Siebenbürgen: Welches Land sollte es haben?

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opelasilys7
schrieb am 14.08.2020, 20:51 Uhr
Ich lebe mit einem Ungar zusammen und wir streiten uns manchmal darüber, wer wirklich Siebenbürgen haben sollte. Überall, wo ich lese, sehe ich, dass die Mehrheit der Menschen Rumänen sind. Aber sie besteht darauf, dass die meisten von ihnen ungarisch waren, als sie es nahmen, und historisch gesehen war es ein Hunnengebiet, zusammen mit anderen "ungarischen" Stämmen.

Kann mir hier jemand die Fakten zeigen?
bankban
schrieb am 14.08.2020, 21:31 Uhr
Das ist nonsens, die Bevölkerungsmehrheit Siebenbürgens war spätestens seit 1700 rumänisch. Das ist aber völlig irrelevant: 1920 war die Mehrheit rumänisch und sie ist es heute erst recht,. Also, ist das alles eine überflüssige Diskussion.
edka
schrieb am 15.08.2020, 04:11 Uhr
@Das ist nonsens, die Bevölkerungsmehrheit Siebenbürgens war spätestens seit 1700 rumänisch.

bankban! Valachen ohne eigenen Siedlungen, zerstreut in kleinen Gtuppen, mit ihren Herden in Bergen und Wäldern versteckt, hatten Niemals die Mehrheit in Siebenbürgen! Eher erst seit Ceausescu!
charlie
schrieb am 17.08.2020, 10:15 Uhr
Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, die von einigen ernsthaft verfolgt wird: das unabhängige Siebenbürgen.

Solche Diskussionen mögen interessant und emotional sein, sie sind aber doch meist sinnlos, oft gefährlich und immer intellektuell schwach. Paar Gründe, schnell zusammmengefasst:
1. gefährlich weil sie eine revisionistische Seite haben. Das führt zu bösem Blut und eventuell zum Krieg, Vielfalt wird gefährdet.
2. sinnlos, weil sie zu nichts führen. Weder ergeben sich daraus Entscheidungen für die Praxis, noch kann man sein Gegenüber umstimmen.
3. intellektuell schwach weil:
3a. Nationalstaaten haben historisch längst ausgedient
3b. Gruppenegoismus ist eine schlechte Motivation bei gesellschaftlichlichen Fragen
3c. die vorgebrachten Argumente und Kriterien sind meist falsch oder haben keine Geltung ("wir waren zuerst da", "wir sind die Mehrheit", "ihr habt den Krieg verloren", "ihr habt den Krieg angezettelt", "wir können einen Staat besser verwalten", pipapo)
3d. Das einzig richtige Ziel sind Gebilde, in denen es für jeden Menschen die gleiche Lebensqualität gibt, egal ob er zur Mehrheit oder zur Minderheit gehört.
charlie
schrieb am 17.08.2020, 10:20 Uhr
Valachen ohne eigenen Siedlungen, zerstreut in kleinen Gtuppen, mit ihren Herden in Bergen und Wäldern versteckt, hatten Niemals die Mehrheit in Siebenbürgen!
Diese Sorte Menschen waren tatsächlich nie die Mehrheit, nirgends auf der Welt. Das war aber nicht die Frage.
bankban
schrieb am 17.08.2020, 13:03 Uhr
3a. Nationalstaaten haben historisch längst ausgedient

Das ist erst einmal eine These in der Form einer Faktenwahrheit.

Doch lässt sich trefflich drüber streiten. Ist das tatsächlich so? Wenn das so ist, dann müssten die allermeisten Menschen dies so sehen. Sehen die allermeisten Menschen aber dies so? Ist es nicht eher so, dass in den letzten Jahren eher eine Rückkehr zu nationalen Formen der Vergemeinschaftung stattfindet, dass v.a.in Osteuropa, wo der Nationalstaat eh nie ausgedient hatte, eine Stärkung nationalstaatlicher Ideen, Prinzipien, Gedankengebäude und Institutionen stattfand? Ist es nicht auch erfahrungsgemäß so, dass außerhalb Deutschlands in den meisten Ländern (Frankreich, Spanien, GB) ein Nationalbewusstsein de facto zelebriert wird, das sich nicht mit obiger These vereinbaren lässt?

Ja, man könnte weitergehen ins Anthropologische und sich fragen: überfordert es nicht ein menschliches Wesen, wenn wir von ihm erwarten, auf lokal-regional-nationale Gemeinschaften zu verzichten und sich stattdessen für eine kunterbunte inhaltsleere "europäische" (?) Gemeinschaft zu begeistern? Wo waren denn 70 Jahre lang all die "Jugoslawen", "Tschechoslowaken" oder "Sowjetmenschen" - abgesehen und außerhalb der Phantasie von Ideologen? Sobald der Druck von oben weg waren, waren all diese Menschen weg und übrig blieben Serben, Kroaten, Slowaken und Ukrainer sowie Russen! Also ist es doch nicht allzuweit her mit all den supranationalen Identitäten.

