Eintrag Nr. 7428

15.07.2003, 11:12 Uhr

wolfgang klein [wolfi.klein[ät]main-rheiner.de]

Plumpsklo

© wolfgang klein, mainz/hermannstadt

Einmal im Jahr, meistens in den Sommerferien, musste ich eine Woche bei meiner Großmutter verbringen. Das Dorf hieß Schellenberg und war nur vier Kilometer von Hermannstadt entfernt. Es war ein langgestrecktes, sächsisches Straßendorf, mit schönen gepflegten Häusern, einem Bürgerhaus, einer gut befestigten Dorfstraße und einem großen Kirchplatz. Von der Hauptstraße führte ein schlammiger, unbefestigter Weg voller kraterartiger Schlammlöcher zu dem Haus meiner Großmutter. Das Haus war geräumig, hatte viele helle Zimmer, eine Sommerküche mit einem großen Hof, eine Scheune und einen riesigen Garten. Das waren natürlich gute Voraussetzungen für tolle Ferien. Trotzdem fuhr ich nicht so gerne hin. Das hatte einen Grund: das Plumpsklo hinten im Hof, genau zwischen Scheune und Misthaufen.

Da es damals im Dorf noch kein „normales“ Klo gab, musste ich natürlich auf das Scheißhaus in den Garten. Pissen war kein Problem, das konnte man auf den Misthaufen oder an die Stallmauern, aber wenn ich kacken musste, da fingen meine Probleme an. Schon wenn ich mich diesem stilechten Biotop näherte, wurde mir mulmig im Magen. Ich hasste es, mich auf das meist nasse Holzbrett mit Loch zu setzen. Da pfiff der Wind durch die Ritzen, die dicken fetten Fliegen, surrten einem um die Nase herum und die fetten Spinnen versuchten sie zu fangen. Leider fingen sie immer mich, hatte ich doch nach jedem Besuch Spinnweben mitsamt Bewohner im Haar. Aber das Schlimmste war der Geruch und dieses Gefühl, dass einem diese dicken, trägen, weißen Jauchewürmer, die in der braunen Brühe schwammen, in den Arsch kriechen könnten. Deshalb wurde das bei mir nie eine lange „Sitzung“, sondern eher eine „Hundelösung“. Leider hatte ich keinen Besitzer wie diese heutigen verwöhnten Kläffer und musste mir deshalb den Arsch alleine wischen. Meistens mit Zeitungspapier aus dem Neuen Weg oder einer anderen Zeitung. Diese waren zu dem Zweck jedoch besonderes ungeeignet. Entweder man hatte es heraus, das harte Zeitungspapier weich und kuschelig zu kriegen oder man hatte die Hälfte noch am Arsch, vermischt mit Druckerschwärze von der Zeitung. Ab und an zeriss diese auch und dann hatte man den ehemaligen Sonntagsbraten unter dem Nagel. Dann war man echt beschissen dran. Natürlich konnte man sich auch mit einem der herumliegenden Kukuruzstummeln den Arsch wischen, aber das taten dann doch wenige.

Ich kann mich erinnern, wie ich das letzte Mal bei ihr zu Besuch war. Damals wurde hinten
im Hof Maria geschlachtet. Ich wollte nicht zusehen, weil ich Maria schon als Ferkel gekannt hatte und die ganze Prozedur nicht verstand. Da ich von den Anwesenden als verweichlichter Städter ausgelacht wurde, versuchte ich meinen inneren Schweinehund zu überwinden und zuzusehen, wie Maria zu Blutwurst verarbeitet wurde. Als diese jedoch, den Bolzen im Kopf, in sich zusammensackte, war es aus mit meinem Heldentum und ich merkte, wie es mir im Magen rumorte. Ich rannte aufs Klo. Zu meiner Verärgerung konnte man es nicht zuschließen und vier Meter davor hauten fünf Menschen einer armen Sau auf den Kopf, weil die nicht sterben wollte.

Um von diesen nicht überrascht zu werden, hielt ich mit der rechten Hand die Tür zu und mit der linken streifte ich mir die Hose über die linke und dann über die rechte Arschbacke. Dabei musste ich höllisch aufpassen, dass meine Hose nicht ganz auf den Boden fiel, da der total vollgepisst war. Nun stand ich mit nacktem Arsch auf dem Podest und musste feststellen, dass der Abstand zwischen Loch und Tür zu groß war, um mich auf dieses zu setzen und mich zu erleichtern. Trotz meiner langen Arme passte es nicht ganz. Deshalb entschloss ich mich, die Tür loszulassen und mich zu setzen. Es war auch höchste Zeit, da der Druck ganz stark geworden war.

So kam es wie es kommen musste: Die Tür ging auf und mein Blick fiel auf den Metzger, der gerade der armen Sau mit dem Messer den Bauch von oben nach unten aufschlitzte. Als ich sah, wie die dampfenden Gedärme herausquollen, stand ich schreiend auf, drehte mich mit dem Kopf zum Loch und kotzte in die braune Brühe, den dicken, trägen, weißen Jauchewürmern auf den Kopf.

Erschrocken drehten sich die Leute in meine Richtung und sahen genau auf meinen Arsch...
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