27. Mai 2015

Barbara Stamm: "Bayern ist der verlässliche Partner der Siebenbürger Sachsen"

Barbara Stamm, MdL, Präsidentin des Bayerischen Landtags, hat in ihrer Festrede am 24. Mai beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl den Beitrag des Verbandes zum Erhalt und zur Weitergabe der siebenbürgisch-sächsischen Kultur an die junge Generation gewürdigt. Es sei Aufgabe der Politik, diese deutsche Kultur zu unterstützen: „Bayern war, ist und bleibt der verlässliche Partner der Siebenbürger Sachsen.“ Die CSU-Politikerin zeigte sich zuversichtlich, dass Klaus Johannis seinen Gestaltungsspielraum als Präsident Rumäniens weiterhin bestmöglich nutzen und noch sehr viel Positives für sein Land bewirken werde. Die Rede wird im Folgenden leicht gekürzt wiedergegeben.
Sehr geehrter Herr Bundesvorsitzender Dr. Fabritius, lieber Bernd, lieber Herr Oberbürgermeister Dr. Hammer, hohe Geistlichkeit, Herr Vizeaußenminister,
ich darf Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch von meiner Seite aus ganz, ganz herzlich begrüßen.

Was soll ich denn den Siebenbürger Sachsen entgegenrufen? Ich sage einfach: Eine Freundin kommt zu Freunden! Und darüber freue ich mich ganz besonders. Ich darf Ihnen natürlich auch im Namen des Bayerischen Landtags ein ganz herzliches „Grüß Gott“ sagen hier in Dinkelsbühl. Der Kollege Westphal ist ja hier, und Herr Oberbürgermeister Dr. Hammer, ich danke Ihnen persönlich, Ihrem Stadtrat, allen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt. Es ist einfach großartig, wie in jedem Jahr dieses Pfingsttreffen stattfindet. Und ich muss sagen, es ist einfach großartig, unser Herz ging auf, mein Herz ging auf, als wir die vielen Trachten sahen, die wunderschönen Trachten, die wunderschönen Hochzeitspaare, denen wir alles, alles Gute wünschen. Was wir in dieser Stunde besonders hervorheben sollten: dass so viele junge Menschen auch hier bei diesem Trachtenzug unterwegs gewesen sind. Mit wieviel Stolz und Freude sie ihre Tracht tragen! Und was mich ganz besonders gefreut hat und da ging mir das Herz besonders auf, dass die Kinder auch dabei waren, auch die Kleinsten, sogar die Babys, das ist doch wunderbar. Und was wird uns da deutlich? Da wird uns deutlich: Die Werte, die Sie in Ihrer Landsmannschaft tragen, die Werte, was eine Gesellschaft ausmacht, die Werte, was Familie bedeutet, und das wurde heute bei diesem Trachtenzug deutlich, und dafür sagen wir ein ganz herzliches Dankeschön.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm während ihrer ...
Landtagspräsidentin Barbara Stamm während ihrer Festrede beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2015 in Dinkelsbühl. Foto: Hans-Alfred Schüller (Don ALfredo)
Wir brauchen keine Angst zu haben vor der Zukunft. Es ist so viel Gutes in unserer Gesellschaft. Da durften wir heute alle mit dabei sein und das erleben. Auch Sie sind da, und das ist genauso wunderbar. Dankeschön! Herr Oberbürgermeister, Ihre Stadt, die alte Reichsstadt Dinkelsbühl mit ihren wunderschönen Häusern, das trägt mit dazu bei, dass immer wieder auch viele, viele Besucherinnen und Besucher kommen. 1951 fand der erste Heimattag statt, und in den vergangenen 64 Jahren wurde Dinkelsbühl zu einem Zentrum des siebenbürgisch-sächsischen Lebens in Deutschland. Von Beginn an wurde diese traditionsreiche Veranstaltung in Bayern abgehalten, ein eindrucksvoller Beweis für eine besondere Beziehung: Bayern war, ist und bleibt der verlässliche Partner der Siebenbürger Sachsen. Dieser Verantwortung ist sich der Freistaat Bayern sehr bewusst und pflegt unter anderem deshalb auch eine enge Zusammenarbeit und gute Kontakte zum rumänischen Staat.

