diabolischer Absicht wohl einkalkuliert.

An den Einquartierungen, bei denen oft das letzte rumaenische Gesindel manchmal sogar im gleichen Zimmer mit alten Sachsen und saechsischen Kindern untergebracht worden ist, und an den menschenrechtswidrigen Aufenthalten in sowjetischen Konzentrationslagern sind die Sachsen letztlich zerbrochen. Da nuetzte auch der ganze Schein, der ab Mitte der 50er Jahre aufzurichten versucht worden ist, nichts mehr.

Saechsische Gemeinschaften gab es im althergebrachten Sinne eigentlich nicht mehr. Wem sollten die Sachsen denn noch glauben? Ihren Pfarrern, Lehrern und Predigern? Die haben zuerst den Nazis nach dem Munde geredet und dann grossteils mit dem kommunistischen Regime kollaboriert. Zur "Belohnung" durften diese Beufsgruppen auch problemlos ausreisen. Was den anderen Sachsen verwehrt geblieben ist.

Durch das staatskapitalistische System war es auch nicht mehr moeglich eine wirtschaftliche Basis fuer saechsische Gemeinschaften zu bilden. Da nuetzte alle formelle kulturelle Autonomie gar nichts. Ohne eigene nennenswerte Geldmittel, die auch autonom verwaltet werden duerfen, kann keine Gemeinschaft auf Dauer ueberleben.

Praktisch alle Sachsen zogen daraus die Konsequenzen. Die Massenauswanderung nach Dezember 1989 war der logische Abschluss.

Das Schoenreden junger Dinger verbunden mit grotesken Belehrungen wie unklug und realitaetsfern sich doch die Sachsen verhalten haetten als sie ab 1990 "eigentlich grundlos" und praktisch geschlossen ıhre angestammte Heimat velassen haben ist einfach dumm und manchmal auch unapptitlich!

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dannyboy
Mitglied

Beiträge: 130
Von:münchen
Registriert: Aug 2002

erstellt am 15.08.2006 um 17:02 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von dannyboy anzusehen!   Klicken Sie hier, um dannyboy eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von Hermannstaedter:
Gogesch hat recht. Die Sache war komplett verbockt. Egal ob ein Sachse die Pruefung nicht bestanden hatte weil er zuwenig gewusst hatte, weil er schlicht Pech hatte oder weil er benachteiligt worden war, weil er eben Sachse war, er war immer davon ueberzeugt, dass er nicht bestanden hatte, weil er Sachse war.

Das haette sich durch Generationen auch nicht geaendert. Das Vertrauen war ein fuer alle mal weg. Daran ist nicht zu ruetteln.



ein bisschen würde ich doch rütteln
wer gut ist verliert nicht so einfach sein vertrauen,egal in welches system er sich gerade befindet.und die meisten sachsen hatten auch verwandte "auf der anderen seite der mauer" die ihnen durch klammoten oder anderes westzubehör das selbstvertrauen nur aufputschen konnten.
Zitat:
Original erstellt von Hermannstaedter:
Praktisch alle Sachsen zogen daraus die Konsequenzen. Die Massenauswanderung nach Dezember 1989 war der logische Abschluss.

Das Schoenreden junger Dinger verbunden mit grotesken Belehrungen wie unklug und realitaetsfern sich doch die Sachsen verhalten haetten als sie ab 1990 "eigentlich grundlos" und praktisch geschlossen ıhre angestammte Heimat velassen haben ist einfach dumm und manchmal auch unapptitlich!



ab 1990 wollten ja fast alle aus ganz ost-europa irgendwo auswanderen, aber nur für deutsche und juden war es einfacher.
"eigentlich grundlos" ist gar nicht mal so dumm gemeint, endlich war man frei und teoretisch war alles möglich in wilden osten, aber praktisch war es doch viel einfacher abzuhauen -ich hate auch das glück diese entscheidungsmöglichkeit zu haben (und ob und wo meine großeltern deportiert wurden hat bei der entscheidung keine große rolle gespielt)

