Beschaffung von Deportationsnachweisen von Deutschlanddeportierten

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Roemi
schrieb am 16.01.2021, 14:46 Uhr
Hallo Ihr Lieben,

es freut mich immer wieder zu sehen, dass wir eine große hilfsbereite Gemeinschaft sind und hoffe, dass wir es auch immer bleiben werden.

In diesem Forum wurde viel diskutiert und debattiert über die Möglichkeiten und Erfahrungen in Zusammenhang mit der Beschaffung von Nachweisen von Russlanddeportierten, weniger aber, über die vielen Tausende von Kranken und Schwachen die ab dem Jahr 1946 aus den Arbeitslagern aus Russland, weiter in den Westen Europas, vorwiegend nach Deutschland, zu weiteren 2-3 Jahren Zwangsarbeit verschleppt wurden.

Es gibt sicher viele unter euch, die Probleme haben, für diese Zeiten der Deportation, brauchbare Nachweise zu beschaffen.

Ich möchte jeden von euch bitten, der Erfahrungen hiermit gemacht hat (ob gute oder schlechte), diese in diesem Chat zu teilen. Jeder noch so kleine Hinweis kann für so manchen von uns von großer Hilfe sein.

Danke
Peter Otto Wolff
schrieb am 16.01.2021, 15:35 Uhr (am 16.01.2021, 15:43 Uhr geändert).
Hallo Roemi, kann dir zu 100% zustimmen, die Hilfsbereitschaft in der Gruppe ist groß, wie die Hindernisse bei vielen Behörden. Betrüblich ist die Unwilligkeit oder das Unvermögen der Deutschen Botschaft in Moskau. Rumänien hat hingegen bei Weitem nicht das politische Gewicht Deutschlands, auch die derzeitigen Beziehungen sind nicht rosig, und dennoch sind sie in der Lage und willig zu helfen. Dieselbe Dissonanz stelle ich in Sachen Renten fest: unsere Regierung kürzt die Renten um 40% und das arme Rumänien beschließt Renten für Kinder der Deportierten, wenn auch spät. Eigentlich beschämend! Die in die ehemalige DDR "weitergeleiteten" Deportierten, bzw. deren Kinder sind nicht zu beneiden. Am Ehesten könnten sie ebenfalls aus Russland
Nachweise erhalten, wann/wohin die Leute geschickt wurden.Befürchte, dass sich die CNSAS bei diesen Fällen noch dümmer stellt, als sowieso.
Peter Otto Wolff
schrieb am 16.01.2021, 18:02 Uhr (am 16.01.2021, 18:05 Uhr geändert).
Hallo Leute, überlege gerade, der Verband könnte sich doch bemühen, institutionell tätig zu werden, und in der ehemaligen DDR, dort wo es sowjetische Arbeitslager gab, Archive aufzustöbern, bevor man bei fremden Staaten um Informationen betteln muss. Hoffe die Administratoren werden positiv aktiv. Ein Beispiel, das mir indirekt bekannt ist, wäre Zschopau (Sachsen), Jahr 1947.
Roemi
schrieb am 16.01.2021, 19:26 Uhr (am 16.01.2021, 19:56 Uhr geändert).
Von den Russlanddeportierten, die mit Krankentransporten nach Deutschland, in die Sowjetische Besatzungszone verschleppt wurden (spätere DDR), waren wenige die in Arbeitslagern untergebracht wurden. Die meisten von ihnen kamen in Uranminen (im Erzgebirge), in großen Werken (in der Industrie) und in der Landwirtschaft zum Einsatz.

Da ich selber schon seit einigen Jahren auf der Suche nach Nachweisen betreffend die Zwangsarbeitsjahre meines Vaters in der SBZ bin und viele Stunden und Tage mich schon damit beschäftigt habe, möchte ich hier den Anfang machen und meine Erfahrungen schildern:
1. Das Teutschhaus (Landeskonsistorium) aus Herrmannstadt konnte nur die Zeiten der Verschleppung nach Russland bescheinigen;
2. Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes hat mir eine Kopie von der russischen Akte meines Vaters zukommen lassen, diese endet mit der Ankunft in Deutschland;
3. Die rumänische Botschaft aus Moskau hat mit Hilfe der russischen Archiven (militärische und nationale) auch nur die Zeiten in Russland bescheinigen können;
4. Die Unterlagen von der CNSAS, die ich erhalten habe, sind weder aussagekräftig noch eindeutig;
5. Die anderen rumänischen Behörden: Archive (aus Hermannstadt, Bukarest), Gemeindeverwaltung, Arbeitsministerium, Innenministerium etc. verweisen alle auf die CNSAS. (Die meisten Unterlagen wurden nach der Wende im Archiv der CNSAS abgelegt);
6. Schwieriger war die Suche in Deutschland. Von den 28 Institutionen die ich angeschrieben habe (Gemeindeverwaltungen, Bundesarchiv, Länderarchive, Kirchen, Arolsen Archiv, Internationale Rote Kreuz, Stiftungen, Sozialversicherungen, Krankenkassen etc.), habe ich immer kurzfristig negative Antworten erhalten mit der Begründung, dass man keine Unterlagen diesbezüglich besitzt.

