Dorfzeichen

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taggi
schrieb am 11.05.2010, 14:08 Uhr
Hallo,
wer von Ihnen weiß warum jedes Dorf sein eigenens Zeichen hatte und wer bestimmte wie es aussehen sollte?
Gruß
Taggi
siebenschläfer
schrieb am 11.05.2010, 16:02 Uhr
Hallo taggi,

während die Städte und größere Marktgemeinden ein Wappen besaßen, hatte die siebenbürgischen Dörfer in der Regel nur einen Gemeindesiegel oder Marke, welche für gewöhnlich auch als Viehbrandzeichen benutzt wurden. Es soll zwar auch Dorfwappen gegeben haben, die aber, mit Ausnahme des Burzenlandes, kaum noch bekannt sind.
Mit der siebenbürgischen Wappenkunde haben sich einige Wissenschaftler, allen voran Albert Arz von Straussenburg, Misch Orend, G. A. Schuller und Balduin Herter beschäftigt.
"Diese sieb. Brennzeichen weisen nach Verwendungszweck und Zeichensymbol eine Verwandtschaft zu Haus- und Hofmarken, Ortsmarken, Dorfzeichen, Dorf- und Bauernsiegeln, zu Ortswappen sowie Zunftzeichen, Steinmetz- und Meisterzeichen etc. auf." (Balduin Herter, in Straussenburgs Beiträge zur sieb. Wappenkunde, Archiv des Vereiss für sieb. Landeskunde Band 16, Böhlau Verlag, 1981, Seite 203).
Staussenburg erkennt in 233 sächsischen Viehbrandzeichen mehrere Gruppen, z. B.:
1. Zeichen die den Anfangsbuchstaben des Ortsnamens aufweisen.
2. Zeichen der "redenden Bilder" (z. B. Hahn für Hahnbach, Katze für Katzendorf ...)
3. Zeichen, die irgendwelche Gegenstände, deren Bezug nicht so deutlich ist, abbilden (Faß für Hamlesch, ein Tier für Hetzeldorf...)
4. Die größte und wichtigste Gruppe (etwa 150 Zeichen), die aus geraden oder gebogenen Linien gebildete, an fremdartige Buchstaben, Runen, Hausmarken, etc. erinnernde Figuren darstellen.

Ich hoffe Deine Frage einigermaßen beantwortet zu haben. Vielleicht melden sich auch fachkundigere Personen zu Wort.
der Ijel
schrieb am 12.05.2010, 08:31 Uhr
Siebenschläfer,kennt sich auch in dieser Materie gut aus wie man sieht.
Wichtig währe noch der Fragerin zu erklären wie wichtig diese Dorfzeichen waren wenn es darum ging das Vieh damit zu kennzeichnen.
Im eigenen Dorf kannte jeder Bauer nicht nur seine eigenen Kühe und Ochsen, an den Hörnern an den Farbflecken usw. er kannte auch einzelne Tiere, und wem sie gehörten, bis zu seinem dritten und fünften Nachbarn.
Anders sah es aus wenn ein Tier von der Weide abkam und ins Nachbardorf geriet.

Da war das Brandzeichen Erkennungsmerkmal und Identitäts-Ausweis.
taggi
schrieb am 13.05.2010, 07:15 Uhr
Vielen Dank Euch beiden für die ausführlichen Antworten.
Viele schöne Grüsse
taggi
siebbürg
schrieb am 02.07.2010, 08:23 Uhr
Diese Brandzeichen waren von Rechts wegen vor Gericht zugelassene Beweise, daß die damit Gezeichneten im Eigentum der Mitglieder einer Gemeinde sind.
Dazu wurde auch ein entsprechendes Buch 1824 von den damaligen KuK Authoritäten in Hermannstadt gedruckt, wo alle Brandzeichen in Originalgröße abgebildet sind.
Die Ortsnamen sind dreisprachig angegeben - Ungarisch, Deutsch, Rumänisch - sowas findet man heute leider nicht mehr in den Publikationen und Gesetzen der Obrigkeit Siebenbürgens.
siebenschläfer
schrieb am 15.07.2010, 21:02 Uhr
Zitat sibbürg: Dazu wurde auch ein entsprechendes Buch 1824 von den damaligen KuK Authoritäten in Hermannstadt gedruckt, wo alle Brandzeichen in Originalgröße abgebildet sind. Die Ortsnamen sind dreisprachig angegeben - Ungarisch, Deutsch, Rumänisch - sowas findet man heute leider nicht mehr in den Publikationen und Gesetzen der Obrigkeit Siebenbürgens
Hallo siebbürg, wenn möglich, bitte nenne uns den Titel des Buches. Vielen Dank im Voraus.
ghost
schrieb am 29.07.2010, 00:10 Uhr
Albert Arz von Straussenburg: Beiträge zur siebenbürgischen Wappenkunde (Siebenbürgisches Archiv. Band 16. Köln — Wien 1981), hier im Anhang, 201–208: Balduin Herter: Gemeindemarken — Viehbrandzeichen, 209–212: Albert Arz von Straussenburg: Siebenbürgisch-sächsische Viehbrandzeichen (Nachdruck von 1927); 213–243: Abbildungen der in den sächsischen Ortschaften bestehenden Viehbrandzeichen nach den einzelnen Stühlen und Distrikten geordnet (Nachdruck von 1826)

Siebenbürgisches Archiv <http://www.siebenbuergen-institut.de/veroeffentlichungen/buchreihen/siebenbuergisches-archiv/>
siebenschläfer
schrieb am 29.07.2010, 18:53 Uhr (am 29.07.2010, 18:54 Uhr geändert).
Ghost, danke für Ihre Mitteilung.
Dass von Ihnen genannte Buch habe ich bereits in meiner bescheiden Sammlung. In meinem Beitrag vom 11.5. habe ich daraus zitiert. Leider sind in diesem Buch nicht alle Siegel der sieb.-sächs. Gemeinden abgebildet.
Ich war der Meinung, das siebbürg ein anders Werk meint, zumal er das Jahr 1824 angibt.
ghost
schrieb am 30.07.2010, 00:07 Uhr (am 30.07.2010, 00:13 Uhr geändert).
man findet das Werk zu 1826 im Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek, mit genaueren Angaben
ghost
schrieb am 30.07.2010, 00:09 Uhr (am 30.07.2010, 00:22 Uhr geändert).
vielleicht gibt es aber doch eine frühere Ausgabe, die einfach dort nicht vorhanden ist, oder die ich dort nicht gefunden habe
siebenschläfer
schrieb am 07.04.2011, 08:26 Uhr
Passend zu diesem Thread ist auch die (soeben bekannt gegebene) Neuerscheinung Das Burzenland und seine Wappen.
guni
schrieb am 09.08.2011, 08:06 Uhr
Das Viehbrandzeichen war vor allem notwendig, um die Tiere der Nachbargemeinden auseinander zu halten, die oft benachbarte Hutweiden nutzten und auch schon mal in die andere Herde wechselten. Es kam auch schon mal vor, dass man von der Nachbargemeinde benachrichtigt wurde sein Vieh abzuholen.

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