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Autor Thema:   Vergangenheitsbewältigung
Klaus Popa
Mitglied

Beiträge: 314
Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001

erstellt am 21.04.2001 um 09:17 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Klaus Popa anzusehen!   Klicken Sie hier, um Klaus Popa eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Herr „Sachs“,

daß ich Sie nicht mehr mit „sehr geehrter“ anschreibe liegt daran, daß Sie sich in Ihrem letzten Text eine Tonlage erlauben, die mit einer fairen und ernsthaften Diskussion, wo die Person und die Meinung der Gegenseite respektiert wird, überhaupt nichts mehr zu tun hat. Wenn Sie in diesem Ton fortfahren, sehe ich keinen Anlaß mehr, auf Ihre Anwürfe zu antworten, zumal diese sich jetzt als das entpuppen, was Sie wohl ursprünglich bezweckt haben: die von mir eingeleitete Diskussion zu sprengen, d.h. zum Scheitern zu bringen.

Wie das mit dem „Ablenken“ steht, meinte ich in meiner Antwort auf den Göbbel-Artikel im „Leser-Echo“ klargestellt zu haben. Da dem nicht so ist: Herr „Sachs“, Sie haben leider nicht begriffen, daß die von mir geführte Diskussion der Aufarbeitung der Nazivergangenheit bei den Siebenbürger Sachsen und auch bei den Rumäniendeutschen insgesamt (also auch bei den Banater Schwaben) gilt und nicht den an den Rumäniendeutschen oder an den Ostdeutschen verübten Verbrechen. Da Sie auf letzterem Thema so sehr bestehen, öffnen Sie doch gefälligst ein Diskussionsthema im Siebenbürgen- oder im SbZ-Artikel-Forum, das diese Dinge bespricht. Auch geht es bei der von mir moderierten Diskussion nicht um die Verbrechen der Rumänen an den bessarabischen und Bukowina-Juden. Dazu können Sie doch auch eine Diskussion einleiten. Solange Sie das nicht tun, habe ich die Bitte, im Rahmen unseres Diskussionsthemas nicht mehr mit abschätzigen, störenden Meinungsäußerungen einzugreifen, es sei denn, Sie mäßigen Ihren halsabschneiderischen Ton.
Zur Frage der Ab- bzw. Aufrechnung nazistischer und kommunistischer Verbrechen hier mein Aufsatz aus dem Jahr 1999, der Ihnen, Herr „Sachs“ sicherlich unbekannt ist, wo Sie in aller Einzelheit die Antworten auf die Anwürfe und Unterstellungen ihres letzten Schreibens finden.
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Der Wahrheit letzter Schluß?

© Klaus Popa 1999 (Erschienen in „Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 11. Jg., Heft 2/1999, S.132-134).

Die um das "Schwarzbuch" des Kommunismus losgetretene Debatte zeigt, daß die Unfehlbarkeit, Unverbesserlichkeit der "ewig Gestrigen"(1) auf beide Lager zutrifft, die sich selbst nach dem Ende des Kalten Krieges unnachgibig und verbissen gegenüber stehen. Die "Linken" kritisieren und verdammen, die "Rechten" begrüßen das Buch. Doch beiden Seiten entgeht dabei einiges, zunächst, daß sie bei ihren Entlastungsversuchen der eigenen und der Belastung der gegnerischen ideologischen Position den EIGENTLICHEN GEGENSTAND der Auseinandersetzung, nämlich die Auswirkungen des kommunistischen und des nationalsozialistischen TOTALITARISMUS ganz in den Hintergrund drängen bzw. einfach übersehen. Das Für und Wider zeichnet sich leider nicht durch die Einsicht aus, daß beide Totalitarismen sowohl auf ideologischer wie auf sozialer und politischer Ebene ein Hort der Menschenverachtung, der Unmenschlichkeit, der Irrationalität, der Instrumentalisierung und Abstumpfung, der Verrohung und des Verbrechens sind. Und die Berufung auf die jeweiligen 'Leichenberge' des gegnerischen Totalitarismus zeugen weder von Einsicht für die im Namen der eigenen ideologischen Ausrichtung begangenen Greueltaten, noch von der Bereitschaft, eine "kritische Einstellung gegenüber Eigenem"(2), d.h. gegenüber den liebevoll gepflegten und starrköpfig bis stur ins ideologische Gefecht geführten Schablonen und Stereotypen zu beziehen.

Die Uneinsichtigkeit beider Lager kommt in der "Schwarzbuch"-Debatte beklemmend zum Ausdruck und veranschaulicht, wie eingefleischt die totalitären Denkmuster beiderseits sind und wie ungeschminkt sie fortwirken. Beide Parteien frönen weiterhin dem Dogma der eigenen IDEOLOGISCHEN und POLITISCHEN Rechtschaffenheit und UNFEHLBARKEIT, das ja die eigentliche Voraussetzung für die verbrecherischen Ausschreitungen beider Totalitarismen war. Brechts Ausspruch "Noch fruchtbar ist der Schoß, aus dem es kroch" gilt folglich für beide Seiten.

Die Instrumentalisierung der Opfer, die die Gegenseite zu verantworten hat, steht als zweiter Fix- und Tiefpunkt in der nun auf theoretischer Ebene stattfindenden Konfrontation der Totalitarismen. Der Versuch, mit dem quantitativen Argument der Menschenopfer sein eigene Schuld zu relativieren, ja selbst von sich zu weisen, zeugt von Verantwortungsscheue und ist blanker Hohn für die Opfer selbst. Es ist doch belanglos, ob das kommunistische System ein Vielfaches an Opfern im Vergleich zum Nationalsozialismus zu verantworten hat, weil die Verhaftungen, Pogrome, Erschießungen, Massendeportationen, Zwangsumsiedlungen und Zwangsarbeit beiderseits auf Vernichtung von Menschenleben zielte.

Courtois, der eine Herausgeber des "Schwarzbuches", möchte zwar zwischen dem 'Rassen-Genozid' und dem 'Klassen-Genozid' Ähnlichkeiten erkennen, weil der Tod eines Kulakenkindes genauso schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes wiegt(3). Courtois soll laut Bergel die natürlichen Gefühle derer anrühren, die die NS-KZ-Hölle überlebten, indem er "ein bisher sakrosanktes Tabu" infrage stellt. Denn "Tote erster und zweiter Klasse" gibt es nicht(4). Bergel möchte also bei Courtois eine annährende Gleichstellung zwischen kommunistischen und nationalsozialistischen Verbrechen erkennen. Doch er hält von der Gleichwertigkeit nationalsozialistischer und kommunistischer Greueltaten, wohl auch vom Ausmaß an geballter, politisch gesteuerter Kriminalität, die beiden Totalitarismen innewohnt, nicht viel, wie folgende Aussagen belegen:

"Und gleichzeitig wächst der Zorn auf eine euro-amerikanische INTELLEKTUALITÄT(5), die zu einem Zeitpunkt, als die Information über die Unfaßlichkeiten längst zum globalen Schlagwort geworden war, nichts davon wissen wollte." Leute wie Malraux, Rolland, Howard Fast, Eluard, Brecht, Gorkij, die von den "Schwarzbuch"- Autoren nicht verschont werden, waren es, "die ganzen Generationen mit "La condition humaine", mit "Vie de Beethoven" und "Michel Ange", mit "The last frontier", aber genauso mit "La rose publique", mit "Der kaukasische Kreidekreis" und "Die Mutter" MENSCHHEITSIDEALE(6) wie Gerechtigkeitssinn, Lauterkeit, Nächstenliebe, Würde, Wahrhaftigkeit und Edelmut predigten. Louis Aragon stimmte im Jahre 1931 einen Hymnus auf die berüchtigte politische Polizei des sowjetrussischen Terrorregimes an: "Ich besinge die GPU, die sich jetzt zur Zeit in Frankreich bildet." (Auftakt zur Kirschenzeit)"(7). Damit soll der angeprangerten "Intellektualität" kommunistisch-linker Prägung offensichtlich die Berechtigung abgesprochen werden, für Menschenideale einzutreten, solange sie an den Grundsätzern des Kommunismus festhält und den "massenmörderischen Kommunismus" bloß als Verrat an diesen Grundsätzen(8) auslegt.

