Das Trauma vom Turmbau zu Babel - Nur für Langleser

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OREX
schrieb am 03.05.2014, 20:22 Uhr
Motto: Phantasie ist alles. Sie ist die Vorschau auf die kommenden Ereignisse des Lebens. (Albert Einstein)

Einst wollten die Menschen hoch hinaus. Sie bauten einen Turm bis in die Wolken. Groß war die Freude. Stolz waren sie auf ihr Werk. Noch höher hinaus wollten sie. Sie berieten sich. Jeder dachte mehr zu wissen als die Anderen. Dabei wurden sie übermütig und als sie so weiter redeten und stritten, merkten sie, dass sie einander nicht mehr verstanden. Gott hatte sie wegen ihrer Überheblichkeit bestraft. Die Sprachen waren geboren. So oder so ähnlich berichtet es uns die Bibel.

Hat es je eine einzige Sprache gegeben? Ich glaube nicht. Schon bei den Affen hat man bei verschiedenen Gruppen unterschiedliche Kommunikationsmuster festgestellt. Die Sprache, als Kommunikations- und als formgebendes Mittel für unsere Gedanken, hat sich nach und nach im langen Prozess des Menschwerdens entwickelt. Die Anthropologie lehrt uns, dass die Wiege des Menschen in Afrika liegt. Dort stiegen unsere „Vorfahren“ von den Bäumen, lernten den aufrechten Gang, fingen an zu denken und sprechen und gingen auf „Wanderschaft“. In mehreren Wellen wanderten sie nach Norden, dann nach West und Ost und nach Süden. Dabei benutzen sie auch Flöße und überquerten Ozeane oder benutzten Landwege, die es heute nicht mehr gibt (vom Meer bedeckte ehemalige Landzungen). Die genauen Wege werden von den Anthropologen ermittelt. Sie sind aber für unsere Überlegungen irrelevant.

Selbst wenn es ursprünglich eine gemeinsame primitive Sprache gegeben haben sollte, hat sie sich im Laufe von Jahrtausenden, bedingt durch unterschiedliche geohistorische Gegebenheiten und gesteuert vom Meister „Zufall“ auseinander dividiert. Wenn man Kleinkinder beobachtet, wie sie sprechen lernen, kriegt man auch ein Gefühl für den Entwicklungsprozess der verschiedenen Sprachen. Am Anfang gebrauchen Kinder oft eine vereinfachende Aussprache. Meine Enkelin, zum Beispiel, sagt „Opa kank“, soll „krank“ heißen. Geht man nun hin, wie es manche Leute machen, will angeblich dem Kind entgegen kommen und gebraucht dabei diese vom Kind gesprochenen Wörter, so kann es passieren, dass das eine oder andere Wort aus dieser „Kindersprache“ im Wortschatz dieser Familie hängen bleibt und an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Die Familie war Bestandteil von Familienverbänden und Stämmen. Später schlossen sich Stämme zusammen und bildeten Staaten. Die Form und Größe der Staaten war in der Regel von geographischen Gegebenheiten – wie Berge, Flüsse, Meere – bestimmt. In solchen Gebilden kristallisierte sich die Notwendigkeit einer gemeinsamen Sprache heraus.

Heute ist man in Nullkommanichts mit jedem Punkt der Erde verbunden durch Telefon, Internet, Fernsehen. Wenn es sein muss, kann man von jedem Punkt der Erde zu jedem anderen Punkt reisen. Wenn man sich in vergangenen Jahrhunderten trennte, so war es meistens eine Trennung für immer, ohne die erwähnten Kontaktmöglichkeiten. Man verschwand praktisch aus dem Leben des Anderen. Im Elternhaus gelernte Wörter vergaß man, oder man erinnerte sich nur halbwegs an sie. Also wurden Wörter abgeändert oder neu erfunden.

Das sind im Wesentlichen die Mechanismen der Sprachauseinanderentwicklung, der Entstehung neuer Sprachen. Abhängig von der Anzahl und der Art der Unterschiede kennt die Philologie folgende wichtige Begriffe:

- Sprachfamilien und Unterfamilien, genetische Einheiten
- Sprachen
- Dialekte
Will man eine Sprachfamilie genau festlegen, muss man eine Vielzahl von gleichbedeutenden Wörtern der betreffenden Sprachen vergleichen. Grammatikalische Ähnlichkeiten werden beim Bestimmen einer Sprachfamilie auch untersucht. Eine genetische Einheit ist eine Sprachfamilie oder eine isolierte Sprache. Sprache und Dialekt auseinander zu halten ist manchmal schwierig. Man untersucht die Prüflinge auf gegenseitige Verständlichkeit (nach Möglichkeit deckungsgleich mit der nationalen Identität) und im Idealfall, ob sie dieselbe standardisierte Schriftsprache verwenden sowie ein gemeinsames literarisches Erbe haben. Laut Wikipedia kennt man weltweit 281 genetische Einheiten, davon sind 93 ausgestorben. Diese genetischen Einheiten umfassen 6493 Sprachen, davon 879 ausgestorbene (z.B. Latein). Deutsch gehört der germanischen Unterfamilie an. Diese Unterfamilie ist Teil der indoeuropäischen (oder indogermanischen) Sprachfamilie.