Fazit (für mich): ob es uns gefällt oder nicht: die Mehrheit der Menschen identifiziert sich ethnisch-national und hat auch weiterhin den Wunsch nach ihrem Nationalstaat. Dieser mag zwar die be...scheidenste Form der Vergemeinschaftung sein, eine bessere, die von weiten Teilen akzeptiert und angenommen wird, haben wir derzeit nicht.
bankban
schrieb am 17.08.2020, 13:06 Uhr
"Valachen ohne eigenen Siedlungen, zerstreut in kleinen Gtuppen, mit ihren Herden in Bergen und Wäldern versteckt, hatten Niemals die Mehrheit in Siebenbürgen! Eher erst seit Ceausescu! "


Selbst die ungarischen Volkszählungen des 19. Jahrhunderts, also weit, weit vor Ceausescu, wiesen, trotz ihrer Ungenauigkeit, eindeutig eine große rumänischen Bevölkerungsmehrheit nach. Das ist Fakt. Wer daran zweifelt, zweifelt auch daran, dass die Erde rund ist.
charlie
schrieb am 17.08.2020, 17:49 Uhr
"3a. Nationalstaaten haben historisch längst ausgedient"
...
ob es uns gefällt oder nicht: die Mehrheit der Menschen identifiziert sich ethnisch-national und hat auch weiterhin den Wunsch nach ihrem Nationalstaat. Dieser mag zwar die be...scheidenste Form der Vergemeinschaftung sein, eine bessere, die von weiten Teilen akzeptiert und angenommen wird, haben wir derzeit nicht.

Stimmt. Leider. Ist aber kein Widerspruch zu 3a.
edka
schrieb am 17.08.2020, 23:20 Uhr
@Selbst die ungarischen Volkszählungen des 19. Jahrhunderts, also weit, weit vor Ceausescu, wiesen, trotz ihrer Ungenauigkeit, eindeutig eine große rumänischen Bevölkerungsmehrheit nach.


bankban! Selbst Boia sagte, der Begriff Rumäne vor dem 19 Jh. nicht zu finden ist. Also könnte man sie auch nicht zählen als Nationalität. Sondern nach Religion. So ist möglich dass griechisch-orthodoxen und die griechisch Katholiken zusammen die Mehrheit hatten. Mit Hilfe Griechen, Serben, und Roma. Aber erst Ceausescu hat die Valachische Bevölkerung mehr als verdreifacht!





























































bankban
schrieb am 18.08.2020, 08:56 Uhr
Mag auch der Begriff "Rumäne" nicht benutzt worden sein, so gab es doch und dennoch den der "Walachen". In den frühneuzeitlichen Quellen schrieb man von der "Walachei" und meinte Oltenien, man (=die ungarischen Geschichtsschreiber) schrieben von "Walachen" und meinten jene Menschen, die wir heute "Rumänen" nennen. Also ist es sehr wohl möglich, nachzuvollziehen, ob und dass und ungefähr wo Rumänen wohnten. Allerdings ist dies wieder eine Nebelkerze, denn es ging hier ja um die ungarischen Bevölkerungszählungen. Und mögen sie auch von "Walachen" gesprochen haben, ist klar, dass sie eine rumänischen Mehrheit in Siebenbürgen nachwiesen.
charlie
schrieb am 18.08.2020, 14:27 Uhr
Die Frage, ob und ab wann Rumänen die zahlenmäßige Mehrheit in Siebenbürgen (im engeren oder weiteren Sinn?) darstellen und was Rumänen nun genau sind und waren, ist vielleicht akademisch und für das Kaffekränzchen interessant, kann aber nie als Kriterium für die staatliche Zugehörigkeit hergenommen werden. Grund: es läuft auf das wir-waren-früher-da-Argument hinaus. Allerdings hat es hier zusätzlich noch die Funktion, ein ganzes Volk verächtlich zu machen. Die Gelegenheit darf man sich, ob es nun in den Kontext passt oder nicht, nie entgehen lassen.
bankban
schrieb am 02.09.2020, 06:22 Uhr
Vernünftige Ansichten.
guni
schrieb am 12.09.2020, 07:13 Uhr
Wir sollten nicht von heutiger Sicht herangehen. Vor 900 Jahren waren ganze Teile Europas unbewohnt. Von Besatzern eingeladene Gäste zu dessen Bewirtschaftung keine Seltenheit. Ohne Privilegien wäre keiner gekommen. Und schon hat man Unterschiede bei Besteuerung und Recht. Seit 100 Jahren erst wurde Siebenbürgen Rumänien angegliedert. In solch langer Zeit verschieben sich die Bevölkerungsverhältnisse.

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