9. Februar 2012

Verloren und vergessen?

Das Skariatin-Denkmal oder wie man in Schäßburg mit Kulturerbe umgeht
Mitte November war ich eine Woche in Schäßburg. Da ich Unerfreuliches über das Skariatin-Denkmal gehört hatte, wollte ich es mir unbedingt ansehen. Bekanntlich kam es am 31. Juli 1849 bei Schäßburg zur Entscheidungsschlacht zwischen dem ungarischen Herr unter der Führung von General Józef Bem sowie dem österreichisch-russischen Heer unter General Alexander Nikolajewitsch von Lüders. Dabei starb auch der ungarische Dichter und Freiheitskämpfer Sándor Petöfi. Zu den Gefallenen gehörte auch der russische General Skariatin. Zu seinen Ehren wurde das Denkmal auf der Weißkircher Aue errichtet. Es trägt die Inschrift: L. Meisner 1859.
Das Skariatin-Denkmal. Archivbild (Archiv Walter ...
Das Skariatin-Denkmal. Archivbild (Archiv Walter Lingner, Düsseldorf)
Wenn man Jahrzehnte nicht mehr dort war, ist es nicht leicht, sich in der Weißkircher Aue zurecht zu finden. Alles sieht anders aus. Ich ging von der Weißkircher Straße, aus Schäßburg kommend, in Richtung Wald und bog unmittelbar vor der ehemaligen Nicovala (das Werk ist nur noch Schutt und Asche) in einen Waldweg und hielt mich danach unmittelbar rechts. Nach etwa 400 m und einigem hartnäckigen Nachfragen fand ich den „alten General“ verloren und vergessen zwischen unpersönlichen Neubauten (für diejenigen, die die Stätte besuchen möchten: Etwa 200 m vor der Nicovala, gegenüber einen Wohnblock, der blau angestrichen ist und an einen Bau grenzt, in dem Fliesen verkauft werden, liegt eine Straße namens Dumbravei; der Weg führt geradeaus bergauf zum Denkmal).

Die Stadt Schäßburg hat unmittelbar in der Nähe des Denkmals Grundstücke verkauft, die mittlerweile bebaut worden sind. Dadurch ist das Werk von allen Seiten von Häusern umgeben, die teils noch im Rohbaustadium sind. Der Anblick ist eines Denkmals mit einer solch großen Ausstrahlung eigentlich unwürdig und de facto eine Schande. Es liegt noch Bauschutt in unmittelbarer Nähe, die Skulptur ist beschädigt, die alten Schriften wurden komplett beschädigt. Ich war schockiert. Der Löwe residiert noch immer voller Stolz und Würde majestätisch an alter Stätte, sein Wille ist ungebrochen, jedoch kann das Werk mit dem Original kaum noch verglichen werden.
Das Skariatin-Denkmal im November 2011. Foto: ...
Das Skariatin-Denkmal im November 2011. Foto: Arpad Bako
Am nächsten Tag hatte ich einen Termin beim Bürgermeister von Schäßburg, Ing. Dorin Dăneșan. Dabei erläuterte ich ihm den Sachverhalt und bat ihn zu überprüfen, ob eine Verlegung in die Stadt aus Gründen der Sicherheit sowie als Touristenattraktion möglich sei. Hinzugerufen wurde der Chefarchitekt des Bürgermeisteramtes. Er teilte mit, dass bereits 1996 ein Antrag auf Verlegung des Denkmals bei der Russischen Botschaft gestellt worden sei, jedoch ohne Erfolg. Die Skulptur gehört zwar dem rumänischen Staat, jedoch bei Persönlichkeiten eines anderen Landes hat das betreffende Land ein Mitspracherecht. Anfang November wurde ein neuer Anlauf gemacht und die Botschaft soll ihr Einverständnis nun telefonisch gegeben haben, nachdem der Beschädigungsgrad weiter fortgeschritten ist. Man wartet noch auf die schriftliche Zusage. Danach wird ein Projekt in die Wege geleitet, das den Umfang der Restaurationsarbeiten definiert und deren Kosten ermitteln soll. Der Antrag inklusive Dokumentation geht an das Amt für Kulturerbe (Patrimoniul National) nach Bukarest zur Genehmigung. Es muss auch die Finanzierung des Vorhabens gesichert sein. Laut Dăneșan ist als neuer Standort der russische Heldenfriedhof in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Schwimmbades/Eisstadions auf dem Weg in Richtung Bahnhof vorgesehen. Dies hat die Russische Botschaft so entschieden. Ich hatte den Park im Zentrum der Stadt oder den Vorgarten des Bürgermeisteramtes vorgeschlagen, da hier für erheblich mehr Attraktion gesorgt wäre und auch die Sicherheit vor weiteren Beschädigungen besser gewährleistet wäre. Wir warten die weitere Entwicklung ab und hoffen auf einen guten Ausgang.

Arpad Bako

Schlagwörter: Schäßburg, Kulturerbe

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  • 10.02.2012, 19:50 Uhr von bankban: Siebenbürgen war (!) ein ethnischer Flickenteppich. [weiter]
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