Wir bleiben uns selbst treu

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Asterix
schrieb am 08.08.2011, 23:04 Uhr
Die Persönlichkeit ist eine ziemlich feste Konstante im Leben eines Menschen. Trotz aller Veränderungen bleiben wir im Großen und Ganzen unserem Kindheits-Ich treu. So erlauben die Persönlichkeitszüge im Grundschulalter eine gute Vorhersage darüber, wie dieselben Personen eine halbe Lebensspanne später auftreten werden. Ein Psychologenteam der Universitäten von Kalifornien und Oregon hat jetzt die Persönlichkeitsbeschreibungen von Grundschülern mit dem Verhalten derselben Personen vier Jahrzehnte später verglichen – und stieß auf eine erstaunliche Kontinuität.

Die Forscher griffen auf einen in der Persönlichkeitsforschung häufig genutzten Datenschatz aus den 1960er Jahren zurück. Damals wurden auf Hawaii 2400 Mädchen und Jungen unterschiedlicher ethnischer Herkunft von ihren Grundschullehrern in ihrem Temperament eingeschätzt. 40 Jahre später wurden 144 dieser Personen von den Wissenschaftlern ausfindig gemacht und interviewt. Geschulte Beobachter beurteilten dann anhand der Videoaufzeichnungen dieser Gespräche die Persönlichkeit der Interviewten.

Die Forscher waren überrascht davon, wie stark die Personenbeschreibungen von damals mit jenen von heute übereinstimmten. Sie beschrieben das Kinderverhalten anhand von vier Kategorien – und stellten fest, dass die Einstufung von damals viel über das Verhalten vier Jahrzehnte später verriet:

Wortflüssigkeit. Personen, die als Kind sehr mitteilsam waren und gut mit Worten umgehen konnten, waren auch noch im fortgeschrittenen Erwachsenenalter von der eloquenten Art. Im Interview versuchten sie, die Fäden in der Hand zu behalten und die Situation zu kontrollieren. Sie erwiesen sich als intelligent und vielseitig interessiert. Sprachlich weniger gewandten Kindern haftete dieses Manko als Erwachsenen später noch immer an. Diese Personen wirkten im Gespräch unbeholfen, suchten nach Anleitung, gaben in schwierigen Situationen rasch auf.

Anpassungsfähigkeit. Anpassungsfähige Kinder waren in der Lage, sich rasch und flexibel auf neue Situationen einzustellen. 40 Jahre später erwiesen sie sich als heiter, gesprächig und interessiert. Hingegen hatten Menschen, die als Kind Veränderungen fürchteten, als Erwachsene wenig Selbstvertrauen. Im Gespräch hoben sie ihre Schwächen hervor, und sie neigten dazu, die Dinge schwarz zu sehen.

Impulsivität. Wer als Kind impulsiv und ungestüm war, sprach auch meist noch als Erwachsener laut und viel und fand viele Dinge anregend. Wer sich in den ersten Schuljahren stark zurücknahm und möglichst nicht auffallen wollte, erwies sich 40 Jahre später häufig als furchtsam und unsicher und hielt andere auf Distanz.

Bescheidenheit. Menschen, die als Kind ihr Licht unter den Scheffel gestellt, niemals geprahlt und ihre Bedeutung heruntergespielt hatten, ließ ihr Hang zu Selbstverleugnung, Unsicherheit und Unterordnung durch die Jahrzehnte nicht los. Auf der anderen Seite begleitete jene, die schon als Dreikäsehoch gerne angegeben und auf den Putz gehauen hatten, die Selbstgefälligkeit durchs Leben. Als Mittvierziger hatten sie mit lauter Stimme zu jedem Thema etwas extrem Wichtiges und definitiv Richtiges zu sagen.

„Wir bleiben erkennbar dieselbe Person“, kommentiert Christopher Nave von der University of California in Riverside, der die Studie leitete. „Unsere Persönlichkeit wohnt in uns, sie verfolgt uns durch Zeit und Lebensumstände.“ Zwar prägten auch Lebensereignisse nachhaltig unser Verhalten, doch immer auf der Grundlage der beharrenden Macht der Persönlichkeit. Wie weit diese Macht reicht und in welchem Maße wir fähig sind, uns in unserer Wesensart zu ändern, sei eine Gretchenfrage der Forschung, der es weiter nachzugehen gelte.

Von Thomas Saum-Aldehoff

Quelle: UC Riverside über EurekAlert
http://www.psychologie-heute.de/aktuelles-online/emotion-kognition/detailansicht/news/wir_bleiben_uns_selbst_treu-1/

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