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The history of Igor
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Beiträge: 151
Von:
Registriert: Jan 2005

erstellt am 15.08.2006 um 17:25 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von dannyboy:
ab 1990 wollten ja fast alle aus ganz ost-europa irgendwo auswanderen, aber nur für deutsche und juden war es einfacher.
"eigentlich grundlos" ist gar nicht mal so dumm gemeint, endlich war man frei und teoretisch war alles möglich in wilden osten, aber praktisch war es doch viel einfacher abzuhauen -ich hate auch das glück diese entscheidungsmöglichkeit zu haben (und ob und wo meine großeltern deportiert wurden hat bei der entscheidung keine große rolle gespielt)


Eben. Der Westen war schon seit Jahrzehnten ein Anziehungspunkt fuer Ostmitteleuropaeer. Nur haben es Schmidt und co es einfacher fuer die Sachsen gemacht auszuwandern, was sich dann 1990 zugespitzt hat in eine Massenauswanderung.

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dieter
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Beiträge: 456
Von:BW
Registriert: Mrz 2001

erstellt am 15.08.2006 um 18:20 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von dieter anzusehen!   Klicken Sie hier, um dieter eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Ja, ab 1990 haben die meisten im Osten in den Westen gewollt, weil sie endlich Reisefreiheit hatten und neugierig auf die "freie" Seite des Eisernen Vorhangs waren- und die Unterdrückung satt hatten.
D.h. das die sogenannte Freiheit den Leuten wichtiger war als jede Tradition, Identität etc.

Momentan ist eine Rückkehr zu den traditionallen Werten immer noch nicht ersichtlich, aber es gibt m.E. trotzdem immer mehr Osteuropäer, welche den Verlust der eigenen Identität, die Aufgabe der Heimat empfinden. Das kann auch nicht durch den Konsumzirkus und eine EU-Bürokratie-Regierung aufgewogen werden, und auch nicht durch die Freiheit, welche nun schon selbstverständlich geworden ist.

Das wesentliche des Menschen ist immer noch, sich mit Werten zu identifizieren.
Wenn er diese nicht hat- und diese Werte konnte auch die Politiker oder die Gesellschaft im Westen oder auch die LM nicht vermitteln- sucht er sich eben neue Werte. Das kann gesellschaftlich gesehen dann gut oder schiefgehen (zB Rechtstrends wie in Polen oder eine Einmannshow wie mit Berlusconi oder nicht zuletzt den Balkankrieg).

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The history of Igor
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Beiträge: 151
Von:
Registriert: Jan 2005

erstellt am 15.08.2006 um 18:24 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von dieter:
Ja, ab 1990 haben die meisten im Osten in den Westen gewollt, weil sie endlich Reisefreiheit hatten und neugierig auf die "freie" Seite des Eisernen Vorhangs waren- und die Unterdrückung satt hatten.
D.h. das die sogenannte Freiheit den Leuten wichtiger war als jede Tradition, Identität etc.

Momentan ist eine Rückkehr zu den traditionallen Werten immer noch nicht ersichtlich, aber es gibt m.E. trotzdem immer mehr Osteuropäer, welche den Verlust der eigenen Identität, die Aufgabe der Heimat empfinden. Das kann auch nicht durch den Konsumzirkus und eine EU-Bürokratie-Regierung aufgewogen werden, und auch nicht durch die Freiheit, welche nun schon selbstverständlich geworden ist.

Das wesentliche des Menschen ist immer noch, sich mit Werten zu identifizieren.
Wenn er diese nicht hat- und diese Werte konnte auch die Politiker oder die Gesellschaft im Westen oder auch die LM nicht vermitteln- sucht er sich eben neue Werte. Das kann gesellschaftlich gesehen dann gut oder schiefgehen (zB Rechtstrends wie in Polen oder eine Einmannshow wie mit Berlusconi oder nicht zuletzt den Balkankrieg).


@Dieter: Welche Werte meinst du? Und glaubst du, dass es ueberhaupt moeglich ist zu diesen 'traditionellen Werten' zurueckzukehren, oder sind diese Werte auch nur Illusion (so wie der Westen vor '89 idealisiert wurde)?

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