Fernand Fehlen: Luxemburg und Siebenbürgen 2007

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Mark
schrieb am 09.07.2007, 21:33 Uhr (am 09.07.2007, 21:35 Uhr geändert).
Lesenswert!

http://www.uni.lu/content/download/9349/143916/file/WP_7Buergen.pdf

Auch eine ausführliche Bezugnahme zum Forum hier!

Zusammengefasst eine sehr tendentiöse, um nicht zu sagen unverschämte Arbeit. Insbesondere die Schlussfolgerungen auf Seite 27 sind an Zynismus kaum zu überbieten:

"Nachdem die Aussiedler in Deutschland nicht mehr ohne weiteres als Deutsche
akzeptiert werden und besonders die nach dem Sturz Ceauscesus gekommenen
eher unfreundlich empfangen werden, bekommt Luxemburg eine neue
Funktion: von der Urheimat wird es jetzt zur Ersatzheimat. Auch wenn diese
Ersatzidentität in der eben beschriebenen expliziten Form sicher nur marginal
vorkommt, so stellt sie eine weitere Überhöhung und somit Bestätigung des
weit verbreiteten Topos Luxemburgs als der Heimat der Vorfahren dar, der
integraler Bestandteil des “reichen Geschichts- und Kulturerbes“ und des
„unsichtbaren Gepäcks“ der Siebenbürger Sachsen ist."

Dass die Dialekte sich verdammt ähnlich sind bestreitet aber auch Herr Fehlen nicht. Was er aber im Endergebnis sagen will, wird leider nicht ganz klar. Dass Luxemburg nicht unbedingt Urheimat ist, ändert eben nichts an der sprachlichen Verwandtschaft und der TATSACHE, dass die Siedler eben aus der Moselregion entstammten. Daher ist auch die ganze Kritik an der Berichterstattung über die Kulturhauptstadt Hermannstadt nicht ganz nachvollziehbar. Im Übrigen hätte ich gerne mal wissenschaftliche Belege wieso die Urheimatstheorie widerlegt sein soll.

Ein weiter Artikel aus 2004 vom selben Autor: www.land.lu/html/dossiers/dossier_luxemburgensia/siebenburgen_110604.html

@ Herrn Fehlen (falls Sie hier mitlesen):

Die Darstellung der Forenbeiträge und Ihre m.E. arrogante Interpretation derselben ist eine Sache, nämlich Ihre Sicht der Dinge. Aber die Aussage, dass "die Aussiedler in Deutschland nicht mehr ohne weiteres als Deutsche akzeptiert werden" ist schlicht und einfach falsch. Sie sollten sich einmal die Lobeshymnen deutscher Politiker über die gelungene "Integration" der Siebenbürger Sachsen zu Gemüte führen.
schully
schrieb am 10.07.2007, 07:37 Uhr
hallo, Mark.
"Im Übrigen hätte ich gerne mal wissenschaftliche Belege wieso die Urheimatstheorie widerlegt sein soll", schriebst du.
ich empfehle W. A Baumgärtner, "Der vergessene Weg", erhältlich hier im shop.
servus
Noctuus
schrieb am 10.07.2007, 10:24 Uhr
Mark schrieb: "Nachdem die Aussiedler in Deutschland nicht mehr ohne weiteres als Deutsche
akzeptiert werden und besonders die nach dem Sturz Ceauscesus gekommenen
eher unfreundlich empfangen werden, bekommt Luxemburg eine neue
Funktion: von der Urheimat wird es jetzt zur Ersatzheimat. Auch wenn diese
Ersatzidentität in der eben beschriebenen expliziten Form sicher nur marginal
vorkommt, so stellt sie eine weitere Überhöhung und somit Bestätigung des
weit verbreiteten Topos Luxemburgs als der Heimat der Vorfahren dar, der
integraler Bestandteil des “reichen Geschichts- und Kulturerbes“ und des
„unsichtbaren Gepäcks“ der Siebenbürger Sachsen ist."
Abgesehen davon, daß der Autor Ceausescu falsch geschrieben hat, ist an seiner Arbeit doch was Wahrs dran. Es geht ihm ja nicht um gelungene Integration (wieso muß man die Sachsen eigentlich integrieren, wenn sie doch schon immer ein, eben nur lange Zeit in der Ferne lebender Teil dieser Gesellschaft gewesen sind?), sondern um Seelenzustände.

