neues rumänisches Gesetz 221/2009

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

powolff
schrieb am 16.09.2009, 13:51 Uhr
Hallo Forumteilnehmer, las in der neuesten Siebenbürger Zeitung den Beitrag über das neue Rehabilitations- und Wiedergutmachungsgesetz, Autor Wolfgang Wittstock. Weis einer von euch, ob die Rußlanddeportation der Deutschen anno 1945 auch so ein Tatbestand der staatlichen Willkür wäre, gegen den man klagen könnte? Nach meinem Verständnis ist die Freiheitsberaubung und grundlose 4-5-jährige Deportation eindeutig so ein Akt. Vielen Dank vorab für eventuelle Nachrichten.

Peter Otto Wolff
Schiwwer
schrieb am 16.09.2009, 14:27 Uhr (am 16.09.2009, 14:33 Uhr geändert).
Genau weiß ich es nicht mehr, meine mich zu erinnern, dass die Russlanddeportierten in Rumänien sich derselben (bescheidenen) Vorteile erfreuen, wie die "deţinuţi politici".

Und noch einmal, zum x-ten Mal: Die Deportation fand statt aufgrund der Anforderung der Russen von deutschen (!) Zwangsarbeitern. Was nicht entschuldigt, dass der rumänische Staat seine Bürger auslieferte.
getkiss
schrieb am 16.09.2009, 15:34 Uhr (am 16.09.2009, 15:40 Uhr geändert).
Gemäß Art. 1, Verurteilungen zwischen 06.03.1945-22.12.1989 für Taten vor oder nach 06.03.1945...
(ist nicht der Fall, da es keine Urteile gab).
Außer dem Gesetz 80/1941 sind alle anderen Gesetze bezüglich dieses Artikels späteren Datums. Ob dieses Gesetz aber Deportierungen vorsieht, weiss ich nicht.

Art.3 bestimmt administrative Verordnungen der Militz oder Securitate zur Zwangsumsiedlung und Zwangsdomizil (domiciliu obligatoriu). Hier fallen die Baragan-deportierte rein.

Art.4, Pkt.2 besagt aber, das Personen, die anderen Maßnahmen unterworfen wurden, dem Gericht verlangen können, das diese Maßnahmen als "politischen Charakter habend" beurteilt werden.

Es scheint, der Gesetzgeber wollte als Anfang den 06.03.45 setzen, also mit dem Beginn der Kommunistischen Regierungsmaßnahmen.

Ob da Chancen für eine Gutmachung der Rußland-Deportation bestehen, müsste ein gewiefter Anwalt aussagen.
Da das Gesetz vorsieht, die Klage bei dem Tribunal, Zivil-sektion des Wohnorts einzureichen ist eine Klage aus dem Ausland fraglich. Vielleicht bei dem Tribunal das für den Wohnort (bei Datum der Verschleppung) zuständig ist?

Das Gesetz spricht auch nicht über "zwecks Verschleppung an Russland ausgelieferte Personen".

Die selbe Prozedur wie bei der Restitution....
schully
schrieb am 16.09.2009, 18:21 Uhr
zitat Schiwwer: "Und noch einmal, zum x-ten Mal: Die Deportation fand statt aufgrund der Anforderung der Russen von deutschen (!) Zwangsarbeitern."
ich nehme lori`s frage mal vorweg: welches sind deine quellen, Schiwwer?
servus
Schiwwer
schrieb am 16.09.2009, 18:39 Uhr (am 16.09.2009, 18:47 Uhr geändert).
Herausgegeben vom Demokratischen Forum der Deutschen aus Rumänien, 1994 in rumänischer Sprache: "Deportarea etnicilor germani din Romania in Uniunea Sovietica"
Sammlung von Dokumenten aus den Archiven:
- Arad
- Bukarest, (Ministerium, Gendarmerie, Propagandaministerium)
- Oradea
- Temeswar