Daß Theorien und Ideologien, die extremistische Ausschreitungen bis hin zum Massen- und Völkermord ermöglichen, ihr Existenzrecht verwirken, dürfte niemand bezweifeln. Auch deshalb nicht, weil das Prinzip der REINHEIT, Reinhaltung bzw. SÄUBERUNG von beiden Toitalitarismen gleichermaßen brutal und menschenverachtend ein- und zu vollendeten Tatsachen umgesetzt wurde (gegen politisch Andersdenkende und rassisch-national Andersgeartete - in nationalsozialistischem Jargon 'Artfremde'-). In der Summe ist es jedenfalls bedenklich, der "euro-amerikanischen Intellektualität" Doppelzüngigkeit zu unterstellen, während über die vieldiskutierte "Einzigartigkeit" der NS-Verbrechen kaum etwas verlautet, über die "Ideale", die ihr zugrunde liegen, kein Sterbenswort verloren wird. Denn die von den inkriminierten Intellektuellen beanspruchten Ideale hatten in der totalitären Weltsicht des Nationalsozialismus keinerlei Platz, sie wurde als entartet verschrien, als Zeichen der Charakter- und Haltungsschwäche gedeutet. Sie sollten aus dem Volksbewußtsein ausradiert werden, um auf der Schiene rassistischer INTOLERANZ und auf der Einbahnstraße herrenmenschlicher Wertvorstellungen zu Anti-Idealen pervertierten Tugenden(9) Platz zu verschaffen. Die Einzigartigkeit des nationalsozialistischen Totalitarismus kommt doch auch darin zum Ausdruck.

Es läßt sich zwar kaum ein gradueller Unterschied zwischen dem kommunistischen oder nationalsozialistischen PERVERTIERUNGSDRUCK erkennen, hingegen ein gewaltiger Unterschied im Pervertierungsgrad. Denn der Nationalsozialismus filterte sämtlichen Ideale und Wertvorstellungen durch sein unbarmherziges Rassensieb, mit dem Ziel, das Selbstverständnis des Einzelnen und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gemeinschaft ausschließlich rassistischen Gesichtspunkten unterzuordnen.

Ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Totalitarismen, der von dem "Schwarzbuch" und auch sonst einfach übersehen wird, ergibt sich daraus, daß die rassische SOLIDARITÄT des Nationalsozialismus viel restriktiver ist als die proletarische Solidarität des Kommunismus. Aus dem Postulat der naturgegebenen UNGLEICHHEIT DER MENSCHEN leitet der nationalsozialistische Totalitarismus eine fiktive, deutsch-germanische Herrenmenschenrasse ab, der keinerlei Schranken gesetzt sind und die kraft ihrer rassischen Vorzüglichkeit auch das exklusive Recht besitzt, die Ungleichheit zwischen den Menschen nicht nur zu verschärfen, sondern auch über die physische Vernichtung frei zu entscheiden.

Die proletarische Solidarität ist bekanntlich eine Klassensolidarität, die keine nationalen oder rassischen Grenzen kennt und das humanistisch-aufklärerische Postulat der GLEICHHEIT DER MENSCHEN, zwar ausschließlich auf Klassenebene, weshalb in utopischer Weise, vertritt. Hier zeigt sich, daß das von Courtois aufgestellte Oppositionspaar »'Rassen - Genozid' - 'Klassen-Genozid'« zu eng gefaßt ist, weil es nur auf die verbrecherische Seite der Totalitarismen zugeschnitten ist, wobei andere wesentlichen Aspekte übersehen werden.

Auf dem Gleichheitspostulat beruht der Internationalismus, mag er auch utopisch sein. Damit ist der zweite Bestandteil des kommunistischen UNIVERSALISMUS genannt, in dem der eng angelegte, nationalsozialistisch-rassistische Totalitarismus seinen Erzfeind erblickte und den er mit Mitteln eines narzistisch-überheblichen PARTIKULARISMUS kämpferisch ausschalten wollte. Dabei begriff der Nationalsozialismus den kommunistischen Universalismus als Ausdruck und Ausgeburt jener 'Rasse', die es um jeden Preis zu vernichten galt, des "internationalen Judentums" bzw. der "jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung"(10).

So steht auch das Ausmaß an TOLERANZ bzw. Intoleranz in direktem Verhältnis zum Universalismus des einen und zum Partikularismus des anderen Totalitarismus. Beide Systeme sind zwar politisch gleichermaßen intolerant, was das "Schwarzbuch" gebührend herausstellt. Doch der Unterschied stellt sich auf kultureller Ebene ein: hier ist dem Kommunismus zuzugestehen, daß sein universalistischer Zug sich beschränkt positiv auswirkte. Trotz drückender Zensurvorschriften und kulturpolitischer Vorgaben brach das Band zur humanistisch-aufklärerischen Überlieferung niemals ganz ab, wohingegen der Nationalsozialismus nur das germanische Kulturerbe oder das, was er dafür hielt, gelten ließ. Auch gehörten rassenpolitische Erwägungen grundsätzlich nicht zum Repertoire der kommunistischen, sondern zu dem der NS-Zensur, der bekanntlich sämtliche Kulturprodukte jüdischer Urheberschaft zum Opfer fielen.