Der EU-Beitritt Rumäniens im Jahr 2007 hat wichtige Veränderungen angestoßen. Gleichwohl – auch das hörten wir heute – ist noch ein langer Weg zu gehen, nicht nur in den Bereichen der Wirtschaft oder der inneren Sicherheit, sondern unter anderem auch hinsichtlich der Einhaltung von Minderheitenrechten und der Anerkennung einer freiheitlichen Ordnung. Die Wahl von Klaus Johannis zum rumänischen Präsidenten Ende des letzten Jahres hat eine große Wertschätzung und das Vertrauen der Rumänen in die Siebenbürger Sachsen deutlich gezeigt. In Rumänien ist den Menschen der Beitrag, den die Siebenbürger Sachsen zur positiven Entwicklung des Landes geleistet haben und leisten, sehr bewusst. Die rumänischen Wählerinnen und Wähler haben mit ihrer souveränen Entscheidung ihrem Wunsch nach politischer Veränderung deutlich Ausdruck verliehen. Mit seiner sachorientierten und pragmatischen Politik hat er schon in seiner Zeit als Bürgermeister von Hermannstadt wichtige Impulse für eine gute wirtschaftliche Entwicklung setzen können. Und wir sind alle zuversichtlich: Klaus Johannis wird im Amt des Präsidenten seinen Gestaltungsspielraum weiterhin bestmöglich nutzen und auch künftig für dieses Land sehr, sehr viel Positives bewirken.

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Siebzig Jahre sind mittlerweile seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Gedenkfeiern wurde kürzlich des 8. Mai 1945 gedacht. An diesem Tag endete in Europa ein fürchterlicher Krieg und Deutschland wurde von der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten befreit. Gerade die Monate vor und nach diesem Datum waren für unzählige Menschen mit unfassbarem Leid verbunden. Über 12 Millionen Deutsche zogen ab Herbst 1944 buchstäblich ins Elend, in Armut und Hilflosigkeit. Sie flüchteten vor der herannahenden Frontlinie. Sie kamen als Ausgewiesene und Vertriebene aus den deutschen Siedlungsgebieten im Osten. Viele verloren auf dem Weg nach Westen ihr Leben. Ein gutes Ende schien nicht in Sicht. Doch heute wissen wir: Neben dem Wiederaufbau, neben der Schaffung neuer und stabiler Staatsstrukturen und dem sogenannten Wirtschaftswunder ist die Eingliederung der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen eine der größten Leistungen der Nachkriegszeit. Es war, meine sehr verehrten Damen und Herren, von Anfang an ein Gemeinschaftswerk der Heimatverbliebenen wie der Heimatvertriebenen und es wurde zu einer großartigen Erfolgsgeschichte. Und dafür können wir nie genug dankbar sein, auch heute noch.

Und auch den gut 200 000 Siebenbürger Sachsen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten ihren Wunsch, als Deutsche unter Deutschen zu leben, verwirklicht haben, ist die Integration auf bewundernswerte Weise gelungen. An einem Tag wie dem heutigen soll auch und gerade daran erinnert werden: Deutschland konnte für viele eine Heimat werden.

Diese Tatsache betont nun auch der Bayerische Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation, den Ministerpräsident Seehofer im letzten Jahr unter anderem mit diesen Worten proklamiert hat: Der „Bayerische Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“ würdigt zugleich die gelungene Integration und die Aufbauleistung der Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler in Bayern.“ Das ist das Wort des Ministerpräsidenten zum Bayerischen Gedenktag, und ich soll Sie, meine Damen und Herren, liebe Freunde, sehr, sehr herzlich von ihm grüßen. Er war ja vor drei Jahren hier gewesen und hat auch dieses schöne Treffen miterlebt.

Was Ihr Vorsitzender von der Identität und dem Motto gesprochen hat, hat mir so gut gefallen, ich darf es auch mit meinen Worten sagen: Einmal Siebenbürger Sachse, immer Siebenbürger Sachse, egal, wo man ist. Und lieber Herr Porr, das leben Sie ja auch, und ich möchte aber hier auch die Banater Schwaben erwähnen, weil Sie auch da sind, lieber Herr Bundesvorsitzender, und Sie wissen ja, Temeswar ist ja auch ein Ort, wo ich öfters bin. Und es ist einfach schön, wenn man zusammensteht, und wir wissen es auch, und das ist auch das, was mich an die junge Generation auch so bindet und auch begeistert: Wir brauchen alle Heimat, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde, wir müssen alle wissen, wo wir hingehören, wir brauchen die Verwurzelung, und Heimat kann auch dort sein, wo man nicht geboren ist. Wichtig ist, dass man Menschen um sich hat, dass man eine Gemeinschaft um sich hat, dass man weiß, dass man sich aufeinander verlassen kann. Und alleine hier, wenn wir in unserer Heimat sind, in Dinkelsbühl, wo die Menschen so viel geschaffen haben, wo die Flüchtlinge und Aussiedler auch so viel mit dazu beigetragen haben, unsere Heimat, wir lieben sie, und wir schätzen sie, und dafür setzen wir uns auch ein, und die junge Generation ist bereit, auch diesen Weg in der Zukunft mitzugehen. Und darauf freuen wir uns auch ganz besonders.

