Eintrag Nr. 7362

04.06.2003, 08:53 Uhr

F.O. [none]

Aus „Berwinsdorf“ wurde „Blutroth“
Die Gemeinde Blutroth liegt östlich von Karlsburg (früher Weissenburg) im Flussgebiet des kleinen Zekesch, der linksuferig in die Kokel mündet. Nach der mittelalterlichen Verwaltungseinteilung gehörte Blutroth als untertänige Ortschaft zum Weissenburger Komitat.
Dr. Ernst Wagner nahm (1977) an, dass die in einer Urkunde von 1313 genannte „terra episcopalis Lotryd“ (=bischöfliches Gebiet Lotryd) bei Rotkirch (Rosia de Secas, östlich von Blutroth) sich auf Blutroth bezieht.
Soweit bis jetzt bekannt, ist die deutsche Namensform zuerst 1678 bezeugt, bis dahin wurde der ungarische Name „Berve“ gebraucht, der sinngemäß „blutig“ oder „blutbefleckt“ bedeutet. Dieser Name wiederum geht laut Johann Wolff (1879) auf den germanischen Personennamen „Berwin“ zurück, der in den ältesten erhalten gebliebenen urkundlichen Erwähnungen – wenn auch verschrieben – vorkommt.
In den päpstlichen Steuerlisten wird für 1332 der Geistliche Conradus von „villa Bummi“ oder „Beuni“ genannt, wie es der Herausgeber seinerzeit (1859) statt „villa Bervini“ entzifferte. Dieser Conradus war Dechant des Kapitels von Spring gewesen,; diese Ortschaft liegt weiter südlich von Blutroth im Flussgebiet des großen Zekesch.
Aus einer Urkunde von 1348 erfahren wir, dass die „villa Beruey“ eine Besitzung des Weissenburger Bistums war, das vier Hörigensessionen in Blutroth im Tauschwege an Adlige aus Gald abgetreten hatte. Die Urkunde von 1348 wurde 1352 mit mehreren anderen Urkunden vom Großwardeiner Kapitel in seiner Eigenschaft als Beglaubigungsort (Landesnotariat) dem Weissenburger Bistum neu ausgestellt.
Die bischöfliche Besitzung „Berwe“ wird noch in einer Hatterturkunde aus dem Jahr 1369 betreffend die westliche Nachbargemeinde Straja (ungarisch Öregyház, deutsch Hohenwarte) erwähnt.
Dann senkt sich für fast zweihundert Jahre der Vorhang der Geschichte über diesen Ort. Als Erklärung dafür dürften u. a. auch die Türkeneinfälle nach Siebenbürgen dienen. Erstmals 1438 wurde die Bischofsstadt Weissenburg von ihnen erobert, am 18. März 1442 kam es bei Sankt-Emrich (Sîntimbru, Szent-Imre) zur Schlacht zwischen den Türken unter Mezid Beg und dem siebenbürgischen Wojwoden Johannes Hunyadi. Im Oktober 1479, vor der Schlacht auf dem „Brodfeld“, wurde Weissenburg wieder von den Türken geplündert. Auch wenn die Quellen nichts über das Zekeschgebiet berichten, hatte es gewiß unter diesen Ereignissen zu leiden.
In den bisher veröffentlichten und erschlossenen Urkunden taucht „Berven“ erst wieder im Jahre 1554 in einem Rundbrief an die Pfarrer des nunmehrigen Zekescher Kapitels auf, zu dem damals noch die Orte Giesshübel, Törnen, Groß- und Klein-Schergied, Weingartskirchen, Spring und Gergeschdorf gehörten.
Im Jahre 1593 zahlte der Pfarrer Bartholomaeus von „Berven“ gemäß einem Beschluß der siebenbürgischen Großwürdenträger eine Abgabe von vier Gulden für vierhundert Garben Zehntfrucht und hatte damals das größte Einkommen unter den Pfarrern des Zekescher Kapitels. Dieser Bartholomaeus, der bis 1601 als Pfarrer in Blutroth bezeugt ist, stammte aus Weidenbach im Burzenland, wurde 1567 als Bartholomaeus Hanisius in die Matrikel des Kronstädter Honterus-Gymnasiums eingeschrieben und 1577 zum Prediger für Petersdorf bei Mühlbach ordiniert. (Nach mehr als 350 Jahren wurde wiederum ein gebürtiger Weidenbacher Ortspfarrer von Blutroth). Bartholomaeus Hanisius ist es wohl – wenigstens indirekt – zu verdanken, dass 1611 Johannes N. Beruensis und 1619 Johann Dubronker Bervensis ebenfalls am Honterus-Gymnasium immatrikuliert wurden, während wir in der Hermannstädter Gymnasialmatrikel in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts keine Blutrother feststellen konnten.

Gernot Nussbächer in „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien/ 19. Januar 1994.

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