18. März 2008

Erster siebenbürgischer Stadtrat in München

Dr. Florian Roth ist mit über 75 000 Stimmen auf Platz 10 innerhalb der Liste der Bündnis 90/Die Grünen in den Stadtrat in München eingezogen. Seine Partei konnte bei den Kommunalwahlen am 2. März 2008 in der bayerischen Landeshauptstadt von 9,6% im Jahr 2002 auf 13,0% zulegen. Das hervorragende Ergebnis ermutigt den 40-jährigen Hermannstädter, die 18-jährige Arbeit der Grünen in der Stadtregierung mit verstärkter Kraft fortzuführen.
Erst will der promovierte Politologe sich natürlich orientieren und seine Rolle in der gewachsenen Fraktion finden, erklärt er gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung. Besonders am Herzen liegen ihm die Verbesserung der Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen der Stadt, die Förderung des aus der kulturellen Vielfalt sich ergebenden Potentials und die Schaffung besserer Bedingungen für die freie Kulturszene. Roth kann dabei auf berufliche Erfahrungen zurückgreifen. Er ist Leiter der „Schul- und Bildungsberatung International“, einer Einrichtung des städtischen Schulreferats, die Einwanderer in verschiedenen Sprachen in Schulfragen berät, interkulturell vermittelt und konzeptionelle Arbeit für ein interkulturelles Bildungswesen leistet. Der 40-Jährige tritt damit in die Fußstapfen seiner Mutter, Waltraud Roth, die über viele Jahre Leiterin der Schulberatungsstelle für Aussiedler und Ausländer in München war.

Dr. Florian Roth ist der erste siebenbürgisch ...
Dr. Florian Roth ist der erste siebenbürgisch-sächsische Stadtrat in München.
Als Stadtrat werde er ein offenes Ohr für alle Bürgerinnen und Bürger haben. „Gerade die Vielfalt und die verschiedenen kulturellen Wurzeln der Münchnerinnen und Münchner machen den Reiz dieser Großstadt aus.“ Zu seiner siebenbürgischen Herkunft bekennt sich Roth freimütig und steht seinen Landsleuten „natürlich als Ansprechpartner in besonderem Maße zur Verfügung“.

Geboren wurde Florian Roth 1967 in Hermannstadt. Seine Familiengeschichte hat ihn motiviert, sich ebenfalls politisch zu engagieren: Sein Großvater, Hans Otto Roth, war einer der bedeutendsten siebenbürgisch-sächsischen Politiker der Zwischenkriegszeit und Senator im Bukarester Parlament, der als Hitler-Gegner im Zweiten Weltkrieg politisch kaltgestellt wurde und 1953 in kommunistischer Haft im Ghencea-Gefängnis starb. Der Großvater kämpfte also gegen die beiden großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, auch sein Vater, Herbert Roth, verbrachte sechs Jahre in politischer Haft im kommunistischen Rumänien. Als Roth drei Jahre alt war, kamen seine Eltern nach München.

„Politisches Engagement, das Eintreten für Freiheit und Menschenrechte sowie die Gegnerschaft gegen alles totalitäre Denken prägten mich schon als junger Mensch. Frieden, Menschenrechte, die positive Bewertung von Vielfalt – wie sich sie in den deutschen, ungarischen und rumänischen Wurzeln Siebenbürgens zeigt – sowie die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen haben mich als politische Ziele bewegt und zu den Grünen gebracht.“

Seit 1994 ist er Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, von 2001 bis 2007 war er deren Münchner Vorsitzender. Zurzeit ist er einer der Sprecher des Arbeitskreises EinwanderInnen und Flüchtlinge sowie Initiator der grünen „Kultur-Initiative München“ (KIM).

In der bayerischen Landeshauptstadt studierte er von 1986 bis 1991 Philosophie, Politische Wissenschaft und Neuere Deutsche Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1995 promovierte er in Politologie bei Prof. Kurt Sontheimer über „Die Idee der Nation im politischen Diskurs der Bundesrepublik Deutschland zwischen Neuer Ostpolitik und Wiedervereinigung (1969 – 1990)“. Zudem ist der Siebenbürger Sachse freiberuflich als Lektor, Organisator und Moderator von Veranstaltungen sowie als Dozent für Philosophie und Politik in der Erwachsenenbildung (Volkshochschule) tätig. In der Philosophie beschäftigt er sich vor allem mit Friedrich Nietzsche, Platon, Heidegger und der Frankfurter Schule.

Auch dem Erbe von Gustav Arthur Gräser, der am 27. Oktober 1958 in München gestorben ist, fühlt sich Roth verpflichtet. „Das Siebenbürger und Münchner Original stand für den Frieden zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Natur. Er gehört zu einer Tradition, die von den Reformbewegungen der Weimarer Republik, über Dichter wie Hermann Hesse, die Hippies und die Alternativbewegung bis hin zu den Grünen führt.“ Deshalb würde Roth es sehr begrüßen, „wenn die Stadt München dem vor einem halben Jahrhundert hier verstorbenen Naturpropheten und Wanderdichter Gusto Gräser in würdiger Form gedenken könnte“.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Politik, Kommunalpolitiker, München

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Neueste Kommentare

  • 18.03.2008, 11:30 Uhr von Karl: Sicherlich kennt Johann den Hr. Roth persönlich, und weiß besser als ich, welche Position Hr. Roth ... [weiter]
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