Dass hier in Deutschland keine Unterlagen mehr hierzu auffindbar sind möchte ich bezweifeln. Der deutsche Staatssicherheitsdienst hat, genauso wie die rumänische Securitate, alle Akten von in- und ausländischen Bürgern gehortet die jemals deutschen Boden betreten haben.

Da die Möglichkeiten der Suche in Rumänien und Russland ausgeschöpft sind bleibt mir nur noch die weitere Suche in Deutschland übrig.
Hier noch eine Bemerkung:
Mein Vater musste sich, während des Aufenthaltes in Deutschland, wöchentlich bei der örtlichen Polizei melden. Die Person, in dessen Obhut er übergeben wurde, musste auch regelmäßig Bericht erstatten, d.h. es wurde akribisch diesbezüglich Buch geführt. Des Weiteren waren zu jenem Zeitpunkt die „Umsiedler“ oder „Zivilinternierte“ (wie die Zwangsarbeiter bezeichnet wurden) auch renten- und krankenversichert. Wo sind all diese Unterlagen?

Ich denke, dass viele unserer Landsleute in ähnlicher Situation sind wie ich, deswegen auch meine Frage und dringlichste Bitte an den Verband: Weiß jemand Bescheid wo die Unterlagen der vielen Zwangsdeportierten (aus Rumänien) in die Sowjetische Besatzungszone Deutschland aufbewahrt werden?

P.S. In meinem konkreten Falle geht es um Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft (von 1947-1949) aus Sachsen-Anhalt.
Peter Otto Wolff
schrieb am 16.01.2021, 20:55 Uhr
Hallo Roemi, es ist wirklich krass, welches Schindluder mit unseren Leuten getrieben wurde. nicht genug, dass sie hin und her geschoben wurden wie Vieh, kreuz und quer, nun sind die Behörden nicht mal in der Lage, oder nicht willig, den Verbleib zu dokumentieren. Die DDR wurde ja offiziell erst 1949 gegründet, aber mindestens von da an waren die Deportierten theoretisch unter ihrer Aufsicht. Die Gauck-STASI-Behörde müsste insofern Akten zu dieser Einwohnergruppe haben. Soviel ich weiß, wurden aus Russland Leute ab Frühjahr 1947 in die deutsche Sowjetzone geschickt. Ich kenne einen Fall, in dem die rum. Botschaft im Jahr 1949 aktiv war, um Gruppen-Rücktransporte nach RO zu planen. Ob von Sowjets gesteuert, weiß der Geier. Es waren aber Leute auch bis Mitte 1952 in der DDR gefangen.
Noasbich
schrieb am 16.01.2021, 21:31 Uhr (am 16.01.2021, 21:37 Uhr geändert).
Arolsen Archives hat einen Teil ihres Datenbestandes online gestellt. Dort kann man auch einiges finden, indem man nach Namen oder Ortschaften sucht:

https://collections.arolsen-archives.org/search/
memphis
schrieb am 17.01.2021, 00:13 Uhr
mein Vater würde nach meine kenntnise weiter verschlept von Konstantinovka / Ukraine(januar-1945) im april 1947 in der bezatzungszone im Raum Dresden / mit den name Neusörnewitz .
Als nachweis habe ich nur ein artikel in der zeitung über meinen Vater zum 80 jähriges jubiläum.
Roemi
schrieb am 23.01.2021, 11:47 Uhr (am 23.01.2021, 12:17 Uhr geändert).
TV-Tipp zum Thema Deportation: Heute läuft auf ZDF-Info von 11:15 - 12:45 Uhr ein Zweiteiler: "Hitlers Sklaven - Die Geschichte der NS-Zwangsarbeit" - vielleicht interessiert es jemanden. Die Reportage gibt es sicher auch in der Mediathek.

Was da abgelaufen ist kann man sich, als nicht direkt Betroffener, kaum vorstellen. Das Leben und die Würde des Menschen spielte keine Rolle. Die Verschleppungen nach Russland waren sicher nicht weniger harmlos.