Der Schriftsteller Christian Morgenstern hat es einmal mit dem bekannten Satz auf den Punkt gebracht: „Daheim ist man dort, wo man verstanden wird.“

Die Siebenbürger Sachsen blicken auf eine reiche und stolze Geschichte zurück. Bereits im 12. Jahrhundert wurden die ersten Deutschen nach Ungarn geholt. Dort erschlossen sie das Land wirtschaftlich und verwalteten sich schon früh selbst. Sie traten im 16. Jahrhundert geschlossen zum evangelischen Glauben über, und trotzdem galt in Siebenbürgen Religionsfreiheit. Die Deutschen in Siebenbürgen leisteten Großartiges auf dem Gebiet der Kultur, der Wirtschaft und der Verwaltung. Dennoch gerieten sie als Minderheit im 20. Jahrhundert wie kaum eine andere Gruppe in den Strudel der politischen Entwicklungen. Zahlreiche Menschen verloren ihre Heimat und mussten unermessliches Leid ertragen. Die Zahlen sprechen hier für sich: So lebten 1930 ungefähr 750 000 Menschen deutscher Nation in Rumänien, heute sind es nur noch etwa 36 000.

Der Verband der Siebenbürger Sachsen setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass die einst in Siebenbürgen blühende deutsche Kultur erhalten bleibt. Dafür sagen wir allen ein ganz, ganz herzliches Dankeschön, ein „Vergelt’s Gott“, wie wir in Bayern so schön sagen, die mit dazu beigetragen haben, dass diese deutsche Kultur nicht nur erhalten bleibt, sondern dass sie auch weitergegeben wird an unsere Kinder und deren Kinder. Das ist ein großartiger Wert, und es ist eben ganz wichtig, dass wir diesen kulturellen Schatz, wie ich eben sagte, auch an die kommenden Generationen weitergeben. Aufgabe der Politik wird es dabei sein, das zu unterstützen. Mit Bernd Fabritius steht an der Spitze Ihres Verbandes ein Politiker, der in den vergangenen Jahren regelmäßig bewiesen hat, dass er den Belangen der Siebenbürger Sachsen auf Landes- und Bundesebene das nötige Gehör verschaffen kann. Und ganz wichtig ist: Der Heimattag dient einerseits der Festigung des inneren Zusammenhalts, andererseits sendet er aber auch ein Signal an die Öffentlichkeit.

Wer sich näher mit der Geschichte der Siebenbürger Sachsen beschäftigt, der lernt eine faszinierende Kulturlandschaft kennen. Man stößt dabei auf eine beeindruckende Geschichte, die uns in ihren schlimmen Zeiten wie auch in den positiven Entwicklungen viel über Europa lehren kann.

Der Heimattag der Siebenbürger Sachsen sollte uns allen auch Anlass sein, uns mit unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen und die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Unsere Demokratie und unsere freie und offene Gesellschaft sind keine selbstverständlichen Geschenke. Auch heute noch werden Menschen wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religion ausgegrenzt, bedroht oder gar angegriffen. Das haben die vergangenen Monate immer wieder auch in beschämender Weise gezeigt. Wir müssen entschlossen gegen jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus vorgehen. Es bleibt unser dauerhafter Auftrag, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu festigen und immer wieder aufs Neue für unsere freiheitlichen Werte und für ein Miteinander in gegenseitiger Achtung und Toleranz einzutreten.

Jeder Einzelne kann dazu etwas beitragen, dass Recht und Demokratie in unserer Gesellschaft gelebt werden und dass die Würde des Menschen in allen Lebenslagen im Mittelpunkt steht. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein.

Um mit Richard von Weizsäcker zu schließen: „Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“

Ich wünsche von Herzen als Freundin den Siebenbürger Sachsen alles, alles Gute, Gottes reichen Segen und noch einen schönen Aufenthalt hier in unserem wunderschönen Dinkelsbühl. Alles Gute für Sie. Gott beschütze Sie.

Schlagwörter: Heimattag 2015, Bayern

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Neueste Kommentare

  • 09.06.2015, 18:15 Uhr von horstb: Seit über vier Jahrzehnten höre und lese ich immer die gleichen Floskeln und leeres Gefasel unserer ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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