Entschädigungszahlung bei Rückgabe von Immobilien

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HagenX
schrieb am 20.01.2010, 09:42 Uhr
Sehr geehrte Forenteilnehmer,

eine gute Freundin hat vom rumänischen Staat eine schriftliche Entschädigungszusage erhalten, weil das Haus ihrer Familie zwangsverstaatlicht worden war und nicht zurückgegeben werden konnte. Leider ist bisher trotz vieler Aktionen keine Auszahlung erfolgt. Wer hat in diesem Bereich positive Erfahrungen gemacht? Wer hat bereits eine Entschädigungszahlung erreichen können? Für jede Hilfe bin ich dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Hagen
Karin Decker
schrieb am 20.01.2010, 10:35 Uhr (am 20.01.2010, 11:23 Uhr geändert).
@ HagenX

Die Problematik der Entschädigungen durch den Staat Rumänien, ist nur so zu beantworten, dass Intrasparenz und Verwirrspiel die charakteristischen Faktoren sind. Wer es mit diesem Thema ernst meint, ist gut beraten, sich einer Organisation anzuschließen, die unter Berufung auf die Menschenrechte, Rumänien dazu bewegt, mit den Zusagen ernst zu machen.

Vorgeschichte: Auf Anreiz des post-kommunistischen Präsidenten Iliescu wurde der größte Teil der konfiszierten Immobilien den jeweiligen Mietern, meist Günstlingen der Regierung, zu Spottpreisen verkauft (Gesetz 112/1995). Weil die willkürlich enteigneten Eigentümer ihren Eigentumstitel gem. rumänischem BGB (Codul Civil) nicht verloren hatten, entstand für den Staat das Dilemma, dass sich für jede verkaufte Immobilie zwei Eigentümer konfrontierten: der Rechtmäßige und der angeblich gutgläubige Käufer, der ehemalige Mieter.

Während der rechtmäßige Eigentümer sein Eigentumsrecht vom vorherigen echten Eigentümer erwarb, kauften dagegen die gutgläubigen Käufer die Immobilien vom Staat, der aber nie einen rechtmäßigen Eigentumstitel vorweisen konnte. Demgemäß waren diese Kaufverträge von Anfang an null und nichtig.

Entschädigungspraxis: Das 2001 verabschiedete Restitutionsgesetz erklärt zwar plakativ, dass konfiszierte Güter im Regelfall zurückerstattet werden sollten, enthält aber so viele Ausnahmen, dass, in den meisten Fällen, statt Rückgabe der Güter in natura, Entschädigungsgelder gezahlt werden sollten.

Dieses Gesetz wurde nachträglich durch zahlreiche Novellierungen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Bis heute wurde nur ein sehr geringer Anteil der gestellten Anträge bearbeitet, in Bukarest z.B. nur ca. 28% (nach 9 Jahren!). Die Lokalbehörden versuchen mit allen möglichen Schikanen, die Rückgabe entweder abzulehnen oder zumindest zu verzögern. Sie vergeben diese Immobilien lieber an ihre „Amigos“. Dadurch wird Korruption und Machtmißbrauch Tür und Tor breit geöffnet.

Gesetze und dementsprechend auch Gerichtsurteile sind inkonsistent und widersprüchlich, die Presse berichtet dauernd über Korruption und politischen Druck auf die Justiz. Der interne Ablauf des Entschädigungsprozesses in den Behörden ist für die Antragssteller völlig undurchsichtig, diese können nicht erfahren, wann (und ob?) ihre Entschädigungen ausbezahlt werden. Von den vielen Tausenden Antragsstellern wurden bis dato, laut Aussagen der Behörde „Autorität für Eigentum“ Entschädigungen in nur 2.879 Fällen ausbezahlt. In Anbetracht der bestehenden Wirtschaftskrise, sind die Aussichten der Geschädigten noch viel düsterer geworden.

Eigentümervereine aus Rumänien (APP) und Deutschland (ResRo) haben eine Petition an den Petitionsauschuss des Europäischen Parlaments gestellt, in der sie sich über den extrem schleppenden Ablauf des Restitutionsprozesses in Rumänien beschwert haben. Die Petition wurde angenommen, es wird z. Zt. eine Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellt, die den gegenwärtigen Ablauf des Restitutionsprozesses in Rumänien darstellen und Lösungsvorschläge unterbreiten soll.

Die Europäische Kommission hält sich bisweilen aus dieser Angelegenheit vornehm zurück, unter dem Vorwand, Restitutionsangelegenheiten würden sich in der Zuständigkeit der einzelnen Länder befinden. Dabei wird vergessen, dass die Art und Weise, wie diese Angelegenheiten in Rumänien behandelt werden, zu zahlreichen Verstößen gegen die „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ und somit zu sehr vielen Prozessen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und zur wiederholten Verurteilung des rumänischen Staates führt.

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