Ohne es kritisieren zu wollen, ganz im Gegenteil, aber das schiere Vorhandensein der Landsmannschaft und dieses Forums zeigt, daß sich viele Sachsen eben nicht nur einfach als Deutsche verstehen, sondern als Angehörige einer Gemeinschaft mit eigener Geschichte, eigenständigen Traditionen und vielleicht sogar eigener Sprache. Daß die deutsche Mainstream-Gesellschaft sich jenseis aller Politikerreden, nicht besonders dafür interessiert und Sachsen schon mal als Rumänen bezeichnet, stimmt doch auch. Fehlens Schlußfolgerungen sind also zumindest der Diskussion wert.
seberg
schrieb am 10.07.2007, 11:27 Uhr
Marks überzogen emotionale Reaktion („unverschämt“, „Zynismus“, „Arroganz“) auf die Arbeit von Fehlen scheint mir verständlich, wenn man sie als Ausdruck von Verunsicherung in der eigenen Identität versteht.

Noctuus stimme ich darin zu „daß sich viele Sachsen eben nicht nur einfach als Deutsche verstehen, sondern als Angehörige einer Gemeinschaft mit eigener Geschichte, eigenständigen Traditionen und vielleicht sogar eigener Sprache“. Gerade aber auch darin fühlen sich in letzter Zeit eben viele SbS wohl extrem verunsichert, meine ich, da kommt der Rückgriff auf den Luxenburg-Mythos nur gerade recht.

Angst macht vermutlich, dass z.Z. bezüglich „Identität“ (ethnisch verstanden) vieles in Auflösung, Umgestaltung und Neubildung begriffen ist. Auch die Luxenburger klagen übrigens darüber, dass die Luxenburgische Sprache ums Überleben kämpfen muss, obwohl sie in den Familien eifrig gesprochen wird. Gleichzeitig kenne ich kaum ein Land, das sich so „europäisch“ versteht und gibt, also wohl die „Zeichen der Zeit“ erkannt hat.
Mark
schrieb am 10.07.2007, 11:58 Uhr (am 10.07.2007, 12:28 Uhr geändert).
Ich habe keine Probleme mit meiner Identität. Allerdings muss ich mir nicht verbieten lassen meine Vorfahren als Menschen aus dem heutigen Luxemburger Gebiet zu bezeichnen, nur weil Hr. Fehlen das nicht passt. Und wenn die Sprachverwandschaft nach Jahrhunderten immer noch besteht, ist es mehr als offensichtlich, dass die auch mehr oder weniger von dort stammen müssen. Fehlen stellt ja eben in Frage, ob die Ähnlichkeit der Dialekte in der im Forum ermittelten Form auch wirklich besteht. Zitat: "Das sich gegenseitige Verstehen ohne den Umweg über das Standarddeutsch, das in der schriftlichen Transkription wesentlich einfacher ist als in der mündlichen Kommunikation, wird als Bestätigung einer Sprachverwandtschaft erlebt."

Dass die Siebenbürger Sachsen deswegen keine Luxemburger im heutigen Sinne sind, ist ja wohl klar. Nur dass hat auch niemand in den Beiträgen behauptet.

Im Übrigen finde ich keinerlei "Überhöhung" wie Fehlen es bezeichnet in den Diskussionsbeiträgen, sondern das freudige Erstaunen, dass die Ähnlichkeit der Dialekte so hoch ist. Wenn aber Hr. Fehlen darin die Suche nach einer "Ersatzidentität" sieht ist das meines Erachtens falsch. Dass die Siebenbürger Sachsen Deutsche sind bezweifelt auch niemand. Und der historische Ursprung des Siedlungsgebietes dürfte auch unstreitig sein.