Der zweite Teil der Reportage beschäftigt sich auch mit dem Schicksal der Zwangsarbeiter in Deutschland von nach dem Krieg.
memphis
schrieb am 23.01.2021, 12:28 Uhr
Hallo , ich habe ein antrag erstellt bei der staatsanwaltschaft um erlaubnis den akteneinsicht der gauck behörde. Bin in der selbe situation wie Roemi und viele andere.warte um erlaubnis und teile euch auch mein ergebnis
grüße an alle
Peter Otto Wolff
schrieb am 23.01.2021, 13:49 Uhr (am 23.01.2021, 14:02 Uhr geändert).
Habe auch an den Leiter der Behörde, Jahn, geschrieben, und um grundsätzliche Information gebeten, ob sie dazu Daten in ihren Archiven haben. Dies nach dem Motto "hilf dir selbst" statt zu warten, bis eine Kommission ...usw. Wobei ich meine Nachweise Gott sei Dank, inzwischen im Sack habe. Bin jetzt gespannt, ob Kronstadt auf dieselben dummen Gedanken kommt, wie die Experten aus Bukarest (i.S. potentieller Faschist und Legionar). Nachdem mir von Landsleuten im Forum AfD-Nähe zugesprochen wurde, kann mich nichts mehr überraschen oder erschüttern.
Klassiker
schrieb am 31.01.2021, 11:38 Uhr
Viele Deportierte sind via Krankentransport auch in Österreich gelandet.
memphis
schrieb am 31.01.2021, 13:00 Uhr
egal wo sie weiter werschleppt , via Krankentransport in Österreich oder in der Besatzungszone(spätere DDR) fakt ist das hier liegt eine schweigemauer. Ich mochte das mir jemand widerspricht diese aussage!!!!!
Peter Otto Wolff
schrieb am 31.01.2021, 15:13 Uhr (am 31.01.2021, 15:17 Uhr geändert).
Hallo memphis, es ist leider eher bedauerliche Gleichgültigkeit für diese menschlichen Schicksale, als böser Wille. Ob es um 1000, oder 100 gehe!! Habe, als in dieser speziellen Ausartung der Deportation nicht Betroffener, den Bundesbeauftragten für STASI-Archive, Jahn, angeschrieben. Wenn das vom Verband kommen würde, hätte das ein anderes Gewicht! Aber, ich tue nur das, was in meiner Macht steht! Bisher keine Antwort, das kennt man ja, zur Genüge! Kenne immerhin 4 (vier) direkt Betroffene, das ist viel, bezogen auf mich Einzelkämpfer! Dennoch, halt die Ohren steif, VENCEREMOS, wir kämpfen nicht nur um die paar Kröten, wir schulden das unseren geschundenen Eltern!!!
Roemi
schrieb am 11.02.2021, 12:19 Uhr (am 11.02.2021, 12:23 Uhr geändert).
Liebe Redaktion,
lieber Vorstand,

bezugnehmend auf Ihren heutigen Artikel: „Neue Hilfestellung für Kinder von Russlanddeportierten: Suchanfragen an das Deutsche Rote Kreuz
möchte ich mich vorab bei allen bedanken die sich dafür eingesetzt haben.

Ich habe die Erfahrungen gemacht, dass der Suchdienst des DRK mit den russischen Archiven zusammenarbeitet. Die Wahrscheinlichkeit hierüber Nachweise betreffend Russlanddeportationen zu erhalten ist sehr groß.

Was ist aber mit den vielen Deutschlanddeportierten (in die ehemalige SBZ) die sich wesentlich schwerer tun an Nachweise zu gelangen? Wo liegen die Deportationsunterlagen dieser Gruppe von Zwangsarbeitern auf? Wäre es nicht sinnvoll auch diesbezüglich aktiv zu werden?
Peter Otto Wolff
schrieb am 11.02.2021, 12:52 Uhr (am 11.02.2021, 13:01 Uhr geändert).
Hallo Roemi, ich habe immer wieder den Eindruck, an manchen Schaltstellen unserer Organisation stellt man sich bewusst unwissend, anstatt beherzt zu helfen. Bezüglich der mehr als schleppenden Arbeitsweise des CNSAS hat man sich, irgendwann, bequemt, bilaterale Kooperation einzugehen. Allerdings in der Form von "Arbeitskreisen", dem sicheren Tod effizienter Maßnahmen, wie man weiß. Meine Anfrage, und die von mir unterstützter Anfragen, wurde seit 6 Monaten nicht beantwortet. Stattdessen werden von der Casa de Pensii Bukarest, bei eindeutiger Aktenlage, Regelanfragen an die... CNSAS gestellt, ob der Petent, oder der längst verblichene Vater, nicht vielleicht Mitwirkender von faschistischen Organisationen gewesen sein könnte?!! Dies am Ende der sonstigen Aktenprüfung! So auch i.S. der Unglücklichen, die nach Jahren in russischen Lagern weitergereicht wurden in Arbeitslager der ehemaligen Sowjetzone in heutigem Bundesgebiet. Wieso nicht ausdrückliche institutionelle Anfrage bei den STASI-Archiven, heute im Zugriff berechtigter Anfragen?! Schweigen im Walde!

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