Gemeinschafts- und Brauchtumspflege

Die innerhalb von Jahrhunderten gewachsene Gemeinschaft konnte in Siebenbürgen bis 1944 ohne weiteres existieren und sich entfalten, weil die materielle und geistig-kulturelle Grundlage dafür vorhanden war. Nach der Katastrophe von 1944/1945 fanden diesbezüglich radikale Veränderungen statt. In Siebenbürgen selber wurde versucht, unter den widrigen wirtschaftlichen, politischen, ideologischen Bedingungen einer kommunistischen Diktatur am siebenbürgisch-sächsischen Erbe festzuhalten - in kommunistischer Verpackung und mit notwendigen Kompromissen - was mehr schlecht als recht bis zur massiven Aussiedlung seit den 70er Jahren in etwa gelang. Nach der Aussiedlung waren die hier in Deutschland entstandenen Verbände und Organisationen wesentliche Pfeiler für ein bis heute reges Gemeinschaftsleben. Als Deutsche unter Deutschen sind auch die siebenbürgischen Aussiedler - wie schon festgestellt - anpassungsfähig und anpassungsbereit. Dennoch benötigen sie besonders während der ersten Jahre auch Rückhalt in einer vertrauten Umwelt als Schutz gegen Entwurzelung, gegen Vereinsamung, gegen Isolation.

Da dies im engeren Bekannten- und Verwandtenkreis nur begrenzt möglich ist, finden Aussiedler schon seit Beginn der 50er Jahre großen Halt innerhalb der Interessenvertretungen von Vertriebenen und Aussiedlern: den Landsmannschaften. Diese bemühen sich vorbildlich um alle Belange der Aussiedler, im besonderen auch um Pflege und Förderung des Kulturerbes der siebenbürgischen Heimat, der Wissenschaft und Kultur der Aussiedler. Der 1949 in München gegründete Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e. V. - von 1953 bis 2007 Landsmannschaft genannt - hat seit nunmehr 60 Jahren einen erfolgreichen Landesverband Bayern, der inzwischen mit seinen mehr als 15.000 (Stand:November 2009)(Familien-)Mitgliedern stärkster Landesverband in Deutschland ist. Seine 35 Kreisgruppen bzw. Kreisverbände mit ihren zahlreichen Untergliederungen stehen für ein reges kulturelles leben und für eine substantielle Bereicherung der kulturellen Vielfalt Deutschlands.
Das Verhältnis zwischen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen zu den Parteien, zu den Kommunen, zur Landesregierung gestaltet sich seit Jahrzehnten sehr positiv zu beiderseitigem Nutzen. Unter der Schirmherrschaft namhafter Politiker finden gut besuchte Veranstaltungen verschiedenster Art statt.

Heimatortstreffen in Bayern

In Bayern sind auch mehrere Heimatortsgemeinschaften aus Siebenbürgen angesiedelt, die regelmäßige Heimatortstreffen auch hier durchführen. Während der letzten Jahre organisierten sich vermehrt auch in Bayern Heimatortsgemeinschaften als Vereine. Zweck und Aufgabe dieser Vereine ist es, die zwischenmenschlichen Verbindungen und Bindungen aller ehemaligen Bewohner einzelner siebenbürgischer Heimatorte und deren Freunde zueinander und zu den im Heimatdorf Verbliebenen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Sie nehmen im Prinzip gleiche Aufgaben wahr, wie die örtlichen Gliederungen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, nämlich die Pflege des aus Siebenbürgen überlieferten heimatlichen Kulturgutes in Wort, Schrift, Bild, Kunst und Volkskunst, Dichtung und Musik, Brauchtum und Tradition oder jeder anderen Äußerungsform. Sie sind bestrebt, alle zugänglichen Kulturgüter der siebenbürgischen Heimat, die zu ihnen in Bezug stehen, zu sammeln, zu dokumentieren und in ihrem Bestand zu erhalten und geben seit Jahren wertvolle Heimatbücher heraus.
Im Sinne humanitärer Hilfe unterstützen sowohl die Landsmannschaft als auch die Heimatortsgemeinschaften auch Bedürftige oder in Not geratene Landsleute, sowohl in Siebenbürgen als auch außerhalb Siebenbürgens.

Siebenbürger Sachsen in Bayern - wie lange noch?

Nach gegenwärtigem Stand der Dinge und unter Berücksichtigung der radikalen Entwicklung der letzten rund 60 Jahre muss offen bekannt werden: die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft wird - auch in Bayern - in absehbarer Zeit der Geschichte angehören. Jedoch: so lange es noch gebürtige Siebenbürger Sachsen bzw. von gebürtigen Siebenbürger Sachsen Abstammende gibt, die einerseits das durch ihre siebenbürgisch-sächsische Identität geprägte Bedürfnis und Bewußtsein haben, ihr Gefühl der Zusammengehörigkeit zu äußern und so lange es Siebenbürger Sachsen oder von diesen Abstammende gibt, die sich engagiert dafür einsetzten, diese Gemeinschaft, solange es sie gibt, organisatorisch zu betreuen, diese Menschen zu verschiedenen Anlässen und Veranstaltungen zusammenzuführen, wird es diese Gemeinschaft noch geben.
Horst Göbbel / Nürnberg 2009