Dass die Luxemburger ihrerseits in der Berichterstattung zur Kulturhauptstadt Hermannstadt ein wenig überziehen, ist nicht als Geschichtsklitterung oder Verklärung der Luxemburger Identität zu sehen, sondern Boulevardstil (z.B. Die Luxemburger in den Karpaten). Im Übrigen soll damit auch nur etwas überspitzt die (überraschende) Sprachverwandtschaft der beiden Dialekte dargestellt werden und die Rechtfertigung für die gemeinsame Kulturhauptstadt 2007. Was daran kritikwürdig sein soll erschließt sich mir nicht. Lieber ein mal zuviel ein paar Gemeinsamkeiten betont, als einmal die Unterschiede zuviel. Der europäische Gedanke scheint aber bei Herrn Fehlen noch nicht ganz angekommen zu sein.
Noctuus
schrieb am 10.07.2007, 13:48 Uhr
seberg schrieb: Angst macht vermutlich, dass z.Z. bezüglich „Identität“ (ethnisch verstanden) vieles in Auflösung, Umgestaltung und Neubildung begriffen ist.ja, natürlich. Das kann ich gut verstehen. Die Zeit der Nationalstaaten im klassischen Sinne, die ja allesamt eine eher junge Erscheinung in der Geschichte sind, scheint dem Ende entgegen zu gehen. In Deutschland scheint sich die Gesellschaft besonders schnell zu atomisieren, weil auch das Christentum als weltanschaulicher Kit verschwunden ist. Die Sachsen, die aus einer Gemeinschaft mit ehemals klaren Grenzen kommen, es gab ein eindeutiges Drin und ein ebenso eindeutiges Drausen, finden sich plötzlich in einer Gesellschaft wieder, die gerade diese Grenzen als rückständig begreift. Natürlich fragt man dann, was einen zusammenschweisst: Religion, Rumänien..? Das scheint alles wenig geeignet zu sein, also wird auf die (vermeintlich) gemeinsame Herkunft zurückgegriffen.
Noctuus
schrieb am 10.07.2007, 13:51 Uhr
Mark schrieb: ...wenn die Sprachverwandschaft nach Jahrhunderten immer noch besteht, ist es mehr als offensichtlich, dass die auch mehr oder weniger von dort stammen müssen...An der Stelle muß ich schmunzeln, will aber der Versuchung widerstehen, den Kontinuitätsthread, in dem Sie im Falle der Rumänen das Gegenteil unterstellen, hierhin zu verlagern.
Mark
schrieb am 10.07.2007, 14:03 Uhr (am 10.07.2007, 14:06 Uhr geändert).
Ich habe den Rumänen nichts unterstellt, da ich ganz neu hier bin und auch im alten Forum nicht aktiv war. Ich habe auch nur die Beiträge in diesem Thread hier verfasst. Den von Ihnen genannten Thread werde ich mir aber mal bei Gelegenheit zu Gemüte führen.
Noctuus
schrieb am 10.07.2007, 14:10 Uhr
Mark schrieb: Ich habe den Rumänen nichts unterstellt, da ich ganz neu hier bin und auch im alten Forum nicht aktiv war. Ich habe auch nur die Beiträge in diesem Thread hier verfasst. Den von Ihnen genannten Thread werde ich mir aber mal bei Gelegenheit zu Gemüte führen.Ja, stimmt. Sorry! Ich habe zu hastig gelesen, bzw. mich von dem Einheitsavatar in die Irre führen lassen. Ich meinte "schully". So geht das manchmal, im Eifer des Gefechts... :)
der Ijel
schrieb am 14.07.2007, 17:17 Uhr

Zusammengefasst eine sehr tendentiöse, um nicht zu sagen unverschämte Arbeit.-Zitat-Mark-

In der verschwommenen Geschichtsforschung bleiben auch die kühlsten Köpfe stecken. Thesen und Antithesen über Urheimat möchte ich mal beiseite lassen.
Mir ist erneut ganz klar geworden warum dem Luxemburger
das Sächsische Getue und das nachäffen ihrer Nationalhymne
so furchtbar zuwider ist, um nicht zu sagen: Es stinkt.

Denken wir uns mal in ihre Lage. Heißt es doch wörtlich in ihrer Hymne: Mir welle jo ke Praisse gin
(wir wollen keine Deutschen werden)
Im Gegenteil der Sachse. Josef Lehrer hat sich zwar an diesem Gedicht von 1848 aus der Feder von Michel Lenz, inspiriert. In seiner Nachdichtung hat er für luxemburgisches Verständnis den Bogen um ein vielfaches überspannt---
Eos Harz äs detscht, eos Gott äs detsch---
Das kann nur in den Vorfrühling der Nazizeit hineinpassen. Damals ist diese sächsische Version "Mir wälle bleiwen wot mir senj" von Josef Lehrer auch entstanden.
--Eos Gott äs detsch-- sowieso eine unverschämte Ode auf die Person des Führers- dazu soll Kirche und Klerus Amen gesagt haben? Unverständlich für uns heute.

So kommt es mir vor, wenn unsere Landsleute in Luxemburg sind, und den Slogan an einem Gebäude buchstabieren,(es gibt mehrere außer dem an dem besagten Erker am Fischmarkt)
und im Chor dann noch ihre eigene Hymne anstimmen:
Verarscht, verspottet und ins lächerliche gezogen,Verletzt in ihrem Nationalstolz dürfte sich mancher Luxemburger vorkommen.
So auch Fernand Fehlen




Noctuus
schrieb am 14.07.2007, 18:05 Uhr
der Ijel schrieb: Eos Harz äs detscht, eos Gott äs detsch---
Das kann nur in den Vorfrühling der Nazizeit hineinpassen. Damals ist diese sächsische Version "Mir wälle bleiwen wot mir senj" von Josef Lehrer auch entstanden.
--Eos Gott äs detsch-- sowieso eine unverschämte Ode auf die Person des Führers- dazu soll Kirche und Klerus Amen gesagt haben? Unverständlich für uns heute.

