Denkmalsturz und Erinnerungskultur

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

bankban
schrieb am 20.09.2020, 15:44 Uhr (am 20.09.2020, 15:46 Uhr geändert).
Das Gespräch mit Herrn Gündisch kommt zwar relativ spät, aber lieber spät als gar nicht. Danke dafür!

Herr Gündisch sagt:
"das künstlerisch minderwertige, keineswegs moderne Reiterstandbild des Mihai Vitazu, das kürzlich ohne Not vor dem Heltauer Rathaus aufgestellt wurde und den Blick aus der Marktgasse auf die schöne Kirchenburg verschandelt, würde ich gerne wegbeamen. Michael der Tapfere hat für die Geschichte von Heltau kaum eine Bedeutung, bei den Siebenbürger Sachsen schwelt die Erinnerung an einen Mordbrenner weiter, das Denkmal ist so unnötig und provokant, so geschmacklos und geschichtsfremd wie ähnliche Denkmäler von Vlad Ţepeş oder Avram Iancu vor ungarischen oder siebenbürgischen Kirchen."

Ja, das ist alles richtig. Aber... hallo? Willkommen in der Realität! Das läuft seit 100 Jahren! Und das fängt jetzt erst so richtig an, denn die Sachsen, die protestieren könnten, sind nicht mehr da und es erinnert immer noch zu viel daran, dass die Städte Siebenbürgens, quasi alle Städte Siebenbürgens, nichtrumänischen Ursprungs sind. Und für den rumänischen Nationalstolz ist das eine Beleidigung... Das Umschreiben der Geschichtsbücher läuft schon, jetzt werden auch das Bild der Städte umgeschrieben... und ratet mal, wie das in 100 Jahren sein und aussehen wird!?! denn mit ein paar wirkungsvoll aufgestellten Denkmälern wird man auch in 30-50-70-100 Jahren noch Wählerstimmen bekommen! Und wer wird dann dagegen erfolgreich protestieren können? Richtig...niemand!

Aber hey, Hauptsache 2018 wurden die 100 Jahre Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänienauch sächsischerseits mitgefeiert!
Der Onkel
schrieb am 20.09.2020, 23:00 Uhr
Einen Gedanken, der mir über die Jahre immer wieder kam, äußere ich einfach mal. Irgendwie scheint mir dieser Gedanke bei dir zwischen den Zeilen mit zu schwingen. Wie gesagt ist das "nur" ein Gedanke / Gefühl, dass sich über die Jahre immer wieder eingestellt hat :

Die Ausprägung des siebenbürgisch-sächsischen Nationalstolzes, wie er in den vergangenen Jahrhunderten sicher oft a) gängig, weil b) oft nötig war, und auf den unsere Eltern und Vorfahren oft so stolz sind, scheint MIR etwas zu sein, was man heute richtig gehend als Nationalismus empfinden würde.

Ich kann dir bankban also nur zustimmen. Wie den Meisten hier schon bewusst sein dürfte... der frühere Nationalstolz oder selbst etwas, was in etwa in diese Richtung geht, wird sich sicherlich nicht mehr einstellen, da eben im Prinzip "niemand" mehr da ist, mit dem sich das entwickeln könnte.
charlie
schrieb am 21.09.2020, 16:24 Uhr
Um sich gegen Geschichtverfälschungen zu wehren, braucht man nicht die Leute, die man durch eben diese Geschichtsverfälschung beleidigt, sondern die Leute, die eine Geschichtsverfälschung als solche erkennen. Das sind nun mal Historiker. Welcher Nation diese Historiker angehören, ist (zumindest in einer idealen Welt)egal. Ich hoffe also auf rumänische Historiker.
edka
schrieb am 21.09.2020, 17:55 Uhr


In einer, nur halbwegs idealen Welt, wäre der Begriff Rumäne völlig unbekannt!
edka
schrieb am 21.09.2020, 18:49 Uhr


@quasi alle Städte Siebenbürgens, nichtrumänischen Ursprungs sind


bankban, vor kurzem hat dich diese Tatsache nicht gestört
bankban
schrieb am 21.09.2020, 19:40 Uhr (am 21.09.2020, 19:43 Uhr geändert).
"Welcher Nation diese Historiker angehören, ist (zumindest in einer idealen Welt)egal." ... guten Morgen, wach auf... es gibt keine ideale Welt. Und da es keine objektive Geschichtsschreibung gibt, wird die Zugehörigkeit zu einer Nation (und sei es so/erst recht dann, wenn man sie bewusst negiert, leugnet, minimiert usw.) immer eine Rolle spielen.


"Um sich gegen Geschichtverfälschungen zu wehren, braucht man nicht die Leute, die man durch eben diese Geschichtsverfälschung beleidigt, sondern die Leute, die eine Geschichtsverfälschung als solche erkennen."
Soll ich mich angesprochen fühlen? Habe ich Geschichtsfälschung betrieben und/oder jemand beleidigt? Oder wen meinst du?


"vor kurzem hat dich diese Tatsache nicht gestört" ... dass die Städte nichtrumänischen Ursprungs sind, stört mich immer noch nicht.
Der Onkel
schrieb am 21.09.2020, 21:01 Uhr
edka:
"In einer, nur halbwegs idealen Welt, wäre der Begriff Rumäne völlig unbekannt!"
o_O
Wie meinst du das jetzt..... wünschtest du das Wort "Rumäne" würde nicht existieren, oder meinst du die Menschen in Rumänien?
charlie
schrieb am 22.09.2020, 10:23 Uhr
"Um sich gegen Geschichtverfälschungen zu wehren, braucht man nicht die Leute, die man durch eben diese Geschichtsverfälschung beleidigt, sondern die Leute, die eine Geschichtsverfälschung als solche erkennen."
Soll ich mich angesprochen fühlen? Habe ich Geschichtsfälschung betrieben und/oder jemand beleidigt? Oder wen meinst du?

Nein, bankban, damit waren diejeniegen gemeint, die die Statue aufgestellt haben.
charlie
schrieb am 22.09.2020, 10:28 Uhr (am 22.09.2020, 10:29 Uhr geändert).
"Welcher Nation diese Historiker angehören, ist (zumindest in einer idealen Welt)egal." ... guten Morgen, wach auf... es gibt keine ideale Welt. Und da es keine objektive Geschichtsschreibung gibt, wird die Zugehörigkeit zu einer Nation (und sei es so/erst recht dann, wenn man sie bewusst negiert, leugnet, minimiert usw.) immer eine Rolle spielen.
Praktisch mag das so sein, aber wenn man den Aspruch auf Wissenschaftlichkeit aufgibt, sollte man die ganze Geschichtswissenschaft gleich aufgeben. Anders gesagt: wenn du jetzt behauptest, Michael hätte in Heltau nichts verloren und die anderen, er gehöre hin, dann kannst du dir das gleich sparen, weil sie die Macht haben, ihn dahinzustellen. Dann wärst du nur ein weiterer Nationalist, der auch Geschichtsverfälschung betreibt. Oder auch nicht. Übrigens gibt es durchaus ernstzunehmende Geschichtsschreibung. Die Frage ist nur, wer die liest.

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.