Sicher wird man in der einschlägigen Literatur auch andere Ergebnisse finden, abhängig von der jeweiligen Bewertung. In vielen Fällen steht nicht sicher fest, ob verwandte Sprachen nicht etwa nur Dialekte einer einzigen Sprache sind. Es sind also tausende von Sprachen. Ach du Schreck! Warum waren die Menschen in biblischen Zeiten so vermessen? Mussten sie unbedingt den Himmel erreichen. Heute leiden wir darunter. Leiden wir tatsächlich? Alle? Nach Fremdsprache gefragt könnte mancher antworten: „Fremdsprachen? Bis auf Deutsch sind mir alle Sprachen fremd“. Wer so spricht, ist auch überall fremd. Bekannt ist der Begriff „Sprache als Heimat“. Das heißt, wenn man irgendwo auf der Welt ist und spricht die Sprache der Leute die dort leben, fühlt man sich als dazugehörend, ist man quasi zu Hause. Man kann auch sagen: „Wie viel Sprachen man spricht, ein so vielfacher Mensch ist man“.

Heute lernt man in der Regel zwei Sprachen, die Muttersprache (Deutsch) und eine Fremdsprache. Von Heinrich Schliemann, dem Entdecker Trojas, weiß man, dass er 8 bis 13 Sprachen lesen und schreiben konnte. Manche Quellen sprechen sogar von insgesamt 35 Sprachen, die er sich im Selbstunterricht beigebracht haben soll. Es kann aber nicht jeder ein Genie sein. Es wäre gut, wenn es eine universelle Sprache gäbe, die zusätzlich zu der jeweiligen Muttersprache oder Nationalsprache gelehrt und gelernt wird. Diese Sprache, wenn alle Leute sie sprechen würden, wäre das ideale internationale Kommunikationsmittel. Ob in Berlin oder Moskau, ob in Washington oder Peking, ob in der Sahara oder im tiefsten Urwald, ich würde überall, wo ich Menschen antreffe, kommunizieren können.

Im Europa des frühen Mittelalters gab es Latein als grenz- und länderüberschreitende Sprache (der Gebildeten). Es soll aber eine neutrale, leicht erlernbare Sprache sein. Aber so eine Sprache gibt es bereits seit 120 Jahren. Es ist ESPERANTO. Esperanto wurde von Dr. Lazarus Ludwig Zamenhof, einem Augenarzt jüdischer Abstammung in Warschau, entworfen und 1887 mit einem Lehrbuch vorgestellt. Esperanto hieß eigentlich nur „Lingvo Internacia“ (Internationale Sprache); „Esperanto“ (ein Hoffender) war das Pseudonym Zamenhofs, mit dem man aber bald seine Sprache selbst bezeichnete. Ich muss gestehen, ich habe mich bis jetzt noch nicht mit Esperanto beschäftigt. Das was ich aber über diese Sprache gelesen habe, macht mich neugierig. Sofern „Sir James“ es mir erlaubt, werde ich mich auch damit befassen. Sie soll eine einfach strukturierte, leicht zu erlernende Grammatik haben. Da sie keinem Volk angehört ist sie international. Ja warum wird sie denn nicht in den internationalen Beziehungen verwendet? Ihre Schwäche besteht gerade darin, dass sie eine Kunstsprache ist und von keinem Volk gesprochen wird. Die Anzahl der Sprecher kennt man nicht genau, sie soll zwischen ein paar Hunderttausend und ein paar Millionen liegen. Sie hat zumindest zurzeit keine Chance sich durchzusetzen. Ihren Befürwortern ist es in über 120 Jahren nicht gelungen, breite Bevölkerungsschichten dafür zu gewinnen.