Ergebnis

Selbst wenn der politische Terror und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Kommunismus kaum vom Nationalsozialismus unterscheiden, bestehen zwischen den beiden Totalitarismen doch grundlegende Unterschiede, die das negative Bild des Kommunismus einigermaßen auflockern. Aber das "Schwarzbuch" des Kommunismus und dessen schonungslose Offenlegung des kommunistischen Verbrechenspotentials als Anlaß und Vorwand zu ergreifen, um entweder rechts- oder linkslastige Positionen zu rechtfertigen, bzw. das jeweilige Verschulden herunterzuspielen oder zu leugnen, hat den Nachteil, daß die Komplexität der Totalitarismen untergeht. Die Stellungnahmen klammern sich nur an einen - wohl den schmerzlichsten und dunkelsten - Teilaspekt, woher sie auf die eigentliche Qualität der Totalitarismen schließen wollen. Damit gehen wesensbestimmende Aspekte der beiden Ideologien und Systeme wie der Universalismus bzw. Partikularismus unter. Hier stellt sich das bedauerliche, ganz unwissenschaftliche pars pro toto - Verfahren ein, das seine Teileinsichten, Teilergebnisse und Teilwahrheiten der Öffentlichkeit als der Wahrheit letzter Schluß anbietet.
------------------------------------------------------------------------------------------ 1) Paraphrasen zu Formulierungen aus der Besprechung von Hans Bergel, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, Folge 2, 1999, S.195.
2) Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit. Der Streit um Daniel J. Goldhagen, Frankfurt a.Main, 1998, S.156.
3) Wie Anmerkung 1, S.195.
4) Wie Anmerkung 1, S.196.
5) Unsere Hervorhebung.
6) Unsere Hervorhebung.
7) Wie Anm.1, S.196.
8) Letztere Formulierungen bei Bergel (wie Anm.1), S.196.
9) Das sind Treue, Ehre, Gehorsam, Pflicht, Ordnung, Gemeinschaftssin, die dem Gebot rassischer Reinheit untergeordnet wurden.
10) Authentisches Nazijargon.

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Guenther
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Von:Drabenderhöhe
Registriert: Sep 2000

erstellt am 23.04.2001 um 00:18 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Guenther anzusehen!   Klicken Sie hier, um Guenther eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von klaus.danielis@gmx.de:
Dieter Schlesak ist über Email erreichbar: schlesak.birk@caen.it (er lebt in Italien - Camaeore). Seine Beteiligung an dieser Runde wäre sicher ein gewinn. Vielleicht machen ihn unsere Computerfachleute auf diese Runde aufmerksam ...

Ich habe Herrn Schlesak zur Diskussion eingeladen und er hat sich dazu bereit erklärt mitzumachen. Er wird die nächsten Tage in Berlin und bei der PEN in Erfurt sein, danach wird er sich hier melden...

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klaus.danielis@gmx.de
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erstellt am 23.04.2001 um 07:28 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Lieber Günther,
vielen Dank für die Mühe.
Schlesak hatte ich auch bei mir gemeldet und seine Zusage versprochen.
Gruss - Danielis

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Klaus Popa
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Von:BRD, 59909 Bestwig
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erstellt am 23.04.2001 um 08:59 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Klaus Popa anzusehen!   Klicken Sie hier, um Klaus Popa eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zur Aufmunterung unserer Diskussion um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit komme ich auf den Jekeli-Text zurück. Nur zwei Diskussionsteilnehmer äußersten sich darüber, doch recht kurz, weshalb ich es für angeraten halte, die Diskussionsteilnehmern in schulmeisterhafter Weise mit dem Wortschatz, mit den sogenannten „Parolen“ der NS-Propaganda und Ideologie vertraut zu machen. Hier nochmals der Text und anschließend eine Zusammenfassung und Erklärung der Begriffe, woraus sich dann das propagandistische Weltbild der Nationalsozialisten, auch der siebenbürgischen, ergibt.
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„Wir Nationalsozialisten glauben an unseren Führer, wir glauben an das tausendjährige Reich der Zukunft und wir glauben an den Sieg im entscheidendsten Freiheitskampfe Deutschlands.
Der Nationalsozialist aber beweist seinen Glauben und seine Liebe zu Volk, Führer und Heimat einzig und allein durch seine Haltung, seinen Gehorsam und seinen Einsatz.
[...]
Adolf Hitler aber hat unserer Volksgruppe die Aufgabe zugewiesen, in diesem Kriege die Waffenbrüderschaft des deutschen und rumänischen Volkes durch unseren Einsatz innerhalb des rumänischen Heeres zu besiegeln.
[...]
Mag eine andere Lösung günstiger erscheinen, - der Befehl des Führers ist uns heiligste Pflicht und gibt uns die Kraft, auch das schwerste Opfer für Deutschland zu bringen.
[...]
Ob an der Front der Waffen oder an der Front der Heimat:
Unsere Liebe heißt Deutschland,
unsere Haltung heißt: Gehorsam,
unser Glaube aber heißt: Adolf Hitler!

Es fällt auf, daß, wie ein Diskussionsteilnehmer bereits feststellte, der GLAUBEN, die RELIGIOSITÄT im NS eine Hauptrolle spielte. Jekeli bekennt sich zum Glauben an den Führer (Hitler), an das „Tausendjährige Reich der Zukunft“, an den Sieg und an den „Freiheitskampf Deutschlands“. Das entspricht, wie ein anderer Teilnehmer erkannte, einem zügellosen Führer- und Personenkult, den es auch bei den Kommunisten um Stalin oder Ceausecsu gab. Doch im Gegensatz zum „Führer“-kult, der eine breite Anhängerschaft bei allen Deutschen hatte, kann das vom Ceausescu-Kult nicht gesagt werden. Das „tausendjährige Reich der Zukunft“ ist ein Hirngespinst, an das überzeugte Nazis trotzdem glaubten, weil sie vermeinten, der Krieg, mit dem Deutschland ganz Europa überzogen hatte, diene der Errichtung eines mythischen Reiches, das mindestens 1000 Jahre dauern würde. Der Krieg, der doch ein klarer Aggressions-, Eroberungs- und Versklavungskrieg anderer Völker war und von Deutschland angezettelt wurde, wird in propagandistischer Weise zum angeblichen „Freiheitskrieg“ verfälscht. Denn die „Freiheit“, die im „tausendjährigen Reich“ zur Geltung kommen sollte, zeigte sich bereits im Verlauf des Krieges: Umsiedlungen, Aussiedlungen, Vertreibungen ganzer Völker, die angestrebte und teilweise Vernichtung ganzer Völker (Juden). Von den Rechten des Einzelnen und den Menschenrechten allgemeine nicht zu sprechen. Es galt und sollte nur das „deutsche Recht“ gelten, d.h. das vom Deutschen Reich und den Deutschen anderen Völkern und ganz Europa aufgezwungene Recht.

Jekeli spricht von der Liebe zum Volk (d.h. zum deutschen Volk), zum Führer und zur Heimat, was ebenfalls zur religiösen Verklärtheit der NS-Weltanschauung gehört.

Dann kommen „kern“-deutsche Tugenden zur Sprache: Haltung, Gehorsam, Einsatz, Pflicht. Die Steifheit, der Fanatismus, die Blindheit, die sich dahinter verbergen, muß nicht weiter unterstrichen werden. Sie setzen Menschen voraus, die zu blinden Erfüllungsgehilfen, zu Robotern, einer menschenfeindlichen, kriminellen Weltanschauung, welche die nationalsozialistische nun war, wurden und die das auch noch für richtig befanden. Weil, so der NS-Mythos, das Individuum, der Einzelne, vor den hochtrabenden Interessen der Gesamtheit, der Gemeinschaft des großdeutschen Volkes zurückzustecken hat, was die Voraussetzung für das erträumte „tausendjährige Reich“ der Zukunft sein sollte. Dieser „glänzenden „ Zukunft sollte auch die „Aufgabe“ dienen, welche der „Führer“ der Deutschen Volksgruppe in Rumänien zugewiesen hatte. Und weil diese Aufgabe einem Führerbefehl gleichkommt und Führerbefehle „heilig „ sind, ist ihre Erfüllung „heiligste“ Pflicht, weil sich für Deutschland „opfern“ nun mal heilig ist. Diesem billigen, zutiefst irrationalen Gedankengang huldigten auch die Volksgruppenführung und breite Kreise der Rumäniendeutschen, auch viele der knapp über 60.000 „Freiwilligen“, welche die Volksgruppenführung des Andreas Schmidt auf leichtfertige, unverantwortliche Weise den irrwitzigen Zielen Hitlerdeutschlands als Kanonenfutter preisgab.