Ist es das?
Ich fürchte, dem Drang, sich anzupassen und dem Zeitgeist hinzugeben, haben die Leute immer schon wenig entgegenzusetzen gehabt. In einer demokratischen und offenen Gesellschaft wirkt das einfach nur kleingeistig. In einer Diktatur ist es gefährlich.

Traurig stimmt es, daß gerade die evangelische Kirche darin eine berühmt-berüchtigte Tradition hat. Auf ihrer 1 Reichstagung in Berlin am 3. und 4. April 1933 verkündeten die "Deutschen Christen" (DC), wie sie sich damals mehrheitlich nannten: "Gott hat mich als Deutschen geschaffen, Deutschtum ist Geschenk Gottes. Gott will, daß ich für mein Deutschland kämpfe...Adolf Hitlers ruft nach der Kirche, die Kirche hat den Ruf zu hören."
Diese Auffassung gipfelte in der Meinung eines deutsch-christlichen Kirchenrates: "Christus ist zu uns gekommen durch Adolf Hitler!"

Nach dem Krieg waren die protestantischen Funktionäre Antifaschisten, Geläuterte und Bessermenschen. Dietrich Bonhoeffer, der nur durch seine Hinrichtung am Austritt aus der protestantischen Amtskirche gehindert worden war, wurde plötzlich zur amtsprotestantischen Ikone.

Man sah in Luther einen Vordenker der Nazis und setzte sich für die Anerkennung der Oder-Neisse-Linie ein.

Der reformierte Startheologe Karl Barth entdeckte im Marxismus die Erinnerung an die Auferstehung der Toten und sah den Sozialismus als "die gerechte Weltordnung, die Gottes Propheten verheißen haben". In der DDR rief man sich folglich stolz zur "Kirche im Sozialismus" aus, während man im Westen zur Kirche der 68er wurde.
schully
schrieb am 16.07.2007, 07:27 Uhr
hallo, Noctuus,
Zitat: "Ja, stimmt. Sorry! Ich habe zu hastig gelesen, bzw. mich von dem Einheitsavatar in die Irre führen lassen. Ich meinte "schully". So geht das manchmal, im Eifer des Gefechts... "
du streitest hier nur um des streitens willen, hast anscheinend den durchblick verloren. in diesem thread habe ich nur einen beitrag geschrieben, ein buch empfohlen.
in dem anderen habe ich dir einige historiker empfohlen, pro und kontra KT. da lesen aber nicht deine stärke zu sein scheint, suchst du lieber mal schnell bei google, fügst einen link ein und streitest munter weiter. nur zu.
servus
Noctuus
schrieb am 16.07.2007, 08:02 Uhr
schully schrieb: hallo, Noctuus,

du streitest hier nur um des streitens willen, hast anscheinend den durchblick verloren.

Ich streite eigentlich gar nicht, sondern diskutiere. Es tut mir leid, wenn das anders rüberkommt.

Zwar ist mir, wie ich hoffe, inhaltlich der rote Faden an keiner Stelle verloren gegangen, aber es stimmt: die Urheberschaft der oben genannten Aussage habe ich bereits zum zweite Male dem Falschen zugeschrieben.

Hier kommen Autor und Text im Original - weitere Verwechslungen damit ausgeschlossen:

lori schrieb: Ausserdem bin ich der Meinung, dass viel zu viel Gewicht auf Sprache gelegt wird. Sprachen werden recht schnell aufgegeben und neue angenommen.

Laumesfeld
schrieb am 23.08.2007, 17:09 Uhr
Das ist doch nur der Fernand.Der Kämpfer gegen die These der Verwandtschaft Luxemburg -Siebenbürgen.Ein Soziologe wird das Problem nicht lösen.Schon eher die Gen Forschung und die Archäologie.
Eisenstolz
schrieb am 02.09.2007, 08:17 Uhr
Laumesfeld schrieb: Das ist doch nur der Fernand.Der Kämpfer gegen die These der Verwandtschaft Luxemburg -Siebenbürgen.Ein Soziologe wird das Problem nicht lösen.Schon eher die Gen Forschung und die Archäologie.

Ihr könnt trotzdem diskutieren wie ihr wollt, es ist wie es ist.Euer Fachgesimple erscheint mit zu "Utopisch"...!!!Hin und her die diskusion, ändern werdet ihr sowieso nichts.Mit Gen Forschung zu kommen.....naja.Fragwürdige Geschichte.

gruss

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