Langsamkeit am frühen Morgen

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Asterix
schrieb am 09.08.2011, 01:53 Uhr
Dass sich der Mensch mit Denken und Handeln zu bestimmten Tageszeiten schwerer tut als zu anderen, wissen viele aus eigener Erfahrung. Doch die Wissenschaftler Daniel Bratzke, Bettina Rolke und Rolf Ulrich vom Psychologischen Institut der Universität Tübingen sowie Maren Peters von der Berliner Humboldt-Universität wollten genauer wissen, an welcher Stelle die Informationsverarbeitung zu manchen Tageszeiten stockt.

Dafür haben die Forscher einen experimentellen Ansatz gewählt, mit dem sich drei Phasen der Informationsverarbeitung unterscheiden lassen. Der erste Schritt wird „frühe Wahrnehmungsphase“ genannt, der zweite „zentrale Informationsverarbeitung“ oder Entscheidungsphase, der dritte ist die späte „motorische Phase“. Die Psychologen haben nun nachgewiesen, dass der mittlere Schritt, die Entscheidungsphase, in der Nacht zunehmend mühseliger vonstatten geht. Das Entscheiden dauert von 23 Uhr an stetig länger und erreicht am frühen Morgen gegen sieben Uhr seinen Tiefpunkt.

Für das Experiment blieben sechs Männer 28 Stunden lang wach. Sie hatten während der Versuche keinen Anhaltspunkt, wie spät es war, sondern verbrachten die Zeit im Labor unter konstanten Lichtbedingungen. Alle zwei Stunden wurde getestet. Die Probanden mussten jeweils zwei einander überlappende Aufgaben ausführen, bei denen es darauf ankam, möglichst schnell zu reagieren. Während ein hoher oder tiefer Ton mit dem Drücken der jeweils zugeordneten Taste mit der linken Hand beantwortet werden sollte, erschien als zweite Aufgabe bereits auf dem Bildschirm ein „X“ oder „O“, die wiederum mit einem Tastendruck der rechten Hand einzusortieren waren.

Aus früheren Untersuchungen war bekannt, dass bei Verkürzung der Zeitspanne zwischen dem Beginn der ersten und der zweiten Aufgabe die Versuchspersonen von einem gewissen Punkt an die letztere nur noch mit Verzögerung bewältigen können. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die längere Reaktionszeit bei der zweiten Aufgabe mit einem „Flaschenhals der Informationsverarbeitung“ während der Entscheidungsphase zusammenhängt – einer Engstelle, an der sich die beiden Aufgaben stauen.

Die Forscher stellten nun fest, dass dieser Flaschenhals während der Nachtstunden immer enger wird. Die kürzesten Reaktionszeiten zeigten die Versuchspersonen gegen 23 Uhr, dann wurden sie stetig länger. Gegen sieben Uhr morgens war der Tiefpunkt mit den längsten Reaktionszeiten erreicht. Dasselbe Muster zeigte sich auch für die Verzögerung der zweiten Aufgabe. Daraus schließen die Forscher, dass sich die zentralen Entscheidungsprozesse während der Nacht verlangsamen und ihren Tiefpunkt am frühen Morgen erreichen.

Da sich die Reaktionszeit im Laufe des Vormittags wieder verkürzte, gehen die Forscher davon aus, dass die Effekte nicht nur auf dem Schlafentzug beruhen, sondern mit dem Tagesrhythmus zusammenhängen. Dieser wurde bei den Versuchspersonen über die Konzentration des Hormons Melatonin im Speichel, die Körpertemperatur und die subjektive Schläfrigkeit gemessen. Die Melatoninkonzentration beginnt zwischen 22 und 23 Uhr zu steigen. Dann sinkt die Körpertemperatur und erreicht ihr Minimum am frühen Morgen.

Dass die zentrale Informationsverarbeitung einem Tagesrhythmus unterliegt und nachts langsamer wird, habe durchaus praktische Bedeutung, sagen die Wissenschaftler. Denn bei vielen Aufgaben, bei denen mehrere Handlungen koordiniert werden müssen, kann es zu Staus am Flaschenhals der Informationsverarbeitung kommen. Andere Forscher hatten zum Beispiel vor kurzem festgestellt, dass auch bei der Aufgabe, ein Fahrzeug zu bremsen, der Entscheidungsfluss verlangsamt sein kann. Das Unfallrisiko von Auto- und Lastwagenfahrern ist also in den frühen Morgenstunden nicht nur wegen der erhöhten Müdigkeit erhöht, sondern auch, weil die Informationsverarbeitung gegen Morgen ohnehin langsamer abläuft. Quelle: idw

http://www.psychologie-heute.de/aktuelles-online/emotion-kognition/detailansicht/news/forscher_entdecken_die_langsamkeit_amfruehen_morgen-1/

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