Klaus Popa

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klaus.danielis@gmx.de
Mitglied

Beiträge: 0
Von:
Registriert: Dez 2004

erstellt am 23.04.2001 um 11:43 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Hallo,
möchte nur einen Gedanken aufgreifen:
... blinden Erfüllungsgehilfen, zu Robottern, einer menschenfeindlichen, kriminellen Weltanschauung ...
Dieses erinnert an Goldhagens Buchtittel: Hitlers willige Vollstrecker
Goldhagen beschäftigt sich in seinem Buch auch über die Implikationen der Kirchen (Christen) beim Holocaust - von Holokaustum = (grichisch und lateinisch, "ganz verbrannt), Brandopfer, ein Sühneopfer, das föllig verbrant werden mußte, da von ihm, z.B. bei den Israeliten, nichts genossen werden durfte. Über das Englische wurde Holocaust für den Massenmord an den Juden im zweiten Weltkrieg (so das Bertlasmannlexikon)
Erwähnte in meinem ersten Bericht zwei alten Frauen; die eine, die politisch engagiert war, Fremden mißtrauisch begegnete, für diese waren die Juden schlechte Menschen, die Kinder ermordet haben. Diese Frau, hat keinen Sonntag oder Feiertag verstreichen lassen ohne in die Kirche zu gehen und was dort gepredigt wurde war für sie verbindlich und sie hat wie viele andere auch wenigstens einmal im Jahr, bei der Weihnachtspredigt von der "Herodeslüge" gehört (historisch soll es keine Übereinstimmung zwischen Christigeburt und der Herrscherzeit von Herodes geben) - dadurch wurde und wird Judenhass, auf einfache Art geschürt und zwischen Judenhass und Fremdenhass ist wohl kaum ein Unterschied.
Gruss - Danielis

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klaus.weinrich
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Von:Deutschland
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erstellt am 23.04.2001 um 11:44 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von klaus.weinrich anzusehen!   Klicken Sie hier, um klaus.weinrich eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
In meinem ersten Beitrag habe ich die Bedeutung eines „Glaubens“ an die Verheißungen der NS-Propaganda unterstrichen. Ich halte diese „Religiositäts-Theorie“ nach wie vor für wichtig, aber ich glaube, dass wir es uns damit nicht zu einfach machen dürfen. Die „NS-Religiosität“ ist ja als Erklärungsmuster verlockend und sie bietet auch einige stichhaltige Ansatzpunkte, weil die NS-Propaganda ja bewusst auch mit Elementen gearbeitet hat, die ein gewisses Glaubens-Bedürfnis vieler Menschen gezielt bedienen (vgl. auch Jekeli-Aufruf) . Andererseits kann man die „Religiositäts-Theorie“ auch als Metapher verstehen, in diesem Sinne also als bildhafte Umschreibung des letztlich Unverstandenen ohne eigenen Erklärungswert. Eigentlich müssten wir also über die Religiositäts-Theorie hinausgehen und weiter fragen: Woher kam die Bereitschaft, gerade an die NS-Ideologie und ihren Führer zu glauben? Worin besteht das Spezifische gerade dieses Glaubens, nicht zuletzt auch im Sinne einer Abgrenzung zu den weniger „erfolgreichen“ Führerkult-Inszenierungen à la Ceausescu? Und nicht zuletzt: Wie hat die NS-Propaganda es geschafft, den selbst-geschürten Glauben in gelenktes Handeln umzusetzen?

Gerade für die letzte Frage stellt der Jekeli-Aufruf ein gutes Beispiel dar: Zu Beginn finden wir ein Glaubensbekenntnis (wobei es sicher kein Zufall ist, dass genau 3 „Glaubensartikel“ genannt werden; sogar der Begriff „tausendjähriges Reich“ wird vereinnahmt). Dann findet sich diese Dreizahl wieder in der praktischen Ausdeutung der Glaubensinhalte: Haltung, Gehorsam, Einsatz.

Doch Vorsicht: Allzu leicht überliest man das Wort „beweist“, auf das aber alles ankommt. Warum soll man etwas beweisen? Warum soll man das alles tun? Dazu sagt Jekeli nichts, für ihn folgt die Antwort zwingend aus dem kurz davor ausgebreiteten Glaubensbekenntnis. Aber in diesem „beweist“ steckt die propagandistisch geschickt untergeschobene Verpflichtung zur Umsetzung der Glaubensinhalte - letztlich ohne Ansehen des Inhalts, wie ja der Begriff „Gehorsam“ zu verstehen gibt.

Dann geht es richtig zur Sache: Die gerade auf das Glaubensbekenntis „eingeschworenen“ Hörer oder Leser erfahren, welche Rolle ihnen zugedacht ist. Auch hier wird mit religiösen Vokabeln („heiligste Pflicht“ - ist „heilig“ eigentlich steigerungsfähig?) hin und wieder dafür gesorgt, dass jedem einzelnen die messianische Dimension des von ihm Geforderten bewusst wird.
Den Schluss bildet dann wieder ein Dreiklang religiöser Steigerung bis hin zum Glaubensbekenntnis für Adolf Hitler.

Hinter alledem steckt die vereinnahmende, letztlich aber immer gewaltsame Rhetorik, wie auch Hitler selbst und Goebbels sie gepflegt haben. Die Schlüsse dieser Rhetorik wirken deshalb so zwingend, weil gerade die entscheidenden Punkte einfach übergangen bzw. kaum bemerkt eingeschoben werden. Dem Hörer/Leser wird damit das Gefühl vermittelt, dass seine Überzeugung von seinem Handeln nicht zu trennen ist.

Aber für uns hier kommt es darauf entscheidend an: Warum waren viele Siebenbürger Sachsen (und auch sehr viele andere) bereit, etwas zu „beweisen“, wie der Jekeli-Aufruf es von ihnen forderte? Und wie steht es eigentlich mit jenen, die sich nicht angesprochen fühlten, die der berauschenden Rhetorik solcher Reden widerstanden, die eben durchschauten, was sich dahinter verbarg? Ich glaube, dass wir bei der Aufarbeitung „unserer“ Vergangenheit die Fehler nicht wiederholen müssen, die gelegentlich im Hinblick auf Deutschland gemacht werden. Es gab unter den Sachsen Nazis, aber es gab auch solche, die damit nichts zu tun haben wollten und das alles verabscheuten. Es täte der Diskussion darüber sicher gut, diese Differenzierung von Beginn an zu bedenken, um nicht eines Tages viel Energie in die Widerlegung einer Theorie à la Goldhagen investieren zu müssen.

Eines habe ich aber an dem Jekeli-Aufruf nicht verstanden: Was meint er mit dem Halbsatz „Mag eine andere Lösung günstiger erscheinen“?


