Eintrag Nr. 7446

17.03.2004, 21:58 Uhr

Erich Briebrecher [none]


Des Pfarrers Gänse

Seit 1861 war die evangelische Landeskirche aus Siebenbürgen, Mitglied des Gustav Adolf – Vereins in Deutschland geworden. Danach entstanden in den siebenbürgischen Gauen, Zweigvereine die regelmäßig in Tagungen zusammenkamen, um über die Vorhaben des Vereins zu beraten. Solch eine Tagung des Mediascher Zweigvereines, musste auch der ehrwürdige Hetzeldorfer Pfarrer Michael Henter beherbergen. Die Wintertagung fand im geräumigen Empfangssaal des prächtigen Pfarrhauses statt. Aus den Nachbargemeinden und Mediasch kamen die evangelischen Geistlichen mit ihren flotten von Pferden gezogenen Schlittengespannen, nach Hetzeldorf, wo sie aufs freundlichste auf dem Pfarrhof vom „Herrn Vater“ begrüßt wurden. Die Tagung fand im geräumigen Empfangssaal des schloßähnlichen Pfarrhauses statt. Damit die Besprechungen und die nach dem Mittagessen eingeplante Ruhezeit nicht gestört werde, bat Pfarrer Henter seine Frau sie möge die stets hungrigen und schnatternden Gänse wegsperren. Mit Hilfe der Dienstmagd und eines Fuhrknechtes, gelang es„Frau Mutter“ die lärmenden Gänse in den nahen Garten zu treiben und das Gartentürchen sicher zu verriegeln. Die Tagung konnte nun ungestört und in Frieden abgehalten werden. Nachdem am späten Nachmittag die Gäste den Pfarrhof verließen und die Heimreise antraten, wurde es ruhig im Haus und Hof. Ein jeder war froh dass alles gut und zur vollen Zufriedenheit aller verlaufen war. Als am Abend die Gänse nicht wie gewohnt, lauthals um ihr Futter und Einlass in den Gänsestall riefen, ging die Magd in den Garten um nach den Gänsen zu Schauen. Ihr bot sich ein furchtbar schreckliches Bild, die Gänse lagen reglos verstreut im Garten herum, die meisten in der Nähe eines Abfallhaufens. Erstarrt vor schreck schlussfolgerte sie, dass alle Gänse zu Tode gekommen seien. Wehklagend, rief sie „Frau Mutter“, „Frau Mutter“, und lief in die Küche, wo sie der erschrockenen Pfarrerin, vom schrecklichen Tod der Gänse berichtete. Nach fieberhafter Überlegung, wie man doch noch einen, wenn auch geringen Nutzen im großen Schaden haben könnte, befahl sie der Magd die toten Gänse zu holen um ihnen die weichen flaumigen Federn zu rupfen. Nachdem die Arbeit mehr schlecht als recht getan war, wurden die gerupften Gänse in den Stall geworfen, um sie am nächsten Tag begraben zu können. Frühmorgens als der Tag noch nicht angebrochen war, wurden die Einwohner des Pfarrhauses, durch ein überlautes Gänsegeschnatter aufgeweckt. Mit großem Staunen mussten die verdutzten Pfarrersleute feststellen, dass die ihrer Federn beraubten Gänse, zwar froren, aber quick lebendig geworden waren. Da das Geschehene nun aufgeklärt werden musste, begann das Nachforschen was wohl die Ursache des Scheintodes der armen Gänse gewesen war. Mit detektivischem Interesse ging man ran, an die Lösung des rätselhaften Vorganges. Als der dampfende Abfallhaufen untersucht wurde, drang den eifrigen „Forschern“, ein süßlicher nach Alkohol duftender Geruch in die empfindlichen Nasen. Der Duft kam von den Treberresten, die nach dem Schnapsbrennen, auf dem Abfallhaufen entsorgt worden waren. Der Restalkohol, der von den gefressenen Trebern herrührte, hatte ausgereicht um die Gänse zu betäuben, so dass sie umgefallen waren und wie tot dalagen. Da sie aber einen Teil, des sie vor Kälte schützenden Federkleides verloren hatten, drohten sie nun in der frostigen Winterkälte zu erfrieren. Auf anraten des Pfarrers, beschloss man den Gänsen Stoffkleidchen zu schneidern, damit sie vor dem Frost geschützt wären, bis ihnen das Federkleid zurückgewachsen sei. Die Pfarrerin machte sich auf den Weg zur Frau Kurator, die im schneidern kundig war, um sich Rat und Hilfe zu holen. Bald darauf fing im Pfarrhaus ein emsiges schneiden und nähen an, bis die Gänse alle ein sie vor Frost bewahrendes Kleidchen anhatten. Es war lustig anzusehen wie das edle Federvieh angekleidet, sich wiegend und watschelnd im Pfarrhof spazieren ging. Die Gänse waren gerettet, aber man wird uns auslachen dachte die „Frau Mutter“ und bat alle sie sollten es ja niemandem sagen, was mit des Pfarrers Gänsen geschehen sei. Der innige Wunsch der „Frau Mutter“ jedoch, ging nicht in Erfüllung.

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