Faktisch haben wir schon eine Weltsprache. Es ist Englisch, die „lingua franca“ der Jetztzeit. Aber die andern großen Nationen, wollen jeweils ihre eigene Sprache zur Weltsprache machen. Englisch als Verkehrssprache international einzusetzen, erfordert einen Verzicht auf Länderegoismen. Als kleinsten gemeinsamen Nenner hat man sich bei der UNO auf 6 Amtssprachen geeinigt: Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch. Bei den Debatten im EU-Parlament gibt es Simultanübersetzter, so dass jeder Abgeordnete verstehen kann, was jeder andere Abgeordnete spricht. Im Sprachendienst der EU sind 15.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Möglicherweise werden wir von der technischen Entwicklung überrollt. Die Computertechnik hat enorme Fortschritte gemacht und entwickelt sich weiterhin mit hohem Tempo. Das bedeutet, der Tag an dem es einen Computer gibt, der fehlerfrei, sinngetreu aus jeder Sprache in jede andere Sprache übersetzt, dieser Tag ist nicht mehr weit. Man braucht dann nur so eine Schachtel und kann im Urwald mit einem Indio sprechen. Der Computer wird auch verschiedene Texte auf Eindeutigkeit, Vollständigkeit und Einfachheit in der Formulierung überprüfen können und somit Formulierungen finden, die nicht nur für Fachleute verständlich wären. Träume, Träume…Eines wird der Computer aber nicht können: Gefühle übermitteln, z.B. selbstständig Liebesbriefe schreiben oder eine Anerkennung, ein Lob aussprechen.

Parallel zu den Sprachen, als Informationsträger, entwickeln sich Kommunikations-Formen, die es bereits bei den Höhlen-Menschen gab, die Zeichnungen. Ein Piktogramm ist ein einzelnes Bildsymbol, das eine Information durch vereinfachte grafische Darstellung vermittelt. Die Erfindung des PC mit einer grafischen Benutzeroberfläche hat eine Flut an Piktogrammen ausgelöst, die als Icons bezeichnet werden. Piktogramme werden heute im Zeitalter der Globalisierung und Internationalisierung in standardisierter Form verwendet, um Informationen sprachunabhängig oder möglichst schnell (z. B. im Straßenverkehr) zu vermitteln oder vor Gefahren zu warnen, wie zum Beispiel: Warnung vor Radioaktivität und vor giftigen Substanzen.

Die für eine bestimmte Aktivität spezifischen Piktogramme, wie zum Beispiel Verkehrszeichen muss man auch richtig deuten, sonst geht es einem wie dem Fahrschüler der durch die Fahrprüfung durchgefallen war. Gefragt von einem Freund, was er falsch gemacht habe, sagte er, er sei 30 Mal im Kreis gefahren, weil davor ein Schild beschriftet mit 30 gestanden sei. Darauf sagte der Freund, vielleicht habe er sich verzählt und sei nur 29 Mal im Kreis gefahren. Wer ist nicht schon mit einer Gebrauchsanweisung in der Hand gestanden, hat sie gelesen und ist nachher nur noch unsicherer als zuvor gewesen? Bei Gebrauchsanweisungen geht es um Benutzerführung eines Laien. Piktogramme und möglichst kurzer Text können zu verständlicheren Gebrauchsanweisungen führen. Es gibt den Beruf des Gebrauchsanweisung- Redakteurs, der sowohl technische als auch sprachliche Qualitäten mitbringen muss.

Ob man einen Computer zur Hilfe nimmt oder nicht, ob man in dieser oder jener Sprache spricht oder ob man sich der graphischen Informationsübermittlung bedient, wichtig ist, man soll sein Wissen, seine Gedankengänge so kurz und verständlich wie möglich vermitteln. Es soll der Grundsatz gelten: „so einfach wie möglich, so kompliziert wie nötig“.

In Fachkreisen hört man schon Begriffe wie „Chip im Gehirn“ oder „biologisches Gehirn in der Maschine“. Ein paar Anwendungen: Steuerung eines Computers direkt vom Gehirn (Spracherkennungs-Software, Gliedmaßen eines Querschnittgelähmten steuern), Gehirn - Update für lexikalisches Wissen usw. Man darf weiterhin träumen. Franken-stein lässt grüßen! [16]

Ein Turm ist schuld an unserer Misere. Heute bauen wir viel höhere Türme (Burj Dubai - 818 m). Von 1000 m hohen Türmen träumt man schon. Ja wir greifen nach den Sternen. Wir dürfen aber nicht vergessen, die Naturgesetze setzen uns Grenzen. Von Menschen erlassene Regelungen und Gesetze sollen beachtet werden, können aber (das ist keine Empfehlung, sondern nur eine Feststellung) übertreten werden, sofern man dabei nicht ertappt wird. Naturgesetze kennen aber kein PARDON. Man denke nur an die Fliehkraft, wenn man zu schnell in eine Kurve fährt. Es hat schon mancher diesen Leichtsinn mit dem Leben bezahlt.

Die Bibel erzählt, Gott habe gesagt: „Macht Euch die Welt untertan“. Er hat aber nicht gesagt, wir sollen sie kaputt machen.

Mit Goethes Worten möchte ich schließen:

Wer beschützet und erhält, hat das schönste Los gewonnen.

1. Februar 2007

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