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KW

[Dieser Beitrag wurde von klaus.weinrich am 23.04.2001 editiert.]

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Klaus Popa
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erstellt am 23.04.2001 um 14:06 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Klaus Popa anzusehen!   Klicken Sie hier, um Klaus Popa eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Lieber Klaus Danielis, lieber Klaus Weinrich,

in der Tat erinnert meine Interpretation der roboterhaft ausführenden Nationalsozialisten an Goldhagens Theorie, doch, wie Klaus Weinrich richtig anmerkt, muß zwischen den Nazis unter den Siebenbürger Sachsen und denen, die keine waren, unterschieden werden. Auch meine ich, daß meine bisherigen Ausführungen keineswegs darauf zusteuern, eine Goldhagen-ähnliche Theorie aufzustellen. Wir dürfen nicht vergessen, daß das Hauptobjekt unserer Diskussion die Nazis sind. D.h. natürlich nicht, daß über die Nichtnazis kein Wort gesagt werden soll.

Das „Religiositäts“-Erklärungsmodell ist durchaus geeignet, die religiösen Inhalte, das Glaubensmäßige der NS-Ideologie und Propaganda, zu erfassen. Klaus Danielis identifiziert durchaus zutreffend die wiederkehrende Dreiheit, die doch im Christentum und auch in anderen Religionen grundlegend ist. Die „Religiositäts“-Diskussion muß aber erweitert werden hin zur Erklärung der

I R R A T I O N A L I T A E T

dieser Weltanschauung, ihrer Symbole und Floskeln. Als ich den blinden Gehorsam und Glauben als roboterhaft, fanatisch beschrieb, dachte ich eben an das Irrationale (zu deutsch: Unvernünftige, der menschlichen Vernunft Bare) dieser Begriffe und Rhetorik.

Die Frage, woher die Bereitschaft kam, an die NS-Ideologie und an ihren Führer zu glauben, warum viele Siebenbg. Sachsen und andere bereit waren, sich im Sinne des Aufrufs von Jekeli zu beweisen, führt zu der Irrationalität, die ich oben ansprach. Jekelis Aufruf beginnt mit einem Gebot, d.h. mit einem „Befehl“, der gleichzeitig nahelegt, daß es nich ausreicht, allein an den Führer, an das „tausendjährige Reich“ und an den Sieg des „Freiheitskampfes“ Deutschlands zu glauben, um al Nationalsozialist zu gelten, nein, man muß den Beweis dazu konkret, durch Taten erbringen, die Volk, Führer und Heimat – natürlich nach NS-Maßstäben – förderlich, nützlich, dienlich sind. Diese Einstellung entspricht dem NS-Tatendrang, sogar Dinge zu tun, die gegen jede menschliche Vernunft gerichtet sind, nur weil sie Volk, Führer und Heimat angeblich dienen. Weil der NS die Juden zu Verschwörern und zu Erzfeinden Deutschlands und des deutschen Volkes erklärte, weil die den Bolschewismus tragenden Slawen zum Untermenschentum erklärt wurden, weil der in allen Ecken und Enden von Irrationalsimus und Unmenschlichkeit strotzende NS-Glauben andere Gruppen und Völker zu Schmarotzern, unwertes Leben usw. erklärte, mußte man, wenn man ein wahrer Nationalsozialist sein wollte, entsprechend handel, d.h. gehorsam den befehlen des Führers bzw. den im Namen des Führers gegebenen Befehlen folgen, also seine „heilge“ Pflicht tun. So einfach war das vorgegebene Handlungsmuster, nach dem dann doch roboterhaft, wie programmierte Automaten, gehandelt wurde.

Es erweist sich also, daß der NS in seiner Theorie irrational und damit unmenschlich, aber auch in der konkreten Auswirkung, d.h. in die Tat umgesetzt, nur zu irrationalen, unmenschlichen Taten führen konnte. Doch in den Augen des Nationalsozialismus und verständlicherweise in den Augen all derer, die ihn sich zueigen machten, galt sowohl die theoretische wie auch die praktische Ebene als „vernünftig“. Also konnten auch die ungeheuerlichsten Verbrechen, weil der NS-Ideologie konform, als „vernünftig“, als gerechtfertigt, als notwendig gelten, weil sie doch zum Wohl von und aus Liebe für Volk (= ausschließlich das deutsche Volk), Führer und Heimat geschahen. Die Werteumkehrung, welche der NS bewerkstelligte, das macht seine Irrationalität, seine Vernunftlosigkeit aus.

Das ist zwar nur eine schematische Erklärung der Funktionsweise dieser Ideologie, dieses Glaubens. Wo diese Umkehrung allgemeinmenschlicher Werte ihren Uhrsprung hat, sollte auch erklärt werden, würde aber meine Ausführungen zu sehr in die Länge ziehen.

Die Bereitschaft so vieler, den NS-Illusionen zu folgen, beruht auch auf der verblüffenden Einfachheit der NS-Gleichung, die ja in den ersten beiden Abschnitten von Jekelis Aufruf eindeutig zum Ausdruck kommt. Es bedurfte nicht besonderer Kenntnisse oder Fähigkeiten, diese Theorie zu verstehen, sie verleitete und verlockte durch ihre Einfachheit und Glaubwürdigkeit. Was aber eigentlich dahinter steckte, die Gefahren, die sie nicht nur für ihre Anhänger, sondern für ganz Europa und die Welt darstellte, das zeigte sich erst, als ihre Träger, die sich doch nicht zufällig „politische Soldaten“ nannten, zur politischen Tat schritten, zunächst in der Weimarer Republik, die sie zum Sturz brachten, dann in der Konsolidierungsphase des Hitlerreiches, als alle Opponenten aus dem Verkehr gezogen wurden (z.B. in Dachau und ähnlichen Einrichtungen landeten), dann mit Kriegsbeginn und im Krieg selbst.

Klaus Weinrich schreibt, er versteht den Sinn von „Mag eine andere Lösung günstiger erscheinen“ in Jekelis Aufruf nicht. Da ich nur Teile des Textes brachte, fehlt der Teil, zu dem dieser Satz in Beziehung steht. Es handelt sich um den damaligen Befehl, daß die Rumäniendeutschen im rumänischen Heer zu dienen haben, nicht in deutschen Einheiten. Jekeli betont diese Verpflichtung, obwohl er sehr gut wußte, daß unzählige Siebenbg. Sachsen und Banater Schwaben sich illegal deutschen Einheiten anschlossen, indem sie die grüne Grenze passierten bzw. einfach ihre rumänischen Einheiten verließen und zu deutschen stießen.

Klaus Popa

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klaus.weinrich
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Von:Deutschland
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erstellt am 23.04.2001 um 14:52 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von klaus.weinrich anzusehen!   Klicken Sie hier, um klaus.weinrich eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Hallo Klaus Popa,

vielen Dank für die Erklärung der Bezugsstelle. Vielleicht wirkt es etwas haarspalterisch, aber nur um zu zeigen, wie vorsichtig man bei dieser Materie mit Urteilen sein sollte, will ich hier folgende Frage stellen: Wer war denn nun eigentlich ein richtiger Nazi? Derjenige, der dem Jekeli-Aufruf Folge leistete und in die rumänische Armee ging (also die Anordnung des Führers treu befolgte), oder derjenige, der sich - unter Missachtung der „Heiligkeit“ der ihm zugedachten „Pflicht“ - den deutschen Truppen, womöglich der SS, anschloss? Ich kenne selbst Beispiele für beide Verhaltensweisen, es handelt sich also hier nicht um ein spitzfindiges Schreibtischkonstrukt.
Später standen dann (nach dem Seitenwechsel Rumäniens und erst recht nach dem Krieg) diejenigen, die diese Führeranordnung nicht befolgt hatten, weitaus schlechter da als jene, die ihr gefolgt waren.

