10. September 2007

Rentenbehörden setzen Übergangsregelungen zur 40%-Kürzung um

Am 9. März 2007 hat der Deutsche Bundestag das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz verabschiedet. Im Artikel 16 des „Gesetzespaketes“ wurden auch die Übergangsregelungen zur Anwendung der 40-Prozent-Kürzung beschlossen. Danach erhalten Personen, die vor dem 1. Januar 1991 nach Deutschland zugezogen sind und deren Rente zwischen dem 1. Oktober 1996 und dem 30. Juni 2000 begonnen hat, eine Nachzahlung zum Ausgleich der Kürzungen, die nach einer bestimmten Formel berechnet wird, wenn die Kürzung rechtzeitig (bis zum 31. Dezember 2004) angegriffen worden ist.
Für Rentenbezugszeiten vom 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 wird die Kürzung voll ausgeglichen. Vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 wird die Kürzung zu 75 % ausgeglichen, danach bis zum 30. Juni 1999 um 50 Prozent und schließlich vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 nur noch um 25 Prozent. Ab dem 1. Juli 2000 wird kein Ausgleich mehr gezahlt, so dass ab diesem Zeitpunkt die 40%-Kürzung bei allen Betroffenen voll greift. Wie hoch die Ausgleichszahlung ausfällt, hängt also von der Dauer des Rentenbezuges im Zeitraum 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 2000 sowie der konkreten Auswirkung der Kürzung im eigenen Rentenbescheid ab. Inzwischen stellen Rentenbehörden den Betroffenen die entsprechenden Bescheide zur Berechnung der Nachzahlung und der Zinsen zu und überweisen die einmaligen Ausgleichszahlungen auf das im Rentenantrag angegebene Konto.

Nach unserer Meinung werden die geltenden Übergangsvorschriften der letztjährigen Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes noch nicht gerecht. Deswegen wird eine Ausweitung der Übergangsvorschriften derzeit verfassungsrechtlich geprüft. Da nur jene Betroffenen von einer eventuellen späteren Änderung der Vorschriften erfasst werden, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, sollten sie unbedingt darauf achten, dass mit der Ablehnung oder der Überweisung einer oft sehr geringen Nachzahlung das Verfahren nicht endgültig beendet wird. Dafür kann ein Schreiben an die Rentenbehörde übermittelt werden, in welchem auf die noch nicht beendete verfassungsrechtliche Prüfung hingewiesen und ein weiteres Ruhen der Verfahren beantragt wird. Es ist auch möglich, der Behörde einen so genannten „Überprüfungsvergleich“ vorzuschlagen, wonach sich diese bereit erklärt, den konkreten Fall bei einer späteren Rechtsänderung zu berücksichtigen und im Gegenzug das Verfahren bis dahin einvernehmlich beendet wird.

In Fällen, in welchen keine Ausgleichszahlung, sondern eine Antragsablehnung erfolgt, weil entweder die Rente erst nach dem 30. Juni 2000 begonnen hat oder der Antrag zur Anfechtung der Kürzung nach dem 31. Dezember 2004 gestellt worden ist, sollten Widersprüche eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden, damit der Abschluss der verfassungsrechtlichen Prüfung abgewartet werden kann. Die Rentenbehörden fordern immer mehr Rentner auf, die rechtzeitige Anfechtung der Rentenkürzung zu belegen, weil entsprechende Schreiben in der Akte der Behörden nicht aufbewahrt worden seien. Hierfür sollen technische Gründe maßgeblich gewesen sein. In diesen Fällen müssen Betroffene glaubhaft machen, dass ein Angriff rechtzeitig erfolgt ist, z.B. durch Vorlage einer Kopie des damals eingereichten Schreibens oder der Ruhenszusage der Behörde.

In anderen Fällen teilt die Rentenbehörde mit, durch die „Programmumstellung“ sei eine Be­wertung geändert worden, weswegen sich nun eine (geringe) Überzahlung der Rente ergeben würde. Diese würde zwar nicht durchgeführt, die Rente sei jedoch gemäß § 48 SGB X von künftigen Anpassungen ausgenommen, bis ein „rechtmäßiger“ Betrag wieder erreicht sei. Dazu wird eine „Anhörung“ übermittelt und den Be­trof­fenen „Gelegenheit zur Stellungnahme“ ge­geben. Auch wenn eine Programmänderung kein Grund für eine Rentenkürzung sein darf und schon ein solcher Hinweis die Behörde von entsprechenden Maßnahmen abhalten dürfte, wird empfohlen, bei Zugang einer „Anhörung“ sofort rechtlichen Rat einzuholen. Hilfestellung erteilen Rechtsanwälte mit besonderen Erfah­rungen im Fremdrentenrecht und Sozialverfah­rensrecht.

Die Rententräger arbeiten die vielen offenen Verfahren schrittweise ab, so dass nicht alle Betroffenen den Bescheid gleichzeitig bekommen. Trotzdem gehen bei den beauftragen Anwälten aufgrund der Umsetzung der Übergangsvorschriften derzeit eine Vielzahl von Bescheiden ein, die geprüft werden müssen und auf die zu reagieren ist. Um unnötigen Aufwand zu vermeiden, wird gebeten, von Anfragen vorerst Abstand zu nehmen und auf die Übermittlung des eigenen Bescheides zu warten. Betroffene, die nach Rentenbeginn umgezogen sind, werden gebeten, ihre aktuelle Anschrift mitzuteilen. Nur so können ihnen die Bescheide zugesandt werden.

RA Dr. Bernd Fabritius, München

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 20. September 2007, Seite 1)

Schlagwörter: Rente, Landsmannschaft, Rechtsfragen, Fremdrente, Aussiedler, Spätaussiedler, Rentner, Rente

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