"Dokumentation der Vertreibung" München 1984,
Melbourne Roy M. : "Witness to the start of the Cold War: The View from Romania (aus The United States and Romania" California 1988), Miclea Gheorghe: "Rascoala pamantului" Buc. 1945, Karl M. reinerth und Fritz Cloos : Zur Geschichte der Deutschen in Rumänien 1935-1945, München 1988
Marin Stanescu: Miscarea muncitoreasca din Romania 1924-1928 und Wolff Robert Lee: The Balkans in Our Time New York 1967.
Die originalen Dokumente (Korrespondenz der Politiker, auch von Repräsentanten der Aliierten, Protokolle von Sitzungen und Berichte von Polizei- Bürgermeisterämter usw.)werden zitiert und wie folgt dargestellt:
- Internationales
- die Vorbereitungen zur Deportation
- Proteste
- Die Aushebung
- Die Deportation und Wiedereinbürgerung
- Der seelische Zustand der im Land Verbliebenen.
Zitiert wird in der Bibliographie eine Auswahl.
Herausgegeben von Hannelore Baier, Vorwort Paul Philippi.
getkiss
schrieb am 17.09.2009, 11:36 Uhr
Herr Schiwwer:
1. An was Sie sich erinnern ist nebensächlich.
2. Nach dem Gesetz soll die "Asociatie " angehört, bzw. befragt werden.
3. Die ganze von Ihnen angeführte Bibliografie hat mit dem Gesetz und die Ausführung nix zu tun. Kann höchstens vor Gericht als Hilfsmittel herangezogen werden.
Und wenn die These "die Russen haben´s angeordnet, wir waren besetzt und konnten nichts machen" vor Gericht vorgeführt wird, dann hat ja der Richter das Argument zu sagen: "Keine rumänische Regierungsentscheidung, ergo keine Wiedergutmachungsberechtiung; lauf mal schön rüber zum Putin" und die Klage wird abgewiesen.