Natürlich mag man antworten: „Beide waren Nazis.“ Allerdings würde man damit zumindest die Tauglichkeit der Religiositätstheorie in Frage stellen, da man eine Wahlfreiheit einräumen würde, die zu den absoluten Forderungen der mit pseudo-religiösen Elementen operierenden NS-Propaganda schlecht passen will.

Noch ein anderer Gedanke:

Sie wollen die Erklärung der Irrationalität der ganzen NS-Ideologie in den Mittelpunkt stellen. Ich weiß nicht recht, ob uns das weiter bringt und zwar aus folgenden Gründen:

- Sie setzen „irrational“ zumindest in den Konsequenzen praktisch mit „unmenschlich“ gleich (und eigentlich geht es ja um letzteres). Nun ist z. B. „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ sicher irrational, aber wohl kaum unmenschlich. „Irrationalität“ hat mit Wertkategorien herzlich wenig zu tun, für manch einen mag auch die Lebensgestaltung der Mutter Theresa höchst irrational erschienen sein, aber über die Bewertung ihrer Lebensleistung braucht man ja wohl nicht zu diskutieren.
Mit der Irrationalität bringen Sie eigentlich nur einen weiteren Begriff in die Debatte, der an sich nicht weiterhilft und uns eher auf einen Holzweg lenkt (zumal auch der Zusammenhang von Irrationalität und Religiosität ein Problem für sich ist).

- Ich glaube, dass es vielmehr darum geht, die von den Nazis definierte „Rationalität“ zu durchleuchten und zu verstehen, wie die Propaganda dann breiten Massen den Eindruck vermitteln konnte, auf dem Boden einer von der NS-Führung herbeigeredeten „Realität“ voll und ganz rational zu handeln. Es geht also nicht um Irrationalität, sondern um die Pervertierung von Rationalität (und letztlich um die Frage, von welchen politischen und sozialen Konstrukten das abhängt, was wir „Rationalität“ nennen).


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KW

[Dieser Beitrag wurde von klaus.weinrich am 23.04.2001 editiert.]

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Klaus Popa
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Lieber Klaus Weinrich,

Ihre Fragestellung ist durchaus berechtigt. Allerdings kann an der Befolgung oder Nichtbefolgung des damals gültigen „Führerbefehls", als Jekeli seinen Aufruf ausgab, als Rumäniendeutscher im rumänischen Heer zu dienen, selbst an dem später, ab Stalingrad geltenden Befehl, daß alle Rumäniendeutschen auf ähnliche Weise wie die Ungarn- oder Kroatiendeutschen in der Waffen-SS zu dienen haben, nicht die Qualität gemessen werden, ob man ein Nazi war oder nicht. Man kann meiner Ansicht nach die große Masse der sogenannt „Freiwilligen“, selbst wein ein großer Teil dieser freiwillig, also aus Überzeugung sich der Waffen-SS stellte, nicht pauschal als Nazis abstempeln. Schon deshalb nicht, weil die allgemeine Begeisterung für den deutschen Waffengeng im Osten das verbietet. Die Motive dieser Begeisterung waren doch keinesfalls nur „niedere“ nazistische Beweggründe, die von der soeben beschriebenen Irrationalität der Ideologie diktiert waren. Es war vor allem der, zwar von den nazistischen Verrenkungen befleckte, Stolz Deutscher zu sein, der als Hauptbeweggrund für die Einreihung in die deutschen Streitkräfte anzusehen ist. Auch ist es schwierig, nach 60 Jahren und mehr nachweisen zu wollen, daß dieser oder jener sich wie ein Nazi aufführte, solange keine diesbezüglichen Belege dokumentarischer Natur vorliegen. Deren gibt es zur genüge, es kann also nur von denen sicher behauptet werden, daß sie Nazis waren, die nachweislich eben der Irrationalität freien lauf ließen, die ich im vorigen Beitrag beschrieb, d.h. die zu tätlichen Nazis wurden. Tätlich bedeutet aber nicht nur Menschen töten, sondern auch als Schreibtischtäter dafür Sorge getragen zu haben, daß die großdeutsche, dann großgermanische Politik auch auf Volksgruppenebene einwandfrei funktioniert.

Allerdings darf nicht vergessen werden, daß Jekelis Text ein Aufruf ist, daß er also den Zweck hat, die in der Deutschen Mannschaft zusammengefaßten Männer für die im Inland, für die sogenannte „Heimatfront“, anstehenden Aufgaben zu mobilisieren. Und Jekeli bezieht sich, wenn er sich auf Führerbefehle beruft, außer auf den konkreten, im rumänischen Heer den Waffendienst abzuleisten, auch auf die Allgemeingültigkeit von Führerbefehlen, weil diese eben von dem Mann kamen, den die Nazis als Erlöser des deutschen Volkes feierten, dem sich kein wahrer Deutscher jemals widersetzen würde. Die Volksgruppenführung bzw. die Amtswalter bedienten sich dieser Wirkung, welche die Berufung auf den Führer bzw. auf dessen Befehle hatte, auch zu Rechtfertigungszwecken.

Zurück zu Ihrer Frage: als Nazis haben sämtliche Amtswalter zu gelten, weil sie kraft ihrer politischen Funktion doch alles taten, um die Rumäniendeutschen, deren Potential (an Menschen, an Wirtschaft, an natürlichen Ressourcen) bedingungslos der Hitlerregierung dienstbar machten bzw. auslieferten mit der Begründung, der deutsche Endsieg erfordere das (das sind typische Schreibtischtäter). Ebenfalls als Nazis sind die zu betrachten, die sich an den sogenannten „Untermenschen“ vergriffen, d.h., alle die Verbrechen an anderen Menschen im Namen des NS begingen. Nicht auch die, die zwar in der Waffen-SS gedient, aber ausschließlich an Kriegshandlungen (z.B. an der Ostfront) teilnahmen. Wie die Rumäniendeutschen zu betrachten sind, die als Hilfspolizisten oder als KZ- Wachpersonal dienten, ist auf Anhieb nicht zu beantworten, weil in ihrem Fall die Unschuldvermutung wegen der nachweislich kriminellen Tätigkeit dieser Verbände nicht greifen kann.

In der Schuldhaftigkeitsdiskussion sollte auf jeden Fall auch beachtet werden, daß viele – ob die meisten, läßt sich so einfach auch nicht sagen – als „Systemopfer“ zu betrachten sind. D.h., daß beispielsweise die „Freiwilligen“, die eigentlich von sich aus den Dienst in der Waffen-SS eigentlich nicht freiwillig, also nicht aus Überzeugung, antreten wollten, als solche Opfer zu gelten haben. Sie mußten sich dem äußeren Druck, der von der Volksgruppenführung, von deren Amtswaltern doch meisterhaft inszeniert und wirksam gehalten wurde, als Meinung bzw. Standpunkt der Gemeinschaft getarnt, beugen, um nicht als Feiglinge, Drückeberger, selbst Verräter u.ä. zu gelten. Und schließlich haben auch die als Nazis zu gelten, die aus ihrer Begeisterung für den NS kein Hehl machten.

