Abend für Abend erreichen sie uns aufs Neue: die Katastrophenmeldungen aus Japan. Wir sind wie gelähmt angesichts des Leids, das über die Menschen hereinbricht. Stundenlang sitzen wir vor dem Fernseher und verfolgen die Nachrichten im Internet. Doch was passiert mit uns, wenn wir diese Bilder sehen? Wie reagiert unser Gehirn auf die Schreckensmeldungen?
Schauen wir uns zunächst an, was geschieht, wenn wir selbst Opfer einer Katastrophe werden: Ist unsere eigene Sicherheit bedroht, zum Beispiel bei einem Erdbeben, aktiviert dies die Amygdala, einen kleinen Bereich, der in einem sehr alten Teil des Gehirns liegt, dem limbischen System. Wenn die Erde unter den Füßen zu zittern beginnt, wird gewissermaßen der „Panikschalter“ der Amygdala umgelegt, und wir reagieren blitzschnell. Aber tun wir auch das Richtige?
Sehen wir, wie andere angesichts einer Bedrohung handeln, stärkt das unsere eigenen Bewältigungsmechanismen. Wir fragen uns: Was würden wir tun, wenn eine riesige Wasserwand auf uns zugerast käme? Würden wir richtig handeln? Forscher gehen davon aus, dass die Beschäftigung mit solchen Fragen tatsächlich Menschenleben retten kann. Wer in den Nachrichten wiederholt gesehen hat, wie Menschen Flutwellen überlebt haben, indem sie auf ihre Dächer stiegen, der wird im Notfall schneller reagieren.
Andere dabei zu beobachten, wie sie in größter Not die richtigen Entscheidungen treffen, verschafft uns außerdem eine Erfahrung, die Psychologen stellvertretende Belohnung nennen. Der erfolgreiche Umgang anderer mit schier unlösbaren Aufgaben führt dazu, dass unser Vertrauen in die eigenen Kräfte steigt, solche Prüfungen meistern zu können.
Doch durch die Auseinandersetzung mit den Schreckensmeldungen steigt nicht nur unser Selbstvertrauen, auch unsere Fähigkeit zum Mitgefühl nimmt zu. Denn viele Berichte aus Katastrophengebieten konzentrieren sich auf Einzelschicksale, um die unermessliche Zerstörung begreifbarer zu machen. Und das Leid der Opfer löst in uns starke empathische Reaktionen aus, wie Trauer, Wut oder Angst. Tatsächlich hat die Forschung gezeigt, dass unser Gehirn in fast gleicher Weise reagiert – egal, ob wir selbst oder andere betroffen sind.
Während wir uns mit dem Schicksal fremder Menschen beschäftigen, denken wir auch an eigene schmerzliche oder traumatische Erfahrungen zurück. Wir durchleben die vergangenen Zeiten erneut und stellen uns vor, wie die Opfer der heutigen Katastrophe sich fühlen mögen.
Die Tragödien, die anderen widerfahren, ob natürlichen oder menschlichen Ursprungs, verändern uns. Unser autobiografisches Gedächtnis speichert die Erfahrungen, in denen wir Zeugen solch furchtbarer Ereignisse wurden. Dies beeinflusst, wie empathisch wir in Zukunft auf das Leiden anderer reagieren – und ob wir etwa bereit sind, ihnen zu helfen.
Quelle: Susan Krauss Whitbourne, Psychology Today; Bild: Getty Images
http://www.psychologie-heute.de/aktuelles-online/emotion-kognition/detailansicht/news/bildergeschichten_gegen_die_demenz/
Was bei Katastrophenmeldungen im Gehirn passiert
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