Es ist auch noch überhaupt nicht klar, ob man, als inzwischen nicht mehr rumänischer Staatsbürger, klagen kann.
In meinem Fall, z. Bsp., müsste ich für meine verstorbene Eltern, für mich, meine Schwester für sich und mein Neffe für meinen verstorbenen Bruder klagen. Das heisst: 5 Familienmitglieder, 5 Klagen, möglicherweise 5x Rechtsanwaltskosten, u.s.w.
Wer die Verhältnisse bei der Restitution kennt, muss man sich möglicherweise bis zum EUGH durchklagen....
Schiwwer
schrieb am 17.09.2009, 20:24 Uhr (am 17.09.2009, 20:35 Uhr geändert).
@ Getkiss
1. habe ich nicht alle Gesetzte im Kopf, habe aber, nachdem ich noch nach der Wende in Rumänien gelebt habe, mitbekommen, dass die Deportierten als politische Gefangene anerkannt wurden und dieselben Rechte bekamen, wie die Rumänen- natürlich gilt das für die, die in Rumänien leben.
2. versuche ich höflich zu sein und habe Schully auf eine Frage geantwortet.
3. ist es klar, dass der rumänische Staat die Verantwortung für die Deportation in die SU nicht übernehmen wird; die Deportation innerhalb des Landes (nicht nur in Baragan, auch siebenbürgische Bauern wurden zwangsumgesiedelt) wäre ein Fall für das oben genannte Gesetz.
getkiss
schrieb am 18.09.2009, 00:15 Uhr
Entschuldigung Schiwwer, es war nicht persönlich gemeint.
Ich habe ja das Gesetz vor mir liegen, da ist leicht zu zitieren.
powolff
schrieb am 18.09.2009, 10:11 Uhr
zunächst vielen Dank, dass Du Dich zum Thema geäußert hast. Aus dem Artikel von Wittstock geht eindeutig hervor, dass auch jetzt im Ausland lebende ehemalige rumänische Staatsbürger klageberechtigt wären. M.E. macht es keinen Unterschied, dass Rußland Leute angefordert hat, es handelte sich doch um Staatsbürger eines suveränen Staats, insofern mußte zumindest formal dieser Staat eine Entscheidung in der Hinsicht treffen.Dafür hat sich, soviel ich weiß, sogar Iliescu irgendwann entschuldigt. Wenn ein Forum-Teilnehmer mutmaßt, dass die Deportation in den Baragan ganz sicher als staatlicher Akt der Willkür anzusehen ist, leuchtet mir nicht ein, wieso die z.T. viel schlimmere Deportation ins
Ausland (Ukraine) weniger gravierend sein soll. Bezüglich der Klageberechtigung bin ich allerdings der Meinung, dass
die Anverwandten bis ins 2. Glied nur im Namen der unmittelbar Betroffenen klagen könnten, in Deinem Fall Du, oder Deine Schwester, für das von den verstorbenen Eltern erlittene Unrecht. Mir liegt der Gesetzestext mittlerweile als pdf-Datei vor, wenn Du wünscht, kann ich Dir die Datei an eine email-Adresse zusenden. Ich wüßte nicht wie ich im Forum eine Datei anhängen kann! MfG Wolff
getkiss
schrieb am 18.09.2009, 11:02 Uhr
@powolff:
Vielleicht meinst Du jemand anderen;
ich schrieb doch:
"Ich habe ja das Gesetz vor mir liegen, da ist leicht zu zitieren."
Vielen Dank für das Angebot, hat sich erledigt...
Gruß,
getkiss
Georg Schnell
schrieb am 18.09.2009, 12:00 Uhr
Das ist ja toll, ein neues rumänisches Gesetz. Anscheined läuft´s nicht mehr so richtig mit dem Restitutionsgesetz, dass als Einahmequelle für die korrupte Justitz herhalten musste. Also schaffen die ein neues Gesetz, nach dem Motto:"cum putem trage sasii in piept".
Warum Gesetz? Warum klagen? Die rumänische Regierung soll einen Betrag pro verbrachten Monat in Russland festlegen und eine Zahlungsstelle einrichten. Die Betroffenen oder Hinterbliebenen müssen Beweise erbringen und holen sich das Geld ab. So einfach ist das.
powolff
schrieb am 18.09.2009, 14:40 Uhr
sorry, habe das übersehen, war gut gemeint!
powolff
schrieb am 18.09.2009, 14:53 Uhr
Du hast Recht, es ist viel Schmu mit dem Restitutionsgesetz getrieben worden. Deshalb würde ich es sehr begrüßen, wenn unsere Verbandsführung federführend klären würde, ob der Sachverhalt der Verschleppung von ca. 70.000 Sachsen vom Gesetz abgedeckt wird, und noch besser, wenn eine geordnete
Musterklage für Betroffene aus dem Ausland angestrengt werden würde. Ich befürchte, dass die rumänische Seite sehr schnell den Schwanz einziehen würde! Dessen ungeachtet, wäre ich, als in einem russischen KZ-Geborener sehr wohl bereit, zu klagen.
Ich brauche, weiß Gott, eine Entschädigung nicht. Ich fände es aber durchaus als angemessen, dass die jahrzehntenlangen Albträume meiner Eltern irgendwie gesühnt werden. In diesem Sinne suche ich Gleichgesinnte.
powolff
schrieb am 21.09.2009, 09:44 Uhr
Hallo Forum-Teilnehmer, ich glaube, mich in der Sache geirrt zu haben. Bei Nachfrage erhielt ich von einem direkt Betroffenen die Auskunft, dass die Deportation im Januar 1945 stattfand, insofern vor dem Stichtag, ab dem das neue Gesetz greift (6. März 1945).
pedimed
schrieb am 21.09.2009, 10:39 Uhr
Die SBB wurden ab dem 5.Januar eingesammelt und ab dem 10. in die Sowjetunion deportiert,soviel auch aus meiner Familie.Meine Mutter und Tanten waren dabei, auch Nachbarn.

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.