Aus diesen Ausführungen dürfte klar sein, daß die Religiösitätstheorie, d.h. der Glaube an die NS-Grundsätze, zwar ausreicht, um jemanden als Nazi zu bezeichnen – so wie Christ sein zweierlei bedeuten kann: entweder, daß man nur an die Lehre von Christus glaubt, aber sich in ihrem Namen nicht betätigt; oder, daß man beides tut, sowohl glaubt, als auch christlich wirkt.

Daraus läßt sich für die Diskussion um die Schuldhaftigkeit der Standpunkt gewinnen, daß im Falle des NS der alleinige NS-Glaube ausreichend ist, um als Nazi zu gelten. Als solcher, allein gläubiger Nazi, sollte aber nicht mit krimineller Schuldhaftigkeit verbunden werden. Kriminelle Schuldhaftigkeit meine ich beginnt dort, wo der betreffende Nazi sich aktiv einbrachte um die im „tausendjährigen Reich“ symbolisch ausgedrückte „deutsche Ordnung“ in Europa durchzusetzen. Damit ist aber auch noch nicht alles gesagt, bei diesem durchaus schwierigen thematischen Teilaspekt.

Die „Wahlfreiheit“, die Sie, Klaus Weinrich, ins Gespräch bringen, dürfte auch beantwortet sein mit der Problematik der „Systemopfer“. Außerdem ist zu bedenken, daß der NS eine totalitäre Ideologie ist, die nur einen Weg zuläßt, dem Einzelnen und der (den) Gruppen auch nur einen Weg einräumte, nämlich den in Richtung des illusorischen „tausendjährigen Reiches“. Da gab es keine Alternative, also keine „Wahlfreiheit“ im wahren Sinne, nur den von Hitler und seinen Paladinen (bei uns von Andreas Schmidt und seinen Amtswaltern) diktierten, vorausbestimmten Weg ins Desaster.

Klaus Popa

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klaus.weinrich
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Hallo Klaus Popa,

vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme. Ich habe meinem letzten Beitrag nachträglich noch einen zweiten Teil hinzugefügt, der - offenbar technisch bedingt - erst mit einiger Verzögerung erschienen ist. Da Sie ihn keines Wortes würdigen, nehme ich an, dass Sie ihn bei Ihrer Antwort noch nicht sehen konnten.

Mit meiner freilich etwas zugespitzten Frage, wer denn nun ein richtiger Nazi gewesen sein, wollte ich eigentlich nur die Komplexität der Thematik und entsprechender Wertungen beispielhaft illustrieren. Es ist mir klar, dass eine Frage dieser Art nicht Grundlage einer wissenschaftlichen Analyse sein kann. Gleichwohl ist es wichtig, die Möglichkeit gerade auch solcher Fragen zu bedenken.

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KW

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Klaus Popa
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erstellt am 23.04.2001 um 17:47 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Klaus Popa anzusehen!   Klicken Sie hier, um Klaus Popa eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Lieber Herr Weinrich,

die Klarstellung von Begriffen ist durchaus wichtig, wenn wir eine geradlinige Diskussion führen wollen. So verhält es sich auch mit der IRRATIONALITÄT. Ich verbinde die durchaus mit Unmenschlichkeit und bleibe auch dabei, weil ich die ganze NS-Problematik auch von ethisch-moralischer Seite betrachte. Wenn ich von Irrationalität spreche, so denke ich an UNVEHÄLTNISMÄSSIGKEIT oder UNBERECHENBARKEIT (Instinkthaftigkeit, Willkür und Gutdünken). Diese Begriffe entsprechen einem Herangehen an den NS von außen. Ich lege dem NS Maßstäbe an, die außerhalb des NS liegen. Sie versuchen, wenn ich Sie richtig verstehe, den NS von innen heraus zu verstehen bzw. zu erklären, was allerdings die Gefahr in sich birgt, das, was ich als Unverhältnismäßigkeit und Unberechenbarkeit des NS betrachte, als dessen innere Rationalität herauszustellen. Es ist wohl zutreffender, statt „Rationalität“ von Logik, gegebenenfalls von Pragmatismus zu sprechen.

Sie sprechen die Pervertierung an. Doch ich vermag beim NS keine Pervertierung der Rationalität zu erkennen, stattdessen eine kräftige und unverkennbare Pervertierung aller Gesellschaftsbereiche und aller menschlichen Aktivitäten.

Wie bereits gesagt, bringe ich Rationalität bzw. Irrationalität mit dem Wertesystem der Aufklärung und des Humanismus, also gerade mit jenen Geistesströmungen in Verbindung, welche der NS und z.T. auch der Kommunismus verbittert bekämpfte und verneinte und Äußerungen, die in diese Richtung zielten, gnadenlos verfolgte und ahndete. Ich muß ihnen sicherlich nicht erklären, worin das Wesentliche von Humanismus und Aufklärung liegt. Ich versuche es von der anderen Seite her: was der NS verteufelte und ablehnte:

- statt des Menschen, des Individuums verherrlichte der NS den „deutschen Menschen“, dem er Traumqualitäten andichtete;
- statt kalter (eben rationealer) Abstraktion verherrlichte der NS das konkrete, organische „Leben“ oder zumindest, was er als solches herausstellte;
- statt der Staasnation verherrlichte der NS die deutsch-völkische Gemeinschaft und die deutschen Volksgruppen;
- statt der Menschnrechte (Freihetsrechte des Individuums, von Gruppen, Völkern und Staaten) verherrlichte der NS ausschließlich die „deutsche Ordnung“ und die daraus ableitbaren „Gesetze“: diese „dt. Ordnung“ war rassistisch (biologistisch) begründet und wurde als Asudruck des organischen „Lebens“ angebetet.
- Bürgerliche Tugenden wie Ehre, Treue, Gehorsam wurden ihres allgemeinmenschlichen, christlichen Gehhalts beraubt und im NS-Sinn pervertiert.

In diesem System des „organischen Lebens“ und der „organischen Ordnung“ waltete absolute Beliebigkeit und Willkür, weil bisherige Wertvorstellungen und Wertmaßstäbe je nach Bedarf urechtgeknetet werden konnten. Das Instrument der Beliebigkeit war aber den NS-Führern vorbehalten, das damit ein effektives Herrschaftsinstrument des NS abgab.

Aus den bisher von mir eingesehenen Quellen entnehme ich, daß die Ratio, die Vernunft, eine absolute Nebenrolle spielte, daß vor allem das „Gefühl“, der „Instinkt“, wie es im damaligen Nazi-Jargon hieß, ausschlaggebend war. Und Gefühl kann nicht als rational gelten, im Gegenteil, das Gefühl neigt zur Übertreibung (Unverhältnismäßigkeit, Unberechenbarkeit). Beliebigkeit und Gefühl ermöglichten das Aufreißen der kühnsten Konstruktionen in sämtlichen Lebensbereichen.

Die NS-Funktionäre mögen Mittel eingesetzt haben, die auf den ersten Blick rational, also vernünftig gelten würden, doch die Rationalität dieser Mittel war doch nur einem Zweck untergeordnet, dem der deutschen Herrschaft über Europa unter wahlloser Einsetzung von Mitteln. Dem NS ist durchaus ein PRAGMATISMUS zuzugestehen, doch dieser diente ausschließlich dem bereits genannten Alleinzweck (Endsieg, „deutsche Ordnung). Schon die Skrupellosigkeit, mit der die Nazis ihre Mittel einsetzten, spricht gegen die menschliche Vernunft – es waren unmenschliche, kriminelle Mittel – aber auch ihr ganzes Projekt war unvernünftig, weil maßlos überzogen und zutiefst menschenfeindlich, eben ein willkürliches Konstrukt.

Abschließend: Der IRRATIONALISMUS des NS ist unmenschlich, was aber nicht aussagt, daß alles, was irrational ist oder zumindest so anmutet, unmenschlich sein muß.
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KP

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klaus.danielis@gmx.de
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erstellt am 24.04.2001 um 07:34 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Hallo,
nachdem ich die weitläufigen Darstellungen unserer Spezialisten gelesen habe, dachte ich etwas Auflockerung, für die Laien, aber vielleicht auch neue Denkansätze für die Fachleute könnte eine Passage aus Schelsaks "So nah, so fern" bringen:

"Andreas", Untersturmführer, Leutnant, Schöngeist, ein Verwanter führte es vor.
Ebenfalls in einem Gespräch (1979) sagte er, wie er ständig "Wachvergehen" begangen habe, da er auf dem Wachturm, "um das nicht sehen zu müssen", andauernd "die Nase in einem Buch hatte". Mit Vorliebe las er Nietzsche und Hölderlin, " um das nicht sehen zu müssen". Er war ein guter Klavierspieler, obwohl ihm die Finger oberhalb des Gelenkes vor Moskau abgeschossen worden waren, und er nur mit den Stummeln spielen konnte; frontuntauglich wurde er 1942 nach Auschwitz versetzt.
Und er habe nur gedacht ´inter arma silent musae´; vor den Waffen schweigen die Musen. "Doch ja" , sagte er, "ich hab auch Posten geschoben und ständig den Rucksack voler Gedichte gehabt. Nicht wahr. Ich hab ständig Wachvergehen begangen."
In der Sendung "Vaterlandstage" (90 Minuten) beim Süddeutschen Rundfunk am 1. März 1980 und "Der Tod ist ein Meister aus Deutschalnd. Oder was habe ich mit Auschwitz zu tun" kam Capesius und Andreas ausführlich zu Wort. Hier ein Fragment.
"A. hat eine weiche pastorale Stimme. Unterbrach sich, setzte sich ans Klavier und spielte ein Schubertlied. Plötzlich ist er absent, starrt auf einen entfernten Punkt außerhalb des Raumes, ist nur mit sich selbs beschäftiget, seine Freundin, eine blonde Frankfurterin, tippt ihn vorsichtig an, wie man Irre anrührt, da er nur sich Wein einge schenkt hat und sagt: das war nicht höflich. Sieht ihn mit einer milden Wut an. Doch er nimmt es kaum wahr, murmelt abwesend: jaja.
Du willst also ein Buch schreiben erkundigt er sich neugierig. Was beschäftigt dich?
Die Ursachen unseres Vertschwindens.
Aha, aha, du bist also kritiksüchtig! Nietzsche hat da ein schönes Wort: Menschliche Tugenden: Güte, Hilfsbereitschaft, Edelmut usw. seien nichts als eine Art Luxusgüter, die wir uns nicht immer leisten können. das habe ich irgendwo gefunden, und das möchte ich fasr unterschreiben.
Es sind nicht die obersten und höchsten Werte?
Ich möchte sagen, es gibt keine obersten Werte. Weltanschauung ist immer biologisch: ich will leben und übeleben.
Das Gesicht es SS-Stumführers war wie verweht, ein großes verschwommenes Ei.
Aber ich meine fuhr er plötzlich fort: Gewissensfreiheit ist das Höchste.
Warum bist du dann nicht ausd Auschwitz geflohen, wie andere auch?! Stand die Todesstrafe darauf?.
Er sah mich mit seinen bläßlichen Augen amüsiert an: Freilich stand die Taodesstrafe darauf. Desertation. nein das wars ja nicht, an Mut hat es mir nicht gefehlt, aber ich war für Ordnung, für bedingungslose Disziplin. Wohin hätte ich auch fliehen sollen, es waren ja meine Leute, die dort das Sagen hatten, die mich brauchten."

Soweit Schlesack - bis zum nächsten mal.

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Klaus Popa
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An Klaus Michaelis anknüpfend:

Hermann Langbein berichtet in seinem Buch „Menschen in Auschwitz“ (München 1995), S.645f. über den Fluchtversuch von fünf Mitgliedern der Kampfgruppe, einer Widerstandsgruppierung der Auschwitz-Häftlinge, die sich im Oktober 1944 ereignete. Die Flüchtenden gewannen „zwei SS-Männer der Fahrbereitschaft dafür, mit einem Lastwagen, der Schmutzwäsche nach Bielsko zu fahren hatte, in einer Kiste Gefangene aus dem Lager zu schmuggeln. Da in dieser Kiste mehrere Platz hatten, sollten fünf an der Flucht teilnehmen: neben Ernst Burger und Zbyszek Raynoch, die bereits im August hätten fliehen sollen, noch drei Polen aus der Widerstandsbewegung.
Der eine SS-Mann hieß Frank. Goiny-Grabowski beschreibt ihn als etwa zwnzigjährigen Volksdeutschen aus Rumänien oder der Slowakei. Der andere – der volksdeutsche SS-Rottenführer Johann Viktor Roth aus Rumänien – spielte ein doppeltes Spiel. Er informierte die politische Abteilung von dem Plan, die sowohl die fünf in der Kiste Versteckten als auch Friemel, Vesely [Häftlinge, Mitglieder der Kampfgruppe, die die Flucht organisiert hatten] und Frank verhaftete und die Partisanen auf dem vereinbarten Treffpunkt überfiel. Roth wurde in einem Kommandaturbefehl belobigt und erhielt ein Bild des Chefs des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes [dem das KZ-System unterstand], Oswald Pohl, mit eigenhändiger Widmung.“

Die fünf Gefaßten wurden am 30. Dezember 1944 hingerichtet. Es war die letzte Hinrichtung im Stammlager. Die Hingerichteten waren drei Österreicher und zwei Polen (S.398).

[In Langbeins Buch ist noch manche interessante Information über das „volksdeutsche“ Wachpersonal und die Volksdeutschen in der SS zu finden]
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Klaus Popa

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Klaus Popa
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Ich bitte zu entschuldigen, statt Danielis Michaelis geschrieben zu haben

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Zitat:
Original erstellt von Klaus Popa:
Ich bitte zu entschuldigen, statt Danielis Michaelis geschrieben zu haben

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[Dieser Beitrag wurde von Guenther am 24.04.2001 editiert.]

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